Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2021, RV/1100260/2020

Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist ein Zwang zur Pensionsabfindung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Andrea Hinteregger, Steuerberaterin, Kroppenweg 4 Tür 1, 6824 Schlins, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Der im Jahr ***1*** geborene Beschwerdeführer (in der Folge abgekürzt Bf.) war bis als Grenzgänger bei einem Unternehmen in der Schweiz unselbständig beschäftigt.

Nach Auflösung des Dienstverhältnisses in der Schweiz wurde sein Altersguthaben von der Pensionskasse der Arbeitgeberin zunächst auf ein Freizügigkeitskonto der Stiftung ***2*** überwiesen, die es in weiterer Folge auf ein Freizügigkeitskonto der ***3***stiftung weitergeleitet hat. Im Streitjahr wurde das Freizügigkeitskonto aufgelöst und das Guthaben iHv 100.724,30 CHF (91.256,00 EUR) an den Bf. ausbezahlt.

Das Finanzamt besteuerte die "Freizügigkeitsleistung" ohne Gewährung der Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988.

In einer dagegen eingebrachten Beschwerde beantragte der Bf. die Anwendung der streitgegenständlichen Steuerbegünstigung und führte aus, er habe hinsichtlich der Art der Auszahlung der Freizügigkeitsleistung kein Wahlrecht gehabt, weil er zum Zeitpunkt der Überweisung auf das Personalvorsorgekonto noch nicht im Pensionierungsalter gewesen sei. Er habe seine Stellung im Jahr 2002 krankheitsbedingt aufgeben müssen.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, woraufhin der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.

Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde mit Erkenntnis vom , RV/1100049/2018, statt und verneinte die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Begründend wurde ausgeführt, im Beschwerdefall seien der Dienstaustritt sowie das Verlassen des ausländischen Dienstortes im 48. Lebensjahr des Bf. und damit unstrittig vor Erreichen des Rentenalters bzw. vor Erreichen des Vorsorgefalles erfolgt. Demzufolge habe der Bf. Anspruch auf eine Austrittsleistung nach Art. 2 FZG und schließlich aufgrund des endgültigen Verlassens der Schweiz einen Anspruch auf Barauszahlung der Austrittsleistung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG, nicht aber einen solchen auf Verbleib in der Pensionskasse und (späteren) Bezug einer Altersrente gehabt. Ein begünstigungsschädliches Wahlrecht zwischen zwei gleichrangigen Ansprüchen im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe nicht bestanden, weil ein solches auch nicht durch die Möglichkeit, das Altersguthaben auf dem Freizügigkeitskonto stehen zu lassen oder auf eine Freizügigkeitspolice zu übertragen, begründet werde.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamtes, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht habe in Abweichung zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 auf die gegenständliche Kapitalauszahlung angewendet, obwohl anlässlich des Verlassens der Vorsorgeeinrichtung ein Wahlrecht zwischen Übertragung des Vorsorgeguthabens auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice, somit ein nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schädliches Wahlrecht zwischen Kapitalabfindung und Rente ausgeübt worden sei.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0064, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Revision für zulässig erklärt und das Erkenntnis des , wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich der Streitfrage, ob dem Bf. nach Beendigung seiner nichtselbständigen Tätigkeit in der Schweiz die Möglichkeit offen stand, sich für eine prämienfreie Freizügigkeitspolice zu entscheiden und daraus später "Altersleistungen in Rentenform" zu beziehen, hat das Höchstgericht folgende Rechtsauffassung vertreten:

"…Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, setzt § 124b Z 53 EStG 1988 voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mwN).

Entscheidend ist, ob der Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch durch eine entsprechende Disposition über die Freizügigkeitsleistung in der Schweiz hätte aufrecht erhalten werden können (vgl. ; , Ra 2018/15/0107). Hiezu hatte das Finanzamt geltend gemacht, ein derartiger Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch hätte im Wege einer Freizügigkeitspolice erzielt werden können. Der Mitbeteiligte hatte dies im Beschwerdeverfahren bestritten und hiezu auch Urkunden vorgelegt, wonach ein Rentenanspruch nicht erreicht werden könne.

In Verkennung der Rechtslage hat das Bundesfinanzgericht keine konkreten Feststellungen darüber getroffen, ob dem Mitbeteiligten nach der schweizerischen Rechtslage und der hiezu in der Schweiz gepflogenen Interpretation sowie den tatsächlichen Gegebenheiten eine Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes mit späterem Rentenanspruch möglich gewesen wäre.

Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben."

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des BFG tritt die Rechtssache betreffend Einkommensteuer 2016 in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat (§ 42 Abs. 3 VwGG). Die Verwaltungsgerichte sind im fortgesetzten Verfahren verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 63 Abs. 1 VwGG).

Das Höchstgericht hat dem BFG im Beschwerdefall aufgetragen, konkrete Feststellungen darüber zu treffen, ob dem Bf. nach der schweizerischen Rechtslage und der hiezu in der Schweiz gepflogenen Interpretation sowie den tatsächlichen Gegebenheiten eine Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes mit späterem Rentenanspruch möglich gewesen wäre.

In Entsprechung dieses Ermittlungsauftrages wurden seitens des BFG an den Schweizerischen Pensionskassenverband (ASIP), das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), die Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge (OAK BV), die Finanzmarktaufsicht sowie den Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) nachstehende Fragen gerichtet:

"1. Besteht im Falle des endgültigen Verlassens der Schweiz vor Eintritt des Vorsorgefalles eine Möglichkeit, den Anspruch auf eine Altersrente aus der beruflichen Vorsorge aufrechtzuerhalten bzw. gibt es in solchen Fällen eine Möglichkeit, sich die Freizügigkeitsleistung in Rentenform auszahlen zu lassen?

2. Besteht für eine versicherte Person, die zwar das vorzeitige (reglementarische) Rentenalter, nicht aber das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, im Falle des endgültigen Verlassens der Schweiz die Möglichkeit, eine Freizügigkeitsleistung in Anspruch zu nehmen oder hat sie in diesem Fall nur mehr Anspruch auf die Altersleistung (die sie sich gegebenenfalls bar auszahlen lassen kann)?

3. Bieten Schweizer Versicherungseinrichtungen, die den Kriterien des Art. 10 Abs. 2 litae a und b FZV entsprechen, Freizügigkeitspolicen mit späterem Rentenanspruch an?

4.……….

5. Sind die vorstehenden Fragen im Hinblick auf den obligatorischen und den überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge jeweils unterschiedlich zu beantworten?"

  • Der Schweizerische Pensionskassenverband (ASIP) beantwortete die obig wiedergegebenen Fragen in seinem Schreiben vom wie folgt:

"Ad 1. Gibt der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin seine/ihre Arbeitsstelle in der Schweiz auf und verlässt er/sie endgültig die Schweiz (Art. 5 I lit. a FZG), kann er/sie ein Barauszahlungsbegehren stellen. Allerdings ist dies bei Wohnsitznahme in einem EU-/EFTA-Staat nur bezüglich des überobligatorischen Altersguthabens möglich. Der obligatorische Teil des Altersguthabens muss hingegen auf einem Freizügigkeitskonto oder in einer Freizügigkeitspolice «parkiert» werden, wenn die betreffende Person im EU-/EFTA-Staat weiterhin sozialversichert ist (Art. 25f FZG). Maßgebend ist dann Art. 13 FZV. Der Umfang der Leistungen bei Alter (wie auch bei Tod und Invalidität) ergibt sich aus dem Vertrag oder Reglement der Freizügigkeitsstiftung bzw. der Lebensversicherungsgesellschaft (Art. 13 I FZV). Gemäss Art. 13 II FZV werden die Leistungen nach Vertrag oder Reglement als Rente oder als Kapitalabfindung ausbezahlt. Als Leistungen gelten auch die Barauszahlung (Art. 5 FZG) und der Vorbezug für Wohneigentum (Art. 30c BVG und Art. 331e OR).

Links für grenzüberschreitende Sachverhalte (Schweizerische Verbindungsstellen):

www.avs-ai-international.ch

www.sfbvg.ch

www.kvg.org

www.seco-admin.ch

www.bsv.admin.ch

www.sozialversicherungen.admin.ch

www.suva.ch

Hingegen werden Personen, die sich im Ausland niederlassen oder ihren Wohnsitz bereits dorthin verlegt haben, aber gleichzeitig weiterhin in der Schweiz erwerbstätig sind (= Grenzgänger), sei es als Arbeitnehmer/innen oder Selbstständigerwerbende, nicht als aus der Schweiz Ausgereiste betrachtet. Folglich können sie sich den obligatorischen Teil der Vorsorge nicht ausbezahlen lassen (BGE 137 V 188f. E. 6.2.2; vgl. auch BSV-Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 96, Ziff. 6). Vgl. Isabelle Vetter-Schreiber, BVG. Kommentar, 3., überarb. Aufl., Zürich 2013, S. 514.

Wenn der Vertrag mit der bzw. das Reglement der Freizügigkeitseinrichtung eine Altersrente vorsieht, ist der Altersleistungsbezug in Rentenform möglich. …

Ad 2. Maßgebend ist Art. 2 I FZG, der besagt, dass Versicherte auch dann eine Austrittsleistung beanspruchen können, wenn sie die Vorsorgeeinrichtung zwischen dem frühestmöglichen und dem ordentlichen reglementarischen Rentenalter verlassen und die Erwerbstätigkeit weiterführen oder als arbeitslos gemeldet sind (vgl. Art. 13 I BVG). Vgl. ASIP-Fachmitteilung Nr. 77 «Abgrenzung Altersleistung Austrittsleistung».

Entscheidet sich der ehemalige Arbeitnehmer/die ehemalige Arbeitnehmerin als Grenzgänger/in aus dem EU-/EFTA-Raum für die Austrittsleistung, weil er/sie weiterhin - nun in einem EU-/EFTA-Staat - erwerbstätig ist, hat er/sie Anspruch auf seine/ihre Austrittsleistung (Freizügigkeitsleistung), welche jedoch gemäss Art. 5 I i.V.m. Art. 25f FZG nur für den überobligatorischen Teil ausbezahlt wird (Deponierung des obligatorischen Teils auf einer Freizügigkeitseinrichtung in der Schweiz), wenn er/sie in diesem Staat weiterhin sozialversichert ist (Wohnsitz für Liechtenstein) (Art. 25f I FZG). Siehe auch Antwort zu Frage 1.

Ad 3. Ja. Die Freizügigkeitspolice ist eine besondere, ausschliesslich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- oder Rentenversicherung im Rahmen der 2. Säule einschliesslich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- oder Invaliditätsfall (mit garantiertem Mindestzinssatz). Siehe auch Antwort zu Frage 1.

Ad 4…….

Ad 5. Ja, denn nur der obligatorische Teil der beruflichen Vorsorge wird auf einem Schweizer Freizügigkeitskonto bzw. in einer Schweizer Freizügigkeitspolice «parkiert», es sei denn, der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin ist im EU-/EFTA-Staat nicht mehr sozialversichert. Eine Ausnahme bildet das Fürstentum Liechtenstein (direkter Übertrag der Freizügigkeitsleistung von schweizerischer Vorsorgeeinrichtung auf liechtensteinische Vorsorgeeinrichtung)."

  • Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) beantwortete die obig wiedergegebenen Fragen in seinem Schreiben vom wie folgt:

Ad 1. Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG stellt das endgültige Verlassen der Schweiz einen sogenannten Barauszahlungsgrund dar, der die versicherte Person dazu berechtigt, die Austrittsleistung zu verlangen; sich diese also vorzeitig und unabhängig eines Vorsorgefalles auszahlen zu lassen. Die Barauszahlung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist jedoch auf den überobligatorischen Teil der Austrittsleistung beschränkt (siehe Art. 25f FZG). Weiterhin der Schweiz gebunden bleibt somit das obligatorische Altersguthaben. Dieses wird als weiterhin zum Vorsorgezweck gebundenes Guthaben auf einer Freizügigkeitseinrichtung deponiert. Nach Wahl der versicherten Person kann der Vorsorgeschutz dann durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erfolgen. Freizügigkeitspolicen können gemäß der gesetzlichen Rahmenordnung auch in Form einer Rentenversicherung angeboten werden (siehe Art. 10 Abs. 2f FZV). Eine vorzeitige Verrentung des zum Erhalt der Vorsorge gebundenen Altersguthabens ist jedoch ausgeschlossen.

Ad 2. Auch bei einer Weiterführung der Erwerbstätigkeit im Ausland kann eine versicherte Person anstelle der vorzeitigen Altersrente die Freizügigkeitsleistung beanspruchen. Art. 2 Abs. 1 FZG kommt insofern auch zur Anwendung, wenn eine Person eine Erwerbstätigkeit im Ausland aufnimmt. Siehe im Weiteren zur Barauszahlung von Freizügigkeitsguthaben in einen EU- Mitgliedstaat im Falle des endgültigen Verlassens der Schweiz die obenstehende Antwort ad 1.

Ad 3. Freizügigkeitspolicen mit Rentenversprechen sind im Rahmen der gesetzlichen Ordnung möglich (siehe Art. 10 Abs. 2 FZV). Auf dem freien Vorsorgemarkt stellen solche Angebote jedoch eher den Ausnahmefall dar.

Ad 4……

Ad 5. Wie bereits unter Antwort Ad 1. ausgeführt, bleibt der obligatorische Teil des Altersguthaben zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes im europäischen Binnenverhältnis bis zum Eintritt eines Vorsorgefalls in der Schweiz in Form einer Freizügigkeitspolice oder eines Freizügigkeitsguthabens gebunden (siehe Art. 25f Abs. 1 BVG).

  • Die Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge (OAK BV) beantwortete die obig wiedergegebenen Fragen in ihrem Schreiben wie folgt:

"…….

2. Zu den Fragen:

2.1 Allgemeines:

Vom Grundsatz her untersteht eine Person dem Sozialversicherungssystem des Landes, in dem sie die Erwerbstätigkeit ausübt und nicht jenem des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz hat. Die Grundlage dazu bilden das Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Freizügigkeit (FZA), die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009. Dieser Grundsatz gilt auch innerhalb der Mitgliedstaaten der EFTA. In der EU/EFTA wohnhafte und nur in der Schweiz erwerbstätige Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind somit den schweizerischen Sozialversicherungen unterstellt. Dies gilt auch in Bezug auf die berufliche Vorsorge. Ob jemand im Ausland wohnt, ist somit für die obligatorische Unterstellung unter die schweizerische berufliche Vorsorge nicht relevant. Die Bestimmungen zur obligatorischen Versicherungsunterstellung sind demnach für alle Erwerbstätigen in der Schweiz die gleichen und zwar ungeachtet ihres Wohnortes (in der Schweiz und im Ausland) und ihrer Staatsangehörigkeit. Das schweizerische Recht der beruflichen Vorsorge kennt keine spezifischen Regelungen für Grenzgängerinnen und Grenzgänger.

Vom Grundsatz her unterstehen der obligatorischen beruflichen Vorsorge alle Personen, die in der Schweiz arbeiten und der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) unterstellt sind, wenn ihr Jahreslohn mehr als 21.330 Franken beträgt (Stand: 2020) und das Arbeitsverhältnis mindestens drei Monate dauert. Die obligatorische berufliche Vorsorge beginnt für die Arbeitnehmenden dann, wenn sie das 17. Altersjahr überschritten haben und endet, wenn sie das 64. Altersjahr (Frauen) bzw. das 65. Altersjahr (Männer) zurückgelegt haben.

Versicherte Personen, welche eine Vorsorgeeinrichtung (in der Schweiz umgangssprachlich auch Pensionskasse genannt) verlassen (namentlich beim Wechsel des Arbeitgebers) bevor einer der drei Vorsorgefälle (Alter, Tod oder Invalidität) eintritt, haben Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung (auch Austrittsleistung genannt). Grundlage für die Berechnung der Freizügigkeitsleistung ist das Freizügigkeitsgesetz (FZG; SR 831.42). Ausgeführt wird das FZG in der Freizügigkeitsverordnung (FZV; SR 831.425). Maßgebend für die Anwendung des FZG ist, dass der versicherten Person im Alter, bei Tod oder Invalidität ein Anspruch auf Leistungen gegenüber der Vorsorgeeinrichtung zusteht. Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) enthält Mindestvorschriften für den obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge (Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 BVG). Ausgeführt wird das BVG unter anderem durch die Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1). Das BVG ist, anders als das FZG, als Minimalgesetz konzipiert, wonach im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge mindestens die in BVG enthaltenen Leistungen erbracht werden müssen.

Treten Versicherte, welche die Vorsorgeeinrichtung verlassen haben, in eine neue Vorsorgeeinrichtung ein, hat die frühere Vorsorgeeinrichtung der Austrittsleistung an die neue zu überweisen (Art. 3 Abs. 1 FZG). Versicherte, die nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintreten (z.B. infolge Arbeitslosigkeit), haben ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen, in welcher zulässigen Form (Freizügigkeitspolice oder -konto) sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen (Art. 4 Abs. 1 FZG). Bleibt diese Mitteilung aus, so hat die Vorsorgeeinrichtung frühestens nach sechs Monaten, spätestens aber zwei Jahre nach dem Freizügigkeitsfall die Austrittsleistung der Auffangeinrichtung zu überweisen (Art. 4 Abs. 2 FZG). Freizügigkeitskonti werden von Banken und Freizügigkeitsstiftungen sowie von der Aufnahmeeinrichtung angeboten (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 und 2 FZV). Freizügigkeitspolicen können bei einer Versicherungseinrichtung abgeschlossen werden (Art. 10 Abs. 1 und 2 FZV).

Treten die Versicherten in eine neue Vorsorgeeinrichtung ein, sind sie verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Freizügigkeitseinrichtung das Vorsorgekapital für die Erhaltung des Vorsorgeschutzes der neuen Vorsorgeeinrichtung überweist (Art. 4 Abs. 2 FZG). Das FZG regelt nur die Übertragung von Freizügigkeitsleistungen zwischen schweizerischen Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen (vgl. Art. 3 Abs. 1 FZG). Eine Rechtsgrundlage für die grenzüberschreitende Übertragung von Freizügigkeitsmitteln (Austrittsleistungen nach Art. 2 FZG und Guthaben nach Art. 10 FZV) besteht nur im Verhältnis zu Liechtenstein gestützt auf das entsprechende Abkommen über Soziale Sicherheit (SR 0.831.109.514.1; siehe dazu auch BGE 140 V 476).

2.2. In concreto zu den Fragen betreffend "A. Freizügigkeitsleistung":

2.2.1 Zur Frage 1:

Nein, nach Auffassung der OAK BV ist dies nicht möglich.

Versicherte, die die Schweiz endgültig verlassen, können unter Vorbehalt von Art. 25f FZG die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen (Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG). Wenn eine versicherte Person, unabhängig welcher Nationalität, die Schweiz endgültig verlässt, Wohnsitz in einem EU oder EFTA-Staat nimmt und dort für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert ist, darf der BVG-obligatorische Teil der Freizügigkeitsleistung nicht an die versicherte Person ausbezahlt werden (Art. 25f FZG). Wird die Austrittsleistung an eine Freizügigkeitseinrichtung überwiesen, so richtet sich eine spätere Barauszahlung sinngemäß nach Art. 5 FZG (Art. 14 FZV). Bei Eintritt des Versicherungsfalles (Alter, Tod, Invalidität) - bevor der Barauszahlungstatbestand gemäß Art. 5 FZG geltend gemacht wird - tritt die Rente oder die Kapitalzahlung an die Stelle der Austrittsleistung resp. des Freizügigkeitsguthabens (Art. 2 Abs. 1 FZG e contrario). Frühestens ab Erreichen des vollendeten 58. Altersjahres kann das Reglement einer Vorsorgeeinrichtung einen frühzeitigen Altersrücktritt vorsehen (Art. 1i die Abs. 1 BVV2). Freizügigkeitseinrichtungen dürfen Altersleistungen frühestens 5 Jahre vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters nach Art. 13 BVG auszahlen (Art. 16 Abs. 1 FZV). Die Barauszahlung der Austrittsleistung beim endgültigen Verlassen der Schweiz gemäß Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG (vor Eintritt des Vorsorgefalls) erfolgt als Kapitalleistung. Da das FZG nicht nur im obligatorischen Bereich, sondern auf alle Vorsorgeeinrichtungen anwendbar ist, welche reglementarische Ansprüche ausrichten und Art. 5 FZG keine abweichenden reglementarischen Regelungen vorbehält, ist es nach Auffassung der OAK BV nicht möglich, eine Freizügigkeitsleistung vor Eintritt des Vorsorgefalles bzw. vor dem frühzeitig möglichen Altersrücktritt in Rentenform an den Versicherten auszuzahlen. Nur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen (nach Eintritt des Vorsorgefalls) werden in der Regel als Rente ausgerichtet (vgl. Art. 37 Abs. 1 BVG).

Für im Ausland wohnhafte Grenzgängerinnen und Grenzgänger bedeutet dies gemäß der Mitteilung Nr. 150 des Bundesamtes für Sozialversicherungen vom , Rn. 1012 ff Folgendes:

Sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Barauszahlung nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG, sofern sie die Erwerbstätigkeit in der Schweiz vollständig aufgeben und keiner schweizerischen Vorsorgeeinrichtung mehr angeschlossen sind. Da Grenzgängerinnen und Grenzgänger nicht in der Schweiz wohnen, haben Sie logischerweise keinen Wohnsitz, den sie von der Schweiz ins Ausland verlegen könnten. Für sie entspricht das endgültigen Verlassen der Schweiz somit der Aufgabe der Erwerbstätigkeit in der Schweiz.

Die Auszahlung des Vorsorgekapitals beschränkt sich bei Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus den EU-/EFTA-Staaten auf den überobligatorischen Teil. Die minimale obligatorische berufliche Vorsorge bleibt bis zum Mindestrücktrittsalter bzw. zum Eintritt eines Vorsorgefalls in der Schweiz bei einer Freizügigkeitseinrichtung blockiert (außer, die Person ist in einem Mitgliedstaat der EU/EFTA in der obligatorischen Versicherung nicht gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität versichert oder verlässt die EU/EFTA definitiv).

2.2.2 zur Frage 2:

In diesem Fall tritt der Vorsorgefall Alter ein.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 FZG können versicherte Personen bei einem Verlassen der Vorsorgeeinrichtung zwischen dem frühestmöglichen und dem ordentlichen reglementarischen Rentenalter nur dann zwischen einer Austrittsleistung oder einer Altersleistung wählen, wenn sie die Erwerbstätigkeit (in der Schweiz) weiterführen oder hierzulande als arbeitslos gemeldet sind (vgl. BGE 141 V 162 E. 4.2. und BGE 137 V 181 E. 6.2). Bei einem endgültigen Verlassen der Schweiz sind diese Voraussetzungen für einen Aufschub des Vorsorgefalls Alter nicht erfüllt. Ist der Vorsorgefall Alter eingetreten, ist beim endgültigen Verlassen der Schweiz eine Barauszahlung gestützt auf Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG nicht mehr möglich (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 FZG). Die stattdessen auszurichtenden Altersleistungen in solchen Fällen bestimmen sich anhand des Reglements der letzten Vorsorgeeinrichtung der versicherten Person.

2.2.3 Zur Frage 3:

Nein, Schweizerische Versicherungseinrichtungen bieten solche Rentenlösungen grundsätzlich nicht (mehr) an.

Die Freizügigkeitspolice ist eine besondere, ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- oder Rentenversicherung im Rahmen der 2. Säule einschließlich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- oder Invaliditätsfall. Die Leistungen bei Alter, Tod und Invalidität werden nach Vertrag oder Reglement als Rente oder Kapitalabfindung ausbezahlt (Art. 13 Abs. 1 und 2 FZV). Der Abschluss einer Freizügigkeitspolice mit späterem Rentenanspruch ist somit aus rechtlicher Sicht möglich. Gemäß Auskunft der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA bieten Schweizer Versicherungseinrichtungen solche Rentenlösungen wegen den derzeitigen historisch tiefen Zinsen jedoch grundsätzlich nicht (mehr) an. Es kann indes nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne solche Freizügigkeitspolicen mit späterem Rentenanspruch noch bestehen.

…..

2.2.5 Zur Frage 5:

Nein, ein Unterschied ergibt sich nur beim folgenden Punkt:

Wenn eine versicherte Person, unabhängig welcher Nationalität, die Schweiz endgültig verlässt, Wohnsitz in einem EU- oder EFTA-Staat nimmt und dort für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert ist, darf der BVG-obligatorische Teil der Freizügigkeitsleistung nicht an die versicherte Person ausbezahlt werden (Art. 5 Abs. 1 Bst. a i.V.m. Art. 25f FZG, vgl. auch die Antwort oben zu Frage 1, Ziff. 2.2.1). Im Übrigen sind die vorstehenden Fragen im Hinblick auf den obligatorischen und den überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge gleich zu beantworten……"

  • Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) sowie der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) erklärten sich für die Fragebeantwortung als unzuständig.

Nach Übermittlung der Ermittlungsergebnisse des BFG zur Stellungnahme an das Finanzamt wandte sich dieses mit folgenden Fragen an insgesamt 33 liechtensteinische und schweizerische Versicherungsunternehmen (einschließlich solcher schweizerischer Versicherungsunternehmen, die in Liechtenstein im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr zugelassen sind):

"1. Bietet oder bot Ihr Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit die Freizügigkeitspolice als Rentenversicherung (also mit Anspruch auf spätere Auszahlung in Rentenform) als eigenes Versicherungsprodukt an?

2. Sollte Frage 1 zu verneinen sein: Besteht bzw bestand in der Vergangenheit dennoch die Möglichkeit, den Vorsorgeschutz in Rentenform durch Abschluss einer Freizügigkeitspolice als Rentenversicherung im Wege eines individuellen Einzelvertrages aufrecht zu erhalten?"

Von 24 der 33 angeschriebenen Versicherungsunternehmen erhielt das Finanzamt eine Rückmeldung. Davon verneinten 22 Versicherungsunternehmen beide Fragen, ein Versicherungsunternehmen verneinte die erste Frage und verweigerte die Beantwortung der 2. Frage unter Verweis auf deren Allgemeincharakter und einer deshalb aus seiner Sicht notwendigen Abstimmung mit der liechtensteinischen Steuerverwaltung. Ein weiteres Versicherungsunternehmen erachtete eine Beantwortung nur als zulässig im Wege eines Rechtshilfeersuchens.

Nach Würdigung aller durchgeführten Ermittlungen gelangte das Finanzamt zu der Conclusio, das für österreichische Grenzpendler bei tatsächlich endgültigem Verlassen der Schweiz keine zumutbare Möglichkeit bestand bzw. besteht, den Anspruch auf eine Altersrente aufrechtzuerhalten.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom (BVG) umfasst die berufliche Vorsorge alle Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung(AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 BVG beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses, für Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Nach Abs. 2 leg. cit. endet die Versicherungspflicht unter Vorbehalt von Artikel 8 Absatz 3, wenn das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13), das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, der Mindestlohn unterschritten wird oder der Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherungendet.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 BVG haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben (lit.a) und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. b) Anspruch auf Altersleistungen. Gemäß Abs. 2 dieser Norm können die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung abweichend davon vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht. In diesem Fall ist der Umwandlungssatz (Art. 14) entsprechend anzupassen.

Gemäß Art. 27 BVG gilt für die Freizügigkeitsleistung das FZG.

Gemäß Art. 1i Abs. 1 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV2) können die Reglemente der Vorsorgeeinrichtungen einen Altersrücktritt frühestens ab dem vollendeten 58. Altersjahr vorsehen.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) haben Versicherte, welche die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein Vorsorgefall eintritt (Freizügigkeitsfall), Anspruch auf eine Austrittsleistung.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG können Versicherte die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn sie die Schweiz endgültig verlassen; vorbehalten bleibt Artikel 25f.

Gemäß Art. 25f Abs. 1 lit. a FZG können Versicherte die Barauszahlung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a im Umfang des bis zum Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung erworbenen Altersguthabens nach Artikel 15 BVG nicht verlangen, wenn sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert sind.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV) wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten. Nach Abs. 2 dieser Norm gelten als Freizügigkeitspolicen besondere, ausschliesslich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- oder Rentenversicherungen, einschliesslich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- oder Invaliditätsfall bei einer der ordentlichen Versicherungsaufsicht unterstellten Versicherungseinrichtung oder einer durch diese Versicherungseinrichtungen gebildeten Gruppe (lit. a); oder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung nach Artikel 67 Absatz 1 des BVG (lit. b). Gemäß Abs. 3 dieser Norm gelten als Freizügigkeitskonten besondere, ausschliesslich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Verträge mit einer Stiftung, welche die Voraussetzungen nach Artikel 19 erfüllt. Diese Verträge können durch eine Versicherung für den Todes- oder Invaliditätsfall ergänzt werden.

Aufgrund der obig wiedergegebenen Ermittlungsergebnisse kommt das Finanzgericht zum Ergebnis, dass dem Bf. nach Beendigung seiner nichtselbständigen Tätigkeit in der Schweiz nicht die Möglichkeit offen stand, sich für eine prämienfreie Freizügigkeitspolice zu entscheiden und daraus später "Altersleistungen in Rentenform" zu beziehen. Daher ist die Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 auf die gegenständliche Kapitalauszahlung anzuwenden und der Beschwerde sohin Folge zu geben.

III. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG hat in Entsprechung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu z.B. ; ), wonach in Bezug auf ausländisches Recht der Grundsatz "iura novit curia" nicht gilt, die im fortgesetzten Verfahren wiedergegebenen amtlichen Ermittlungen zur Streitfrage, ob dem Bf. ein Verbleib innerhalb des betrieblichen Vorsorgesystems der Schweiz durch Abschluss einer prämienfreien Freizügigkeitspolice möglich war und daraus ein späterer Rentenbezug hätte erfolgen können, zur Grundlage seiner rechtlichen Beurteilung gemacht. Eine zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag daher nicht vor, sodass eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Gesamthaft war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100260.2020

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