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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2021, RV/5100792/2020

Polizeigrundausbildung als Berufsausbildung im Sinne des FLAG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu VNR ***1***, mit dem ein Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum ab Dezember 2018 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der verfahrensgegenständliche Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Zeiträume April 2020 und Mai 2020 sowie ab Oktober 2020 abgewiesen wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit elektronisch am eingebrachtem Antrag begehrte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab Dezember 2018, da sich dieser in Berufsausbildung befinde (Polizeischule). Die Ausbildung werde voraussichtlich bis dauern.

In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes vom legte die Beschwerdeführerin am eine Bestätigung der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres vor, derzufolge der Sohn der Beschwerdeführerin im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie in ***4*** seit als Aspirant den Polizeigrundausbildungslehrgang ***5*** besuche, der voraussichtlich bis dauern werde. Ferner wurden für die Monate Dezember 2018, Jänner 2019 und Februar 2019 Gehaltszettel vorgelegt. Demzufolge betrug der monatliche Ausbildungsbeitrag ab Jänner 2019 brutto 1.690,40 €. Für Dezember 2018 wurde unter Berücksichtigung einer Sonderzahlung für das 4. Quartal ein Bruttobezug von 1.908,04 € ausgewiesen. Schließlich wurde eine Bestätigung über die Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes in der Zeit vom bis vorgelegt.

Das Finanzamt wies den Antrag vom mit Bescheid vom für den Zeitraum ab Dezember 2018 unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0230, ab. Eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 liege nicht vor, wenn eine Integration in den Betrieb bereits erfolgt sei, ein Nahebezug zum künftigen Arbeitsplatz gegeben wäre und "keine allgemein anerkannte Qualifikation erreicht" werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Diese wurde damit begründet, dass das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nur auf Polizeischüler anzuwenden sei, die sich im Fremdenpolizeigrundkurs befänden. Die zweijährige Exekutivdienstausbildung sei von diesem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht betroffen.

Angeschlossen waren dieser Beschwerde die Ablichtung einer E-Mail eines Polizeigewerkschaftsvertreters, in der die Nichtanwendbarkeit des Erkenntnisses auf die zweijährige Exekutivdienstausbildung vertreten wurde, sowie eine Ablichtung des Erkenntnisses selbst.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Der VwGH vertrete in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Auffassung, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzusehen wären, weshalb ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben sei. Demzufolge bestehe unter anderem für Personen, die eine Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung ("Polizeischüler/innen"), Ausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Grenzpolizisten/Grenzpolizistinnen), exekutivdienstliche Ausbildung für den Justizwachdienst ("Justizwachdienstschüler/innen") absolvieren, kein Anspruch auf die Familienbeihilfe.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , der durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter für die Beschwerdeführerin eingebracht und wie folgt begründet wurde:

"Das im bekämpften Bescheid und auch in der Beschwerdevorentscheidung als Begründung für die Nichtgewährung der begehrten Familienbeihilfe angeführte Erkenntnis des VwGH zu ZI. 2018/16/0203 - insbesondere die Annahme einer gegebenen Berufsausübung während der Grundausbildung - ist auf den Fall meines Sohnes ***K***, geb. ***3*** nicht anzuwenden.

Zunächst möchte ich klarstellen, dass mein Sohn ein Sonderfall eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses, welches per Sondervertrag zwischen meinem Sohn und dem Bund geschlossen wurde, ist. Demzufolge erhält er während der Grundausbildung für den Exekutivdienst einen fix festgesetzten Ausbildungsbeitrag (im Sinne einer Lehrlingsentschädigung) und ist in keiner Besoldungs- oder Verwendungsgruppe eingestuft, wie dies der Regelfall im öffentlichen Dienst ist.

Er ist somit als "Ausnahmefall " im öffentlichen Dienst zu werten und findet auf ihn das grundsätzlich für öffentlich Bedienstete - im privatrechtlich und öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis - geltende Prinzip, dass bereits die Ausbildungszeit am Beginn des Dienstverhältnisse mit einer entsprechenden Einstufung in eine Gehaltsstufe und Zuordnung zu einer Verwendungsgruppe verbunden ist, keine Anwendung (Anmerkung: Die vormals praktizierte Vorgangsweise, "Polizeischüler" bereits im Zuge ihrer Grundausbildung in die Verwendungsgruppe E2c zu übernehmen, findet aktuell keine Anwendung mehr).

Folglich wird mein Sohn erst nach erfolgreichem Abschluss seiner zweijährigen Grundausbildung, welche mit einer abzulegenden Dienstprüfung endet, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis der Verwendungsgruppe E2b überstellt. Somit sind klar die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Iit. b FLAG erfüllt und steht dies auch in keinem Widerspruch zum Erkenntnis des VwGH zu ZI. 2018/16/0203.

Zu dem zitierten Erkenntnis des VwGH im Falle eines in Ausbildung zur Verwendung zum grenz- und fremdenpolizeilichen Exekutivdienst stehenden Bediensteten ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausbildung zwar ebenfalls im Rahmen eines Sondervertrages erfolgt, aber im Unterschied zu meinem Fall die erste Phase der Ausbildung auch eine praktische Verwendung (nach einer Erstausbildung und vor einer Ergänzungsausbildung) einschließt. Dieser Ausbildungsabschnitt ist bereits von einer faktischen Berufsausübung geprägt, was dieser Phase der Grundausbildung auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs nimmt. Folglich erfolgt in diesem Zeitraum auch eine verwendungs- und besoldungsspezifische Einordnung (hier in die Entlohnungsgruppe v 4, Bewertungsgruppe 1), wie dies auch in anderen öffentlichen Dienstverhältnissen üblicherweise der Fall ist. Somit ist eben für diese Fallkonstellation von keiner Berufsausbildung als Tatbestandsvoraussetzung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auszugehen.

Der VwGH stellt darüber hinaus dezidiert fest, dass dieser Zeitraum einer praktischen Verwendung (zwischen zwei Ausbildungsmodulen) deshalb keiner Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967gleichzustellen ist, da damit weder die Erlangung einer fachlichen Qualifikation noch die Ablegung entsprechender Prüfungen verbunden ist. Die erfolgreiche Absolvierung dieser "ersten Phase der Dienstausübung " stelle auch keine Voraussetzung für die Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis dar, sondern diene lediglich dazu, die zur Erfüllung kommender Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zu erlangen.

In meinem - gegenständlichen Antrag zu Grunde liegenden - Fall eines außerordentlichen Dienstverhältnisses sind jedoch genau diese Erfordernisse im Sinne des FLAG für meinen Sohn gegeben und erfolgt bei meinem Sohn während des zweijährigen Zeitraums seiner Grundausbildung zu keiner Zeit die Einordnung in eine Entlohnungsgruppe bzw. Bewertungsgruppe.

Dazu hat auch das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/5100538/2014 unter Berufung auf eine einschlägige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, dass selbstverständlich auch unter der Grundausbildung zum Exekutivdienst ein "anerkanntes Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu verstehen ist. Ansonsten müsste auch von Gleichheitswidrigkeit im Vergleich zu Lehrlingsentschädigungen ausgegangen werden."

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom , dem der Ausbildungsplan zur Grundausbildung für den Exekutivdienst beigelegt war, wurde die Beschwerdeführerin um Stellungnahme zu folgenden Punkten ersucht:

"1) Ihr Sohn hat die Polizeigrundausbildung am begonnen, die nach dem beiliegenden Ausbildungsplan 24 Monate dauert, und mit Ende November 2020 offenbar erfolgreich beendet wurde, da nach den im AJ-WEB gespeicherten Versicherungsdaten ihr Sohn seit öffentlich Bediensteter der Landespolizeidirektion OÖ ist. Im Zeitraum bis war er - wie alle anderen Polizeischüler auch - aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 Vertragsbediensteter des Bundes.

2) Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung sind im beiliegenden Ausbildungsplan (Seite 7) näher beschrieben. Allfällige Abweichungen der konkreten Grundausbildung Ihres Sohnes von diesem Ausbildungsplan mögen bekannt gegeben werden.

Die Stundentafel (Seite 9 des Ausbildungsplans) entspricht der Anlage 1 zur Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017.

3) Die Grundausbildung gliedert sich nach den Informationen auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), das Berufspraktikum I (3 Monate), die Vertiefung der Basisausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das Berufspraktikum II (4 Monate).

Demzufolge sollte im gegenständlichen Fall die Dienstprüfung am Ende des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes und somit bis abgelegt worden sein. Um Übermittlung einer Ablichtung des Dienstprüfungszeugnisses wird ersucht.

4) Es wird um Bekanntgabe ersucht, auf welcher Polizeiinspektion das Berufspraktikum II absolviert wurde und auf welcher Polizeiinspektion Ihr Sohn seit dem eingesetzt wurde bzw. wird."

Zu diesem Vorhalt wurde in einer Stellungnahmevom bekannt gegeben, dass der Ausbildungsplan (Beilage zum Vorhalt) aufgrund der Corona-Pandemie leicht abgeändert worden sei. Die Vertiefung (Theorieteil 2) sei von Anfang bis Mitte März 2020 und sodann von Anfang Juni bis Ende September 2020 abgehalten worden. Dem beigelegten Zeugnis ist zu entnehmen, dass der Sohn der Beschwerdeführerin die Dienstprüfung der Grundausbildung für den Exekutivdienst am mit Auszeichnung bestanden hat. Während des Berufspraktikums II sei der Sohn der Beschwerdeführerin der Polizeiinspektion ***4*** ***10*** zugeteilt worden. Diese Dienststelle sei nunmehr auch seine Plandienststelle. Im ersten "Lockdown" wegen der Corona-Pandemie, also im Zeitraum Mitte März bis Anfang Juni 2020 sei er der "SPK-ER" zugeteilt gewesen.

Neben dem erwähnten Dienstprüfungszeugnis war der Stellungnahme auch das Schreiben der Landespolizeidirektion OÖ vom angeschlossen, demzufolge der Sohn der Beschwerdeführerin mit auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe E 2b ernannt wurde und am berechtigt sei, den Dienstgrad Inspektor zu führen.

In einem weiteren Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin um Übermittlung einer Ablichtung des entsprechenden Zuweisungsbescheides zur Einrichtung "SPK-ER" für den Zeitraum Mitte März bis Anfang Juni 2020 gebeten. Ferner wurde um nähere Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten ihres Sohnes während dieser Zeit ersucht.

In der Stellungnahme vom wurde dazu angegeben, dass der Sohn der Beschwerdeführerin von bis dem Stadtpolizeikommando ***4*** - Einsatzreferat zugeteilt gewesen sei. Er sei in dieser Zeit mit seinen Kolleginnen und Kollegen als Krankenhausstreife tätig gewesen. Aufgabe sei es gewesen, verstärkt die Linzer Krankenhäuser "zu bestreifen" und Vorkommnisse zu melden. Für diese Aufgabe wären ausschließlich Polizeischüler zuständig gewesen, weshalb keine Amtshandlungen erlaubt gewesen wären. Der Sohn der Beschwerdeführerin habe zu dieser Zuteilung damals keinen Zuweisungsbescheid erhalten. Es würden deshalb jene Unterlagen, welche er im Zusammenhang mit der Zuteilung von der Personalabteilung erhalten hat, vorgelegt. Allerdings habe der Sohn der Beschwerdeführerin bereits bei der zuständigen Ansprechperson der SIAK einen solchen Zuweisungsbescheid angefordert, der nachgereicht werde.

Der Stellungnahme war als Beilage ein Schreiben der Landespolizeidirektion OÖ vom an näher angeführte Stadt- und Bezirkspolizeikommanden betreffend verstärkte Überwachung der Krankenanstalten angeschlossen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben würden als weitere Verstärkung der eigenen Kräfte näher angeführte Anzahl an VB/S des BZS OÖ eingeteilt. Die Festlegung der Zuteilungsdienststelle erfolge durch die jeweilige OE in Absprache mit der Personalabteilung der LPD.

Ferner war der Stellungnahme ein Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Personalabteilung, vom angeschlossen, demzufolge der Dienstort (=Dienststelle) für die Teilnehmer der Lehrgänge GAL ***5***, ***6*** und ***7*** ab geändert wurde. Aufgrund dienstlicher Notwendigkeit im Zusammenhang mit der Corona-Sonderlage würden die Teilnehmer/innen (VB/S) dieser Lehrgänge zufolge Punkt 6 ihres Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 ab auf der in der jeweils angeschlossenen Kursliste angeführten Dienststelle eingesetzt. Die bei den GAL ***6*** und ***7*** gelb unterlegten Bediensteten würden als Ersatz für mit DA vom , GZ ***8***, mit zur EA, FB EA 2 (GSOD - EE, BESI), zugeteilte und versetzte EB auf deren Stammdienststellen verwendet. Die restlichen Bediensteten der drei GAL würden entsprechend des DA des Büros A 1 vom , GZ ***9***, zur verstärkten Überwachung der Krankenanstalten eingeteilt. Auf der angeschlossenen Tabelle zum Kurs ***5*** scheint der Sohn der Beschwerdeführerin auf, der dem Stadtpolizeikommando ***4*** - Einsatzreferat zugewiesen wurde.

Mit weiterer Stellungnahme vom wurde bekannt gegeben, dass es sich nach der nunmehr erfolgten Mitteilung des Klassenkommandanten Stellvertreter des Sohnes der Beschwerdeführerin bei diesem ab dem um eine Dienstortänderung und keine Zuteilung gehandelt hatte. Dem Sohn der Beschwerdeführerin sei im Zuge dieser Mitteilung das Schreiben der LPD OÖ zur Dienstortänderung übermittelt worden, welches samt den dazugehörigen Tabellen vorgelegt würde. Dieser Stellungnahme waren neuerlich das bereits zitierte Schreiben der LPD OÖ vom sowie die Tabelle zum Kurs ***5***, auf der auch der Sohn der Beschwerdeführerin aufscheint, angeschlossen.

In einem Vorhalt vom wurde die Beschwerdeführerin um Übermittlung einer Ablichtung des von ihrem Sohn abgeschlossenen Sondervertrages gemäß § 36 VBG ersucht.

Dieser Aufforderung wurde mit Urkundenvorlage vom entsprochen. Punkt 6 des vom Sohn der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Sondervertrages gemäß § 36 VBG für die exekutivdienstliche Ausbildung lautet: "6. Dienstort / örtlicher Verwaltungsbereich: Dienstbehörde ist die LPD Oberösterreich. Der jeweilige Dienstort wird nach dem Verwendungsbedarf von der Dienstbehörde festgelegt. Über Auftrag der Dienstbehörde ist eine Dienstleistung im Bereich aller anderen LPD jederzeit möglich."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sohn der Beschwerdeführerin absolvierte in der Zeit von bis die Polizeigrundausbildung. Diese ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Zif. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:

A - LEHRPLAN


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Lehrgegenstand
Mindeststunden-anzahl
PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
204
Einführung und Behördenorganisation
Angewandte Psychologie
Kommunikation und Konfliktmanagement
Berufsethik und Gesellschaftslehre
Menschenrechte
POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
1134
Dienstrecht
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
Straf- und Privatrecht
Verfassungsrecht und Europäische Union
Verkehrsrecht
Verwaltungsrecht
Kriminalistik
Bürokommunikation
SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- & REFLEXIONSKOMPETENZEN
806
Modulares Kompetenztraining
Einsatztraining
Sport
Erste Hilfe
Fremdsprachen
Themenzentrierter Unterricht
BERUFSPRAKTIKUM I
468
2612

B - Dienstprüfung


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MÜNDLICHE
GESAMTPRÜFUNG
Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche dem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes angeschlossen wurde, gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die

Basisausbildung (12 Monate Theorie),

das Berufspraktikum I (3 Monate),

die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)

und das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:

Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert wurden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.

BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE

Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.

BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE

Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.

VERTIEFUNG - 5 MONATE

Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.

BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE

Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.

In der im Ausbildungsplan ferner enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lehrgegenstand
Unterrichts-einheiten
Gesamt
1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
Einführung und Behördenorganisation
24
Angewandte Psychologie
48
Kommunikation und Konfliktmanagement
48
Berufsethik und Gesellschaftslehre
28
Menschenrechte
56
204
2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
Dienstrecht
40
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
240
Straf- und Privatrecht
172
Verfassungsrecht und Europäische Union
32
Verkehrsrecht
176
Verwaltungsrecht
160
Kriminalistik
164
Bürokommunikation
150
1134
3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN
Modulares Kompetenztraining
160
Einsatztraining
424
Sport
120
Erste Hilfe
16
Fremdsprachen
4
Themenzentrierter Unterricht
82
806
4. BERUFSPRAKTIKUM
468
Summe
2612

(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx).

Die gesamte Grundausbildung wurde vom Sohn der Beschwerdeführerin bereits absolviert, nachdem er zuvor in der Zeit vom bis den Präsenzdienst abgeleistet hatte.

Dabei gab es insofern eine geringfügig Abweichung vom Ausbildungsplan, als der fünfmonatige Therorieteil 2 mit abschließender Dienstprüfung aufgrund der Corona-Pandemie zwar plangemäß am begonnen, dann jedoch Mitte März abgebrochen und erst am wieder fortgesetzt und am abgeschlossen wurde, nachdem der Sohn der Beschwerdeführerin die Dienstprüfung am erfolgreich bestanden hatte. In zeitlicher Hinsicht lief die Berufsausbildung daher wie folgt ab:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Basisausbildung (Theorieteil 1)
-
Berufspraktikum I
-
Vertiefung (Theorieteil 2)
-
Zuteilung SPK -ER
-
Vertiefung (Theorieteil 2 mit Ablegung der Dienstprüfung am
bis
Berufspraktikum II

Während der Zuteilung zum Stadtpolizeikommando ***4*** - Einsatzreferat in der Zeit vom bis wurde der Sohn der Beschwerdeführerin nach dem Vorbringen in der Stellungnahme vom als "Krankenhausstreife" eingesetzt. Aufgabe war es dabei, verstärkt die Linzer Krankenhäuser zu "bestreifen" und Vorkommnisse zu melden. Grund dafür war laut Schreiben der LPD OÖ vom eine notwendige verstärkte Überwachung der Krankenanstalten. Dazu wurde gemäß Punkt 6 des Sondervertrages ab der Dienstort der Polizeischüler geändert und wurden diese laut Schreiben der LPD OÖ vom "zur verstärkten Überwachung der Krankenanstalten eingeteilt".

Das Berufungspraktikum II wurde vom Sohn der Beschwerdeführerin auf der Polizeiinspektion ***4*** ***10*** abgeleistet, welche anschließend nach Übernahme in das öffentlich rechtliche Dienstverhältnis auch seine Plandienststelle wurde.

Das steuerpflichtige Einkommen während dieser Berufsausbildung betrug im Jahr 2018 ( bis ) laut vorliegendem Lohnzettel 1.392,98 €, und im Jahr 2019 ( bis ) laut Lohnzettel 17.347,82 €. Für den Zeitraum bis , in dem der Sohn der Beschwerdeführerin noch Vertragsbediensteter aufgrund des Sondervertrages gemäß § 36 VBG war, liegt kein eigenständiger Lohnzettel der Landespolizeidirektion OÖ vor. Im Abgabeninformationssystem findet sich nur ein Jahreslohnzettel der LPD OÖ für den Zeitraum bis , in dem die steuerpflichtigen Einkünfte mit 22.074,84 € beziffert werden.

Beweiswürdigung

Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, den in der Beihilfendatenbank und im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten, den Informationen des Bundesministeriums für Inneres auf seiner Homepage und dem vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Vorhalteverfahren.

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die Grundausbildung für den Exekutivdienst eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt und damit einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe begründet.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Für dieselben Personen besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist (§ 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967).

§ 5 Abs. 1 lit. a bis c FLAG 1967 lauten in der seit geltenden Fassung des ARÄG 2013 (BGBl I 138/2013):

(1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse, …

Durch die mit in Kraft getretene Änderung des § 5 Abs. 1 FLAG durch BGBl I Nr. 109/2020 wurde die Einkommensgrenze auf 15.000 € angehoben. Diese ist erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2020 anzuwenden (§ 55 Abs. 48 FLAG 1967).

1) Berufsausbildung im Sinne des FLAG

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird ( 2006/15/0178, 2006/15/0076, 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ( 2009/15/0089). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ( Ro 2015/16/0005; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre 2011/16/0077).

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absoliverte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Anderes gilt dagegen für das Berufspraktikum II. In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit dem von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums geleisteten Unterrichtspraktikums am Arbeitsplatz. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz.

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar (z.B. ; ; ). Es besteht daher regelmäßig im Hinblick auf die insgesamt 24 Monate dauernde Grundausbildung für 20 Monate ein Beihilfenanspruch.

Nichts anderes gilt im Ergebnis auch für den gegenständlichen Fall. Aufgrund der Corona-bedingten Unterbrechung und Verschiebung des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes dauerte das im Anschluss an die Dienstprüfung abgeleistete Berufspraktikum II nicht wie vorgesehen vier, sondern nur mehr zwei Monate. Dafür wurde der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitraum bis als Streifenpolizist zur Überwachung der Linzer Krankenanstalten eingesetzt. Aufgabe war es dabei, verstärkt die Linzer Krankenhäuser zu "bestreifen" und Vorkommnisse zu melden. Grund dafür war laut Schreiben der LPD OÖ vom eine notwendige verstärkte Überwachung der Krankenanstalten. Dazu wurde gemäß Punkt 6 des Sondervertrages ab der Dienstort der Polizeischüler geändert und wurden diese laut Schreiben der LPD OÖ vom "zur verstärkten Überwachung der Krankenanstalten eingeteilt".

Während dieser Zeit vom bis erfolgte daher eine praktische Verwendung als Polizist. Dieser Zeitabschnitt war damit bereits von einer faktischen Berufsausübung geprägt, was dieser Phase der Grundausbildung auch nicht zum Teil die Qualität einer Berufsausübung genommen hat. Für den Zeitraum April 2020 und Mai 2020, in denen somit keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG, sondern eine Berufsausübung vorlag, besteht daher kein Beihilfenanspruch der Beschwerdeführerin.

Für den Zeitraum ab Oktober 2020 (tatsächlich somit Oktober und November 2020) besteht gleichfalls kein Beihilfenanspruch, da auch während des Berufspraktikums II keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG, sondern wie oben aufgezeigt bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz vorliegt.

Insgesamt besteht daher - so wie für alle anderen Anspruchsberechtigten auch - für die Beschwerdeführerin ein Beihilfenanspruch im zeitlichen Umfang von 20 Monaten.

2) Einkünfte des Polizeischülers

Zu prüfen ist noch die Frage, ob der Ausbildungsbeitrag, den der Polizeischüler während seiner Berufsausbildung erhält, einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist. In diesem Fall ist das Überschreiten der in § 5 Abs. 1 FLAG normierten Einkommensgrenze nicht beihilfenschädlich.

Diese Frage war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht. Im Erkenntnis vom , RV/5100538/2014, vertrat das Bundesfinanzgericht dazu folgende Rechtsansicht, der sich seinerzeit auch das Bundesministerium für Familien und Jugend angeschlossen hatte:

Nach Nowotny (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 5 Tz 6 mit Hinweis auf G 98/94 und Verweis auf § 30j Rz 14ff) kann als anerkanntes Lehrverhältnis im Sinne dieser Bestimmung nur ein nach einschlägigen Rechtsvorschriften als Berufsausbildung anerkanntes Lehrverhältnis verstanden werden. Nach Wanke (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 30j Tz 23) sind anerkannte Lehrverhältnisse Ausbildungsverhältnisse nach dem Berufsausbildungsgesetz (Lehrberufsliste), nach dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz und in der Land- und Forstwirtschaft nach den in Ausführung des Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes ergangenen Landesgesetzen. Ein Lehrverhältnis sei nach der Verwaltungspraxis ferner anerkannt, wenn es nach kollektiv- oder individualarbeitsrechtlichen Bestimmungen (wie Kollektivvertrag, Dienstvertrag, Ausbildungsvertrag) folgende Merkmale aufweise: genau umrissenes Berufsbild; im Allgemeinen eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren; berufsbegleitender, fachlich einschlägiger Unterricht, der - vergleichbar mit einer Berufsschule - die grundlegenden theoretischen Kenntnisse des zu erlernenden Berufes vermittelt; Abschlussprüfung).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG idF BGBl550/1979, die auf ein "gesetzlich anerkanntes Lehrverhältnis" abstellte, geprüft und die Einschränkung der nicht beihilfenschädlichen Bezüge des Kindes auf solche aus "gesetzlich" anerkannten Lehrverhältnissen als verfassungswidrig erkannt () und das Wort "gesetzlich" aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof beurteilte dabei in seinen Erwägungen bei der Auslegung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG nicht "Lehrverhältnisse" im engen Sinn (des Berufsausbildungsgesetzes), sondern sprach von "Ausbildungsverhältnissen" (im beschwerdegegenständlichen Fall: zum Vermessungstechniker). Dies war schon deswegen geboten, weil unter "Lehrverhältnissen" im Sinne des FLAG bei enger Wortinterpretation nur solche verstanden werden könnten, die unter den Anwendungsbereich des Berufsausbildungsgesetzes fallen. Gerade diese Einschränkung erachtete der VfGH aber als unsachlich und damit verfassungswidrig. Abschließend führte der Gerichtshof ausdrücklich aus, dass unter einem "anerkannten Ausbildungsverhältnis" (im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG) dem Gesetzeszweck entsprechend nicht jedes privatrechtlich zulässige, sondern nur ein durch generelle Normen geregeltes verstanden werden kann.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist daher unter einem "anerkannten Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ein "anerkanntes Ausbildungsverhältnis" zu verstehen, wenn es durch generelle Normen (z.B. Gesetz oder Verordnung) geregelt ist. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall aber erfüllt. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) in der Verordnung der Bundesministerin für Inneres, BGBl II 430/2006 idgF geregelt. Der von der Tochter des Beschwerdeführers bezogene "Ausbildungsbeitrag" ist damit unter die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu sumbsumieren. Damit wurde im gegenständlichen Fall der Grenzbetrag von 10.000 € nicht überschritten.

Die Grundausbildung für den Exekutivdienst ist nach wie vor durch eine generelle Norm, nunmehr die oben zitierte Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Im gegenständlichen Verfahren wurden keine Umstände vorgebracht, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes zur Frage der Qualifikation des Ausbildungsbeitrages eines Polizeischülers rechtfertigen würden.

Dazu kommt, dass es bei Berücksichtigung des Ausbildungsbeitrages bei der Ermittlung des im Sinne des § 5 Abs. 1 FLAG zu versteuernden Einkommens zu unsachlichen Ergebnissen käme, da der Zeitraum, für den Familienbeihilfe letztlich bezogen würde, entscheidend allein vom zufälligen Zeitpunkt des Beginns der Grundausbildung abhängen würde (siehe dazu mit näherer Begründung ). Im gegenständlichen Fall wurde die Grundausbildung im Dezember 2018 begonnen. Die Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 wurde im Jahr 2018 damit nicht überschritten und Familienbeihilfe für Dezember 2018 stünde daher jedenfalls zu. Für die Jahre 2019 und 2020 wurden dagegen die Einkommensgrenzen deutlich überschritten und kommt auch die Einschleifregelung des § 5 Abs. 1 FLAG nicht zum Zug, sodass für diese Jahre im Ergebnis überhaupt keine Familienbeihilfe ausbezahlt würde. Hätte der Sohn der Beschwerdeführerin dagegen beispielsweise die Grundausbildung bereits im Juni 2018 begonnen, stünde der Beschwerdeführerin für die Monate Juni bis Dezember 2018 Familienbeihilfe zu (vgl. zum Fall einer im Juni eines Jahres begonnenen Polizeigrundausbildung etwa ). Es käme daher bei völlig identer Berufsausbildung und gleicher Höhe des monatlichen Ausbildungbeitrages zu Unterschieden im Ausmaß des Beihilfenbezuges, die allein im zufälligen zeitlichen Beginn der Berufsausbildung begründet wären. Dagegen mag ins Treffen geführt werden, dass dies eine gesetzliche und alle Normunterworfenen in gleicher Weise treffende Folge der Bestimmung des § 5 Abs. 1 FLAG wäre, die der Gesetzgeber allerdings dadurch vermeiden könnte, wenn bei der Bemessung der Einkommensgrenze nicht auf das Kalenderjahr, sondern das "Ausbildungsjahr" abgestellt würde. Das ändert aber nichts daran, dass es derzeit zu den dargestellten unsachlichen Ergebnissen käme, die bei der aufgezeigten Interpretation des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG im Sinne der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vermieden werden können (siehe neuerlich ).

Im Übrigen hat sich auch die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt dieser Rechtsansicht, wonach der Ausbildungsbeitrag einer Lehrlingsentschädigung im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist, angeschlossen, und wurde das Finanzamt Österreich in einer am veröffentlichen Information der Abteilung VI/1 der Sektion Familie und Jugend im BKA zum Thema "Polizeischüler/innen" entsprechend in Kenntnis gesetzt.

Der Beschwerdeführerin steht daher unabhängig von der Höhe des von ihrem Sohn bezogenen Ausbildungsbeitrages für den Zeitraum Dezember 2018 bis März 2020 sowie Juni 2020 bis September 2020 Familienbeihilfe zu, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Informativ wird noch darauf hingewiesen, dass die Erlassung eines Bescheides gemäß § 13 FLAG nur in Betracht kommt, wenn einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist. Aus diesem Grund kann sich insofern auch der Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses nur auf jenen Teil des Antrages beziehen, dem nicht stattgegeben wird. Der Umstand, dass sich die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes damit auf eine teilweise Aufhebung des Abweisungsbescheides beschränkt und im Spruch des Erkenntnisses keine explizite Zuerkennung der Familienbeihilfe für die Monate Dezember 2018 bis März 2020 sowie Juni 2020 bis September 2020 ausgesprochen werden kann, bedeutet aber keine Einschränkung der Rechtschutzinteressen der Beschwerdeführerin. Wenn das Bundesfinanzgericht einer Beschwerde (teilweise) stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden gemäß § 25 Abs. 1 BFGG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Das Finanzamt hat daher nach (teilweiser) Aufhebung eines Abweisungsbescheides gemäß § 13 FLAG die Familienbeihilfe auszuzahlen (Wanke/Unger, BFGG, § 25 Anm 4; vgl. auch § 282 BAO, der die Abgabenbehörde verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen; vgl. auch ).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Frage, ob die Bezüge des Polizeischülers Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleich gehalten werden können, ausdrücklich offen gelassen (Rz 18). Da zu dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung somit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig.

Es wird allerdings nochmals darauf hingewiesen, dass auch nach Ansicht der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt der Ausbildungsbeitrag einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist.

Linz, am

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