Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2021, RV/2100717/2020

Außergewöhnliche Belastungen - Zahlungen aufgrund einer Übernahme von Liegenschaften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2016 bis 2018, Steuernummer 67 ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen seiner Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2016 bis 2018 machte der Beschwerdeführer neben Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen geltend; für das Jahr 2016 4.000 Euro, für das Jahr 2017 15.500 Euro und für das Jahr 2018 18.000 Euro.

Mit den Einkommensteuerbescheiden vom wurden die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen nicht berücksichtigt. In den gleichlautenden Begründungen wurde ausgeführt, Geldleistungen als Gegenleistung für die Übergabe vom stellten keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes dar.

Gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 bis 2018 richtete sich die Beschwerde vom . Der Beschwerdeführer brachte vor, laut Notariatsakt seien ihm 1.500 Euro monatlich an Kosten für das Heim seiner Mutter vorgeschrieben worden. Die Pension und das Pflegegeld reichten für die Bezahlung der Heimkosten nicht aus.

Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In den jeweiligen Begründungen wurde ausgeführt:
"Die in der Beschwerde vom genannten 1.500 € monatlich sind nicht für die Heimunterbringung der Mutter vorgesehen gewesen, sondern sind Bestandteil des Übergabevertrages vom . Dieser Betrag ist als Gegenleistung für die Übergabe der Hälfteanteile der Eltern vertraglich geregelt und kann somit nicht als Außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden."

Dagegen richteten sich die Vorlageanträge vom . In diesen brachte der Beschwerdeführer (gleichlautend) vor:
"Ich erhebe in offener Frist Einspruch betreffend die Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO. Die Sichtweise des Finanzamtes geht nicht autark mit der Entscheidung des Gerichtes. Meine Mutter wurde im Jahr 2013 operiert, im Zuge dieser Operation wurde meine Mutter zum Pflegefall. Da dieses Ereignis nicht voraussehbar und planbar war, war es nicht mehr möglich die Liegenschaft durch eine rechtmäßige Unterschrift von meiner Mutter zu erhalten. Das Gericht hat eine Kostenrechnung für die Heimunterbringung durchgeführt, da meine Mutter nur über ein sehr geringes Einkommen verfügte und dieses die hohen Heimkosten nicht decken würde. Es wurde vom Gericht eine Gegenleistung in der Höhe von 54.000,00 festgelegt. Dieser Betrag ist in monatlichen Raten von jeweils 1.500,00 zu erbringen gewesen. Diese Gegenleistung wäre nicht erforderlich gewesen, wenn meine Mutter nicht zum Pflegefall geworden wäre und auf die Hilfe eines Pflegeheimes angewiesen wäre. Diese Gegenleistung bezieht sich nach meiner Ansicht nach nicht auf die Übergabe der Liegenschaft, sondern ist eine zwangsläufig erwachsene und eine wesentliche Beeinträchtigung meiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Für meine Mutter wurde auch eine Diplomrechtspflegerin von der Seiten der BH bereitgestellt. Dieses Geld wurde für die Deckung der Heimkosten und diversen Ausgaben verwendet! Ein Zugang zu diesem Konto war nur über diese Diplomrechtspflegerin möglich. Das es sich um einen erheblichen Härtefall handelt und nicht vorhersehbar war, habe ich mich zum Wohle meiner Mutter bereit erklärt diese Kosten zu übernehmen. Ich bitte um positive Entscheidung, da diese Geldleistung in keinster Weise im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft in Verbindung steht, sondern nur dem Wohle meiner Mutter zugekommen ist."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO treten das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

Aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers und aufgrund der dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen stand unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer mit dem, dem Notariatsakt vom beigehefteten Übergabsvertrag vom Liegenschaften von seinen Eltern (Übergeber) übernommen hat. Die Eltern waren je zur Hälfte Eigentümer der übergebenen Liegenschaften. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich gemäß Punkt V lit. d des Übergabsvertrags zur Erbringung einer Geldleistung in der Höhe von 54.000 Euro an seine Mutter, als Gegenleistung für die Übergabe ihrer Hälfteanteile. Dieser Betrag war in monatlichen Raten in der Höhe von 1.500 Euro zu entrichten. Für die Mutter wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ein Sachwalter bestellt, die Mutter war seit Bewohnerin des Bezirkspflegeheimes in ***1***.

§ 34 Abs. 1 EStG 1988 lautet:
"Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
"

Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 besteht unter anderem kein Selbstbehalt bei behinderungsbedingten Mehraufwendungen.

Voraussetzung für eine Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ist (wie vorstehend ausgeführt) unter anderem, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst. Die Zwangsläufigkeit des Aufwands ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst eine Belastung zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Aufwendungen, die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, sind nicht zwangsläufig erwachsen, wie zum Beispiel Aufwendungen, die Folge des Abschlusses eines Übergabsvertrages sind (vgl. ).

Der Beschwerdeführer hat die Liegenschaften seiner Eltern unter der Bedingung übernommen, als Gegenleistung eine Geldleistung in der Höhe von insgesamt 54.000 Euro an seine Mutter zu entrichten (zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages wohnte die Mutter des Beschwerdeführers bereits seit einem Jahr im Bezirkspflegeheim). Die als Ausfluss dieser vereinbarten Geldleistung zu erbringenden monatlichen Zahlungen in der Höhe von 1.500 Euro in den verfahrensgegenständlichen Jahren waren unmittelbare Folge eines Verhaltens, zu dem sich der Beschwerdeführer aus freien Stücken, also freiwillig entschlossen hat. Die Zahlungen der vertraglich vereinbarten monatlichen Raten (insgesamt 37.500 Euro in den verfahrensgegenständlichen Jahren) sind dem Beschwerdeführer daher nicht zwangsläufig erwachsen. Die Berücksichtigung der Ratenzahlungen, die ihre Ursache in der Übernahme der Liegenschaften hatten, als außergewöhnliche Belastungen war daher ausgeschlossen (vgl. ).

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf die einschlägigen Bestimmungen und auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100717.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at