Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.03.2021, RV/3100021/2021

Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes (günstigstes öffentliches Verkehrsmittel)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1*** ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) machte in seiner Erklärung zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019 (elektronisch eingebracht beim Finanzamt am ) u.a. den Pauschbetrag für eine auswärtige Berufsausbildung der Tochter für vier Monate (Schulbesuch der Tochter von September bis Dezember 2019 des Schuljahres 2019/2020) als außergewöhnliche Belastung geltend.

2. Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom hat das Finanzamt den beantragten Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung der Tochter (440 Euro für vier Monate) nicht zuerkannt. Begründend führte das Finanzamt dazu aus, gemäß § 2 Abs. 3 der Verordnung des BMF zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 idgF, gälten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit hätten, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnten oder die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde betrage. Da die Tochter täglich pendle und die Fahrzeit eines öffentlichen Verkehrsmittels sowohl von Ort1 nach Ort2 (11:01 Uhr - 11.55 Uhr) als auch von Ort2 nach Ort1 (zu mehreren Zeitpunkten zwischen 55 und 58 Minuten Fahrzeit) unter einer Stunde betrage, könne der pauschale Freibetrag gem. § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht berücksichtigt werden. Weiters wurde vom Finanzamt angeführt, dass bei der Berechnung weder Wartezeiten noch Wegzeiten innerhalb des Wohn- bzw. Ausbildungsortes zu berücksichtigen seien (unter Hinweis auf Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 881 - 883).

3. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde (eingebracht per FinanzOnline am ) wurde vom Bf. eingewendet, die vom Finanzamt angeführte Fahrzeit von 11:01 Uhr bis 11.55 Uhr könne nicht herangezogen werden, da die Verbindung konkret für den Ausbildungszweck benutzbar sein müsse. Aus den Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 883 sei herauszulesen, dass bei Berechnung der Fahrzeit Wartezeiten vor Beginn bzw. nach Beendigung des Unterrichts nicht zu berücksichtigen seien. Sogar die Lohnsteuerrichtlinien würden von "vor dem Unterricht und nach dem Unterricht" sprechen. Weiters wurde seitens des Bf. auf das "Studienförderungsgesetz 1992 v. " verwiesen und sei nach Ansicht des Bf. (unter Hinweis auf -RS1) davon auszugehen, dass eine Schule nicht mehr im Einzugsbereich des Wohnortes iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 liege, wenn die zumutbare Fahrzeit von einer Stunde in einer Fahrtrichtung überschritten würde. Die einzige mögliche Fahrt von Ort1 nach Ort2 sei deshalb von 06.26 Uhr bis 07.34 Uhr, da der Unterricht um 08.00 Uhr beginne. Da dies die einzige Verbindung in der Früh sei und mehr als 1 Stunde betrage, stehe der Pauschalbetrag von € 440,00 für 09-12/2019 zu und sei die Rückfahrt nicht mehr relevant.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Dazu hat das Finanzamt folgende Begründung angeführt: "Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung des BM für Finanzen zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 idgF, gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1993, zeitlich noch zumutbar ist.

Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin-und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft festgelegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar.

Aufgrund der Tatsache, dass zwischen Ort1 und Ort2 täglich ein öffentliches Verkehrsmittel verkehrt, dessen Fahrzeit weniger als eine Stunde beträgt, steht der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung nicht zu. Ob dieses Verkehrsmittel ein zeitgerechtes Eintreffen am Studienort (Schulort) ermöglicht, ist aufgrund der pauschalen Betrachtungsweise des Studienförderungsgesetzes nicht ausschlaggebend."

5. Dagegen wurde vom Bf. ein Vorlageantrag (am über FinanzOnline) eingebracht. Im Vorlageantrag wurde der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom seitens des Bf. entgegengehalten, dass die Ansicht des Finanzamtes, wonach es aufgrund der pauschalen Betrachtungsweise des Studienförderungsgesetzes nicht ausschlaggebend sei, ob das zwischen Ort1 nach Ort2 täglich verkehrende öffentliche Verkehrsmittel (11:01 Uhr bis 11:55 Uhr), dessen Fahrzeit weniger als eine Stunde betrage, ein zeitgerechtes Eintreffen am Schulort ermöglichte, "niemals im Sinne des Gesetzgebers sein" könne. Dazu wurde seitens des Bf. auf die Entscheidung des UFS Wien vom , GZ. RV/3891/W02, verwiesen, aus der eindeutig hervorgehe, dass die günstigste Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch konkret verwendbar sein müsse. Auch die Lohnsteuerrichtlinien würden von "vor dem Unterricht und nach dem Unterricht" sprechen. Nach Ansicht des Bf. könne der Begründung des Finanzamtes "auch durch die Auslegung im Studienförderungsgesetzes 1992 vom " widersprochen werden. Weiters wurde vom Bf. (wie bereits in der Beschwerde und unter Hinweis auf ) vorgebracht, dass eine Schule nicht mehr im Einzugsbereich des Wohnortes iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 liege, wenn die zumutbare Fahrzeit von einer Stunde in einer Fahrtrichtung überschritten würde. "Es kann nur eine Fahrt (06 23 Uhr [gemeint wohl: 06.26 Uhr] bis 07 34 Uhr Umstieg 6 49 bis 6 55 in Ort3) in Betracht kommen. Schulbeginn 08 00 Uhr." Weiters wurde vorgebracht, dass die Verbindungen am Nachmittag so schlecht seien, dass die Tochter teilweise am Bahnhof in Ort4 abgeholt werden müsse. Bei den vielen Verspätungen auf der Verbindung Ort2 Ort4 bzw. Ort3 könne die Busverbindung nach Ort1 nicht genutzt werden, da die Busse auf dieser Strecke pünktlich in Ort4 abfahren würden. Hier bestehe keine Abstimmung der Fahrpläne. Seitens des Bf. wurde die Zuerkennung Pauschalbetrages von 440,00 Euro beantragt.

6. Der eingebrachte Vorlageantrag wurde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt: Der Bf. und die Tochter des Bf. haben in Ort1 den gemeinsamen Familienwohnsitz. Die Tochter des Bf. besuchte von September bis Dezember des Jahres 2019 die Bundeshandelsakademie in Ort2 und fuhr an den Unterrichtstagen vor Beginn des Unterrichts vom Wohnsitz in Ort1 zur Schule in Ort2 und nach Ende des Unterrichts von der Schule in Ort2 zum Wohnsitz in Ort1. An den Unterrichtstagen gab es für die Fahrt von Ort1 nach Ort2 eine öffentliche Verkehrsverbindung mit einer Fahrtdauer von weniger als eine Stunde (Busverbindung mit Abfahrt 11:01 Uhr und Ankunft 11:55 Uhr; Fahrtdauer 54 Minuten). Für die Fahrt zur Schule verwendete die Tochter des Bf. die öffentliche Verkehrsverbindung (Bus) mit Abfahrt Ort1 06:26 Uhr und Ankunft in Ort2 07:34 Uhr (Fahrtdauer 1 Stunde und 8 Minuten). Für die Rückfahrt nach Unterrichtsende von Ort2 nach Ort1 standen der Tochter mehrere öffentliche Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von weniger als eine Stunde zur Verfügung.

Die Ausbildungsstätte (Schule in Ort2) ist nicht mehr als 80 km vom Wohnort (Ort1) des Bf. und der Tochter entfernt.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt und sind unstrittig. Die Fahrzeiten (Abfahrts- und Ankunftszeiten) der öffentlichen Verkehrsverbindungen ergeben sich aus den für das Jahr 2020 und 2021 vorliegenden Fahrplänen und Fahrplanabfragen, wobei davon ausgegangen wird, dass diese auch für die Monate September bis Dezember 2019 gültig waren. Diese Fahrzeiten (Abfahrts- und Ankunftszeiten) der öffentlichen Verkehrsverbindungen sind zwischen dem Bf. und dem Finanzamt auch nicht strittig. Dass die Entfernung zwischen der Ausbildungsstätte (Schule in Ort2) und dem Wohnort (Ort1) weniger als 80 km beträgt, ist unstrittig und ergibt sich auch aus einer ergänzenden Internetabfrage (zB laut https://www.oeamtc.at/routenplaner/ beträgt die Entfernung 38,3 km).

Strittig ist, ob dem Bf. die geltend gemachten Pauschbeträge nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die auswärtige Berufsausbildung seiner Tochter zuzuerkennen sind.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung

Nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 erlassene Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, in der für den gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung des BGBl. II Nr. 37/2018, lautet auszugsweise:

"§ 1. Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

§ 3 …

§ 4 …"

§ 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, auf den in § 2 der Verordnung verwiesen wird, lautet:

"(3) Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar."

Für den vorliegenden Fall ist sachverhaltsmäßig davon auszugehen, dass der Schulort Ort2 vom Wohnort Ort1 nicht mehr als 80 km entfernt ist und die beiden Orte nicht in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannt sind. Für die Frage, ob der Schulort Ort2 als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes Ort1 gelegen gilt, ist daher § 2 Abs. 1 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995, anzuwenden. Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995, gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.

Was die öffentlichen Verkehrsverbindungen zwischen Ort1 und Ort2 (und umgekehrt) betrifft, besteht für die Fahrt vom Wohnort (Ort1) zum Ausbildungsort (Ort2) eine öffentliche Verkehrsverbindung (Busverbindung mit Abfahrt Wohnort 11:01 Uhr und Ankunft Schulort um 11:55 Uhr) mit einer Fahrtdauer von weniger als eine Stunde (Fahrtdauer 54 Minuten). Weiters bestehen für die (Rück-)Fahrt vom Ausbildungsort (Ort2) zum Wohnort (Ort1) mehrere öffentliche Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von weniger als eine Stunde.

Nach den Ausführungen des Bf. könne die vom Finanzamt angeführte Fahrzeit von 11:01 Uhr bis 11:55 Uhr vom Wohnort zum Schulort deshalb nicht herangezogen werden, da die Verbindung konkret für den Ausbildungszweck benutzbar sein müsse. Der diesbezüglich abweichenden Auffassung des Finanzamtes in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom hält der Bf. im Vorlageantrag vom entgegen, dass die vom Finanzamt vertretene Ansicht, wonach es aufgrund der pauschalen Betrachtungsweise des Studienförderungsgesetzes nicht ausschlaggebend sei, ob das zwischen Ort1 nach Ort2 täglich verkehrende öffentliche Verkehrsmittel (11:01 Uhr bis 11:55 Uhr), dessen Fahrzeit weniger als eine Stunde beträgt, ein zeitgerechtes Eintreffen am Schulort ermöglichte, "niemals im Sinne des Gesetzgebers sein" könne (unter Hinweis auf UFS Wien vom , GZ. RV/3891/W02). Nach dem Vorbringen des Bf. sei auch (unter Hinweis auf ) davon auszugehen, dass eine Schule nicht mehr im Einzugsbereich des Wohnortes iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 liege, wenn die zumutbare Fahrzeit von einer Stunde in einer Fahrtrichtung überschritten würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2006/15/0114, insbesondere aus dem Verweis auf § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 abgeleitet, dass das günstigste öffentliche Verkehrsmittel zwischen dem Studienort und dem Wohnort die schnellstmögliche Verbindung zwischen den Orten ist (vgl. , Rn 21). Im zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt, dass § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 nur auf die Hin- und Rückfahrt vom und zum Studienort abstellt. Nicht einzurechnen sind daher Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (, unter Hinweis auf Hofstätter/Reichel, § 34 EStG 1988, Einzelfälle, auswärtige Berufsausbildung (Kinder); vgl. auch und , jeweils unter Bezugnahme auf das erstangeführte VwGH-Erkenntnis , 2006/15/0114).

Weiters hat der der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2007/15/0306, ausgesprochen, dass die Regelung des § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 (Anmerkung: § 2 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 449/2001 ist für Zeiträume ab anzuwenden) ihrem Wortlaut entsprechend auf die allgemeine Fahrtdauer unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels abstellt. Es kommt damit auch nicht auf die konkrete Lagerung der von Studierenden im Einzelfall besuchten Lehrveranstaltungen an. Beim "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" iSd § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 muss es sich demnach - ungeachtet dessen, ob der Auszubildende dieses auch tatsächlich benutzen kann - um ein solches handeln, welches während des Tages Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde sicherstellt (vgl. , Rn 21 f; vgl. auch , unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 437/86).

In dem o.a. Erkenntnis vom , 2007/15/0306, hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgeführt:

"Der Gleichheitssatz des Art 7 Abs. 1 B-VG verbietet es nicht, bei der Regelung von Lebensbereichen von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen und demnach zu typisieren. Verwaltungsökonomische Überlegungen stellen einen sachlichen Rechtfertigungsgrund für die Gleichbehandlung dar, solange die Regelung nur in einzelnen Fällen und in angemessenem Ausmaß zu Benachteiligungen führen kann (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II5, Tz 389). Vor diesem Hintergrund muss es sich beim "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" iSd § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 um ein solches handeln, welches während des Tages Verkehrsverbindungen (mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde) sicherstellt. Der Umstand, dass der Studierende im Einzelfall nicht in der Lage ist, andere als in die Nachtstunden hineinreichende Lehrveranstaltungen zu besuchen, stellt einen Ausnahmefall dar, auf den die Verordnung auch unter Bedachtnahme auf Art 7 Abs. 1 B-VG nicht Bedacht zu nehmen brauchte."

Auf Grundlage der vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann sich das Bundesfinanzgericht der Argumentation des Bf. nicht anschließen.

Was zunächst den Hinweis des Bf. auf Rz 883 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 angeht, ist darauf hinzuweisen, dass Erlässe oder Richtlinien des Bundesministers für Finanzen keine für das Bundesfinanzgericht maßgebende Rechtsquelle bilden (vgl. zB ; vgl. auch zB , mwN). Unabhängig davon sei für den konkreten Fall aber auch angemerkt, dass den Ausführungen in Rz 883 der Lohnsteuerrichtlinien 2002, im Zusammenhang betrachtet, auch nicht das vom Bf. aufgezeigte Verständnis zu entnehmen ist.

Soweit der Bf. zur Stützung seiner Auffassung, dass die günstigste Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch konkret verwendbar sein müsse, auf die Entscheidung des UFS Wien vom , GZ. RV/3891/W02, verwiesen hat, ist dieser Verweis für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Grundsätzlich ist dazu anzumerken, dass die in UFS Wien , GZ. RV/3891/W02, angeführte Aussage ("… die Mittagsverbindung mit einer Fahrzeit von 66 Minuten scheidet infolge Unmöglichkeit der Verwendung aus …") für diese (das Jahr 2001 betreffende und im Übrigen auch abweisende) UFS-Entscheidung nicht entscheidungsrelevant war. Zudem gilt, dass für den vorliegenden Fall des Jahres 2019 die zu dieser Frage später ergangene o.a. höchstgerichtliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten ist.

In typisierender Betrachtungsweise handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" iSd § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 um ein solches, "welches während des Tages Verkehrsverbindungen (mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde) sicherstellt" (). Dem Höchstgericht zufolge ist daher nach der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 nicht zu prüfen, ob das öffentliche Verkehrsmittel zumutbarerweise oder überhaupt verwendet werden kann, sofern tagsüber allgemein entsprechende Verkehrsverbindungen bestehen. Verkehrt daher während des Tages (also nicht bloß etwa um 23:00 Uhr in der Nacht) in eine Richtung ein öffentliches Verkehrsmittel mit einer - standardisierten - Fahrzeit von nicht über einer Stunde, steht der Pauschbetrag der Judikatur zufolge nicht zu (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 34 Rz 71 [Stand , rdb.at]; Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. 2020, § 34 Rz 79, mwN). Diese Rechtsansicht wird auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts vertreten (vgl. zB ; ). Hinzuweisen ist auch darauf, dass § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 in der Fassung des BGBl. II Nr. 37/2018 auf § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, verweist (danach sind nur die Fahrzeiten maßgeblich, vgl. Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. 2020, § 34 Rz 78). Dem Hinweis des Bf. auf spätere Fassungen des Studienförderungsgesetzes 1992 (ab bzw. ab BGBl. I Nr. 54/2016) kann somit nicht gefolgt werden.

Für den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass für die Fahrt vom Wohnort Ort1 zum Schulort Ort2 in den Monaten September bis Dezember 2019 eine öffentliche Verkehrsverbindung mit einer Fahrtdauer von unter einer Stunde bestand. Der Umstand, dass im Hinblick auf den Unterrichtsbeginn 08:00 Uhr ein anderes öffentliches Verkehrsmittel verwendet wurde, ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Seitens des Bundesfinanzgerichts wird die Verwendung dieses Verkehrsmittels im Hinblick auf eine nur geringfügige Überschreitung einer Fahrzeit von einer Stunde um 8 Minuten (Abfahrt Ort1 06:26 Uhr und Ankunft in Ort2 07:34 Uhr) auch nicht als unzumutbar erachtet. Unbestritten bestanden weiters für die Rückfahrt mehrere Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von weniger als eine Stunde. Daran vermag auch das Vorbringen des Bf., dass die Tochter wegen schlechter Verbindungen (Verspätungen) am Nachmittag teilweise am Bahnhof in Ort4 abgeholt werden müsse, nichts zu ändern. Dass in der Praxis Fahrplanangaben öffentlicher Verkehrsmittel nicht immer eingehalten werden können und es zu Verspätungen kommt, ist allgemein bekannt. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass in der überwiegenden Zahl der Fahrten die Fahrplanangaben unzutreffend gewesen sind (laut Vorlageantrag müsse die "Tochter teilweise am Bahnhof in Ort4 abgeholt werden") und liegen dafür auch keine Anhaltspunkte vor.

Damit war in den Monaten September bis Dezember 2019 in beide Fahrtrichtungen zwischen dem Wohnort und dem Ausbildungsort eine öffentliche Verkehrsverbindung, die eine Fahrzeit von weniger als einer Stunde gewährleistete, gegeben. Schon daraus ergibt sich, dass der Beschwerde nicht Folge zu geben war.

Zum weiteren Vorbringen des Bf., dass eine Schule nicht mehr im Einzugsbereich des Wohnortes iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 liege, wenn die zumutbare Fahrzeit von einer Stunde in einer Fahrtrichtung überschritten wird, ist dem Bf. zuzugestehen, dass in dem vom Bf. verwiesenen Erkenntnis , diese Rechtsansicht (laut , ist diese Entscheidung in Abweichung "der in Literatur und Rsp teilweise vertretenen Ansicht" ergangen), ausgesprochen wurde. Diese Rechtsauffassung wird auf Grundlage des Verordnungstextes des § 2 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995, seitens des Bundesfinanzgerichts für den gegenständlichen Fall nicht übernommen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass in später ergangener Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts als auch nach der einschlägigen Literatur die Rechtsansicht vertreten wird, dass selbst dann, wenn die Fahrzeit von einer Stunde nur in einer Richtung überschritten wird, keine Überschreitung des Einzugsbereiches vorliegen würde, da die Fahrzeit in beiden Richtungen mehr als eine Stunde betragen muss (vgl. ; ; vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 34 Rz 71, mit der Einschränkung, dass es sich um eine geringfügige Überschreitung handeln müsse, [Stand , rdb.at]; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, zu § 34 EStG Anhang II - ABC der außergewöhnlichen Belastungen EStG, "Auswärtige Berufsausbildung (Kinder)").

Auch die vom Bf. vorgebrachte Annahme, dass in den Monaten September bis Dezember 2019 nur in eine Fahrtrichtung eine Verbindung mit einer Fahrzeit von nicht mehr als einer Stunde bestand, würde - wie sich aus dem Verordnungstext des § 2 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995, ergibt - nicht zum Anspruch auf den Pauschbetrag führen.

Im gegenständlichen Fall lagen somit die Voraussetzungen für die Gewährung des Pauschbetrages im Sinne des § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht vor, weshalb der bekämpfte Bescheid mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet ist. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall wird eine Revision nicht zugelassen. Aus der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass es sich beim "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" iSd § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 - ungeachtet dessen, ob der Auszubildende dieses auch tatsächlich benutzen kann - um ein solches handeln muss, welches während des Tages Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde sicherstellt.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100021.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at