Keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des § 5 der Sachbezugswerteverordnung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA***, nunmehr Finanzamt Österreich, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017 und den am von derselben Behörde ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid, ausgehend von einem Einkommen in Höhe von € 69.583,46, die Einkommensteuer für das Jahr 2017 mit € 1.222,00 festgesetzt.
2. Der Beschwerdeführer hat mit elektronisch eingereichtem Anbringen vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht. Angefochten werde der Bescheid hinsichtlich der Hinzurechnung von Sachbezügen für die Zinsersparnis aus Arbeitgeberdarlehen. Die bei seinem Arbeitgeber aufgenommenen Kredite seien nicht solche in EURO, sondern in Fremdwährung, nämlich in Schweizer Franken (CHF), gebunden an den 3-Monats-LIBOR. Das Heranziehen der Sachbezugswerteverordnung auf seinen CHF-Kredit sei gesetzwidrig. Es könne nicht sein, dass man zur Feststellung, ob ein Zinsvorteil aus einem in Schweizer Franken einem Mitarbeiter gewährten Kredit bestehe oder nicht, einen Indikator heranziehe, der den Marktzinssatz für eine völlig andere Währung, nämlich den EURO, abbilde. Er gehe davon aus, dass es der Finanzverwaltung bekannt sei, dass für Kreditaufnahmen in den Währungen EUR und CHF jeweils andere Zinssätze marktüblich wären. Die Unterschiede des EURIBOR zum CHF könnten daher nicht ignoriert werden bzw. dürfe eine Verordnung Kredite in ausländischer Währung nicht gleich behandeln wie Kredite in inländischer Währung. Wenn dies geschehe, verstoße die Sachbezugswerteverordnung gegen das EStG und das Gleichheitsgebot der Verfassung.
3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 5 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung sei die Zinsenersparnis bei unverzinslichen Gehaltsvorschüssen und Arbeitgeberdarlehen im Kalenderjahr mit dem gemäß § 5 Abs. 2 der SBW-V0 ermittelten Prozentsatz anzusetzen. Die SBW-V0 unterscheide dabei nicht zwischen Darlehen in inländischer oder ausländischer Währung, sondern setze vielmehr die Zinsersparnis im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung verbindlich fest. Dass dabei für die Ermittlung des anzuwendenden Zinssatzes auf die Monatsdurchschnittstabelle des Euribor für zwölf Monate abgestellt werde, mache die SBW-V0 deshalb nicht unanwendbar, selbst wenn das Darlehen an den 3-Monats-Libor gebunden sei.
4. Mit elektronisch eingereichtem Anbringen vom hat der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
6. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid, ausgehend von einem Einkommen in Höhe von € 73.090,70, die Einkommensteuer für das Jahr 2018 mit € 2.034,00 festgesetzt.
7. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht. Dort wird ausgeführt, der 3-Monats-CHF-Zinssatz sei für das Jahr 2018 immer im Minus gewesen, der Durchschnittszinssatz für 2018 habe minus 0,735 betragen. Wenn in einem Kreditvertrag zu diesem Basiszinssatz ein vereinbarter Aufschlag von beispielsweise 1,125% dazukomme - und dabei handelt es sich, bei voller grundbücherlicher Deckung, um eine normale Kundenkondition für einen Wohnbaukredit und nicht um einen begünstigten Zinssatz für Mitarbeiter - sei der vom Kreditnehmer zu bezahlende Zinssatz von 0,39 % p.a. noch immer unter dem für das Jahr 2018 per Erlass zu § 5 der Sachbezugswerteverordnung festgelegte Wert von 0,5 % p.a. Anders ausgedrückt, sei der Unterschied in den Zinssätzen der beiden Währungen größer als ein eventueller Mitarbeitervorteil. Was auf den ersten Blick als ein Vorteil aus einem Arbeitgeberdarlehen aussehe, sei bei näherer Betrachtung nur der Vorteil aus dem Zinssatz der Fremdwährung gegenüber dem EURO. Die Heranziehung eines EURO-Referenzzinssatzes, wie es die Verordnung vorsehe, sei zur Feststellung, ob und welche Zinsen bei einem CHF-Kredit einen Mitarbeitervorteil darstellen würden, ungeeignet. Es könne nicht sein, dass man zur Feststellung, ob ein Zinsvorteil aus einem in Schweizer Franken einem Mitarbeiter gewährten Kredit bestehe oder nicht, einen Indikator heranziehe, der den Marktzinssatz für eine völlig andere Währung, nämlich den EURO, abbilde. Die Heranziehung des EURO-Referenzzinssatzes für einen CHF-Kredit sei daher mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Gleichbehandlung nicht vereinbar. Die Sachbezugswerteverordnung sei aus diesem Grund, was die Anwendung auf Fremdwährungskredite betreffe, nicht in § 15 Abs. 2 EStG 1988 gedeckt und somit gesetzwidrig. Der Beschwerdeführer beantragte gemäß § 262 Abs. 2 BAO, die Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzuglegen.
8. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 gehören geldwerte Vorteile zu den Einnahmen. Sie sind nach § 15 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen. Der Bundesminister für Finanzen kann gemäß § 15 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die Höhe geldwerter Vorteile mit Verordnung festlegen.
2. Zu § 15 Abs. 2 EStG 1988 wurde gemäß § 5 der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung), BGBl. Nr. 416/2001, betreffend Zinsersparnisse bei unverzinslichen oder zinsverbilligten Gehaltsvorschüssen und Arbeitgeberdarlehen Folgendes verordnet:
§ 5. (1) Die Zinsenersparnis bei unverzinslichen Gehaltsvorschüssen und Arbeitgeberdarlehen ist im Kalenderjahr mit dem gemäß Abs. 2 ermittelten Prozentsatz anzusetzen. Bei zinsverbilligten Gehaltsvorschüssen und Arbeitgeberdarlehen ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen Zinssatz und dem gemäß Abs. 2 ermittelten Prozentsatz anzusetzen. Der Prozentsatz ist vom Bundesminister für Finanzen spätestens zum 30. November jeden Jahres für das Folgejahr festzusetzen und im Rechts- und Fachinformationssystem des Finanzressorts (http://findok.bmf.gv.at/findok) zu veröffentlichen.
(2) Dieser Prozentsatz wird in dem diesem Kalenderjahr vorangehenden Berechnungsjahr wie folgt ermittelt:
1. Auf Grund der vom Europäischen Bankenverband veröffentlichten Monatsdurchschnittstabelle des Euribor für zwölf Monate ist für den Zeitraum vom 1. Oktober des Vorjahres bis zum 30. September des laufenden Jahres ein Durchschnittswert zu ermitteln, der um 0,75 Prozentpunkte erhöht wird.
2. Der sich nach Z 1 ergebende Prozentsatz ist auf halbe Prozentpunkte kaufmännisch zu runden.
(3) Die Höhe der Raten und die Rückzahlungsdauer haben keinen Einfluss auf das Ausmaß des Sachbezuges. Die Zinsenersparnis ist vom aushaftenden Kapital zu berechnen. Die Zinsenersparnis ist ein sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400. Übersteigen Gehaltsvorschüsse und Arbeitgeberdarlehen insgesamt den gemäß § 3 Abs. 1 Z 20 Einkommensteuergesetz 1988 steuerfreien Betrag von 7 300 Euro, ist ein Sachbezug nur vom übersteigenden Betrag zu ermitteln.
3. Der Beschwerdeführer bekämpft die angefochtenen Bescheide mit dem Argument, die Sachbezugswerteverordnung sei hinsichtlich der Anwendung auf Fremdwährungskredite nicht in § 15 Abs. 2 EStG 1988 gedeckt und somit gesetzwidrig. Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide kann er damit nicht aufzeigen, weil die belangte Behörde aufgrund Art. 18 Abs. 1 B-VG an die gehörig kundgemachte Verordnung ebenso gebunden ist, wie dies gemäß Art. 135 Abs. 4 B-VG iVm Art 89 B-VG grundsätzlich auch für das Bundesfinanzgericht zutrifft. Gegen die Gesetzmäßigkeit und Anwendung der Sachbezugswerteverordnung im Beschwerdefall hat das Bundesfinanzgericht keine Bedenken. Dass die Ermittlung der Zinsersparnis nach der Verordnung zu einem für den Beschwerdeführer möglicherweise nachteiligen Ergebnis führt, ist Folge des nach § 5 Abs. 2 Sachbezugswerteverordnung pauschal ermittelten Prozentsatzes. Dieser ist hinzunehmen, weil pauschalierende Regelungen, die der Gesetz- oder Verordnungsgeber insbesondere im Interesse der Verwaltungsökonomie trifft, nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes selbst dann zulässig sind, wenn dabei Härtefälle entstehen können, sofern diese nicht in unverhältnismäßiger Weise ins Gewicht fallen (; ; ; ; ). Ein unverhältnismäßig ins Gewicht fallender Härtefall erkennt das Bundesfinanzgericht im Beschwerdefall nicht. Für einen Antrag auf Aufhebung des § 5 der Sachbezugswerteverordnung beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 135 Abs. 4 B-VG iVm Art. 89 B-VG liegt kein Grund vor. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.
III. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage stellt sich im Beschwerdefall nicht. Der Beschwerdeführer bekämpft die Gesetzwidrigkeit des § 5 der Sachbezugswerteverordnung. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmung (; ). Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 135 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 Art. 89 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 5 Abs. 2 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 Art. 18 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100193.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at