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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2021, RV/6100414/2020

Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinBE in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, SVNr 1234, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA1*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Familienbeihilfe für den Sohn So, ab Oktober 2019 zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird hinsichtlich der Monate Oktober 2019 bis Jänner 2021 gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird insoweit - ersatzlos - aufgehoben.

  • Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Antrag vom auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Februar 2021 abgewiesen wird.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) brachte unter Verwendung des Formblattes Beih 100 am einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für seinen am xx.11.1997 geborenen Sohn So ein, wobei das Feld "ab" nicht ausgefüllt war.

Nachdem der Bf im Rahmen der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens zum Nachweis der Berufsausbildung seines Sohnes den auf 24 Monate befristeten Sondervertrag gem. § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung vorgelegt hatte, wies das Finanzamt mit Bescheid vom den Antrag "ab Okt. 2019" ab. Der VwGH habe mit Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Rechtsauffassung vertreten, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 anzusehen seien.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom . Der Bf brachte darin im Wesentlichen vor, dass das im angefochtenen Abweisungsbescheid zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes den fremden- und grenzpolizeilichen Bereich betreffe und daher für die Grundausbildung zum Exekutivdienst, die sein Sohn absolviere, nicht anwendbar sei.
Das Finanzamt habe unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründe (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kenne) bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung des Sohnes des Bf. angenommen. Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden könnten und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen würden, habe der Verwaltungsgerichtshof etwa in Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ergebe, falle unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
Die 24-monatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche der Sohn des Bf. absolviere, sei daher als eine Berufsausbildung anzusehen und begründe den Anspruch auf Familienbeihilfe gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Hinweis § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 mit folgender Begründung als unbegründet ab:

Was unter Berufsausbildung zu verstehen sei, werde im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen seien, sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB , ). Unter den Begriff "Berufsausbildung" würden alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt werde (zB ). Laut Verwaltungsgerichtshof könnten im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB ) und es falle auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG (zB ).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes , Ra 2018/16/0203, stelle die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar.

Dieses Erkenntnis betreffe zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des (dortigen) Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt habe, jedoch verneine der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziere dies als Berufsausübung. Es sei daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert werde (vgl. ).

Mit einer Berufsausübung seien die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht erfüllt und es spiele daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.

Da der Sohn des Bf somit keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG absolviere, bestehe für den Zeitraum ab Oktober 2019 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Auf das zu einem vergleichbaren Fall erst kürzlich ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, RV/2101014/2019 vom , werde zusätzlich verwiesen.

Dagegen brachte der Bf mit Schriftsatz vom eine als Vorlageantrag zu wertende Bescheidbeschwerde ein.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor. Darin wurde auf eine beim Verwaltungsgerichtshof anhängige außerordentliche Revision hingewiesen.

Mit Ersuchschreiben gem. § 158 BAO vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die Landespolizeidirektion ***2*** um folgende Auskunft:

  • Liegt der Ausbildung von So der im Internet (http://www.polizeikarriere.gv.at/files/Ausbildungslehrplan.pdf) veröffentlichte Ausbildungsplan aus dem Jahr 2018 zugrunde? Wenn nein, bitte um Übermittlung des maßgebenden Ausbildungsplans.

  • Gibt es bei So Änderungen in der Gliederung der Ausbildung (Basisausbildung 12 Monate - Berufspraktikum I 3 Monate - Vertiefung 5 Monate mit anschließender Dienstprüfung - Berufspraktikum II 4 Monate). Wenn ja, welche?

  • In welchen Zeiträumen erfolgten bzw. erfolgen die Präsenzausbildungen von So in einem Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive?

  • In welchen Zeiträumen erfolgten bzw. erfolgen die Berufspraktika I und II von So auf Polizeidienststellen?

  • Wurde bzw. wird So während der Grundausbildung im Rahmen der Präsenzausbildung oder der Berufspraktika bereits als Polizist verwendet oder eingesetzt (zB für Grenzkontrollen)?
    Falls dies zutrifft: An welchen Tagen bzw. in welchen Zeiträumen?

  • Wann ist die Ablegung der Dienstprüfung vorgesehen?

Die Landespolizeidirektion ***2*** antwortete mit Schriftsatz vom :

ad. 1)
Ja, der Ausbildung des Asp
So liegt der angeführte Ausbildungsplan aus dem Jahr 2018 (Verordnung des BM für Inneres über die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017) zu Grunde.

ad. 2)
Ja, es gab Änderungen im Ausbildungsplan:

ad. 3)
Folgende Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum wurden absolviert bzw. sind noch zu absolvieren.

  • - (Theorie I) BZS Wels

  • - (Theorie II) BZS Wels

ad. 4)
siehe Beantwortung Frage 2 (Praxis I + II)

ad. 5)
Ja, er wurde in der Praxis I auf der PI
1 (-) sowie in der vorgezogenen Praxis II (-) auf der Pl 2 bzw. auch im Grenzeinsatz als Polizist eingesetzt bzw. verwendet.

ad. 6)
Asp
So befindet sich derzeit noch in der Polizeigrundausbildung. Die Ablegung der Dienstprüfung dieses Ausbildungslehrganges ist derzeit für Ende Juni 2021 geplant.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1 Gesetzliche Grundlagen

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 idF BGBl I 138/2013 bis zu einem Betrag von 10.000,00 Euro in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000,00 Euro, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000,00 Euro übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleibt außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

Der Grenzbetrag von 10.000,00 Euro erhöht sich mit auf 15.000,00 Euro (vgl. BGBl I 109/2020).

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für einen Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

2 Sachverhalt

Der am xx.11.1997 geborene, dem Haushalt des Bf zugehörige Sohn So vollendete im November 2015 das 18. Lebensjahr und wird im November 2021 das 24. Lebensjahr vollenden.

Aufgrund des von ihm am mit der Landespolizeidirektion ***2*** abgeschlossenen, auf 24 Monate befristeten, Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung ist der Sohn des Bf als Vertragsbediensteter des Bundes beschäftigt.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 11 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Zif. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:


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A - LEHRPLAN
LEHRGEGENSTAND
AUSBILDUNGSMODUL
MINDESTSTUNDENANZAHL
Personale und Sozial- Kommunikative Kompetenzen
Einführung und Behördenorganisation
204
Angewandte Psychologie
Kommunikation und Konfliktmanagement
Berufsethik und Gesellschaftslehre
Menschenrechte
Polizeifachliche Kompetenzen
Dienstrecht
1134
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
Straf- und Privatrecht
Verfassungsrecht und Europäische Union
Verkehrsrecht
Verwaltungsrecht
Kriminalistik
Bürokommunikation
Situationsadäquate Handlungskompetenzen sowie Wahrnehmungs- & Reflexionskompetenzen
Modulares Kompetenztraining
806
Einsatztraining
Sport
Erste Hilfe
Fremdsprachen
Themenzentrierter Unterricht
Berufspraktikum
Berufspraktikum I
468
2612
B - DIENSTPRÜFUNG
MÜNDLICHE GESAMTPRÜFUNG
Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden.Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden.

Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in

  • die Basisausbildung (12 Monate Theorie),

  • das Berufspraktikum I (3 Monate),

  • die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und

  • das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:

Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert wurden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.

BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.

BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE
Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.

VERTIEFUNG - 5 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.

BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE
Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.

In der im Ausbildungsplan enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:


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LEHRGEGENSTAND
UNTERRICHTS-EINHEITEN
GESAMT
1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
204
Einführung und Behördenorganisation
24
Angewandte Psychologie
48
Kommunikation und Konfliktmanagement
48
Berufsethik und Gesellschaftslehre
28
Menschenrechte
56
2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
1134
Dienstrecht
40
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
240
Straf- und Privatrecht
172
Verfassungsrecht und Europäische Union
32
Verkehrsrecht
176
Verwaltungsrecht
160
Kriminalistik
164
Bürokommunikation
150
3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN
Modulares Kompetenztraining
160
806
Einsatztraining
424
Sport
120
Erste Hilfe
16
Fremdsprachen
4
Themenzentrierter Unterricht
82
4. BERUFSPRAKTIKUM
448
SUMME
2612

(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx).

Der Sohn des Bf absolvierte zunächst von bis die Basisausbildung und im Anschluss daran bis das Berufspraktikum I. Danach begann am die bis vorgesehene vertiefende Ausbildungsphase (Theorie II).

Nach den Angaben der Landespolizeidirektion ***2*** wurde dieser vertiefende Ausbildungsblock am unterbrochen und wird von bis weitergeführt. Ein Teil des Berufspraktikums II wurde vorgezogen und im Zeitraum bis absolviert, wobei der Sohn auf der PI 2 bzw. auch im Grenzeinsatz als Polizist eingesetzt bzw. verwendet wurde.

Der Sohn des Bf befindet sich noch in der Polizeigrundausbildung, die Ablegung der Dienstprüfung seines Ausbildungslehrganges ist derzeit für Ende Juni 2021 geplant.

Der Sohn des Bf bezog laut dem im Abgabeninformationssystem des Bundes gespeicherten Lohnzettel für den Zeitraum September 2019 bis Dezember 2019 einen Ausbildungsbeitrag von 8.384,47 Euro brutto (steuerpflichtige Bezüge 5.078,44 Euro). Laut Einkommensteuerbescheid 2020 vom erzielte er im Jahr 2020 ein zu versteuerndes Einkommen von 16.475,53 Euro. Im Jänner 2021 lag das zu versteuernde Einkommen jedenfalls unter 15.000 Euro.

Zu klären ist die Frage, ob die vom Sohn des Bf absolvierte Polizeigrundausbildung eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 darstellt und die während dieser Ausbildung angefallenen Bezüge beihilfenschädlich im Sinne des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 sind.

3 Rechtliche Würdigung

Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschriftvorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ().
Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit.b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
"

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Des Weiteren hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absolvierte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Anderes gilt dagegen für das Berufspraktikum II. In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses grundsätzlich nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit dem von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums geleisteten Unterrichtspraktikums am Arbeitsplatz. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz. Dies gilt auch für den im gegenständlichen Fall vorgezogenen Teil des Berufspraktikums II, der vom Sohn des Bf nach Durchlaufen der Basisausbildung, des Berufspraktikums I sowie eines Teils der Vertiefungsphase (Theorie II) - sohin nach dem Kennenlernen des Dienstbetriebes und der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens - absolviert wurde und bei dem er nach den Angaben seines Dienstgebers auf der PI 2 bzw. auch im Grenzeinsatz als Polizist eingesetzt bzw. verwendet wurde.

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar (vgl. , , , , , , , ).

Der Sohn des Bf befand sich somit bis zur Unterbrechung des vertiefenden Ausbildungsblockes (Theorie II) durch den vorgezogenen Teil des Berufspraktikums II, somit bis , in Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Der Beihilfenanspruch des Bf endet daher im gegenständlichen Fall mit Ablauf des Monates Jänner 2021.

In den zuletzt angeführten Erkenntnissen hat das Bundesfinanzgericht unter Verweis auf das Erkenntnis , darüber hinaus auch festgehalten, dass die Polizeigrundausbildung die vom Verfassungsgerichtshof herausgearbeiteten Kriterien eines anerkannten Lehrverhältnisses im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 erfüllt und daher als ein "anerkanntes Lehrverhältnis" anzusehen ist.

Der Ausbildungsbeitrag, welcher den Polizeischülerinnen und Polizeischülern während ihrer Polizeigrundausbildung zusteht, ist demnach als Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zu qualifizieren und bleibt bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Kindes außer Betracht.

Dieser Rechtsansicht hat sich im Übrigen auch die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt angeschlossen. Das Finanzamt Österreich wurde in einer Information der Abt. VI/1 der Sektion Familie und Jugend im Bundeskanzleramt, ehemals Abt. II/1 im BMAFJ, vom Jänner 2021 entsprechend in Kenntnis gesetzt.

Aus den angeführten Gründen steht dem Bf somit grundsätzlich unabhängig von der Höhe des von seinem Sohn bezogenen Ausbildungsbeitrages für den Zeitraum Oktober 2019 bis einschließlich Jänner 2021 Familienbeihilfe zu. Der angefochtene Abweisungsbescheid ist daher hinsichtlich der Monate Oktober 2019 bis einschließlich Jänner 2021 aufzuheben (vgl. ).

Angemerkt wird, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes die Familienbeihilfe mit Weiterführung der Vertiefungsphase (Theorie II) erneut beantragt werden kann.

4 Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Frage, ob die Bezüge des Polizeischülers Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleich gehalten werden können, ausdrücklich offen gelassen. Da zu dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung somit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100414.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at