Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.03.2021, RV/7103263/2020

Geschäftsführerhaftung, Gleichbehandlung, Ermessensgründe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Gerald Hochwallner, Lazarettgasse 29/12, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 5.000,64 eingeschränkt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
05/2015
169,53
Umsatzsteuer
06/2015
2.898,45
Umsatzsteuer
08/2015
1.932,66


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als ehemalige Geschäftsführerin der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 9.736,92 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
04/2015
1.001,02
Umsatzsteuer
05/2015
3.247,79
Umsatzsteuer
06/2015
2.898,45
Umsatzsteuer
08/2015
2.589,66


Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.

Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht hätten entrichtet werden können.

Die Bf. sei vom D-1 bis dato unbestritten handelsrechtliche Geschäftsführerin der Gesellschaft, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Sie sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für die haftungsgegenständlichen Zeiträume sei die Umsatzsteuer gemeldet und festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet worden.

In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.

Die von der Haftungspflichtigen ins Treffen geführten Gründe könnten nicht als haftungsbefreiend anerkannt werden, weil diese im genannten Zeitraum als vollverantwortliche Geschäftsführerin im Firmenbuch eingetragen gewesen sei.

Die Schuldhaftigkeit sei damit zu begründen, dass durch ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreterin der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei. Weiters sei sie ihrer Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu ihrer Entlastung darzutun, nicht nachgekommen.

Durch das am D-2 eröffnete Konkursverfahren sei der Abgabenrückstand bei der Primärschuldnerin uneinbringlich geworden, weshalb sie zur Haftung herangezogen worden sei.

Die eingebrachte Berechnung werde von der Abgabenbehörde angezweifelt, da sie objektiv nicht richtig sein könne. Die in der Berechnung ausgewiesenen Abgabenverbindlichkeiten hätten für 2015 € 30.636,52 und für 2016 € 2.055,42 betragen. Jedoch sei auf dem Abgabenkonto zum heutigen Stichtag für 2015 ein Betrag von € 40.008,99 und für 2016 ein Betrag von 5.474,00 offen. Der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung gelte daher als nicht erbracht.

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei.

Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdränge, habe sich das Finanzamt veranlasst gesehen, die gesetzliche Vertreterhaftung im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Bf. ein, dass sich die erkennende Behörde offensichtlich nicht mit ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom beschäftigt habe. Dies ergebe sich daraus, dass sie in diesem Schriftsatz sogar zugestanden habe, dass es zu keiner Gläubigergleichbehandlung gekommen sei. Anscheinend sei die Bescheidbegründung aus "Textbausteinen" zusammengestoppelt worden.

Dies zeige sich auch in dem Umstand, dass ihr vorgehalten werde, dass sie keine Beweisanbote vorgelegt hätte. Sowohl im Schriftsatz vom als auch im persönlichen Telefonat vom sei der erkennenden Behörde die Vorlage der Buchhaltungsunterlagen angeboten worden. Da es sich dabei um mehrere Ordner handle, seien diese nicht via Post übermittelt worden, sondern hätten zB im Zuge eines persönlichen Termins bei der erkennenden Behörde vorgelegt werden können.

Die Bf. habe mit Schriftsatz vom auch darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der Gläubigerungleichbehandlung nur eine quotenmäßige Haftung treffe. Auch dieses Vorbringen sei von der erkennenden Behörde nicht beachtet worden.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstrecke sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen habe (vgl. ; ; ).

Die Haftung des § 9 BAO setze ua die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit voraus. Bestehe die Pflicht zur anteiligen Entrichtung, so sei die Verletzung dieser Pflicht nur kausal für den anteiligen Abgabenausfall (nicht jedoch für die Abgabe zur Gänze). Nicht zuletzt deshalb bestehe bei Verletzung der Gleichbehandlungspflicht die Haftung des § 9 BAO nur anteilig, nämlich mit jenem Teilbetrag, der bei Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entrichten gewesen wäre (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Rz 27).

Dem Vertreter obliege nach der Judikatur des VwGH der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.

Eine Haftung zur Gänze komme daher nur dann in Betracht, wenn der Vertreter seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des teilweisen Fehlens liquider Mittel und der anteiligen Verwendung dieser Mittel nicht nachkomme (vgl. zB ; ; ).

Eine solche Haftungsinanspruchnahme sei jedoch nur rechtmäßig, wenn nach den Umständen des Einzelfalles keine diesbezügliche abgabenbehördliche Ermittlungspflicht bestanden habe (vgl. Tz 22). Auch wenn die Judikatur (zB ; ; ) betone, nicht die Behörde habe das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung Herangezogene das Fehlen ausreichender Mittel, sollte die Haftung des § 9 BAO nicht als Sanktion für Verletzungen der Mitwirkungspflicht dienen; die Haftung setze vielmehr insbesondere die schuldhafte Pflichtverletzung und die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit (Tz 24) voraus. Wenn nach der Aktenlage (zB als Folge von Ermittlungen einer Außenprüfung) der Behörde bekannt sei, dass mangels liquider Mittel eine Abgabenentrichtung (zur Gänze oder anteilig) nicht möglich gewesen sei, so treffe den Vertreter keine Haftung (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Rz 27).

Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht liege hier gegenständlich nicht vor. Die Bf. habe einerseits eine Aufstellung der Verbindlichkeiten/liquiden Mittel an die erkennende Behörde mit Schriftsatz vom übermittelt und andererseits zweimal die Vorlage der entsprechenden Buchhaltungsunterlagen angeboten.

Es könne ihr daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie habe gegen die Mitwirkungspflicht verstoßen, weswegen von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen sei. Vielmehr wäre es Aufgabe der erkennenden Behörde gewesen, bei bestehenden Zweifeln weitere Nachforschungen bzw. Erhebungen anzustellen. So wäre es möglich gewesen, die Bf. zur Konkretisierung unter Vorlage von Beweismitteln aufzufordern. Dies sei jedoch nicht geschehen, weswegen der angefochtene Bescheid an materieller Rechtswidrigkeit leide.

Geltend gemacht werde auch Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Ermessensübung. Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. ; ; ; ).

Bei der Ermessensübung seien beispielsweise zu berücksichtigen

- die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen (vgl. , ua), etwa die Höhe seines Einkommens ();

- der Grad des Verschuldens des Vertreters (vgl. ; ua)

- Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld (vgl. )

- Unbilligkeit angesichts langer verstrichener Zeit (vgl. ).

lm Beschwerdeverfahren sei die Ermessensübung der Abgabenbehörde voll zu prüfen; in der Beschwerdevorentscheidung und im Erkenntnis sei das Ermessen eigenverantwortlich zu üben (Ritz, BAO6, § 20 Rz 11).

Ermessensentscheidungen seien zu begründen. Die Begründung habe die für die Ermessensübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich sei (Ritz, BAO6, § 20 Rz 13).

Die erkennende Behörde nehme keinerlei Bedacht auf den Grad des Verschuldens. Wie bereits mit Schriftsatz vom mitgeteilt und zugestanden worden sei, sei die Bf. seit D-1 handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH gewesen und habe das Lokal "L-1" geleitet, welches in das Hotel "H-1" integriert gewesen sei. Aufgrund von unerwarteten Schäden in der gepachteten Betriebsausstattung und einer mangelnden Auslastung des Hotels sei es neben unvorhergesehenen Ausgaben auch zu einem massiven Umsatzrückgang gekommen. Die Buchungsprognosen des damaligen Hoteldirektors, aufgrund derer der Businessplan erstellt worden sei, seien weit verfehlt worden. Werbemaßnahmen hätten auch zu keiner nennenswerten Umsatzerhöhung führen können. Um die Arbeitsplätze und auch das Unternehmen aufrechterhalten zu können, sei mit einem privaten Investor über ein Darlehen verhandelt worden. Mit notariell beglaubigtem Darlehensvertrag habe dieser Investor die Gewährung eines Darlehens in Höhe von EUR 150.000,00 zugesichert. Aufgrund von Umständen, welche nicht in die Sphäre der Bf. gefallen seien, sei es nicht zur Auszahlung der Darlehensvaluta gekommen. Über Antrag der erkennenden Behörde sei schlussendlich das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet worden.

Aufgrund dieser Umstände sei das Verschulden der Bf. als gering einzustufen. Aufgrund des schlechten Geschäftsganges habe sie versucht, über Werbemaßnahmen die Auslastung des Lokals zu steigern. Als sich gezeigt habe, dass auch diese Maßnahmen nicht die erwünschte Wirkung erzielt hätten, habe sie versucht, über das oben erwähnte Darlehen Barmittel aufzustellen, um die bereits angelaufenen Verbindlichkeiten zu befriedigen. Dies allerdings ohne Erfolg. Um die bestehenden Verbindlichkeiten - somit auch jene der erkennenden Behörde - bezahlen zu können, sei es wichtig gewesen, dass der Geschäftsbetrieb und somit auch die Einnahmequelle aufrechterhalten worden sei. Dies sei aber nur möglich gewesen, indem die Löhne an die Mitarbeiter ausbezahlt und auch Rechnungen von Lieferanten bezahlt worden seien.

Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Bf. das Unternehmen lediglich ein Jahr und drei Monate geleitet habe, bevor das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen - wie zum Bespiel die gesetzten Werbemaßnahmen - bedürften einiger Zeit, bis sich diese auf den Geschäftsgang (positiv) auswirken könnten.

Durch die Nichtentrichtung der gegenständlichen Abgaben sei es auch zu keiner Bereicherung der Bf. gekommen. Aufgrund des schlechten Geschäftsganges habe sie sich zu keinem Zeitpunkt ein Gehalt ausbezahlt. Sie habe somit unentgeltlich gearbeitet.

Aufgrund sämtlicher ins Treffen geführter Umstände wäre es daher unbillig, dass die Bf. für Abgabenverbindlichkeiten der GmbH in Höhe von EUR 9.736,92 gemäß § 9 BAO zur Gänze zu haften habe.

Ihre Inanspruchnahme sei aufgrund von Unbilligkeit und falscher Ermessensübung rechtswidrig erfolgt, weswegen der angefochtene Bescheid wegen materieller Rechtswidrigkeit aufzuheben sei.

Formelle Rechtswidrigkeit: Als wesentlicher Verfahrensfehler werde die Verletzung des Parteiengehörs sowie ein Verstoß gegen die abgabenbehördliche Ermittlungspflicht geltend gemacht. Die Bf. habe ein subjektives Recht darauf, Gelegenheit zu erhalten, um ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten und alles vorzubringen, was diesen unterstütze. Die erkennende Behörde dürfe zur Begründung ihres Bescheides nur solche Tatsachen und Beweismittel heranziehen, welcher der Partei zuvor zur Stellungnahme vorgehalten worden seien. Das Parteiengehör müsse in einer bestimmten Form eingeräumt werden und zwar ausdrücklich und in förmlicher Weise. Auch müsse die Ausübung der Partei bewusstgemacht werden. Weiters müsse eine ausreichende Frist zur Ausübung des Rechts eingeräumt werden.

All diese Grundsätze seien von der erkennenden Behörde nicht eingehalten worden.

Mit Vorhalt vom sei der Bf. bekannt gegeben worden, dass die erkennende Behörde eine Haftung gemäß § 9 BAO prüfe und sie all jene Umstände bekanntgeben möge, warum sie nicht Sorge dafür tragen habe können, dass die gegenständlichen Abgaben entrichtet worden seien. Insbesondere hätten alle jene Beweismittel vorgelegt werden sollen, mit denen eine Gläubigergleichbehandlung unter Beweis gestellt werden könnte.

Mit Schriftsatz vom sei die Bf. dieser Aufforderung nachgekommen und habe beispielsweise auch eine Auflistung der Verbindlichkeiten und der vorhandenen liquiden Mittel übermittelt. Wenn die erkennende Behörde - wie nunmehr mit angefochtenem Bescheid vorgehalten - die Richtigkeit dieser Aufstellung anzweifle, so hätte sie die Bf. darüber informieren und gegebenenfalls die Vorlage von Buchhaltungsunterlagen anordnen müssen. Letzteres sei der erkennenden Behörde sogar zwei Mal ausdrücklich angeboten worden.

Durch dieses Vorgehen sei sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt. Dieser Verfahrensfehler sei wesentlich, da sie im Falle der Gläubigerungleichbehandlung nur quotenmäßig zu haften habe. Der angefochtene Bescheid leide aus diesem Grund an formeller Rechtswidrigkeit.

Abschließend werde nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sämtliche relevanten Buchhaltungsunterlagen vorhanden seien und vorgelegt werden könnten. Die postalische Übermittlung erscheine aufgrund des Umfanges jedoch als nicht adäquat. Aus diesem Grund würden diese Unterlagen nach entsprechender Aufforderung persönlich der erkennenden Behörde bzw. dem zuständigen Verwaltungsgericht vorgelegt werden.

Schließlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass die Vertreterhaftung nach § 9 BAO für die den vertretenen Abgabepflichtigen treffenden Abgaben insoweit bestehe, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.

Die Haftung des § 9 BAO setze die Stellung als Vertreter, das Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung beim Vertretenen, die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Vertreter, sein Verschulden, die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit und das Ermessen voraus.

I.) Die Stellung als Vertreter:

Vertreter seien insbesondere Geschäftsführer einer GmbH (vgl. zB ; ).

Die Bf. sei laut Firmenbuch vom D-3 bis zur Löschung im Firmenbuch am D-4 unbestritten Geschäftsführerin der G-1 gewesen.

II.) Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Wie aus dem Haftungsbescheid vom ersichtlich sei, bestehe eine Abgabenforderung gegenüber der GmbH iHv € 9.736,92.

III.) Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung beim Vertretenen:

Mit Beschluss vom D-5 sei das am D-2 über das Vermögen der GmbH eröffnete Konkursverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben worden. Die Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner sei daher auch gegeben.

IV.) Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Vertreter und Verschulden des Vertreters:

Haftungsrelevant sei nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten (vgl. zB , 91/13/0038), somit die Verletzung von durch Abgabenvorschriften begründeten Pflichten (, 0109).

Das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung habe nicht die Abgabenbehörde nachzuweisen; vielmehr habe der Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel nachzuweisen (zB ; ; VwGH 1516.2005, 2005/13/0048).

Reichten die Mittel des Vertretenen nicht aus, die offenen Schuldigkeiten zur Gänze zu entrichten, so sei der Vertreter grundsätzlich zur Befriedigung der Schulden im gleichen Verhältnis (anteilig) verpflichtet (Gleichbehandlungsgrundsatz); die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger beziehe sich auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits (ZB ; ). Der Vertreter dürfe hierbei Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (zB ; ; ).

Auch eine vorrangige Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen verletze die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger (vgl. zB ; , 0035, AW 2005/17/0013, 0014).

Dem Vertreter obliege der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die Jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (ZB ; ). Die pauschale Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger reiche nicht ().

Wie schon in der Beschwerde vom sowie in der Vorhaltsbeantwortung vom zugestanden worden sei, sei die Gläubigergleichbehandlung nicht eingehalten worden. Aus der Vorhaltsbeantwortung und Berechnung gehe hervor, dass die Haftungsquote für den Zeitraum April bis August 2015 im Schnitt 95% betrage. Der Haftungsbescheid sei daher auch nur für Umsatzsteuer aus diesem Zeitraum ausgestellt worden. Auch könne keine Verletzung des Parteiengehörs erkannt werden. Es seien lediglich die Angaben laut Vorhaltsbeantwortung zur Haftungsbewertung herangezogen worden.

V.) Kausalität:

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haltung setze voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit sei. Bei schuldhafter Pflichtverletzung dürfe die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit sei (zB ; ; , 0178).

VI.) Ermessen:

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkelt und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.

Zum Vorwurf der unrichtigen Ermessensausübung sei erwähnt: Sowohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch der Grad des Verschuldens des Vertreters seien berücksichtigt. worden. Dies spiegle sich in der Höhe des Haftungsbescheides wider. Konkret sei nur für € 9.736,92 ein Haftungsbescheid ausgestellt worden, obwohl der gesamte vollstreckbare Rückstand beim Primärschuldner € 62.457,53 betrage. Auch sei kein unbillig langer Zeitraum bis zur Verfahrenseinleitung gegeben. Ein Haftungsverfahren gemäß § 9 BAO (siehe III.) sei nur dann möglich, wenn die Abgabenschuld beim Primärschuldner uneinbringlich sei. Fakt sei, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH am D-6 nach Verteilung an die Massegläubiger beendet worden sei. Nur wenige Tage später sei das Haftungsverfahren eingeleitet worden. Eine unbillig lange Verfahrensdauer sei daraus nicht zu erkennen.

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Fristgerecht beantragte die Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und brachte ergänzend vor, dass die erkennende Behörde weder ihr bisheriges Vorbringen berücksichtigt noch den kompletten Akt betreffend ihre Haftung für die Abgabenschuldigkeiten der GmbH gelesen habe.

Hätte sich die erkennende Behörde mit dem bisherigen Vorbringen auseinandergesetzt oder den Akt gelesen, dann würde sie nicht zum Schluss kommen, dass hinsichtlich der Bf. nur für EUR 9.736,92 ein Haftungsbescheid ausgestellt worden wäre, obwohl der gesamte vollstreckbare Rückstand beim Primärschuldner EUR 62.457,53 betragen hätte.

Hinsichtlich der Abgabenschuldigkeiten der GmbH seien folgende Haftungsbescheide erlassen worden:

- Bf.: Haftungsbescheid vom über EUR 9.736,92 gemäß § 9 BAO

- Bf.: Haftungsbescheid vom über EUR 33.029,52 gemäß § 11 BAO

- P-1 (Ehegatte der Beschwerdeführerin): Haftungsbescheid vom über EUR 8.007,03 gemäß § 11 BAO

Die Bf. und ihr Ehegatte seien durch die erkennende Behörde zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der GmbH in Gesamthöhe von EUR 50.773,47 herangezogen worden. Es könne also keine Rede davon sein, dass sie nur zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten in Höhe von EUR 9.736,92 herangezogen worden sei.

Unbearbeitet geblieben sei das Vorbringen, wonach sich bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag erstrecke, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen habe. Weiters unbearbeitet geblieben sei das Vorbringen, wonach die Behörde zu einer rechtsrichtigen Ermessensausübung aufgefordert werde. Die Bf. habe auch bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass sämtliche relevanten Buchhaltungsunterlagen vorhanden seien und nach Aufforderung vorgelegt werden könnten. Dieses Anbot sei von der erkennenden Behörde bis dato nicht angenommen worden, obwohl dies für die Ermittlung des tatsächlichen Haftungsumfanges von entscheidender Bedeutung sei.

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Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht sowohl der Bf. als auch dem Finanzamt folgende Überlegungen zum Gleichbehandlungsnachweis zur Kenntnis:

Im gegenständlichen Fall habe die Bf. mit Schreiben vom , in Beantwortung des Haftungsvorhaltes vom , (unter anderem) für die haftungsgegenständlichen Fälligkeitszeiträume bekanntgegeben, dass in Gegenüberstellung der Gesamtforderungen mit den vorhandenen liquiden Mitteln folgende Gleichbehandlungsquoten zu errechnen gewesen seien:


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Zeitraum
Gesamtforderungen
Liquide Mittel
Gesamtquote
Juni 2015
53.708,28
51.525,10
95,94%
Juli 2015
40.299,02
38.392,37
95,27%
August 2015
37.572,96
43.310,25
100%
Oktober 2015
48.160,55
42.909,25
89,10%


Da diese Quoten plausibel erschienen, würden sie der Ermittlung des Haftungsbetrages zugrunde gelegt werden.

Allerdings gehe die Berechnung der Beschwerdeführerin fälschlicherweise davon aus, dass an das Finanzamt überhaupt keine Zahlungen erfolgt wären. Die Abgabenzahlungsquote werde daher amtswegig ermittelt, um aus der Differenz dieser Quoten das Ausmaß der Ungleichbehandlung der Abgabengläubigerin zu erheben:


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Fälligkeit
Abgabenforderungen
Entrichtungen
Abgabenquote
15.928,99
15.928,99
100%
21.128,77
19.027,27
90,05%
7.200,49
1.224,61
17,01%
10.014,71
1.448,99
14,47%


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Fälligkeit
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
95,94%
100%
0%
95,27%
90,05%
5,22%
100%
17,01%
82,99%
89,10%
14,47%
74,63%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
gemeldeter
Betrag
Quote
verbleibt
Umsatzsteuer
04/2015
1.013,22
0%
0,00
Umsatzsteuer
05/2015
3.247,79
5,22%
169,53
Umsatzsteuer
06/2015
3.874,56
82,99%
3.215,50
Umsatzsteuer
08/2015
2.589,66
74,63%
1.932,66


Da jedoch die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraussetze, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen sei (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen sei (), und zudem auch nicht über den mit Haftungsbescheid in Anspruch genommenen Betrag hinausgegangen werden dürfe (vgl. ), sei die Umsatzsteuer 06/2015 mit dem aushaftenden Betrag laut Haftungsbescheid zu begrenzen.

Zur Haftung verblieben daher folgende Abgaben:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
05/2015
169,53
Umsatzsteuer
06/2015
2.898,45
Umsatzsteuer
08/2015
1.932,66
gesamt
5.000,64


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Mit Schreiben vom nahm die Bf. dazu Stellung und führte aus, dass sie keine Einwendungen zu diesen nachvollziehbaren Berechnungen habe. Ihr stünden nur mehr eingeschränkt Buchhaltungsunterlagen betreffend die gegenständlichen Zeiträume zur Verfügung, weswegen es möglich sei, dass Zahlungen an das Finanzamt in der eigenen Berechnung unberücksichtigt geblieben seien.

Ermessensausübung:

Die Geltendmachung einer Haftung sei in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt (Hinweis ). Dieses Ermessen umfasse auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens (vgl. ).

Bei der Ermessensausübung seien ua folgende Umstände zu berücksichtigen:

a) Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen:

Seit sei die Bf. bei der G-2 angestellt und bringe monatlich einen Betrag von EUR 1.650,65 netto ins Verdienen. Seit März 2020 befinde sich die Bf. aufgrund der anhaltenden COVID-19 Pandemie in Kurzarbeit. Das Entgelt während der Kurzarbeit betrage monatlich EUR 1.326,05. Die Kurzarbeit sei bis März 2021 verlängert worden. Es bedürfe hier keiner weiteren Ausführungen, dass sie aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation in der Reisebranche mit einem Verlust des Arbeitsplatzes rechnen müsse.

Die Bf. sei Alleineigentümerin einer Liegenschaft in Kärnten. Diese Liegenschaft sei mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten Ihres Ehegatten, P-1, sowie mit einer Hypothek in Höhe von EUR 260.000,00 belastet. Die Kreditrückzahlung erfolge seit mehreren Monaten auf freiwilliger Basis durch Familienangehörige. Es sei anzumerken, dass die Liegenschaft nicht käuflich erworben worden sei, sondern mittels Schenkungsvertrages vom in das Eigentum der Bf. übertragen worden sei. Weitere Vermögenswerte bestünden nicht.

Verbindlichkeiten bestünden - neben dem Kredit für die Liegenschaft - noch gegenüber der Magistratsabteilung 6 in Höhe von ca. EUR 2.550,00. Gegenüber der MA 6 habe die Bf. am ein Vermögensverzeichnis abgegeben. Dieses werde nunmehr auch in gegenständlichem Verfahren vorgelegt. Bei den Verbindlichkeiten gegenüber der MA 6 handle es sich ebenfalls um Abgabenschulden der G-1, welche von der Bf. bezahlt würden.

Angemerkt werde weiters, dass auch ihr Ehegatte seit zumindest arbeitslos gemeldet und trotz redlicher Bemühungen um eine neue Anstellung bis dato bei der Arbeitssuche erfolglos geblieben sei.

Beweis:

PV der Beschwerdeführerin
Lohnzettel vom Februar 2020
Lohnzettel (Kurzarbeit) von Juli, August und September 2020
Grundbuchsauszug Liegenschaft Kärnten
Vermögensverzeichnis vom
Mitteilung AMS P-1 vom

Die derzeitige finanzielle Situation der Bf. stehe in ursächlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Geschäftsführerin der G-1 (D-3 bis D-2) und deren schlechter wirtschaftlichen Entwicklung, welche schlussendlich in einem Konkurs (eröffnet am D-2, Aufhebung am D-5) geendet habe. Aufgrund der Haftungsinanspruchnahme für Abgabenverbindlichkeiten der G-1 auch durch andere Behörden sei die Bf. auf familiäre Hilfe angewiesen. Mit dem eigenen Einkommen könne sie zB den laufenden Kredit nicht mehr bedienen.

Die finanzielle Situation sei auch von anderen Behörden beim Umfang der Haftung entsprechend berücksichtigt worden, wodurch es der Bf. schlussendlich ermöglicht worden sei, adäquate Rückzahlungsvereinbarung zu treffen. Um auch in gegenständlicher Angelegenheit einen Ausgleich zwischen den öffentlichen Interessen und den Interessen der Bf. zu schaffen, sei im Rahmen der Ermessensübung auf die dargelegte wirtschaftliche Situation Bedacht zu nehmen. Nicht im öffentlichen Interesse könne es liegen, dass ihr gegenüber ein derart großer wirtschaftlicher Druck aufgebaut werde, welcher in einer Privatinsolvenz enden könnte.

b) Der Grad des Verschuldens des Vertreters:

Die Unterscheidung nach Vorsatz und (grober oder leichter) Fahrlässigkeit habe im Bereich des § 9 BAO dem Grunde nach keine Bedeutung, sie könne aber bei Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen sein (vgl. ).

Die Bf. habe lediglich ein geringes Verschulden zu verantworten. Es werde, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen in der Beschwerde vom verwiesen. Es sei wichtig festzuhalten, dass die Bf. Abgabenzahlungen geleistet habe. Ihr sei lediglich vorwerfbar, dass ein höherer Anteil der vorhandenen Mittel für die Bezahlung der Löhne der Mitarbeiter verwendet worden sei. Sie selbst habe sich aus den vorhandenen Mitteln zu keinem Zeitpunkt ein Geschäftsführergehalt oder einen sonstigen Vorteil ausbezahlt. Eine Bereicherung bei der Bf. habe demnach nicht stattgefunden. Dieses geringe Verschulden sei demnach beim Umfang der Haftungsinanspruchnahme entsprechend zu berücksichtigen.

c) Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit:

Die Inanspruchnahme zur Haftung liege im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde (vgl. , und die bei Ritz, BAO5, Tz 5 zu § 7 und Tz 4 zu § 20 angeführte Rechtsprechung). Dabei sei im Rahmen des Ermessens etwa die Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit zu berücksichtigen (vgl. die bei Ritz, aaO, Tz 7 zu § 7 angeführte Rechtsprechung; vgl. ).

Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits sei zweifellos ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen dürfe (vgl. ; VwGH, , Ro 2014/16/0066).

Die Abgabenverbindlichkeiten, für welche die Bf. nunmehr haften solle, seien im Zeitraum Juni 2015 bis Oktober 2015 fällig geworden. Wie die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung auch zutreffend ausführe, sei am , sohin fast drei Jahre nach Fälligkeit der Abgaben, ein Haftungsverfahren gegen sie eingeleitet worden. Die Bf. sei lediglich bis D-2 Geschäftsführerin der G-1 gewesen. Dass das Konkursverfahren erst im März 2019 beendet worden sei, könne ihr nicht zugerechnet werden, zumal die Gesellschaft während des Konkursverfahrens durch die Masseverwalterin vertreten worden sei und sie daher keinen Einfluss mehr auf den Verfahrensgang gehabt habe. Jedenfalls liege hier zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung ein langer Zeitabstand, welcher bei der Ermessensausübung nicht außer Betracht gelassen werden dürfe.

d) In eventu werde auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Ermessensausübung auch unter dem Vorbehalt des Widerrufs der Begünstigungen zulässig sei. Auf die Voraussetzungen des § 294 lit a und b BAO werde verwiesen.

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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung legte der rechtsfreundliche Vertreter Lohnzettel aus dem Jahr 2021 (Jänner und Februar) sowie den Jahreslohnzettel 2020 vor, diese werden als Beilage zum Akt genommen.

Weiters weise er darauf hin, dass es einen Haftungsbescheid von der WGKK vom mit einer Haftungsschuld von ca. € 24.000,00 gegeben habe. Mit der WGKK habe jedoch eine Vereinbarung getroffen werden können, sodass mit der Beschwerdevorentscheidung vom die Haftungsschuld im Rahmen des Ermessens auf € 10.000,00 eingeschränkt worden sei.

Die genannten Bescheide wurden vorgelegt und ebenfalls als Beilage zum Akt genommen.

Der Ehemann der Bf. sei noch immer arbeitslos und beziehe derzeit lediglich Notstandshilfe.

Darüber hinaus ersuchte der Vertreter um Berücksichtigung der vorgebrachten Ermessensgründe. Die Bf. sei derzeit nicht in der Lage, den gesamten Haftungsbetrag entrichten zu können. Von dritter Seite sei ihr angeboten worden, einen Betrag von € 19.015,08 (entspreche 50% der beiden Haftungsbeträge unter Berücksichtigung der bereits vom BFG in Aussicht gestellten Berechnung der Gläubigergleichbehandlung).

Auf die Frage des Vertreters an den Amtsbeauftragten, ob das Finanzamt einer Verminderung des Haftungsbetrages zustimme, verwies dieser darauf, dass ihm derartige Vollmachten in diesem Stadium des Verfahrens nicht zustünden, da die Entscheidung darüber in der Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes liege.

Der Amtsbeauftragte gehe davon aus, dass die Berechnung der Gläubigergleichbehandlung seitens des Bundesfinanzgerichtes nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden sei, weshalb er diesbezüglich auch keine Einwendungen habe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Abgabenforderungen

Die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen wurden von der Bf. selbst gemeldet und in der bekanntgegebenen Höhe verbucht, jedoch zum Fälligkeitstag nicht entrichtet.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-5 der über das Vermögen der G-1 am D-2 eröffnete Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben und die Gesellschaft am D-4 im Firmenbuch gelöscht wurde.

Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass die Bf. vom D-3 bis zur Konkurseröffnung Geschäftsführerin der genannten GmbH war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Der Bf. oblag daher in diesem Zeitraum die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

An der Bf., der als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, ist es gelegen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Im gegenständlichen Fall gab die Bf. mit Schreiben vom , in Beantwortung des Haftungsvorhaltes vom , (unter anderem) für die haftungsgegenständlichen Fälligkeitszeiträume bekannt, dass in Gegenüberstellung der Gesamtforderungen mit den vorhandenen liquiden Mitteln folgende Gleichbehandlungsquoten zu errechnen gewesen seien:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Gesamtforderungen
Liquide Mittel
Gesamtquote
Juni 2015
53.708,28
51.525,10
95,94%
Juli 2015
40.299,02
38.392,37
95,27%
August 2015
37.572,96
43.310,25
100%
Oktober 2015
48.160,55
42.909,25
89,10%


Da diese Quoten plausibel erscheinen, werden sie der Ermittlung des Haftungsbetrages zugrunde gelegt.

Allerdings geht die Berechnung des Bf. fälschlicherweise davon aus, dass an das Finanzamt überhaupt keine Zahlungen erfolgt wären. Die Abgabenzahlungsquote wird daher amtswegig ermittelt, um aus der Differenz dieser Quoten das Ausmaß der Ungleichbehandlung der Abgabengläubigerin zu erheben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Fälligkeit
Abgabenforderungen
Entrichtungen
Abgabenquote
15.928,99
15.928,99
100%
21.128,77
19.027,27
90,05%
7.200,49
1.224,61
17,01%
10.014,71
1.448,99
14,47%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Fälligkeit
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
95,94%
100%
0%
95,27%
90,05%
5,22%
100%
17,01%
82,99%
89,10%
14,47%
74,63%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
gemeldeter
Betrag
Quote
verbleibt
Umsatzsteuer
04/2015
1.013,22
0%
0,00
Umsatzsteuer
05/2015
3.247,79
5,22%
169,53
Umsatzsteuer
06/2015
3.874,56
82,99%
3.215,50
Umsatzsteuer
08/2015
2.589,66
74,63%
1.932,66


Da jedoch die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraussetzt, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen ist (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen ist (), und zudem auch nicht über den mit Haftungsbescheid in Anspruch genommenen Betrag hinausgegangen werden darf (vgl. ), ist die Umsatzsteuer 06/2015 mit dem aushaftenden Betrag laut Haftungsbescheid zu begrenzen.

Zur Haftung verbleiben daher folgende Abgaben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
05/2015
169,53
Umsatzsteuer
06/2015
2.898,45
Umsatzsteuer
08/2015
1.932,66
gesamt
5.000,64


Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Die Bf. monierte, dass bei der Ermessensübung ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, der Grad ihres Verschuldens, das Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld sowie die Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit nicht berücksichtigt worden sei.

Dazu ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Vermögens- und Arbeitslosigkeit des Haftenden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung steht, zumal es eine allfällige Uneinbringlichkeit beim Haftenden auch nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen können (). Die Haftung kann auch nicht nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden ().

Allerdings ist der Grad des Verschuldens des Vertreters eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können ().

Jedoch ist dem Vorbringen der Bf. hinsichtlich des massiven Umsatzrückganges sowie der nicht erfolgten Darlehensauszahlung entgegenzuhalten, dass es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft ().

Ihr Einwand, dass sie das Unternehmen lediglich ein Jahr und drei Monate geleitet habe, bevor das Konkursverfahren eröffnet worden sei, weshalb die gesetzten Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen noch nicht greifen hätten können, zielt ebenso erfolglos auf das fehlende Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ab.

Auch geht das Vorbringen der Bf., dass eine persönliche Bereicherung ihrerseits nicht erfolgt sei, weil sie sich zu keinem Zeitpunkt ein Gehalt ausgezahlt habe, ins Leere, da der Haftungstatbestand nach § 9 BAO nicht darauf abstellt, ob der Vertreter seine Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich entfaltet hat ().

Dem eingewendeten Mitverschulden der Abgabenbehörde ist zu entgegnen, dass es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass bei Inanspruchnahme der Haftung eines Geschäftsführers gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO die Frage, ob die Behörde allenfalls bei gehöriger Aufmerksamkeit die Folgen einer Pflichtverletzung eines Geschäftsführers verhindern hätte können, keine Rolle spielt ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen.

Allerdings geht der Einwand der Bf. ins Leere, da bereits wenige Tage nach Konkursaufhebung vom D-5 der Haftungsprüfungsvorhalt vom erging. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nämlich nicht bloß auf den langen Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung an, sondern auch auf den Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin (). Dieser Zeitpunkt liegt aber eben erst mit dem Eintritt der Gewissheit des Ausmaßes der Uneinbringlichkeit bei Konkursbeendigung vor.

Außerdem musste die Bf. zufolge der im Zeitpunkt der Konkurseröffnung aushaftenden Abgabenrückstände damit rechnen, zur Haftung herangezogen zu werden (vgl. ).

Dem Vorbringen des Vertreters der Bf., dass mit der damaligen Wiener Gebietskrankenkasse betreffend aushaftende Beitragsschulden eine Vereinbarung getroffen worden sei, ist zu entgegnen, dass einem solchen Bescheid keinerlei Bindungswirkung für den angefochtenen Bescheid zukommt (vgl. ).

Letztlich lässt sich aus dem Hinweis der Bf. auf die Möglichkeit des Vorbehaltes des Widerrufes unter den Voraussetzungen des § 294 Abs. 1 lit. a und b BAO nichts gewinnen, weil der angefochtene Bescheid wohl unzweifelhaft kein Bescheid ist, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, und auch ein der Beschwerde (teilweise) stattgebendes Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes kein solcher Widerruf darstellt.

Von der Bf. wurden somit keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Conclusio

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme der Bf. als Haftungspflichtige für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 5.000,64 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Da Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103263.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at