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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.03.2021, RV/3100096/2021

Auswirkungen des Unterhaltsabsetzbetrags auf die Erstattung nach § 33 Abs. 8 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA***, nunmehr ***FA***, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat am den angefochtenen Bescheid ausgefertigt und, ausgehend von einem Einkommen in Höhe von € 18.387,75, die Einkommensteuer für das Jahr 2019 mit € -428,00 festgesetzt. Bei der Steuerberechnung wurden der Familienbonus Plus mit € 1.885,71, der Verkehrsabsetzbetrag mit € 400,00 und der Pendlereuro mit € 6,00 berücksichtigt.

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer mit am bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Er beantragte, den vollen Familienbonus nur mehr für seinen Sohn ***WD*** mit € 1.500,00 zu berücksichtigen, für seine Tochter ***WN*** werde die Gattin den Familienbonus Plus geltend machen. Zudem beantragte er für seine Tochter ***WJ*** mit einem Betrag von € 166,72 den halben Familienbonus Plus für die Monate Jänner bis August 2020 sowie mit einem Betrag von € 233,60 den Unterhaltsabsetzbetrag für denselben Zeitraum.

3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung, ausgehend von einem Einkommen in Höhe von € 18.387,75, die Einkommensteuer für das Jahr 2019 mit € -209,00 festgesetzt. Dem Beschwerdebegehren entsprechend wurde der Familienbonus Plus mit € 1.666,72 bei der Steuerberechnung berücksichtig. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass der Familienbonus Plus und der Verkehrsabsetzbetrag bereits eine Steuer von unter null ergäben. Da der Unterhaltsabsetzbetrag nicht negativ ausbezahlt werden könne, sei dieser im Bescheid nicht angeführt und es komme zu keiner höheren Gutschrift.

4. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Er beantragte die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrags in Höhe von € 233,60. Von der ermittelten Lohnsteuer in Höhe von € 1.885,71 sei, dem § 33 Abs. 2 EStG 1988 entsprechend, vorrangig der Familienbonus Plus mit € 1.666,72 in Abzug zu bringen. So ergebe sich ein verbleibender Steuerbetrag von € 218,99. In weiterer Folge sollten der Unterhaltsabsetzbetrag und erst danach der Verkehrsabsetzbetrag und der Pendlereuro berücksichtigt werden. Diese Reihenfolge entspreche dem mit Hilfe von Finanzonline erstellten Berechnungsblatt.

5. Die belangte Behörde hat mit Bericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Rechtliche Beurteilung

1. § 33 Abs. 2 EStG 1988 lautet:

(2) Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.

2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

2. § 33 Abs. 8 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 103/2019 lautete:

(8) 1. Ergibt sich nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, ist insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten.

2. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5, höchstens aber 400 Euro jährlich rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 haben, sind höchstens 500 Euro rückzuerstatten.

3. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, höchstens aber 110 Euro jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f.

4. Auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte sind für Zwecke der Berechnung der Einkommensteuer gemäß Z 1 bis 3 wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln. Der Kinderabsetzbetrag gemäß Abs. 3 bleibt bei der Berechnung außer Ansatz.

5. Die Erstattung erfolgt im Wege der Veranlagung gemäß § 41 und ist mit der nach Abs. 1 und 2 berechneten Einkommensteuer unter null begrenzt.

3. Im Streitfall ist entscheidend, dass nach der unstrittigen Sachlage die Anspruchsvoraussetzungen für den Familienbonus Plus im beantragten Ausmaß von € 1.666,72 grundsätzlich vorliegen, ebenso jene für den Verkehrsabsetzbetrag und ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sowie für einen Unterhaltsabsetzbetrag im Ausmaß von € 233,60 für die Tochter ***WJ***. Unstrittig sind auch die geleisteten Sozialversicherungsbeiträge, für laufende Bezüge (€ 6.019,01) und für sonstige Bezüge (€ 932,25).

4. § 33 Abs. 8 Z 5 EStG 1988 legt das Höchstausmaß der Erstattung fest, nämlich mit der gemäß § 33 Abs. 1 und 2 EStG 1988 berechneten Einkommensteuer unter null. Im konkreten Fall beträgt das Höchstausmaß der Erstattung unter Berücksichtigung der Ansprüche auf den Verkehrsabsetzbetrag und das Pendlerpauschale sowie der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 33 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 € 500,00 (SV-Rückerstattung gemäß § 33 Abs. 8 Z 2 EStG 1988).

5. Ein Unterhaltsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988) kann für sich zu keiner Negativsteuer führen. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts kommt der nicht erstattungsfähige Unterhaltsabsetzbetrag bei der Erstattung nach § 33 Abs. 8 EStG 1988 aber dadurch zum Tragen, dass er eine nicht im Höchstausmaß ausgeschöpfte Negativsteuer bis zur Grenze des § 33 Abs. 8 Z 5 EStG 1988 erhöhen kann (Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2020, § 33 Rz 110; Kanduth-Kristen, SWK 2018, 890 f). Der Unterhaltsabsetzbetrag muss bei der Berechnung des erstattungsfähigen Betrags berücksichtigt werden, er gehört zu der "nach § 33 Abs. 1 und 2 EStG 1988 berechneten Einkommensteuer", die für die Erstattungsgrenze des § 33 Abs. 8 Z 5 EStG 1988 maßgeblich ist.

6. Im Beschwerdefall wird unter Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrags von € 233,60 die Erstattungsgrenze von € 500,00 mit der "Einkommensteuer unter null" (€ -443,00) nicht überschritten. Der Unterhaltsabsetzbetrag selbst führt daher zu keiner Negativsteuer.

7. Damit erweist sich die Bescheidbeschwerde als berechtigt. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.

III. Bemessungsgrundlagen und Höhe der Abgabe

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2019 betragen:

III. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage, ob der Unterhaltsabsetzbetrag bei der Erstattung nach § 33 Abs. 8 EStG 1988 zum Tragen kommt, fehlt eine Rechtsprechung. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100096.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at