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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.02.2021, RV/3100182/2019

Zurückweisung einer Beschwerde wegen Verspätung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, als Erbe des am xy2015 verstorbenen A, ***Bf-Adr***, gegen die vom Finanzamt Landeck Reutte erlassenen Bescheide, St.Nr., u.zw.

- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2006
- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2007
- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2008
- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2009
- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2010
- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2011
- Bescheid vom , betreffend Einkommensteuer 2012
- Bescheid vom , betreffend Anspruchszinsen 2007
- Bescheid vom , betreffend Anspruchszinsen 2010
- Bescheid vom , betreffend Anspruchszinsen 2011

beschlossen:

Die Beschwerden vom werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist einer der neun Erben seines am xy2015 verstorbenen Vaters A. So wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Landeck vom xy2016, GZ.xy (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom xy2016), rechtskräftig am xy2017, die Verlassenschaft nach A (geb. am xy1934) seinen erblichen Kindern B, C, D, E, ***Bf***, F, G, H, I, zu je 1/9 eingeantwortet.

Aufgrund der eingereichten Erklärungen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung betr. A erließ die Abgabenbehörde die im Spruch näher bezeichneten Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2012 und Anspruchszinsenbescheide 2007, 2010 und 2011. Diese Bescheide sind jeweils an die Erben nach dem am xy2015 verstorbenen A adressiert, wobei im Adressfeld die Namen der einzelnen Erben angeführt sind. Die Bescheide wurden jedem einzelnen Erben im Wege der Post mittels Zustellnachweis zugestellt.

Die für den Beschwerdeführer bestimmten Bescheide wurden laut Zustellnachweis am von K, der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, übernommen.

Gegen die genannten Bescheide brachte der Beschwerdeführer mit getrennten Schriftsätzen, alle datiert mit (eingelangt bei der Abgabenbehörde per Post am ) Beschwerde ein. In diesen Schriftsätzen, in denen er die erlassenen Bescheide mit näheren Ausführungen bekämpft, weist er wortident darauf hin, er habe die Bescheide "am augenscheinlich übernommen". Eine Ausnahme bildet nur das Schreiben vom , mittels dem er den Einkommensteuerbescheid 2009 anficht; dieses enthält nur die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom (zugestellt am ) wies die Abgabenbehörde die Beschwerden gegen die bekämpften Bescheide als verspätet zurück. In der Begründung dieser Entscheidungen nahm sie auf § 245 BAO Bezug und führte aus, die Bescheide seien dem Beschwerdeführer am nachweislich zugestellt worden. Da die Beschwerde vom , eingelangt per Post am , außerhalb der Monatsfrist des § 245 BAO eingebracht worden sei, erweise sie sich als nicht fristgerecht.

Mit Eingabe vom (eingebracht am ) stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag gem. § 264 BAO und erklärte eine ausführliche Begründung bis längstens nachzureichen.

Dies erfolgte mit Schreiben vom . Darin äußert sich der Beschwerdeführer neben weiteren Ausführungen wie folgt:

Die bekämpften Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2012 seien am mittels RSb zugestellt worden. Die Postsendung sei aber nicht von ihm, sondern - weil er für ein paar Tage im Oberland geweilt hätte - von seiner Lebensgefährtin Frau K übernommen worden. Er sei daher erst verspätet in die Verfügungsmacht der übermittelten Postsendung des Finanzamtes gekommen und habe die Beschwerdefrist darauf ausgerichtet. Wie es letztlich zur verspäteten Übergabe / Empfangnahme von rund 2 Wochen gekommen sei, könne aus heutiger Sicht leider nicht mehr einwandfrei eruiert werden. Er sei aber nach wie vor der Meinung, dass die Frist zur Einreichung der Beschwerde (der Beschwerdeführer listet in diesem Zusammenhang die angefochtenen Bescheide noch einmal im Detail auf) mit seiner postalischen Übermittlung gewahrt worden sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Zufolge des § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit. a der zitierten Gesetzesstelle bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Nach § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.

§ 16 Zustellgesetz (ZustG) lautet (Wiedergabe erfolgt auszugsweise):
(1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.
[…]
(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Im vorliegenden Fall gilt es vorweg darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Zulässigkeit einer Ersatzzustellung an seine Lebensgefährtin nicht in Zweifel zieht.

Der Beschwerdeführer bringt in seinem Schreiben vom vor, er sei im Zeitpunkt der Übergabe der Postsendung an seine Lebensgefährtin am von der Abgabestelle abwesend gewesen (er habe für ein paar Tage im Oberland geweilt). Aus diesem Grund sei er erst verspätet in die Verfügungsmacht der Bescheide gelangt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur ausgeführt hat, kann mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden. Gleiches hat - so das Höchstgericht - für die Frage der Unwirksamkeit der Zustellung im Wege der Ersatzzustellung gem. § 16 Abs. 5 ZustG zu gelten (vgl. , , u.a).

Der Beweis, dass die Zustellung vorschriftsgemäß erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. , , u.a.).

Behauptet ein Empfänger einer Sendung die Unwirksamkeit einer Zustellung durch Hinterlegung (gilt in gleicher Weise für eine Ersatzzustellung) wegen Abwesenheit von der Abgabestelle, so obliegt es ihm, ein konkretes Vorbringen über Beginn und Ende seiner Ortsabwesenheit zu erstatten und für dieses Vorbringen Beweise anzubieten. Unsubstantiierte und in keiner Weise belegte Behauptungen genügen dazu nicht. Erst ein entsprechendes Vorbringen mit Beweisanboten verpflichtet die Behörde zur Durchführung der angebotenen (und anderer geeigneter) Beweise im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht (vgl. , u.a.).

In der gegenständlichen Beschwerdesache hat der Beschwerdeführer für den Zeitpunkt der Übergabe der Postsendung an seine Lebensgefährtin zwar seine Abwesenheit von der Abgabestelle ins Treffen geführt, er hat es jedoch unterlassen, dieses Vorbringen zu konkretisieren und durch entsprechende Bescheinigungsmittel zu belegen bzw. dafür entsprechende Beweise anzubieten. Der Beschwerdeführer hat sich vielmehr mit der Behauptung begnügt, "ein paar Tage im Oberland geweilt zu haben". Mit diesem Vorbringen vermag er aber eine nach § 16 Abs. 5 ZustG relevante Abwesenheit von der Abgabestelle nicht darzutun. Angesichts des unsubstantiierten Vorbringens ist auch eine amtswegige Ermittlungspflicht nicht gegeben. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen selbst ausdrücklich einräumt, dass aus heutiger Sicht nicht mehr einwandfrei eruiert werden könnte, wie es letztlich zur verspäteten Übergabe / Empfangnahme von rund 2 Wochen gekommen sei.

Die Zustellung der angefochtenen Bescheide wurde mit der Übergabe der Postsendung an die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers am rechtsgültig bewirkt. Die Zustellung im Wege des Ersatzempfängers wird im Zeitpunkt der Übergabe der Sendung an diesen wirksam, dies unabhängig davon, ob oder wann der Ersatzempfänger den Empfänger über die Zustellung informiert bzw. ob oder wann die Sendung dem Empfänger tatsächlich zukommt. Das diesbezügliche Risiko trägt der Empfänger (vgl. Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 16 ZustG Rz 6 und die dort angeführte Judikatur). Dass der Beschwerdeführer - wie von ihm vorgebracht - erst später in die Verfügungsmacht der Bescheide gelangt ist, ist daher ohne Relevanz.

Mit der rechtswirksamen Zustellung der Bescheide am begann die einmonatige Beschwerdefrist zu laufen. Unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 3 BAO (Diese Bestimmung lautet: Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen) endete sie am . Die mit datierten und am bei der Abgabenbehörde per Post eingelangten Beschwerden erweisen sich daher als verspätet.

Dass der Beschwerdeführer die gegenständlichen Bescheide mittels im Zeitraum bis (= maßgebliche Frist für die Erhebung einer Beschwerde) eingebrachter Beschwerden bekämpft hätte, wird von ihm auch nicht behauptet. Der Beschwerdeführer gesteht vielmehr selbst ausdrücklich zu, dass er nach erfolgter Übernahme der in Rede stehenden Bescheide durch seine Lebensgefährtin am erst verspätet in die Verfügungsmacht der Bescheide (verspätete Übergabe / Empfangnahme von rund 2 Wochen) gekommen sei und die Beschwerdefrist darauf ausgerichtet habe.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO sind die Beschwerden als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen. Da es den Beschwerden bereits an der Rechtzeitigkeit mangelt, ist ein Eingehen auf das weitere, vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen entbehrlich.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Diese Entscheidung ergeht von:
Bundesfinanzgericht, Außenstelle Salzburg, Aigner Straße 10, 5026 Salzburg

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100182.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at