Aussetzung der Einhebung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO, zu Recht erkannt.
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit den Bescheiden vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2013 bis 2017, einen Säumniszuschlag 2013 sowie die Einkommensteuer (Abzugsteuer) für die Zeiträume 1/13 bis 7/13, 9/13 bis 11/13, 1/14 bis 5/14, 9/14 bis 12/14 und 4/15 bis 12/15 fest.
Die dagegen erhobenen Beschwerden vom wurden vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Gleichzeitig mit dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin die Aussetzung der Einhebung der Abgaben gemäß § 212a BAO.
Diesen Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom unter Hinweis auf näher angeführte Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts betreffend die elektronische Zustellung ab, weil die erhobenen Beschwerden nach Lage der Sache wenig erfolgversprechend seien.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin im Wege von FinanzOnline am Beschwerde und brachte begründend vor, dass es nicht sein könne, ein und dieselben Bescheide mehrmals zuzustellen und sich dann den Beginn der Rechtsmittelfrist auszusuchen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Wenn ein Dokument zugestellt sei, löse die neuerliche Zustellung des gleichen Dokumentes gemäß § 6 Zustellgesetz keine Rechtswirkungen mehr aus. Die neuerliche Zustellung der Bescheide am habe somit die Rechtsmittelfrist nicht neuerlich in Gang gesetzt. Das gelte auch, wenn die Behörde (zu Unrecht) angenommen habe, die erste Zustellung sei unwirksam gewesen.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . Ergänzend wurde vorgebracht, dass die Bescheidbegründung ohne Substanz sei, weil das Verfahren hinsichtlich der Beschwerden vom (richtig 2019) noch nicht abgeschlossen sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Haftungs- und Abgabenbescheide betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2013 bis 2017 vom , der Säumniszuschlagsbescheid 2013 und die Haftungsbescheide (Abzugssteuer) für die Zeiträume 1/13 bis 7/13, 9/13 bis 11/13, 1/14 bis 5/14, 9/14 bis 12/14, 4/15 bis 12/15, ebenfalls vom , sowie der Prüfungsbericht, auf den begründend verwiesen wurde, sind aufgrund der zu diesem Zeitpunkt aufrechten Zustimmung der Beschwerdeführerin zur elektronischen Zustellung wirksam am in die Databox von FinanzOnline zugestellt worden. Ein Abruf der Dokumente durch die Beschwerdeführerin erfolgte nicht.
Am wurde der Prüfungsbericht, vervollständigt hinsichtlich des Teiles betreffend die Abzugssteuer, noch einmal zugestellt.
Über Ersuchen des steuerlichen Vertreters stellte das Finanzamt die in Rede stehenden Bescheide mittels RSb am noch einmal zu, nachdem dieser am über das FinanzOnline-System die Zustellvollmacht bekannt gegeben hatte.
Die Beschwerden gegen die Bescheide vom wurden am persönlich beim Finanzamt eingebracht.
Beweiswürdigung
Die Tatsache, dass die angefochtenen Bescheide am in die FinanzOnline-Databox der Beschwerdeführerin eingebracht und somit in den elektronischen Verfügungsbereich der Beschwerdeführerin gelangt sind (§ 98 Abs. 2 BAO), ergibt sich aus der Bestätigung der zuständigen Stelle des Bundesministeriums für Finanzen sowie der Einsichtnahme in die zugestellten Dokumente durch das Bundesfinanzgericht. Davon abgesehen räumt auch die damalige Vertreterin der Beschwerdeführerin die elektronische Zustellung ein, wenn sie im Vorlageantrag vom ausführt, dass es möglich sei, dass die Abgabenbescheide vom (richtig wohl 2019) elektronisch in die Databox der Beschwerdeführerin zugestellt worden seien. Die Vertreterin moniert nur, dass der Beschwerdeführerin die Tatsache der Zustellung nicht zugegangen sei und der Status in der Databox noch immer "ungelesen" sei
Der Tag der Beschwerdeerhebung ergibt sich aus dem Einlaufstempel des Finanzamtes lautend auf "/Persönlich".
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
§ 212a Bundesabgabenordnung (BAO) lautet auszugsweise:
"§ 212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
(2a) …
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.
(5) …"
Die Aussetzung der Einhebung ist nach § 212a Abs. 2 iVm Abs. 4 BAO nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Die Aussetzung der Einhebung dient der faktischen Effizienz von Bescheidbeschwerden (vgl. ).
Der VwGH führte im Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0383, aus, dass eine Abweisung nur dann in Betracht kommt, wenn die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels offenkundig ist, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist ().
Bei der Prüfung, ob die Beschwerde wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist, ist im Aussetzungsverfahren die Entscheidung über die Beschwerde nicht vorwegzunehmen. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen (vgl. ). Lediglich dann, wenn die Beschwerde einen Standpunkt vertritt, welcher mit zwingenden Bestimmungen ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel unvereinbar ist oder mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch steht, könnte von einer wenig erfolgversprechenden Beschwerde die Rede sein ().
Im Vorlageantrag wird von der Beschwerdeführerin der Standpunkt vertreten, dass die Beschwerdefrist erst mit der neuerlichen Zustellung der Bescheide am zu laufen begonnen hätte und daher die am erhobenen Beschwerden rechtzeitig eingebracht worden seien.
Dieser Standpunkt widerspricht der eindeutigen Bestimmung des § 6 Zustellgesetz, wonach die nochmalige Zustellung bereits zugestellter Bescheide keine Rechtswirkungen mehr auslöse.
Es kann keine Rede davon sein, dass die Abgabenbehörde es sich aussuchen könne, wann die Rechtsmittelfrist beginnt. Die Frist hat mit der wirksamen elektronischen Zustellung zu laufen begonnen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob und wann die Dokumente von einem Empfänger auch abgerufen worden sind, sondern lediglich, dass sie in dessen elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind
Mit dem Hinweis auf eine Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen, dass mit einer elek-troische Zustellung solange zugewartet werde, bis der jeweilige Teilnehmer vom Wirksamwer-den der Verpflichtung entsprechend verständigt worden sei, ist für die Beschwerdeführerin ebenso nichts gewonnen. Diese Auskunft bezog sich auf die hier noch nicht zur Anwendung gelangende verpflichtende Teilnahme an der elektronischen Zustellung ab und die damit verbundene Abschaffung der Möglichkeit auf die elektronische Zustellung in FinanzOnline verzichten zu können (§ 5b Abs. 3 FOnV). Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin entsprechend der Bestimmung des § 5b FOnV hingegen schon zu einem früheren Zeitpunkt der elektronischen Zustellung beim Aufruf von FinanzOnline zugestimmt und diese Zustimmung bis zum Zustellzeitpunkt nicht widerrufen. Dass der Beschwerdeführerin die Tatsache der Zustellung nicht zugegangen ist, mag daran liegen, dass beim Vorgang der Zustimmung es verabsäumt wurde, auch eine E-Mail-Adresse für Zwecke der Verständigung über eine Zustellung einer Erledigung anzugeben.
Es wurde somit kein stichhaltiges Vorbringen erstattet, wonach die elektronische Zustellung der Bescheide am in die Databox nicht wirksam vorgenommen worden sei. Die Beschwerdeführerin vermag die Aussichtslosigkeit der Beschwerde somit nicht in Zweifel zu ziehen. Bei diesem Ergebnis war die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 245 Abs. 1 erster Satz BAO) im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung, dem , daher jedenfalls bereits abgelaufen, was zwingend die Zurückweisung der Beschwerde zur Folge hat.
Die Aussetzung der Einhebung ist daher vom Finanzamt zu Recht nicht bewilligt worden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Zudem ergibt sich die Rechtsfolge einer verspäteten Beschwerde klar aus dem Gesetzeswortlaut. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100488.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at