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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2021, RV/7100598/2021

Berechnung der Mindestkörperschaftsteuer bei vom Klaendejahr abweichendem Wirtschaftsjahr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gosteco Goworek Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Consulting GmbH, Zieglergasse 27/2/9, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemaligen Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Körperschaftsteuer 2019 Steuernummer 07 ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe betragen:


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Gesamtbetrag der Einkünfte
-3.043,48 €
Einkommen
0,00 €
Die Körperschaftsteuer vom Einkommen beträgt:
Gemäß § 22 KStG 1988 25,00 % von 0,00 €
0,00 €
Differenz zur Mindestkörperschaftsteuer
375,00 €
Körperschaftsteuer
375,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde im Jahr 2018 gegründet und ermittelt ihren Gewinn jeweils zum . Sie erklärte für das 2019 endende abweichende Wirtschaftsjahr einen Verlust in Höhe von 3.043,48 Euro.

Mit Bescheid vom wurde die Körperschaftsteuer in Höhe der Mindestkörperschaftsteuer von 500,00 Euro festgesetzt.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde beantragte die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft, die Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von 375,00 Euro festzusetzen, da das Wirtschaftsjahr bereits am geendet habe und die Gesellschaft somit keine vier Quartale bestanden habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Mindestkörperschaftsteuer beziehe sich unabhängig davon, ob eine Kapitalgesellschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr habe, stets auf das Kalenderjahr bzw. das Kalendervierteljahr. Gemäß § 24 Abs. 4 Z 3 KStG 1988 betrage die Mindestkörperschaftsteuer in den ersten fünf Jahren ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 125 Euro.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wandte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin ein, der Eintritt ihrer Mandantin in die unbeschränkte Steuerpflicht habe frühestens mit der Errichtung der Gesellschaft am ***Datum1*** stattgefunden. Die Gesellschaft sei mit ins Firmenbuch eingetragen worden. Also seien es bis zum Bilanzstichtag am keine vier vollen Kalendervierteljahre der unbeschränkten Steuerpflicht gewesen. Es werde daher um Korrektur des angefochtenen Bescheides dahingehend ersucht, dass lediglich 375,00 Euro an Mindestkörperschaftsteuer zur Vorschreibung gelangen sollten.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, es stimme der Beschwerdeführerin zu, dass bis zum Bilanzstichtag keine vier vollständigen Quartale der unbeschränkten Steuerpflicht vorlägen.

Die Erklärung über die Errichtung einer Gesellschaft sei mit ***Datum1*** datiert. Der Antrag auf Neueintragung einer Firma im Firmenbuch sei am ***Datum2*** erfolgt. Die Gesellschaft sei - soweit bekannt - somit erstmals am ***Datum2*** mit dem Antrag auf Eintragung ins Firmenbuch nach außen in Erscheinung getreten. Unbekannt sei, ob die Gesellschaft bereits nach der Erklärung über die Errichtung einer Gesellschaft am ***Datum1*** noch bis zum auf irgendeine Weise nach außen in Erscheinung getreten sei. Denn dann wäre die Bf. durch dieses erstmalige nach außen in Erscheinung-Treten in die unbeschränkte Steuerpflicht eingetreten, und es bestünde die Verpflichtung zur Entrichtung der Mindestkörperschaftsteuer auch für das erste vollständige Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht, also von - .

Sei die Gesellschaft jedoch tatsächlich erst im ersten Quartal 2019 erstmalig nach außen in Erscheinung getreten (spätestens im Zuge des Antrages auf Neueintragung einer Firma im Firmenbuch am ***Datum2***), dann würde die Verpflichtung zur Entrichtung der Mindestkörperschaftsteuer erst ab dem zweiten Quartal 2019 bestehen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Erklärung zur Errichtung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde am ***Datum1***. erstellt. In Punkt VI dieser Erklärung wird festgehalten, dass das Geschäftsjahr erst mit dem Tag der Eintragung in das Firmenbuch beginnt. Der Antrag auf Neueintragung einer Firma langte am ***Datum2*** beim ***Gericht*** ein. Die Eintragung der Firma erfolgte am zur Firmenbuchnummer ***1***. Die Gewinnermittlung der beschwerdeführenden Gesellschaft erfolgt im Rahmen eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres jeweils zum 30.11. eines Jahres.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Gesellschaft bereits im Jahr 2018 Handlungen gesetzt wurden, mit denen sie nach außen in Erscheinung getreten wäre.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in das Firmenbuch, die Erklärung zur Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 28.12.20018, und die in Punkt I. zitierten Schriftsätze der beiden Parteien. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug und den genannten Schriftsätzen und ist auch nicht strittig.

Hinsichtlich des Umstandes, ob die Beschwerdeführerin bereits 2018 nach außen in Erscheinung getreten ist, führt die belangte Behörde selbst an, dass ihr keine diesbezüglichen Handlungen bekannt seien. Im Hinblick darauf, dass die Errichtung der Gesellschaft kurz vor Jahresende erfolgte, in der Erklärung zur Errichtung der beschwerdeführenden Gesellschaft festgehalten wird, dass das Geschäftsjahr erst mit dem Tag der Eintragung im Firmenbuch beginnt, und auch nur drei Tage für die Setzung von Handlungen, mit denen die Gesellschaft nach außen in Erscheinung hätte treten können, zur Verfügung gestanden wären, ist es durchaus glaubwürdig, dass die Gesellschaft 2018 nicht mehr nach außen in Erscheinung getreten ist. Hätte das Finanzamt Zweifel daran gehabt, so hätte es diesbezüglich wohl Erkundungen durchgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 7 Abs. 1 KStG 1988 ist der Körperschaftsteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Gemäß § 7 Abs. 4 KStG 1988 ist Gewinnermittlungszeitraum das Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr deckt sich grundsätzlich mit dem Kalenderjahr.

Steuerpflichtige, die zur Rechnungslegung verpflichtet sind, und buchführende Steuerpflichtige, die eine Land- und Forstwirtschaft betreiben, dürfen gemäß § 7 Abs. 5 KStG 1988 ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben; in diesem Fall ist der Gewinn bei Ermittlung des Einkommens für jenes Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

Gemäß § 24 Abs. 4 Z 3 KStG 1988 beträgt die Mindeststeuer für unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaften mit beschränkter Haftung in den ersten fünf Jahren ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 125 Euro und in den folgenden fünf Jahren für jedes volle Kalendervierteljahr 250 Euro.

Gemäß § 4 Abs. 1 KStG 1988 sind Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988, wozu auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen, ab jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtsgrundlage wie Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Stiftungsbrief festgestellt ist und sie erstmalig nach außen in Erscheinung treten.

§ 24 Abs 4 KStG 1988 knüpft an die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 KStG 1988 an (vgl auch ; , 2001/13/0030; , 2002/15/0032; , 2012/15/0138).

Mindeststeuerpflicht besteht für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht (ausschlaggebend ist der "Tag des Eintretens in die unbeschränkte Steuerpflicht", vgl ). § 24 Abs 4 KStG 1988 knüpft insoweit an die Regelungen über Beginn und Ende der unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des § 4 KStG 1988 an (vgl. Brugger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2016, § 24, II. Mindeststeuer Rz 73).

Die Mindeststeuerpflicht beginnt gemäß § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 mit dem Tag des Eintretens in die unbeschränkte Steuerpflicht. Den Beginn der Steuerpflicht regelt § 4 Abs. 1 KStG 1988. Bei juristischen Personen des privaten Rechts im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 beginnt sie, wenn die Rechtsgrundlage "festgestellt" ist und die juristische Person erstmalig nach außen in Erscheinung tritt (vgl. Schuchter in Achatz/Kirchmayr (Hrsg.), KStG § 24 Tz 72f). Dieses In-Erscheinung-Treten erfordert eine nach außen hin erkennbare Tätigkeit. Darunter fällt beispielsweise bereits die Eröffnung eines Bankkontos, das der Einzahlung des Stammkapitals zu dienen bestimmt ist (vgl. ; ).

Kalendervierteljahre sind die Zeiträume vom 1.1. bis 31.3., 1.4. bis 30.6., 1.7. bis 30.9. und 1.10. bis 31.12. Die unbeschränkte Steuerpflicht muss für ein volles Kalendervierteljahr bestehen. (Bsp: Beginn der unbeschränkten Steuerpflicht mit 5.1.; Mindeststeuerpflicht erstmals für das Kalendervierteljahr 1.4. bis 30.6.). Beginnt die unbeschränkte Steuerpflicht am ersten Tag eines Kalendervierteljahres, besteht für dieses Kalendervierteljahr bereits Mindeststeuerpflicht (vgl. Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG § 24 Tz 72; Feckter in Q/R/S/S/V, KSt 25 § 24 Tz 51). Endet die unbeschränkte Steuerpflicht am letzten Tag eines Kalendervierteljahres, besteht für dieses Kalendervierteljahr noch Mindeststeuerpflicht (vgl. Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG § 24 Tz 77; Brugger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2016, § 24, II. Mindeststeuer Rz 74).

Mindeststeuer fällt nur an, wenn die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld geringer als der Mindeststeuerbetrag gemäß § 24 Abs. 4 Z 1 bis 3 KStG ist Dass die "tatsächliche Körperschaftsteuerschuld" als Vergleichsgröße heranzuziehen ist, ergibt sich aus den in § 24 Abs. 4 Z 4 KStG getroffenen Regelungen über die Mindeststeueranrechnung (vgl. auch Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG § 24 Tz 95, Brugger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2016, § 24, II. Mindeststeuer Rz 88).

Die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld ist jener Steuerbetrag, der auf das im Veranlagungszeitraum zu versteuernde Einkommen entfällt (vgl. auch Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG § 24 Tz 95). Der tatsächlichen Körperschaftsteuerschuld ist der für diesen Veranlagungszeitraum berechnete Mindeststeuerbetrag gegenüberzustellen. Dies gilt auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (vgl. auch ). Die Einkünfte sind dann in jenem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 7 Abs. 5 KStG; vgl. Brugger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2016, § 24, II. Mindeststeuer Rz 89).

Auch wenn eine Kapitalgesellschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat, bezieht sich die Mindestkörperschaftsteuer auf das Kalendervierteljahr. Ergibt sich bei Gründung einer Kapitalgesellschaft, dass im Gründungsjahr selbst kein Wirtschaftsjahr endet, besteht dennoch Mindestkörperschaftsteuerpflicht, weil die Mindeststeuer an der unbeschränkten Steuerpflicht anknüpft. In diesem Fall wird jedoch das Vergleichseinkommen für das Gründungsjahr mit Null angesetzt (vgl. Q/R/S/S, § 24 Tz 56.2 sowie Schuchter-Mang in Achatz/Kirchmayr, KStG § 24 Tz 95).

Die Beschwerdeführerin ist zwar mit ihrer Aussage, die Gesellschaft habe zum Bilanzierungsstichtag noch kein ganzes Jahr bestanden, im Recht. Daraus ergibt sich aber nur, dass der Gewinnermittlungszeitraum lediglich ein Rumpfwirtschaftsjahr umfasst. Davon zu unterscheiden ist der Veranlagungszeitraum, der stets - unabhängig davon, ob der Gewinnermittlungszeitraum das Kalenderjahr oder ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr umfasst - das Kalenderjahr betrifft. Daher richtet sich die Festsetzung der Mindestkörperschaftsteuer immer nach der Anzahl der Kalendervierteljahre im gesamten Kalenderjahr, in denen die unbeschränkte Steuerpflicht für ein volles Kalendervierteljahr bestand.

Da die beschwerdeführende Gesellschaft erst im ersten Quartal 2019 öffentlich in Erscheinung trat, und somit die unbeschränkte Steuerpflicht auch erst im ersten Quartal eintrat, besteht die Mindestkörperschaftsteuerpflicht erst ab dem zweiten Quartal 2019, da für dieses erstmals die unbeschränkte Steuerpflicht für das volle Kalendervierteljahr bestand. Dementsprechend ist auch nur für das zweite, dritte und vierte Kalendervierteljahr Mindestkörperschaftsteuer zu entrichten. Sie beträgt daher 3 x 125,00 Euro = 375,00 Euro.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Rechtsfrage der Berechnung der Mindestkörperschaftsteuer bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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