Anspruchszinsen - Bagatellgrenze
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die Vertretung, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2014 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Anspruchszinsen für das Jahr 2014 werden auf Grundlage der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzt und lauten diese auf Euro 58,53.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom wurden die Anspruchszinsen für die Einkommensteuer 2014 des Beschwerdeführers, in der Folge als Bf. bezeichnet, in Höhe von Euro 59,69 festgesetzt.
In der dagegen mit Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am , rechtzeitig eingebrachten Beschwerde, beantragte der Bf. die ersatzlose Aufhebung des o.a. Bescheides und führte diesbezüglich aus, dass er im Jahre 2014 Vorauszahlungen iHv insgesamt Euro 4.056,00 gemäß dem Vorauszahlungsbescheid vom geleistet habe.
Aufgrund der mit Bescheid vom erfolgten Androhung einer Zwangsstrafe habe der steuerliche Vertreter des Bf. am die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 übermittelt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb noch nicht bekannt gewesen. Die Einkommensteuer 2014 sei folglich mit Bescheid vom iHv 0,00 Euro festgestellt worden. Bezüglich der daraus resultierenden Gutschrift sei kein Rückzahlungsantrag gestellt worden. Daher sei dem Finanzamt dieser Betrag weiterhin zur Verfügung gestanden.
Die Berechnung der Anspruchszinsen für den Zeitraum bis sei somit inkorrekt, da dem Finanzamt bis zur Festsetzung des Einkommensteuerbescheides 2014 vom die o.a. Vorauszahlung zur Verfügung gestanden sei und auch danach keine Rückerstattung beantragt worden sei.
Abschließend beantragte die steuerliche Vertretung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
Das Finanzamt erließ am eine teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung und setzte in dieser die Anspruchszinsen für das Jahr 2014 im Ausmaß von Euro 58,53 fest und führte begründend aus, dass Differenzbeträge an Einkommen- und Körperschaftsteuer, die sich aus den Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzten Abgabe ergäben, gemäß § 205 Abs 1 BAO für den Zeitraum ab dem 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen seien.
Der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen sei an die im Spruch des zur Nachforderung führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung gebunden. Erweise sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und werde dieser entsprechend abgeändert oder aufgehoben, so werde diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid bzw. Aufhebungsbescheid gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es ergehe ein weiterer Zinsenbescheid. Daher erfolge keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides.
Die Einkommensteuer für 2016 sei am mit Euro 0,00 festgesetzt worden. Nach Gegenüberstellung mit den geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen 2014 habe sich eine Gutschrift iHv Euro 4.056,00 ergeben. Die Berechnung der Gutschriftszinsen 2014 als Folge des Einkommensteuerbescheides vom würde den Betrag von -32,59 (Zeitraum - , Differenzbetrag -4.056,00, nicht entrichteter Zahlungsanspruch 0,00, Bemessungsgrundlage -4.056,00, 155 Tage, Tageszinssatz 0,0052) Euro ergeben.
Allerdings erfolge nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 205 Abs 2 letzter Satz BAO keine Festsetzung von Anspruchszinsen, die den Betrag von Euro 50,00 nicht erreichten. Da der Betrag von Euro 32,59 eindeutig unter dieser Bagatellgrenze liege, sei eine Festsetzung von Anspruchszinsen gesetzeskonform unterblieben.
Mit Folgebescheid vom sei die Einkommensteuer 2014 mit Euro 6.377,00 festgesetzt worden. Der sich nach Gegenüberstellung mit dem bisher vorgeschriebenen Betrag ergebende Differenzbetrag sei gemäß § 205 BAO mit Euro 58,53 (Zeitraum - , Differenzbetrag 6.377,00, entrichtete Anzahlungen 0,00, Bemessungsgrundlage 6.377,00, 167 Tage, Tageszinssatz 0,0052 ergibt Zinsen iHv 55,38 sowie Zeitraum - , Differenzbetrag 6.377,00, entrichtete Anzahlungen 0,00, Bemessungsgrundlage 6.377,00, 13 Tage zu einem Tageszinssatz von 0,0038 ergibt Zinsen iHv 3,15) zu verzinsen.
Da jeder Abgabenbescheid eine neue Berechnung von Anspruchszinsen auslöse, sei aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung auf jede dieser Berechnungen die Bagatellgrenze anzuwenden. Eine zusammengefasste Berechnung sei nicht vorgesehen und deshalb nicht zulässig. Ein diesbezüglicher Ermessensspielraum für die Berücksichtigung von ungewöhnlichen Umständen finde sich nicht im Gesetz.
Bei der Berechnung der Anspruchszinsen sei der ab dem geänderte Basiszinssatz von 1,38 % berücksichtigt worden. Dieser Umstand habe zu einer geringfügigen Berichtigung des angefochtenen Bescheides geführt.
Mit Schreiben vom beantragte der steuerliche Vertreter des Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das BFG und führte aus, dass in der BVE angemerkt worden sei, dass jeder Abgabenbescheid eine neue Berechnung der Anspruchszinsen auslöse und dass diese bei einer Bagatellgrenze von Euro 50,00 nicht festzusetzen seien. Diese Regelung diene primär der Verwaltungsökonomie und gelte sowohl für Gutschriften als auch für Nachforderungszinsen.
Im gegenständlichen Fall seien die Gutschriftzinsen wie in der BVE nicht festgesetzt worden. Deren Nichtfestsetzung bedeute jedoch nicht, dass diese Zinsen nicht mit Nachforderungszinsen verrechenbar seien, sondern nur, dass diese im Rahmen der Verwaltungsökonomie nicht vorgeschrieben werden würden. Der Zweck der Regelung des § 205 BAO sei es, die möglichen Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergäben, auszugleichen. Daher solle diese Regelung die Anträge auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen unattraktiver machen. Die Nichtverrechnung von Gutschriftszinsen gegenüber Nachforderungszinsen würde diesem Ziel entgegenlaufen, da eine Außerachtlassung der Gutschriftszinsen genau diese Zinsnachteile eben nicht ausgleiche. Des Weiteren würde die Anrechnung der Verwaltungsökonomie dienen, da dadurch die Nachforderungszinsen auf Euro 25,84 fielen und diese somit unter der Bagatellgrenze von Euro 50,00 seien.
Abschließend beantragte die steuerliche Vertretung wiederum die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
Mit Schreiben vom zog der steuerliche Vertreter des Bf. den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.
Mit weiterem Schreiben vom zog der steuerliche Vertreter des Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat zurück.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest:
Am erließ das Finanzamt einen Vorauszahlungsbescheid betreffend der Einkommensteuer 2014 und setzte in diesem die Vorauszahlungen für diese mit Euro 4.056,00 fest. Diese wurden in der Folge vom Bf. geleistet.
Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für das genannte Jahr und setzte in diesem die Einkommensteuer im Ausmaß von 0,00 Euro fest. Die aus diesem resultierende Abgabengutschrift iHv Euro 4.056,00 löste keinen Gutschriftszinsenbescheid aus, da deren Festsetzung die Bagatellgrenze des § 205 Abs 2 BAO - Näheres siehe oben - entgegenstand.
Einen Rückzahlungsantrag hinsichtlich der in Rede stehenden Gutschrift stellte der Bf. nicht.
Am erließ das Finanzamt für das Jahr 2014 einen § 295 Abs 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid und setzte in diesem die Einkommensteuer im Ausmaß von Euro 6.377,00 fest. In diesem Bescheid wurde der bisher vorgeschriebene Betrag an Einkommensteuer mit 0,00 Euro beziffert.
Am gleichen Tag erließ das Finanzamt das den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2014 iHv Euro 59,69 (Nähers siehe oben).
Mit BVE vom gab das Finanzamt der Beschwerde des Bf. vom teilweise Folge und setzte in dieser die Anspruchszinsen 2014 iHv Euro 58,53 (Näheres siehe oben) fest.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt des vorliegenden Falles und ist unbestritten.
Rechtliche Würdigung:
§ 205 BAO lautet auszugsweise:
"(1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). ...
(2) Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsensind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen."
Der zinsenrelevante Differenzbetrag ergibt sich nach dem Wortlaut des Gesetzes
● für Erstbescheide aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der Abgabenschuld laut Bescheid und den darauf schon entrichteten Vorauszahlungen (§ 205 Abs. 1 BAO) und Anzahlungen (§ 205 Abs. 4 BAO). Gutschriftszinsen ergeben sich stets dann, wenn die Vorauszahlungen höher sind als die bei Veranlagung festgesetzte Abgabenschuld. (§ 205 Abs. 5 BAO).
● Für Änderungsbescheide, wie etwa dem vorliegenden gemäß § 295 Abs 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid 2014 vom , ergibt sich der Differenzbetrag aus der Gegenüberstellung des geänderten Abgabenbetrages und des Vorsolls (Abgabenbetrag laut Erstbescheid) inklusive entrichteter Anzahlungen. Auch dabei kann es zu Zinsengutschriften kommen.
Bis zu einem errechneten Zinsbetrag von EURO 50,00 unterbleibt eine Festsetzung (Bagatellgrenze). Das gilt sowohl für Nachforderungs- als auch für Gutschriftszinsen und soll primär der Verwaltungsökonomie dienen (§ 205 Abs. 2 zweiter Satz BAO).
Jede Nachforderung bzw. Gutschrift löst (gegebenenfalls) einen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor (zB.: -K/07; , RV/0408-S/08; , RV/0785-L/09; ; , RV/7104620/2014; , RV/6100343/2010; , RV/7101338/2015).
Erweist sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen neuen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB. Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides zu erfolgen hat (zB.: , 2006/15/0332; ).
Im vorliegenden Fall löste der Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2014 vom nach dem oben Gesagten eine eigene Berechnung aus, die isoliert von der Berechnung für den am gemäß § 295 Abs 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid zu erfolgen hatte. Die den Erstbescheid vom betreffende Berechnung ergibt einen Zinsenbetrag iHv Euro 32,69, der, da unter Euro 50,00 liegend, eine Festsetzung verhindert.
Der am gemäß § 295 Abs 1 BAO abgeänderte Einkommensteuerbescheid löste eine weitere Berechnung aus. Dabei ergab sich - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für den Zeitraum bis zum ein Tageszinssatz von 0,0052 und für jenen vom bis zum ein solcher von 0,0038 heranzuziehen war - ein Zinsenbetrag von Euro 58,53.
Da jeder Abgabenbescheid, w.o. ausgeführt, eine neue Berechnung der Anspruchszinsen auslöst, war auf jede dieser Berechnungen die Bagatellgrenze anzuwenden. Eine zusammengefasste Zinsenberechnung, wie im Vorlageantrag geltend gemacht, ist in den gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen.
Da sich die Bemessungsgrundlage für die Zinsen (Differenzbeträge an Einkommensteuer) nach dem Wortlaut des Gesetzes aus der Gegenüberstellung des vorgeschriebenen Betrages mit dem bisher festgesetzten Betrag - im vorliegenden Fall laut gemäß § 295 Abs 1 geändertem Einkommensteuerbescheid 2014 vom Euro 0,00 - ergibt, geht auch das Beschwerdevorbringen, wonach der Betrag von Euro 4.056,00 dem Finanzamt weiterhin zur Verfügung gestanden sei, ins Leere.
Das Bundesfinanzgericht anerkennt, dass der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2014 vom aus Sicht des Bf. zu einem unbefriedigenden Ergebnis führt, weil wegen der Bagatellregelung des § 205 Abs 2 BAO keine Egalisierung der Zinsen erfolgt. Dennoch geht es davon aus, dass dieses Ergebnis den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Auch kann eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung nicht erkannt werden, weil sich die Regelung im Bagatellbereich bewegt und Auswirkungen zu Gunsten und zu Lasten des Abgabepflichtigen haben kann.
Der ab dem geänderte Basiszinssatz iHv Euro 1,38% war zu berücksichtigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die im Ergebnis einheitlich ist. Daher war die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 205 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103849.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at