Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 293b BAO liegen nicht vor
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den von der belangten Behörde ***FA***, nunmehr Finanzamt Österreich, am ausgefertigten Bescheid mit der Bezeichnung "BESCHEID 2015", zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schreiben vom beantragt, den von der belangten Behörde am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid 2015 abzuändern. Versehentlich habe sie den Kursverlust gemäß der Auffassung des BMF nur mit 50% angesetzt. Aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs seien Kursverluste aus der Konvertierung mit 100% anzusetzen, entgegen der damaligen Auffassung des Ministeriums. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien im Jahr 2015 mit € -5.920,02 statt mit € -5.919,92 angesetzt worden. Daher ersuche die steuerliche Vertretung, den Bescheid zu ändern und gemäß der neuen Rechtsprechung die Einkünfte mit € -9.223,22 anzusetzen.
2. Mit dem am ausgefertigten angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2015 abgewiesen. Begründend führte sie aus, sie könne auf Antrag einer Partei einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit aus der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung beruhe. Eine offensichtliche Unrichtigkeit liege nicht vor, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes ergehe, das eine abweichende Rechtsmeinung vertrete.
3. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Sie habe den Kursverlust gemäß der Auffassung des BMF nur mit 50% angesetzt und einen Rechenfehler in der Übernahme der Werte in die Einkommensteuererklärung 2015. Sie beantrage, die Einkünfte aus Gewerbebetriebe statt mit €-5,920,02 mit € -9.223,22 (Verlust) anzusetzen. Die Einkommensteuererklärung 2015 sei offensichtlich falsch gewesen, da die Ziffern aus der Beilage (€ 5.919,92) falsch in die Erklärung (€ 5.920,02) übernommen worden seien. Daher ersuche die steuerliche Vertretung, den Bescheid zu ändern und gemäß der neuen Rechtsprechung die Einkünfte mit € -9.223,22 anzusetzen.
4. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. § 293b BAO ermögliche die Berichtigung von Bescheiden insoweit, als deren Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Eine Unrichtigkeit sei dann offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar sei (zB ). Eine offensichtliche Unrichtigkeit liege vor, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsmäßiger Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen (zB ). Die Einkommensteuererklärung 2015 sei am elektronisch eingereicht worden. Unter Kennzahl 330 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) sei ein Betrag von - 5.920,02 eingetragen worden. Aus der Beilage E1a seien in Kennzahl 2220 Zinsen und ähnliche Aufwendungen in Höhe von 2.616,62 und unter Kennzahl 9289 Substanzverluste in Hohe von 3.303,40 ersichtlich gewesen. Diese beiden Beträge ergäben genau die in der Kennzahl 330 eingetragenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Hohe von -5.920,02. Es seien hier entgegen der Behauptung in der Beschwerde keine falschen Ziffern aus der Beilage übernommen worden. Beim Ergehen eines Urteiles des Verwaltungsgerichtshofes komme eine offensichtliche Unrichtigkeit nicht in Betracht, zumal zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes noch gar nicht vorlag. Die Berichtigung gemäß § 293b BAO liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Dies gelte sowohl für amtswegige Berichtigungen als auch für Berichtigungen auf Antrag der Partei. Bei der Ermessensübung würde primär maßgebend sein, dass dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gegenüber dem der Rechtsbeständigkeit der Vorzug einzuräumen sei (vgl. zB ; ). Dies gelte unabhängig davon, ob die Berichtigung sich zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde. Seien die steuerlichen Folgen der Unrichtigkeit lediglich geringfügig, so werde im Allgemeinen die Berichtigung zu unterlassen sein (vgl. zB ). Im gegenständlichen Fall würden sich die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 10 Cent verändern, die steuerliche Auswirkung betrage Null. Unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) überwiege in diesem Fall das Interesse der Behörde auf Rechtsbeständigkeit, zumal die steuerliche Auswirkung Null sei.
5.. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schreiben vom die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Gemäß § 272 Abs. 2 BAO wurde die Entscheidung durch den Senat und gemäß § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung beantragt.
6. Die belangte Behörde hat mit Bericht vom die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
7. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und eine mündliche Verhandlung mit Schreiben vom zurückgezogen.
II. Rechtliche Beurteilung
1. § 293b BAO lautet:
Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
2. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts liegen im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine auf § 293b BAO gestützte Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2015 nicht vor. Dies aus folgenden Gründen:
2.1. Die vom Beschwerdeführer behauptete Tatsache, dass die Abgabenbehörde den in der Einkommensteuererklärung 2015 ausgewiesenen Verlust aus Gewerbebetrieb von € 5.920,02 dem Bescheid zugrunde legte, obwohl in der Beilage zur Einkommensteuererklärung ein Verlust von € 5.919,92 angegeben war, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen. Der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 5.920,02 entspricht exakt jenem Betrag, der in der Einkommensteuererklärung angegeben ist. Auch die Beilage zur Einkommensteuererklärung zeigt dazu keine Abweichungen. Der erklärte Zinsaufwand von € 2.616,62 zusammen mit dem erklärten Kursverlust von € 3.303,40 entspricht mathematisch genau dem erklärten und von der belangten Behörde im Einkommensteuerbescheid 2015 angesetzten Verlust aus Gewerbebetrieb von € 5.920,02. Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides 2015 aufgrund der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Einkommensteuererklärung kann das Bundesfinanzgericht aus diesem Grund nicht nachvollziehen.
2.2. Nicht zielführend ist auch die Argumentation des Beschwerdeführers, die Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides 2015 aufgrund der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Einkommensteuererklärung ergebe sich daraus, dass eine vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsansicht zur Besteuerung von Kursverlusten nicht berücksichtigt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat am erstmalig erkannt, dass die Konvertierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten nicht den Tatbestand des § 27 Abs. 3 EStG 1988 erfüllt und die Verrechnung des dadurch entstandenen Kursverlustes nicht den Beschränkungen des § 6 Z 2 lit. c EStG 1988 unterliegt (). Im Zeitpunkt der Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides 2015, am , war diese Rechtsansicht der belangten Behörde noch nicht bekannt. Die von der belangten Behörde dem Bescheid zugrunde gelegte Rechtsansicht war nicht offensichtlich unrichtig, sie war vom damals noch im Rechtsbestand befindlichen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts, , gedeckt.
3. Da die belangte Behörde bei Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides 2015 keine offensichtlichen Unrichtigkeiten aus der Einkommensteuererklärung des Beschwerdeführers übernommen hat, liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung dieses Bescheides gemäß § 293b BAO nicht vor. Die Bescheidbeschwerde erweist sich daher als nicht berechtigt, sie war gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen
III. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage stellt sich im Beschwerdefall nicht. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100616.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at