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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2021, RV/5101393/2020

Keine Energieabgabenvergütung für Dienstleistungsbetriebe ab 2/2011

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1828/2021 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ihren gesetzlichen Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend die Anträge auf Vergütung von Energieabgaben betreffend der Zeiträume 2/2011, 3/2011 bis 2/2012, 3/2012 bis 2/2013, 3/2013 bis 2/2014 und 3/2014 bis 2/2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin verfasste am die am beim Finanzamt eingelangten Anträge auf Vergütung von Energieabgaben für die Zeiträume 2/2011, 3/2011 bis 2/2012, 3/2012 bis 2/2013, 3/2013 bis 2/2014 und 3/2014 bis 2/2015.

Darin führte er wie folgt aus:

"Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich beim Antragsteller um keinen Betrieb, dessen Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter ("Produktionsbetrieb") besteht, sondern um einen "Dienstleistungsbetrieb" handelt, der (Beschreibung Tätigkeit). Laut herrschender Auffassung innerhalb der österreichischen Finanzverwaltung haben "Dienstleistungsbetriebe" derzeit gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG keinen Anspruch auf Vergütung von Energieabgaben für die Zeiträume ab 2/2011. Für den Monat Jänner 2011 wurde die Vergütung aufgrund der höchstgerichtlichen Entscheidungen noch für sämtliche antragstellenden Betriebe (also auch Dienstleistungsbetriebe) gewährt. Dies deshalb, weil die verpflichtende Mitteilung über die Durchführung einer Beihilfenmaßnahme an die Europäische Kommission durch die österreichische Bundesregierung erst Anfang des Monats Februar 2011 erfolgt ist. Folglich haben wir für 1/2011 bereits einen Antrag auf Vergütung der Energieabgaben gestellt. Die darauf entfallende Vergütung wurde am unserem Abgabenkonto gutgeschrieben."

Diese Anträge wies das Finanzamt mit dem Bescheid datiert vom ab, welcher nachweislich am , in die Databox der Beschwerdeführerin zugestellt wurde.

Dies wurde damit begründet, dass ein Anspruch auf Vergütung von Energieabgaben nach § 2 Abs. 1 EnAbgVergG (Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996), nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträgern erzeugt wurden, liefern. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , Ro 2016/15/0041 entschieden, dass die mit dem BBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, erfolgte Einschränkung des Anspruchs auf eine Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe mit ordnungsgemäß in Kraft getreten ist. Zur Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht werde auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/17/0144 und , 2012/17/0469, sowie die ebenso im Vorabentscheidungsverfahren des Gerichtshof der europäischen Union (EuGH) vom , Rs C-585/17, Dilly's Wellnesshotel (II), unbeanstandet gebliebene unbefristete Bestätigung durch die Entscheidung der Europäischen Kommission vom , 2005/565/EG, ABI. 2005 L 190/13, wonach im Hinblick auf das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, BGBl. III Nr. 86/1999) keine Bedenken gegen die Vergütung von Energieabgaben bestehen.

Innerhalb der verlängerten Beschwerdefrist brachte die Beschwerdeführerin die am verfasste, am beim Finanzamt eingelangte Bescheidbeschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid ein, verzichtete gleichzeitig auf das Erlassen eine Beschwerdevorentscheidung und beantragte das Aufheben des angefochtenen Bescheides, beziehungsweise in eventu die Stattgabe der Beschwerde.

Dazu führte die Beschwerdeführerin auf 48 Seiten rechtlich aus.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am elektronisch vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Wie schon aus den Anträgen auf Vergütung von Energieabgaben für die Zeiträume 2/2011, 3/2011 bis 2/2012, 3/2012 bis 2/2013, 3/2013 bis 2/2014 und 3/2014 bis 2/2015 vom von der Beschwerdeführerin ausdrücklich dargestellt, handelt es sich bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht um einen Produktionsbetrieb (im Sinne des § 2 Abs. 1 EnAbgVergG (idF BudBG 2011, BGBl I2010/111) sondern um einen sogenannten "Dienstleistungsbetrieb", dessen Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt steht im Verfahren außer Zweifel und beschränkt sich die Argumentation der Beschwerdeführerin auf das (umfangreiche) Vorbringen rechtlicher Argumente insbesonders aus dem Gebiet des Verfassungs- und Unionsrechts, welche dazu dienen sollen, entgegen dem Wortlaut der zitierten Bestimmung (§ 2 Abs. 1 leg. cit.:"Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme [Dampf oder Warmwasser], die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.") dennoch die begehrte Energieabgabenvergütung zu erlangen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Da die Beschwerdeführerin die Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung beantragt hat und in der Beschwerde überdies lediglich die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behauptet wird, hat das Finanzamt die Beschwerde zu Recht gemäß § 262 Abs. 2 und Abs. 3 BAO ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Nach § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz (EnAbgVergG) in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011 (BBG), BGBl. I Nr. 111/2010, besteht ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.

Gemäß § 4 Abs. 7 EnAbgVergG idF BBG 2011, sind die §§ 2 und 3, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Befassung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Vorabentscheidungsweg und Ergehen des Urteils vom , Dilly's Wellnesshotel (II), C-585/17 - mit Erkenntnis vom , Ro 2016/15/0041, ausgesprochen, dass die mit BBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, normierten Änderungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes mit in Kraft getreten sind und damit für Dienstleistungsbetriebe ein Anspruch auf Energieabgabenvergütung ab nicht mehr besteht. Aufgrund des Vorranges des zwingenden europäischen Rechtes ist dafür, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch keine Veröffentlichung nach österreichischem Recht notwendig.

Im vorliegenden Fall liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beschwerdeführerin unbestritten nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Dienstleistungsbetriebe für Zeiträume ab Februar 2011 eindeutig keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung, weshalb der Beschwerde nicht Folge gegeben werden konnte.

Die Beschwerdeführerin brachte in rechtlicher Hinsicht vor, dass die Einschränkung der Energieabgabevergütung auf Produktionsbetriebe durch das BBG 2011 wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art. 18 Abs. 1 B-VG von ihr als verfassungswidrig erachtet werde, und verwies zudem auf die Ausführungen des Bundesfinanzgerichts () zur möglichen Verfassungswidrigkeit der Änderung des EnAbgVergG.

Gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930) darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.

Aus der im Art. 18 Abs. 1 B-VG angeordneten Bindung der Vollziehung an das Gesetz ist das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot abzuleiten, inhaltlich ausreichend bestimmte Regelungen zu schaffen; dieses Gebot folgt insbesondere aus der Wendung "auf Grund der Gesetze" (Muzak, B-VG6, Art 18 Rz 8).

Zu den verfassungsrechtlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin ist anzumerken, dass bei der Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen sind. Erst wenn danach noch nicht beurteilt werden kann, was im Einzelfall Rechtens sein soll, verletzt die Regelung die in Art. 18 B-VG verankerten rechtsstaatlichen Erfordernisse (VfSlg 8395/1978).

Dies trifft für die hier untersuchte Gesetzesstelle nicht zu. Über die Bestimmbarkeit des Inkrafttretens der Einschränkung der Energieabgabenvergütung anhand unionsrechtlicher Regelungen finden sich umfangreiche Ausführungen schon in der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (), auf welche verwiesen wird.

Darüber hinaus hatte sich auch der Verfassungsgerichtshof mit dem Ausschluss von Dienstleistungsbetrieben von der Energieabgabenvergütung durch das Budgetbegleitgesetz 2011 zu befassen und erachtete die behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes nicht als gegeben. Der Verfassungsgerichtshof merkte dazu explizit an, dass sich auch keine von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachte Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ergeben habe ().

Dazu kommt noch, dass sich der Verfassungsgerichtshof bereits in Erkenntnis zur Entscheidung des , betreffend Energieabgabenvergütung für 2011 geäußert hat. Er hat vor dem Hintergrund des oben genannten Erkenntnisses Verfassungsgerichtshofes (), die Behandlung der behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch der Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder der Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes mangels Aussicht auf Erfolg abgelehnt ().

Das Bundesfinanzgericht kann daher eine Verfassungswidrigkeit der mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 normierten Änderungen des EnAbgVergG wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebotes nicht erkennen (siehe zum gleichgelagerten Fall Bundesfinanzgericht vom , RV/7100074/2021).

Die Beschwerden waren mangels Erfüllen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 EnAbVergG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da auf Sachverhaltsebene unbestritten feststeht, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 EnAbVergG als Dienstleistungsbetrieb nicht erfüllt und die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungs- und europarechtlichen Fragen durch den Verwaltungs-, den Verfassungs- und den Gerichtshof der Europäischen Union bereits beantwortet wurden (siehe oben), werden durch dieses Erkenntnis keine neuen Rechtsfragen berührt, deren Bedeutung über die Entscheidung dieser Rechtssache hinausgehen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 18 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 108 Abs. 3 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
§ 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
§ 262 Abs. 2 und 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 7 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101393.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at