Ergänzungsausbildung einer Grenzpolizistin ist keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe von 4/2019 bis 12/2019, SVNR ***1***, für die Tochter ***2***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF) stellte für ihre Tochter einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe mit Antrag vom April 2019 für die Zeit von deren (Ergänzungs)Ausbildung in der Polizeischule.
Dieser Antrag wurde vom Finanzamt für 4/2019 bis 12/2019 abgewiesen mit dem Hinweis auf . Es liege im Fall der Antragstellerin keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vor.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde verwies die BF darauf, dass die Tochter keine fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung absolviere, sondern eine 24-monatige durchgehende Ausbildung. Es handle es sich um eine Berufsausbildung iSd § 2 lit. b FLAG 1967.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung blieb das Finanzamt bei seiner Auffassung, dass die Tätigkeit der Tochter keine Berufsausbildung iSd § 2 lit. b FLAG 1967 darstelle (mit Hinweisen auf Erkenntnisse des VwGH).
In der als Vorlageantrag zu wertenden Bescheidbeschwerde führte die BF aus, dass die Tochter eine fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung absolviere.
Da die Tochter mit wieder zurück in die Polizeischule gehe, um da ihre Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst zu absolvieren, habe sie Anspruch auf Familienbeihilfe. Es gehe explizit um den Zeitraum der theoretischen Ausbildung, welche die Tochter von bis und bis absolviere und nicht um die praktische Ausbildung dazwischen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Tochter der BF ist am ***3*** geboren und ab bei der Landespolizeidirektion ***4*** als Vertragsbedienstete des Bundes mit Sondervertrag für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich gemäß § 36 VBG 1948 beschäftigt.
Ab 09/2016 absolvierte die Tochter eine fremden - und grenzpolizeiliche Grundausbildung. Danach erfolgte eine Kursunterbrechung mit einer Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich. In dieser Zeit wird das Normalentgelt bezogen.
***2*** absolvierte von bis eine 9-monatige Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst im Bildungszentrum St.Pölten.
Für einen Zeitraum von 6 Monaten wurde die Grundausbildung als Berufsausbildung anerkannt (9/2016-2/2017) und Familienbeihilfe seitens des Finanzamtes gewährt. Für die Zeit danach wurde die Familienbeihilfe nicht zuerkannt.
Die Tochter hatte im Jahr 2019 aus ihrer nichtselbständigen Tätigkeit im Bundesdienst steuerpflichtige Bezüge (Kz 245 des Lohnzettels) idHv 22.627,85 Euro.
Beweiswürdigung:
Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten, den Datenbanken der Finanzverwaltung sowie aus den Angaben der BF.
Entgegen der falschen Behauptung in der Beschwerde, die Tochter hätte die 24-monatige Polizeigrundausbildung absolviert, wurde dies im Vorlageantrag nicht mehr aufrechterhalten.
Die falsche Angabe ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass ein Beschwerdemuster für Polizeischüler verwendet wurde.
Aus der Aktenlage ergibt sich eindeutig, dass die Tochter im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich ihren Dienst versieht.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/16/0064, in einem zum verfahrensgegenständlichen Fall gleich gelagerten Sachverhalt (Nichtzuerkennung von Familienbeihilfe für die Ergänzungsausbildung eines Grenzpolizisten von 9 Monaten) unter Hinweis auf § 2 lit. b FLAG 1967 ausgeführt:
"Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. etwa Ra 2020/16/0017; Ra 2017/16/0030; 2009/16/0315; 2009/13/0127; und 2007/13/0125).
Diese der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entnehmbare Definition der Berufsausbildung trifft nur auf die Fälle zu, welche außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten - im Revisionsfall nicht interessierenden - Bereichs des Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) liegen (vgl. etwa nochmals Ra 2020/16/0017; und Ro 2015/16/0033).
Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen die genannten Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung iSd § 2 FLAG. Dies schließt allerdings nicht aus, dass auch bei bereits berufstätigen Personen eine Berufsausbildung vorliegen kann (vgl. Ra 2020/16/0039).
So ist einerseits die Gewährung der Familienbeihilfe nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa Ro 2016/16/0005).
Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass es für die Qualifikation einer Berufsausbildung nicht darauf ankommt, ob eine schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend organisiert ist. Dies lässt eine Berufsausbildung neben der Ausübung eines Berufes zu (vgl. etwa nochmals Ra 2017/16/0030, mwN).
Bei bereits berufstätigen Personen ist demnach zwischen einer Berufsausbildung (für einen anderen als den ausgeübten Beruf) und einer Fortbildung im erlernten Beruf zu unterscheiden.
Dienstrechtliche Begriffe im Zusammenhang mit einer Ausbildung sind dabei nicht ausschlaggebend (vgl. auch Ra 2018/16/0203).
Das Bundesfinanzgericht stützt sich darauf, dass der Sohn der Revisionswerberin mit dem Beginn seines Dienstverhältnisses einen Beruf ausgeübt habe, und verweist auf Ra 2018/16/0203.
Der Sohn des Revisionswerbers hat nach den unstrittigen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes im an die "sechsmonatige Basisausbildung der Grundausbildung (Grenzdienst)" anschließenden Zeitraum vom März 2017 bis zum März 2019 im Rahmen des erwähnten Dienstverhältnisses als Grenzpolizist Dienst versehen und damit den Beruf eines Polizisten ausgeübt. Der Revisionswerber spricht davon, dass bei seinem Sohn in diesem Zeitraum eine "praktische Verwendung" erfolgte.
Dass die daran wieder anschließende "Ergänzungsausbildung" während des Streitzeitraums eine Ausbildung zu einem anderen Beruf darstelle, behauptet auch der Revisionswerber nicht.
Damit handelt es sich bei dieser Ausbildung um eine im bereits ausgeübten Beruf vorgesehene Fort- oder Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf, welche dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit b FLAG zu Folge nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln kann, wenn sie in einer Fachschule erfolgt. Dass es sich beim "Bildungszentrum der Sicherheitsakademie" um eine solche Fachschule handle, behauptet der Revisionswerber nicht und geht aus den vorgelegten Akten nicht hervor.
Der Revisionswerber zeigt somit nicht auf, dass sein Sohn im Streitzeitraum vom April bis Dezember 2019 für einen (anderen als den bereits ausgeübten) Beruf ausgebildet worden wäre, dem Revisionswerber daher Familienbeihilfe zustünde und er im geltend gemachten Recht verletzt wäre.
Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen."
Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber schon entschieden.
Die Tochter hat nach der Grundausbildung (Grenzpolizei) bereits den Beruf einer (Fremden)Polizistin ausgeübt (in der Zeit von 3/2017 und 3/2019) mit Bezug des Normalentgeltes ab diesem Zeitraum.
Mit der Ergänzungsausbildung im Anschluss daran wird nach der eindeutigen VwGH-Rechtsprechung keine Ausbildung zu einem anderen Beruf absolviert [vgl. auch ÖStZB 2020/257: Hat das Kind eine sechsmonatige Basisausbildung der Grundausbildung (Grenzdienst) absolviert und bis März 2019 einen Dienst als Grenzpolizist versehen und dabei ein Normalentgelt bezogen, so stellt die ab April 2019 begonnene neunmonatige Ergänzungsausbildung an der Sicherheitsakademie, welche die Kursteilnehmer im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich absolvieren, keine Ausbildungfür einen (anderen als den bereits ausgeübten) Beruf dar. Es steht daher auch keine Familienbeihilfe zu).
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Der angefochtene Bescheid entspricht der Rechtslage, die Beschwerde war gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere dem Erkenntnis des folgt.
Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. ).
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100090.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at