Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.03.2021, RV/5100523/2018

Anspruchszinsen sind verschuldensunabhängig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache Bf, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2015, Steuernummer , zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang, Sachverhalt und Beweiswürdigung

Unstrittig erging am an Bf (in der Folge: Beschwerdeführer: Bf) ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen, welche für den Zeitraum bis für eine Nachforderung betreffend Einkommensteuer 2015 ermittelt wurde, nachdem am im wiederaufgenommenen Verfahren die Einkommensteuer für den Bf neu festgesetzt wurde. Grund für die Wiederaufnahme und die Neufestsetzung war ein beim Finanzamt neu eingelangter Lohnzettel, der bei der Berechnung der Einkommensteuer 2015 zu berücksichtigen war.

Unstrittig ist auch, dass der Bf seinen steuerlichen Pflichten gesetzeskonform nachkam.

Strittig ist alleine, ob dem Bf Anspruchszinsen vorgeschrieben werden können, wenn dieser seinen steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Das Finanzamt hat mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom die Beschwerde des Bf vom gegen den genannten Anspruchszinsenbescheid als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass die Festsetzung von Anspruchszinsen aufgrund des wiedergegebenen § 205 BAO zwingend und unabhängig von einem Verschulden des Finanzamtes oder des Abgabepflichtigen zu erfolgen habe. In dem gegen die BVE eingebrachten Vorlageantrag wiederholte der Bf seine Ausführungen bezüglich seines steuerlichen pflichtgemäßen Verhaltens.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

1. Rechtsgrundlagen:

Der mit "Anspruchszinsen" übertitelte § 205 BAO lautet auszugsweise:

"§ 205. (1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

……….

2. Rechtliche Würdigung:

Die in § 205 BAO normierten Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (Ritz, BAO6 , § 205 Tz 2ff, unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien (311 BlgNR 21. GP, 196) und auf ). Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 BAO ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder späterer folgte (Ritz, § 205 Tz 2, mit Literatur- und Judikaturverweis).

Das Gesetz unterscheidet somit nicht,

- ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen (allenfalls durch Bescheid verlängerten) Erklärungsfrist einreicht,

- ob die Festsetzung der Einkommen-(Körperschaft-)steuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, über die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt (Ritz, § 205 Tz 3).

Bei der Verzinsung, die sich aus Abänderungen von Bescheiden ergibt, ist bedeutungslos, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war. Auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen kommt es nicht an. Die Festsetzung der Anspruchszinsen liegt nicht im Ermessen (Ritz, § 205 Tz 4, mit Judikaturverweisen).

So auch der VwGH zuletzt :

Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (vgl. ErlRV 311 BlgNR 21. GP, 196). Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 BAO ist es bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte. Die Verzinsung unterscheidet nicht, ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen (allenfalls durch Bescheid verlängerten) Erklärungsfrist einreicht, oder ob die Festsetzung der Einkommensteuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, über die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt (vgl. Ritz, BAO6, § 205 Tz 2f).
Zinsen nach
§ 205 BAO sind weder Sanktion noch Druckmittel oder gar Strafe, sondern Ausgleich für die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen (Zinsnachteilen bei verspätet erfolgten Gutschriften, dies beschränkt auf einen Zeitraum von maximal 48 (früher 42) Monaten).

Vor dem Hintergrund der normativen Regelung des § 205 BAO sowie der angeführten, von Lehre und Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze erweist sich das Vorbringen des Bf. im Rechtsmittelverfahren bezüglich seines Verhaltens als ohne Bedeutung für die Beurteilung dieses Rechtsstreites. Entscheidend ist vielmehr die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen (siehe oben).

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr ergibt sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz (§ 205 BAO, siehe oben).

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100523.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAC-27022