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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2021, RV/5100279/2013

Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 des FA Grieskirchen Wels vom betreffend Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der an den Beschwerdeführer (Bf) adressierte Einkommensteuerbescheid 2011 vom ergab eine Nachforderung von 203,00 €.

Dem Finanzamt war für dieses Jahr ein Lohnzettel des Bundesdienstes (Bruttobezüge: 23.979,64 €) sowie ein Lohnzettel von ***1*** (Bruttobezüge: 895,20 €) übermittelt worden.

Im Bescheid fand sich der Hinweis, dass der Bf während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten habe. Die Lohnsteuer sei von jedem Arbeitgeber getrennt ermittelt worden. Bei der Veranlagung würden die Bezüge zusammengerechnet und so besteuert, als wären sie von einer Stelle ausgezahlt worden. Der Bf zahle damit genau so viel Steuer wie jeder andere Steuerpflichtige, der dasselbe Einkommen nur von einer auszahlenden Stelle bezogen habe.

In der Bescheidbegründung wurde angeführt, dass der Bf die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung trotz Erinnerung weder elektronisch über FinanzOnline noch in Papierform (Formular L1) beim Finanzamt eingereicht habe. Die ArbeitnehmerInnenveranlagung hätte daher aufgrund der dem Finanzamt übermittelten Lohnzettel und Meldungen durchgeführt werden müssen. Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen hätten mangels Bekanntgabe nicht berücksichtigt werden können.

In einer gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Berufung (ab : Beschwerde; § 323 Abs. 38 BAO) brachte der Bf vor, dass er 25 Jahre Zollbeamter gewesen sei. Er sei der Meinung gewesen, als Beamter in der Pension in unbegrenzter Höhe dazuverdienen zu können. Seine Pensionseinkünfte würden außerdem exekutiert, weshalb er um Nachlass der vorgeschriebenen Nachforderung bitte.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung des Bf als unbegründet ab.

Unter Hinweis auf § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 verwies das Finanzamt in der Bescheidbegründung darauf, dass eine Pflichtveranlagung durchzuführen sei, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen worden seien, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert worden seien.

Die Lohnsteuer werde immer nur vom jeweiligen Bezug berechnet und die Steuerprogression des Gesamteinkommens dabei nicht berücksichtigt. Im Zuge der ArbeitnehmerInnenveranlagung erfolge die gemeinsame Versteuerung der Bezüge. Damit werde erreicht, dass der Bf genau so viel Steuer bezahle wie jede andere Partei, die dasselbe Einkommen nur von einer auszahlenden Stelle bezogen habe.

Die Nachforderung bestehe daher zu Recht.

Ein Zusatzverdienst neben den Pensionseinkünften sei möglich, doch handle es sich nicht um ein steuerfreies Zusatzeinkommen. Diese Einkünfte würden im Nachhinein versteuert (siehe obige Begründung). Auf die Nachforderung könne nicht verzichtet werden.

Im fristgerechten Vorlageantrag wandte der Bf ein, dass er bei der Fa. ***1*** im Jahr 2011 nur als geringfügig beschäftigt angemeldet gewesen sei und nur 783,93 € verdient habe. Er habe sich nur etwas dazuverdienen wollen. Sein Gehalt werde außerdem seit rund zehn Jahren exekutiert.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, den Finanzamtsdatenbanken und dem Vorbringen des Bf.

Rechtslage

Eingangs ist festzuhalten, dass durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates getreten ist.

Nach § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Rechtssache wegen Pensionierung der zuständigen Richterin neu zugeteilt.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 u.a. dann zu veranlagen, wenn er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt (Z 1) oder im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind (Z 2).

"Andere" Einkünfte im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind insbesondere Einkünfte aus anderen Einkunftsarten (z.B. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb). Die Freigrenze von 730,00 € ist daher bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht anzuwenden.

Die Tatbestände des § 41 Abs. 1 EStG 1988 lösen eine Pflichtveranlagung aus.

Zweck der Pflichtveranlagung ist die gemeinsame Erfassung der Bezüge aus sämtlichen Dienstverhältnissen, da die Anwendung des (progressiven) Einkommensteuertarifs auf die Gesamtbezüge in der Regel eine höhere Einkommensteuerschuld zur Folge hat als die getrennte Besteuerung von zwei jeweils niedrigeren Einkünften. In die Veranlagung sind daher auch Dienstverhältnisse einzubeziehen, deren Bezüge (für sich) noch zu keinem Steuerabzug geführt haben (Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl., § 41 Rz 10).

Lohnsteuerpflichtige Einkünfte liegen daher vor, wenn es sich der Art nach um Einkünfte handelt, von denen grundsätzlich ein Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist. Nicht entscheidend ist, ob im Einzelfall tatsächlich Lohnsteuer einbehalten wurde (Peyerl, aaO, § 41 Rz 3).

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung).

Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor, können beantragte Veranlagungen bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Beschwerdeweg) wie andere Parteianträge auch zurückgezogen werden. In den Pflichtveranlagungsfällen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 ist dies nicht möglich (vgl. ).

Nach § 42 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hat der unbeschränkt Steuerpflichtige eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr abzugeben, wenn er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird.

Nach § 84 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber dem Finanzamt (…) ohne besondere Aufforderung die Lohnzettel aller im Kalenderjahr beschäftigten Arbeitnehmer zu übermitteln.

Erwägungen

Nach den dem Finanzamt für das Beschwerdejahr elektronisch übermittelten Lohnzetteln bezog der Bf von 1.1. bis eine Pension und daneben von 10.8. bis steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 783,93 € aus einer Beschäftigung bei ***1***. Dieser Arbeitgeber behielt wegen der niedrigen Einkünfte keine Lohnsteuer ein.

Da gleichzeitig lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen wurden (wobei unerheblich war, dass von den steuerpflichtigen Bezügen in Höhe von 783,93 € vorerst keine Lohnsteuer einbehalten wurde), war der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfüllt.

Im Zuge der Veranlagung wurden die steuerpflichtigen Bezüge beider Lohnzettel addiert und die Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer neu berechnet. Die gemeinsame Besteuerung führte wegen des progressiven Einkommensteuertarifs zu einer höheren Einkommensteuer und damit zu der im bekämpften Bescheid errechneten Nachforderung. Durch die Veranlagung wurde der Bf denjenigen abgabepflichtigen Personen gleichgestellt, die steuerpflichtige Einkünfte in gleicher Höhe wie er, allerdings von einem einzigen Arbeitgeber, erhalten hatten.

Die Nichtanwendbarkeit der Freigrenze von 730,00 € bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften hat zur Folge, dass entgegen der Ansicht des Bf auch geringfügige lohsteuerpflichtige Einkünfte grundsätzlich der Steuerpflicht unterliegen.

Auch eine gegen den Bf geführte Exekution änderte nichts an dieser rechtlichen Beurteilung. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gebietet, dass Steuergesetze gleichmäßig angewendet und durchgesetzt und somit alle Steuerpflichtigen gleichmäßig behandelt werden.

Welches (versteuerte) Einkommen im Ergebnis der Exekution unterlag, war nach den Bestimmungen der (Abgaben)Exekutionsordnung zu beurteilen.

Eine gesetzliche Handhabe, dem Bf die in mehreren Teilbeträgen bezahlte Abgabennachforderung nachzulassen, besteht nicht.

Da der angefochtene Einkommensteuerbescheid den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, kann der Berufung bzw. Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da es sich bei der Frage, ob der Bf gem. § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn gleichzeitig ausbezahlt erhalten hat, um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100279.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at