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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2021, RV/7101301/2013

Unzulässige Zurückweisung von per E-Mail eingereichten Vorlageanträgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Berufung (Beschwerde) vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom betreffend die Zurückweisung der Anträge auf Vorlage der gegen die Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2010 gerichteten Berufungen zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zunächst erhob der Bf. am gegen die - auf Grund geänderter, mit datierter Grundlagenbescheide - gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 vom Berufung, wobei im Wesentlichen die Nichtbekanntgabe der Grundlagenbescheide und darauf basierend die Nichtnachvollziehbarkeit der Abgabenfestsetzung moniert wurden.

In der Folge wurden die Berufungen mittels Berufungsvorentscheidungen (BVE) vom unter Hinweis auf § 252 BAO abgewiesen.

Am langten beim Finanzamt per E-Mail eingebrachte Anbringen des Inhaltes ein, dass gegen die abweisenden BVE vom Berufung erhoben werde (richtig ein Antrag auf Vorlage der Berufungen vom an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werde).

In der Folge wurden die Vorlageanträge betreffend die Einkommensteuern für die Jahre 2008 bis 2010 mit Bescheiden vom zurückgewiesen, wobei begründend angemerkt wurde, dass es sich bei per E-Mail eingebrachte Vorlageanträge um keine in den Anwendungsbereich des § 85 Abs. 1 BAO fallende Anbringen handle.

In der gegen vorgenannte Bescheide per Telefax vom eingebrachten Berufung moniert der Bf., in - den für das verwaltungsgerichtliche Verfahren relevanten Passagen - die Rechtswirksamkeit seiner Eingaben, respektive umgekehrt gesprochen die Unwirksamkeit der Zurückweisung.

Die Berufung vom wurde ohne Erlassung einer BVE dem unabhängigen Finanzsenat (UFS) zur Entscheidung vorgelegt, wobei das Finanzamt in seinem Vorlagebericht die Abweisung des Rechtsmittels beantragte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Zuständigkeit des BFG

Nach den Bestimmung des § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd. Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

2. Streitgegenstand

Vor dem Hintergrund des im Verwaltungsgeschehen dargestellten Sachverhalts steht die Rechtsmäßigkeit der, die per E- Mail eingebrachten Anträge auf Vorlage der gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 erhobenen Berufungen zurückweisenden Bescheide vom auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

3.2. Rechtliche Beurteilung

Einleitend ist anzumerken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Vorlageanträge als Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO zu subsumieren sind ().

Im , zum Erkenntnis des GZ. RV/4100450/2011, heißt es auszugsweise festgehalten wie folgt:

"Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0082, näher ausgeführt hat, kommt einer E-Mail im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen abhängig ist, etwa eine Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu fällen, die von einem Rechtsmittel abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einer solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof vom , 2012/13/0091, und vom , Ra 2015/16/0065)."

In Anbetracht vorstehender Ausführungen handelt es sich bei den per E- Mail eingebrachten Vorlageanträgen vom um nicht die Eigenschaft eines Anbringens gemäß § 85 Abs.1 BAO besitzende und ergo dessen von der Abgabenbehörde nicht in Behandlung zu nehmende Eingaben.

Demzufolge entbehrten die, die Zurückweisung der Vorlageanträge aussprechenden Bescheide vom jeglicher Grundlage und waren daher diese in Stattgabe der mit datierten Berufung (Beschwerde) ersatzlos aufzuheben.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Unzulässigkeit der Zurückweisung, respektive andersrum gesprochen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide direkt auf der dezidiert dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fußt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101301.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at