zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2021, RV/7100207/2021

bloße Inskription stellt keine Berufsausbildung dar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juli 2019 bis November 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen..

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Überprüfungsschreiben vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf.) ersucht, die Inskriptionsbestätigung ihres Sohnes A, geb. xx, vorzulegen.

In der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens (ob ihr Sohn Vorlesungen besuche und Prüfungen absolviert habe) am gab sie an, ihr Sohn sei seit berufstätig und habe keine Prüfungen absolviert. Nachdem er zwei Wochen in der Firma gearbeitete habe, sei für ihn festgestanden dort als Softwarengineer zu arbeiten. Die Alternative, "ein Studium zu belegen, dass nicht seiner Priorität entsprochen habe, sei hinfällig gewesen."

Mit Bescheid vom wurden die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Juli 2019 bis November 2019 mit der Begründung zurückgefordert, ihr Sohn habe sich nicht in Berufsausbildung befunden.

Er habe im Juni 2019 die Matura gemacht, das Studium Landschaftsplanung-und-architektur an der Universität für Bodenkultur inskribiert, jedoch ab Vollzeit zu arbeiten begonnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , in der die Bf. vorbringt, es sei nicht absehbar gewesen, ob ihr Sohn die Ausbildung oder die Berufstätigkeit fortsetze. Trotz gesundheitlicher Probleme auf Grund eines operierten Fußes habe er jedoch den Arbeitsalltag bewältigen können und sich entschlossen auf einen Studienplatz im nächsten Jahr zu warten. Nachvollziehbar sei für sie höchstens eine Rückforderung ab November 2019. Darüber hinaus sei die Rückzahlung für sie eine extreme finanzielle Belastung.

Nachdem die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden war, stellte die Bf. am einen Vorlageantrag, den sie sinngemäß wie folgt begründete:

Auf Grund einer schweren Knieverletzung sei die Stellung beim Bundesheer um ein Jahr verschoben worden. Im Sommer habe ihr Sohn u.a. auch wegen der Physiotherapie keine Ferialjob annehmen können. Das Studium habe nicht seinen Vorstellungen entsprochen und er habe sich für den beruflichen Weg entschieden. Er habe erst Ende Oktober sein erstes Gehalt bekommen, bis dahin habe sie ihren Sohn versorgen müssen, egal, ob er zu studieren oder zu arbeiten begonnen hätte. Die Bf. verwies erneut auf ihre angespannte finanzielle Situation.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sohn der Bf., A, vollendete am das 18.Lebensjahr.

Im Juni 2019 machte er Matura.

Er inskribierte, beginnend mit dem Wintersemester 2019/2020, an der Universität für Bodenkultur.

Vorlesungen wurden nicht besucht.

Ein Leistungsnachweis wurde nicht erbracht.

Ab begann er ein Arbeitsverhältnis als "vollzeitbeschäftigte" Arbeitskraft.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Strttig ist, ob der Bf. für den Zeitraum Juli 2019 bis November 2019 Familienbeihilfe zusteht oder ob diese zu recht von der belangten Behörde zurückgefordert wurde.

Dazu ist rechtlich folgendes auszuführen:

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 (Familinwlastenausglichsgesetz) lautet:

"Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,……

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992,BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten…..

…. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr….

§ 10 Abs.2 FLAG 1967 lautet:

"Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt."

§ 26 Abs. 2 FLAG lautet:

"Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfegewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu."

Die §§ 166 und 167 BAO (Bundeabgabenordung) lauten:

§ 166: BAO:

"Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 167:

Abs. 1: "Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises."

Abs. 2: Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Sohn der Bf. beendete seine Schulausbildung mit der Matura im Juni 2019. Familienbeihilfe würde der Bf. dann zustehen, wenn der Sohn zum frühest möglichen Zeitpunkt danach eine Berufsausbildung begonnen hätte. Er hat er zwar das Winterssemester (somit beginnend ab Oktober 2019) an der Universität für Bodenkultur inskribiert, jedoch zweifelsohne keine Vorlesungen besucht oder Prüfungen absolviert.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Die positive Ablegung von Prüfungen im ersten Studienjahr fordert das Gesetz nicht.

Nun wird zwar der Begriff des Studiums nach dem StudFG jeweils durch die Inskription bestimmt (vgl. u.v.a), allerdings wird das in § 2 FLAG 1967 geforderte Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Inanspruchnahme durch die Ausbildung - bezogen auf ein Universitätsstudium - nicht schon mit der bloßen Inskription erfüllt, sondern es ist erforderlich, dass das Studium tatsächlich in einem bestimmten Ausmaß ernsthaft betrieben wird (vgl. zu AlVG). Daher genügt die Inskription als reiner Formalakt nicht, der Besuch von Lehrveranstaltungen ist auch in den ersten beiden Semestern eines Studiums essentielle Voraussetzung dafür, dass von einer Berufsausbildung gesprochen werden kann (vgl. Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 59 m. w. N.; ; ; ).

Das bloße Ausprobieren eines Studiums verschafft jedoch keinen Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag.

Die Bf. bringt selbst vor, "nachdem er Sohn zwei Wochen gearbeitete habe (Ann.: im Oktober 2019), sei die Absicht zu studieren hinfällig gewesen", bzw. "habe das Studium nicht seinen Vorstellungen entsprochen".

Es ist daher nach dem vorliegenden Sachverhalt davon auszugehen, dass der Sohn der Bf. nach Ende der Schulausbildung keine Berufsausbildung begonnen hat, sondern mit ein Arbeitsverhältnis eingegangen ist.

Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge stehen daher bereits ab Juli 2019 nicht zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Diese Rückzahlungspflicht normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrechterhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (u.a. ).

Wenn die Bf. daher möglicher weise zunächst davon ausgegangen sein sollte, ihr Sohn werde ab dem Wintersemester 2019/2020 studieren, sodass ihr ab Juli 2019 weiterhin Familienbeihilfe zustehe, so ändert dies nichts daran, dass ihr nach dem oben Gesagten objektiv betrachtet ab Juli 2019 keine Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zustehen.

Diese waren daher zu Recht für den bereits ausbezahlten Zeitraum zurückzufordern.

Was die von der Bf. ins Treffen geführte angespannte finanzielle Situation hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung anbelangt, so wird auf die auch von der belangten Behörde im Vorlagebericht vom aufgezeigte Möglichkeit, einen Antrag auf Nachsicht gem. § 236 BAO bei der belangten Behörde (Finanzamt) einzubringen hingewiesen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war die Revision auszuschließen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100207.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at