Säumnisbeschwerde
Entscheidungstext
Im Namen der republik
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Säumnisbeschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr1*** Rechtsanwälte GmbH, ***Vertr1-Adr***, in der eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Zollamt Feldkirch Wolfurt, betreffend Säumigkeit in der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 308 BAO behauptet wird, zu Recht erkannt:
Der Säumnisbeschwerde wird stattgegeben.
Dem Antrag vom auf Wiedereinsetzung gem. § 308 BAO gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt (nunmehr Zollamt Österreich), Zahl ***7***, vom , wird stattgegeben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Eingaben, jeweils vom , beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) gem. Art. 244 ZK die Aussetzung und die Erstattung gem. Art. 239 ZK der mit Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , ***6*** vorgeschriebenen Einfuhrumsatzsteuer.
Mit Bescheid vom , ***7***, wurden diese Anträge mit der Begründung abgewiesen, dass durch die gleichzeitig ergehende stattgebende Berufungsvorentscheidung in derselben Sache die Anträge gegenstandslos geworden seien und daher abzuweisen waren. Der Bescheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
Mit Eingabe vom brachte die Bf. neuerlich einen Antrag auf Aussetzung der mit Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , ***6*** vorgeschriebenen Abgaben ein.
In eventu, für den Fall der Abweisung des Aussetzungsantrages, stellte sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist zur Berufung sowie Berufung gegen den Bescheid vom , ***7*** ein.
In eventu wurde die Aufhebung des Bescheides vom , ***7***, nach § 299 (1) BAO beantragt.
Mit Bescheid vom , ***8***, wies das Zollamt Feldkirch Wolfurt den Antrag auf Aussetzung gem. Art. 244 ZK der mit Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , ***6*** vorgeschriebenen Abgaben ab.
Mit Schriftsatz vom brachte die Bf. eine Säumnisbeschwerde gem. Art. 130 (1) Z 3 und Art. 132 (3) B-VG betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht bei der Erledigung der Anträge vom im Verfahren ***9*** des Zollamtes Feldkirch Wolfurt ein. Das Zollamt habe über ihre Anträge vom (Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gegen den Bescheid ***7***, in eventu Aufhebung dieses Bescheides nach § 299 (1) BAO) bisher noch nicht abgesprochen.
Das Bundesfinanzgericht hat mit Beschluss vom das Zollamt aufgefordert, bis spätestens über diese Anträge zu entscheiden oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Das Zollamt teilte mit Schreiben vom mit, dass eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, da die Bf., unter Hinweis auf die gegen die Beschwerdevorentscheidung ***10***, den Antrag auf Aussetzung und in eventu, für den Fall der Abweisung des Aussetzungsantrags, der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist zur Berufung gegen den Bescheid ***7***, gestellt habe. Im Antrag auf Wiedereinsetzung und in der damit verbundenen Berufung war Inhalt und Begehren ausschließlich auf die Bewilligung der Aussetzung gerichtet. Die Erstattung sei nicht erwähnt worden.
Den Antrag auf Aussetzung vom habe das Zollamt bereits mit Bescheid vom , ***8***, nach Ergehen der Sachentscheidung, erledigt, sodass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliege.
Mit der Mitteilung des Zollamtes, dass ihrer Ansicht nach keine Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung vorliege, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Bundesfinanzgericht übergegangen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
In der Säumnisbeschwerde bringt die Bf. vor, sie habe am ein Anbringen gestellt, in dem sie
• die Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gegen den Bescheid, der den Antrag auf Erstattung (***7***) abgewiesen hatte und die Stattgebung dieser Berufung sowie
• in eventu die Aufhebung dieses Bescheides nach § 299 (1) BAO beantragt hatte.
Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist:
Ein Wiedereinsetzungsantrag ist ein Anbringen iSd § 85 BAO, für das Entscheidungspflicht besteht. Bei Nichterledigung steht der Rechtsbehelf einer Säumnisbeschwerde (§ 284 BAO) offen.
Das Zollamt hat über den Antrag der Bf. vom auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gegen den Bescheid vom , ***7***, bisher nicht entschieden. Die dahingehende Säumnisbeschwerde besteht zu Recht und die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag geht daher auf das Bundesfinanzgericht über.
§ 308 BAO lautet:
(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Abgabenbehörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist zu bewilligen.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, bei der die Frist wahrzunehmen war. Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen.
Wiedereinsetzungsanträge sind auch als Eventualanträge zulässig, zB "nur für den Fall der Verspätung der Berufung" ().
Über einen Eventualantrag darf erst dann entschieden werden, wenn der Bescheid, mit welchem dem Primärantrag nicht stattgegeben wird, in Rechtskraft erwachsen ist (; ; ). Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (;
Im gegenständlichen Fall beantragte die Bf. die Aussetzung der Vollziehung der mit Bescheid vom , ***6*** gem. Art. 201 Abs. 1 ZK vorgeschriebenen Abgaben nach Art. 244 ZK.
In eventu, für den Fall der Abweisung dieses Aussetzungsantrages, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist zur Berufung gegen den Bescheid vom , ***9***-17, gestellt und unter einem Berufung gegen diesen Bescheid erhoben.
Die Bf. begründete ihren Antrag auf Wiedereinsetzung im Wesentlichen damit, das Zollamt habe den Aussetzungsantrag zum Bescheid vom , ***6***, mit der Begründung abgewiesen, dass am gleichen Tag der Berufung gegen die Abgabenvorschreibung stattgegeben worden sei und daher keine auszusetzende Abgabenforderung mehr bestehe. Aufgrund dieser Sach- und Rechtslage habe die Bf., mangels Beschwer, die Abweisung des Aussetzungsantrages nicht angefochten.
Das Zollamt habe dann 9 Monate später, im März 2011, überraschend die BVE, mit der der Berufung der Bf. gegen die Abgabenfestsetzung stattgegeben worden war, aufgehoben, wodurch die ursprüngliche Abgabenfestsetzung (Subzahl 9) wieder offen war. Jener Bescheid, mit dem das Zollamt den Antrag auf Aussetzung der Einhebung unter Hinweis auf die nicht mehr bestehende Abgabenfestsetzung abgewiesen hatte (Subzahl 17), sei aber nicht aufgehoben worden. Die Bescheidaufhebung sei für die Bf. unvorhersehbar und unabwendbar gewesen. sodass sie kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid vom ***7***, treffe, weshalb die beantragte Wiedereinsetzung zu bewilligen sei.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts konnte die Bf. innerhalb der Berufungsfrist zum Bescheid vom , ***7***, nicht erkennen, dass das Zollamt die stattgebende Berufungsvorentscheidung vom , ***7*** (mit der der Abgabenbescheid aufgehoben wurde), am gem. § 299 BAO wieder aufheben werde und somit die Begründung, die Anträge seien gegenstandslos (infolge stattgebender Berufung zur Abgabenvorschreibung ***6***), obsolet geworden sind. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher stattzugeben.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen im gegenständlichen Fall vor. Unbestritten ist der Umstand, dass der Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht gestellt wurde, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Wird ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt, ist unter einem die versäumte Handlung nachzuholen. Gegenständlich geht es um die Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den Bescheid (Subzahl 17) mit dem das Zollamt sowohl den Aussetzungsantrag als auch den Antrag auf Erstattung als unbegründet abgewiesen hat.
Das Zollamt hat daher über diese Berufung (nunmehr Beschwerde) abzusprechen.
Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung orientiert sich an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiedereinsetzung und weicht von dieser nicht ab. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RS.1200002.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at