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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.03.2021, RV/7400022/2020

Haftung Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***6***, ***7*** vom betreffend Haftung für Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag und Dienstgeberabgabe samt Säumniszuschlag, jeweils für das Jahr 2017 (Primärschuldnerin: ***3***) zu Recht:

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert. Die Haftung wird festgesetzt mit

  • 3.086,22 Euro für Kommunalsteuer 2017

  • 282,00 Euro für Dienstgeberabgabe 2017

sohin insgesamt 3.368,22 Euro.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 25) forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) zur Stellungnahme auf. Er sei seit Datum im Firmenbuch als Geschäftsführer der ***3*** (in der Folge: Primärschuldnerin) eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter. Bei der Primärschuldnerin hafte ein Rückstand an Kommunalsteuer in Höhe von 7.730,30 Euro ("lt. GPLA-Prüfung") zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 154,61 Euro sowie Dienstgeberabgabe im Ausmaß von 1.064,00 Euro zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 21,28 Euro, jeweils für den Zeitraum 2017, aus.

Die belangte Behörde beabsichtige, ihn gemäß § 6a KommStG bzw. § 6a DAG zur Haftung für die genannten Abgaben heranzuziehen. Dem Bf. werde die Gelegenheit zur Stellungnahme geboten oder er möge die Beträge entrichten.

Der Bf. kam der Aufforderung der belangten Behörde zur Stellungnahme mit Schreiben vom (Akt Blätter 31 bis 33) nach. Zunächst räumt der Bf. ein, bis zu deren Insolvenzeröffnung am Datum Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen zu sein.

Zum Haftungsumfang bzw. zur Abgabenschuld der Primärschuldnerin gibt der Bf. an, dass diese im Wesentlichen Folge einer Zahlung an einen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerin, Herrn ***4***, in Höhe von 154.803,13 Euro sei. Jedoch seien diese Gelder gegenüber der Primärschuldnerin und dem Bf. als deren Geschäftsführer arglistig unter dem Vorwand, sie seien für den Ankauf von Maschinen bestimmt, herausgelockt worden. Auch die Masseverwalterin der Primärschuldnerin sei davon ausgegangen, dass den Zahlungen an Herrn ***4*** keine Gegenleistung gegenüber stehe. Daher liege gerade keine Gehaltszahlung vor. Eine Rückforderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens sei jedoch schon deshalb nicht möglich gewesen, weil ***4*** zahlungsunfähig gewesen sei.

Da es sich bei der arglistig herausgelockten, betrügerisch erlangten und ohne Gegenleistung gewährten Zahlung um keinen Arbeitslohn im Sinne des KommStG handle, komme insoweit eine Haftung nicht in Betracht.

Der Bf. hafte auch deshalb nicht, weil er zum Zeitpunkt, in dem sich die Nachforderung an Kommunalsteuer ergeben habe, bereits nicht mehr Vertreter der Primärschuldnerin gewesen sei. Zudem habe die Primärschuldnerin zumindest seit Anfang September 2017 über keine Mittel zur Befriedigung von Gläubigern verfügt, weshalb ein Verschulden des Bf. an der Nichtentrichtung der Abgaben auszuschließen sei.

Auch hinsichtlich der Dienstgeberabgabe treffe den Bf. kein Verschulden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom zog die belangte Behörde den Bf. für Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen im Ausmaß von 7.884,93 Euro und Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in Höhe von 1.085,28 Euro, jeweils betreffend das Jahr 2017, zur Haftung heran.

Der Bf. sei als Geschäftsführer der Primärschuldnerin deren Vertreter im Sinne des § 80 BAO. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum sei ein Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin eröffnet worden. Damit liege die von § 6a KommStG bzw. § 6a DAG geforderte erschwerte Einbringlichkeit vor.

Der Bf. hätte die Vereinbarungen, die als "leicht dubios" zu bezeichnen seien, als verantwortungsvoller Vertreter der Primärschuldnerin nicht unterschreiben dürfen. Die Unterzeichnung der Vereinbarung sei eine schuldhafte Pflichtverletzung. Zudem hätte der Bf. die Zahlung von 183.000 Euro an Herrn ***4*** nicht anweisen dürfen.

Auch die Behauptung, dass ab September 2017 bei der Primärschuldnerin keine Mittel mehr vorhanden gewesen seien, entbinde den Bf. nicht von seiner Haftungsverpflichtung. Der Bf. habe laut Aktenlage Honorarnoten an Herrn ***4*** ausbezahlt, nicht aber die daraus resultierenden Abgaben entrichtet. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers habe der Bf. seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.

Gegen diesen Bescheid brachte der Bf. mit Schriftsatz vom (Akt Blätter 58 bis 60) das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde ein. Dabei wiederholte der Bf., dass die arglistig herausgelockten Beträge keine Löhne im Sinne des KommStG darstellten. Auch wenn die Auszahlung der Beträge an Herrn ***4*** letztlich ein Grund für die Insolvenz der Primärschuldnerin gewesen sein mögen, führe eine solche unternehmerische Fehlentscheidung nicht zu einer Haftung des Bf.

Die belangte Behörde habe übersehen, dass dem Bf. zumindest seit September 2017 weder Geldmittel zur Verfügung gestanden, noch Gläubiger befriedigt worden seien. Sie hätte daher erkennen müssen, dass dem Bf. zumindest ab September 2017 kein Verschulden mehr anzulasten gewesen sei. Zudem habe die belangte Behörde wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt, indem sie jede Ermittlungstätigkeit dahingehend unterlassen habe, ab welchem Zeitpunkt der Primärschuldnerin keine ausreichenden Mittel zur Verfügung gestanden sind.

Mit Schreiben vom (Akt Blätter 74 bis 75) forderte die belangte Behörde den Bf. auf, eine nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung der Primärschuldnerin für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2017 vorzulegen.

Am erließ die belangte Behörde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung (Akt Blätter 77 bis 78). Der Bf. habe trotz Aufforderung keinen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht. Für die Zahlungen an Herrn ***4*** schienen keine Belege für Projekte auf und seien diese daher zu Recht als Gehaltszahlungen gewertet worden. Aus einem Schreiben der Masseverwalterin gehe zudem hervor, dass keine Notwendigkeit bestanden habe, die Zahlungen auf das Privatkonto des Herrn ***4*** zu leisten. Außerdem habe der Bf. mit der Zahlung des Stammkapitals für die ***5*** offenkundig gegen die gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen.

Der Bf. habe nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung unmöglich gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen.

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 80) beantragte der Bf. die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht.

Mit Vorlagebericht vom (ON 1) informierte die belangte Behörde den Bf. über die erfolgte Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

Mit Beschluss vom (ON 3) forderte das Verwaltungsgericht die belangte Behörde auf, eine Aufgliederung aller haftungsgegenständlichen Abgaben, bei denen von der Abgabenerklärung der Primärschuldnerin abgegangen wurde, jeweils gegliedert nach Entstehung des Abgabenanspruchs sowie eine Darstellung und Nachweis des Sachverhalts, der zur von der Abgabenerklärung abweichenden Abgabenfestsetzung geführt hat, vorzulegen.

Dem ist die belangte Behörde mit Schreiben vom (ON 7) nachgekommen. Vorgelegt wurde eine Darstellung des Sachverhalts sowie eine monatsweise tabellarische Übersicht, die sowohl die laut Abgabenerklärung geschuldeten, aber nicht gezahlten Beträge als auch jene Beträge enthält, die aus den Geschäftsführerbezügen des Bf. (20.000 Euro) als auch den Zahlungen an Herrn ***4*** resultieren.

Mit Beschluss vom (ON 8 bis 10) forderte das Verwaltungsgericht den Bf. unter Beilage der Stellungnahme und Berechnungen der belangten Behörde auf, selbst zu diesen Dokumenten Stellung zu beziehen bzw. allenfalls einen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.

Dieser Aufforderung ist der Bf. mit Schreiben vom (ON 18) nachgekommen. Der Bf. führt darin zunächst erneut aus, dass es sich bei dem an Herrn ***4*** gezahlten Betrag in Höhe von 154.803,34 Euro um keinen Lohn gehandelt habe. Dieser habe lediglich ein monatliches Gehalt von 1.500 Euro brutto bezogen. Dass die herausgelockten Beträge ertragsteuerrechtlich der Lohnsteuer unterworfen würden, könne aber nicht zu einer Haftung im Rahmen der Kommunalsteuer führen. Würde man die der Primärschuldnerin entwendeten Beträge der Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer zurechnen, würde dies dazu führen, dass diese nicht nur durch den rechtswidrigen Vermögensentzug geschädigt wäre, sondern auch dadurch, dass die Beträge die Kommunalsteuerlast erhöhten.

Weiters habe zwischen der Primärschuldnerin und der belangten Behörde eine Ratenvereinbarung bestanden. Durch die Zahlung der Primärschuldnerin im Juni 2017 seien die bis zu diesem Zeitpunkt rückständigen Abgaben und Raten beglichen worden.

Die Primärschuldnerin habe alle Raten bis Mai 2017 beglichen. Daher liege bis zu diesem Zeitpunkt keine Gläubigerbenachteiligung vor.

Hinsichtlich der an Herrn ***4*** bezahlten Beträge liege auch kein Verschulden des Bf. vor, weil diese für die Deckung von Materialeinkäufen gedacht gewesen seien und der Bf. daher nicht wissen konnte, dass diese der Kommunalsteuer unterlägen.

Mit Beschluss vom (ON 19 und 20) übermittelte das Verwaltungsgericht der belangten Behörde das Schreiben vom zur Stellungnahme. Diese äußerte sich im Schreiben vom dahingehend, dass es für die Auszahlung der 154.803,13 Euro keine nachvollziehbaren Erklärungen des Bf. gebe. Daher sei vom zuständigen Finanzamtsprüfer in der Niederschrift der Betrag von 154.803,13 als zugeflossen gewertet und somit auch der Kommunalsteuer unterzogen worden. Trotz Aufforderung zur Vorlage von Beweisen hab der Bf. die behauptete Veruntreuung nicht unter Beweis stellen können.

Es werde weiters auf die Aussagen der Masseverwalterin hinsichtlich nicht gerechtfertigter Zahlungen des Bf. an eine von ihm gegründete Nachfolgergesellschaft verwiesen.

Es seien keine bezahlten Abgaben in die Haftungssumme einbezogen worden. Mit Schreiben vom sei ein Ratenansuchen für Kommunalsteuer- und Dienstgeberabgaberückstände für den Zeitraum Jänner 2016 bis Februar 2017 über 1.714,02 Euro an Kommunalsteuer und 240 Euro an Dienstgeberabgabe eingebracht und mit Bescheid vom bewilligt worden. Die vom Bf. angeführte Zahlung vom über 1.267,63 Euro sei mangels Widmung auf den ältesten Rückstand angerechnet worden und habe somit zur Abdeckung der Ratenvereinbarung gedient.

Die belangte Behörde sehe den Gläubigergleichbehandlungsnachweis als nicht erbracht an. Es sei weder vorgelegt worden, wie hoch die Verbindlichkeiten der einzelnen Gläubiger der Primärschuldnerin im Jahr 2017 zu den jeweiligen Fälligkeitstagen gewesen sind, noch sei eine Liquiditätsaufteilung übermittelt worden. Dass Zahlungen im Jahr 2017 an den Bf. und Herrn ***4*** erfolgt sind, sei aktenkundig, und somit ist eine Gläubigerungleichbehandlung des Abgabengläubigers durch die Nichtzahlung gegeben. Die Behauptung, bis Juni 2017 alle Steuerbeträge entrichtet zu haben, stelle sich als letztlich nicht richtig dar. Es sei zwar die Ratenvereinbarung für die Rückstände des Zeitraumes Jänner 2016 bis Februar 2017 bis abgeschlossen, und somit die Zahlungsfrist nur für diesen Zeitraum erstreckt. Die nicht erklärten Steuerbeträge für März 2017 bis Dezember 2017 seien jedoch (teilweise mangels Widmung) nicht fristgerecht entrichtet worden. Neben den an ***4*** ausgezahlten Beträgen seien auch die Geschäftsführerbezüge des Bf. im Jahr 2017 nicht der Kommunalsteuer unterzogen und auch nicht entrichtet worden. Die behaupteten gestundeten und bezahlten Steuerbeträge beträfen allesamt den Zeitraum Jänner 2016 bis Februar 2017. Der Zeitraum Jänner bis Dezember 2016 sei mangels Rückstand nicht in Haftung gezogen, die Zahlungen für den Zeitraum Jänner bis Februar 2017 allesamt berücksichtigt worden.

Mit E-Mail vom (ON 26) stellte die belangte Behörde zum Schreiben vom (ON 7) richtig, dass für das Jahr 2017 seitens der Primärschuldnerin tatsächlich keine Jahreserklärung gelegt worden sei. Dies sei in der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben dokumentiert worden. Daher sei die Berechnung der monatlichen Kommunalsteuerbeträge aufgrund der von der zuständigen Steuerberatungskanzlei übermittelten Jahreslohnkonten (Akt Blätter 72 und 73) erfolgt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. war im Zeitraum vom Datum bis DAtum Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Bei der Primärschuldnerin haften folgende bereits entstandene und fällige Abgabenverbindlichen unberichtigt aus:

  • Kommunalsteuer Jänner 2017: 50 Euro;

  • Kommunalsteuer Februar 2017: 50 Euro;

  • Kommunalsteuer März 2017: 4.694,10 Euro - davon entfallend auf die Zahlung in Höhe von 154.803,13 Euro an Herrn ***4***: 4.4644,10 Euro;

  • Kommunalsteuer April 2017: 248,03 Euro;

  • Kommunalsteuer Mai 2017: 428,42 Euro;

  • Kommunalsteuer Juni 2017: 755,29 Euro;

  • Kommunalsteuer Juli 2017: 432,58 Euro;

  • Kommunalsteuer August 2017: 435,32 Euro;

  • Kommunalsteuer September 2017: 293,45 Euro;

  • Kommunalsteuer Oktober 2017: 117,88 Euro;

  • Kommunalsteuer November 2017: 173,68 Euro;

  • Kommunalsteuer Dezember 2017: 51,24 Euro.

  • Dienstgeberabgabe Jänner 2017: 14 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Februar 2017: 8 Euro;

  • Dienstgeberabgabe März 2017: 8 Euro;

  • Dienstgeberabgabe April 2017: 26 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Mai 2017: 46 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Juni 2017: 54 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Juli 2017: 50 Euro;

  • Dienstgeberabgabe August 2017: 40 Euro;

  • Dienstgeberabgabe September 2017: 28 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Oktober 2017: 8 Euro.

Alle genannten Abgabenbeträge sind uneinbringlich.

Der Bf. hat die Verpflichtung der rechtzeitigen Entrichtung fälliger Abgaben verletzt. Diese Verletzung ist kausal für den Abgabenausfall. Zur Schuldhaftigkeit der Pflichtverletzung siehe Punkt II.3.1. dieses Erkenntnisses.

Die im angefochtenen Bescheid haftungsmäßig geltend gemachte Säumniszuschläge wurden der Primärschuldnerin nicht mittels Bescheid vorgeschrieben. Ebenso wurden keine Abgabenbescheide über die haftungsgegenständlichen Abgaben erlassen.

Beweiswürdigung

Die Vertreterstellung des Bf. ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin (Akt Blätter 23 und 24). Die festgestellten fälligen Steuerbeträge ergeben sich aus den vorliegenden Kontoauszügen der belangten Behörde (Akt Blätter 15 bis 17) und den von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen zur abgabenrechtlichen Prüfung (Akt Blätter 43 bis 45), sowie den Angaben der belangten Behörde im Schreiben vom (tabellarische Übersicht nach Monaten) sowie den Jahreslohnkonten (Akt Blätter 72 und 73).

Dem Bf. wurden die dargestellten monatlichen Abgabenbeträge mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom vorgehalten. Der Bf. hat keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich der Unrichtigkeit dieser Abgabenberechnungen ableiten ließe.

Dass die noch offenen Abgabenforderungen uneinbringlich sind, ergibt sich aus dem Auszug aus der Ediktsdatei vom (Akt Blatt 82), wonach die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig ist.

Dass keine Bescheide hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgaben bzw. Säumniszuschläge ausgestellt worden sind, ergibt sich aus dem Umstand, dass solche nicht im Akt enthalten sind und deren Ausstellung von keiner Partei behauptet wurde.

Zum Vorliegen der schuldhaften Verletzung von abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten, die kausal für den Abgabenausfall gewesen ist, wird auf die entsprechenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung (Punkt II.3.1. dieses Erkenntnisses) verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) muss der Bf., wenn ein Abgabenbescheid nicht erlassen wurde, den er später nach § 248 BAO hätte bekämpfen können, die Höhe des Abgabenanspruches im Haftungsverfahren anfechten können. Dem Bf. ist darzulegen, auf Grund welchen Sachverhaltes die Kommunalsteuerschuld in der von der Selbstberechnung abweichenden Höhe entstanden ist. Das gleiche gilt für die jeweils monatlich entstehende Dienstgeberabgabe. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden zwar keine Abgabenbescheide erlassen, es bestehen jedoch die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen in Punkt II.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Höhe gegen die Primärschuldnerin. Diese und deren Grundlagen wurden dem Bf. offengelegt.

Gemäß § 1 KommStG unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Die Steuerschuld entsteht gemäß § 11 Abs. 1 KommStG mit Ablauf des Kalendermonats, in dem u.a. Lohnzahlungen gewährt worden sind.

Die Steuer beträgt nach § 9 KommStG 3% der Bemessungsgrundlage.

Bemessungsgrundlage ist gemäß § 5 Abs. 1 KommStG die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen. Arbeitslöhne sind unter anderem Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988.

Damit unterliegen die laut Jahreslohnkonten ausbezahlten Löhne, sowie das an den Bf. ausbezahlte Gehalt in Höhe von 20.000 Euro (siehe dazu die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung) der Kommunalsteuer.

Zu den Vorteilen aus einem Dienstverhältnis im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch solche, die sich ein Arbeitnehmer ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber aneignet. Vorteile, die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft, unterliegen aber nicht dem Steuerabzug, sondern sind im Veranlagungsweg zu erfassen ().

Daraus ist zu folgern, dass auch die von Herrn ***4*** erschlichene Zahlung (siehe dazu die Ausführungen im Folgenden) in Höhe von 154.803,13 Euro der Kommunalsteuer unterliegt und insofern der im Sachverhalt angegebene Abgabenanspruch entstanden ist.

Gemäß § 6a KommStG haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln,die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 6a Abs. 1 DGAG, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe werden für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG und § 6 Abs. 1 DGAG).

Verfahrensgegenständlich sind die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe 2017. Diese sind am 15. der jeweiligen Folgemonate (siehe dazu oben Punkt II.1.) fällig geworden. Es steht fest, dass der Bf. in diesem Zeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin und damit Vertreter im Sinne des § 80 BAO gewesen ist.

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG setzt voraus, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungeninsbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest. Es können die Abgaben aufgrund der Insolvenz nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden.

Als Vertreter der Primärschuldnerin oblag es dem Bf. den abgabenrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere der Abgabenentrichtung nachzukommen. Tatsachlich wurden Abgaben (Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die haftungsgegenständlichen Zeiträume) im haftungsgegenständlichen Ausmaß nicht entrichtet. Die Verletzung einer abgabenrechtlichen Verpflichtung liegt damit vor.

Der Vertreter hat den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen (vgl. ).

Der Bf. hat neben dem Vorbringen, alle Gläubiger gleich behandelt zu haben, keine Unterlagen oder Dokumente vorgelegt, die diese Verantwortung stützen. Da dem Bf. die monatlichen Abgabenbeträge bekannt gegeben wurden, wäre ihm der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes möglich gewesen. Im gegenständlichen Fall ist ein solcher Nachweis nicht erbracht worden. Daher ist grundsätzlich das Vorliegen einer Pflichtverletzung des Bf. anzunehmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. für viele ). Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts Anderes (vgl. mVa ).

Der Bf. führt aus, er hafte auch deshalb nicht, weil er zum Zeitpunkt, in dem sich die Nachforderung an Kommunalsteuer ergeben habe, bereits nicht mehr Vertreter der Primärschuldnerin gewesen sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass er zum Zeitpunkt des Entstehens und der Fälligkeit der Abgaben zur Zahlung berechtigt und verpflichtet gewesen ist. Dass Rückstände zum Teil erst später festgestellt worden sind, ändert nichts an deren Bestand.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Haftung nur bei schuldhafter Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten besteht, ist zu prüfen, ob dem Vertreter die objektive Rechtswidrigkeit seines Verhaltens (nämlich unrichtige Kommunalsteuerabfuhr) subjektiv vorwerfbar ist. Eine solche Vorwerfbarkeit ist nur dann gegeben, wenn der die Unrichtigkeit hätte erkennen können (vgl. in diesem Sinne ).

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Zahlung in Höhe von 154.803,13 Euro an Herrn ***4*** keine vom Bf. beabsichtigte Lohnzahlung gewesen ist, sondern diese Gelder gegenüber der Primärschuldnerin und dem Bf. als deren Geschäftsführer arglistig unter dem Vorwand, der Betrag sei für den Ankauf von Maschinen bestimmt, herausgelockt worden sind. Dass es sich bei dieser Zahlung um keinen Lohn gehandelt haben kann, ergibt sich aus dem auffallenden Missverhältnis zwischen dem normalen Lohn des ***4*** (ca. 1.500 Euro) und der gegenständlichen, circa das Hundertfache ausmachenden Summe. Anders als ***4*** war der Bf. auch Gesellschafter der Primärschuldnerin, sodass ihm kein Interesse an einer Zuwendung an den fremden Dienstnehmer zu Lasten der Primärschuldnerin unterstellt werden kann. Die Verantwortung des Bf. zum Hintergrund der Zahlung ist unter diesen Gesichtspunkten als schlüssig anzusehen.

Dem Bf. war, mangels Kenntnis um den tatsächlichen Hintergrund der herausgelockten Zahlung, die allfällig entstehende Kommunalsteuerschuld in Höhe von 4.644,10 Euro nicht erkennbar. Hinsichtlich dieser Abgabe ist dem Bf. daher kein Verschulden an der Verletzung der Abgabenentrichtungspflicht vorwerfbar.

Für die sonstigen verfahrensgegenständlichen Abgabenbeträge konnte der Bf. keinerlei Nachweise vorlegen, die auf ein fehlendes Verschulden seinerseits deuten würden. Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Soweit es nicht die infolge der Zahlung an Herrn ***4*** entstandene Kommunalsteuer bzw. Dienstgeberabgabe betrifft, besteht die Haftung daher dem Grunde nach zu Recht.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO, den Bf. zur Haftung heranzuziehen, ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Beschwerdeführers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeitbei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn versursachtworden ist. Ein wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. ). Dies trifft auch im gegenständlichen Fall zu, da eine andere Möglichkeit zur Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgaben nicht besteht.

Der Bf. war daher im Umfang, in dem ihn ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der streitgegenständlichen Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe trifft, zur Haftung heranzuziehen.

Der angefochtene Bescheid spricht auch eine Haftung für Säumniszuschläge aus. Dazu ist anzumerken, dass gemäß § 217a Z 2 BAO Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgeben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig werden. Es gibt im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt keine Säumniszuschlagsbescheide. Somit kann auch keine Fälligkeit für einen solchen Säumniszuschlag eingetreten sein weshalb inweiterer Folge die Geltendmachung einer Haftungsverpflichtung gegenüber dem Bf. abzulehnen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher abzuändern und die Haftung auf das im Spruch genannte Ausmaß einzuschränken.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis steht im Einklang mit der zitierten reichhaltigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüber hinausgehende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden nicht aufgeworfen. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400022.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at