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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2021, RV/5100126/2020

Grundausbildung für den Exekutivdienst als Berufsausbildung im Sinne des FLAG

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100126/2020-RS1
Die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) stellen eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar. Das nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Berufspraktikum ist dagegen vergleichbar mit dem von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums geleisteten Unterrichtspraktikum am Arbeitsplatz. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz.
RV/5100126/2020-RS2
Unter einem "anerkannten Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ist ein "anerkanntes Ausbildungsverhältnis" zu verstehen, welches durch generelle Normen (z.B. Gesetz oder Verordnung) geregelt ist. Die Grundausbildung für den Exekutivdienst ist durch die Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Der Ausbildungsbeitrag, den Polizeischüler während der Berufsausbildung erhalten, ist einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom , eingebracht am , gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA*** vom zu VNR ***1***, mit dem der am eingebrachte Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum ab Juni 2019 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert. Der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***K*** (VNR ***2***) wird für den Zeitraum ab November 2020 abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer beantragte mit einem am unterfertigten und am beim Finanzamt eingereichten Formblatt die Zuerkennung der Familienbeihilfe für das am ***3*** geborene Kind ***K*** ab wegen Beginns einer Berufsausbildung (Grundausbildung für den Exekutivdienst), die voraussichtlich bis Mai 2021 dauern werde.

Dem Beihilfenantrag war der mit der Landespolizeidirektion (LPD) ***4*** am abgeschlossene Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung angeschlossen. In Punkt 10 dieses Vertrages wurde festgehalten, dass die Grundausbildung Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum der Sicherheitsakademie beinhalte und durch ein Berufspraktikum auf Polizeidienststellen ergänzt werde.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Beihilfenantrag für den Zeitraum ab Juni 2019 ab. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, ausgesprochen habe, handle es sich bei der Ausbildung zum Polizisten um keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG, sondern um eine notwendige Ausbildung in einem Dienstverhältnis, die bereits mit der Ausübung eines Berufes einhergehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , eingebracht am , die wie folgt begründet wurde:

"Das im bekämpften Bescheid als Begründung für die Nichtgewährung der begehrten Familienbeihilfe angeführte Erkenntnis des VwGh zu Zl. 2018/16/0203 - insbesondere die Annahme einer gegebenen Berufsausübung während der Grundausbildung - ist auf meinen Fall nicht anzuwenden. Die Entscheidung des VwGh nimmt eindeutig Bezug auf die exekutivdienstliche Grundausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich und zwar konkret auf einen Zeitraum, welcher auf eine erste theoretische Ausbildungsphase (6 Monate) in Form einer praktischen Verwendungsdauer folgt, bevor die Ausbildung zum vollwertigen Exekutivbediensteten durch eine Ergänzungsausbildung (9 Monate) abgeschlossen wird. Hierzu stellt der VwGh dezidiert fest, dass dieser Zeitraum einer praktischen Verwendung (zwischen zwei Ausbildungsmodulen) keiner Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 gleichzustellen ist, da damit weder die Erlangung einer fachlichen Qualifikation noch die Ablegung entsprechender Prüfungen verbunden ist.

Die erfolgreiche Absolvierung dieser "ersten Phase der Dienstausübung" stelle auch keine Voraussetzung für die Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis dar, sondern diene lediglich dazu, die zur Erfüllung kommender Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zu erlangen, weshalb dieser Abschnitt des Dienstverhältnisses zur Gänze einer Berufsausübung gleichzustellen sei.

Dazu ist ergänzend anzumerken, dass die Betroffenen während dieses Zeitraums auch kein Ausbildungsentgelt erhalten, sondern ein "Normalentgelt" in der Höhe der Entlohnungsgruppe v4 Bewertungsgruppe 1 beziehen.

Im Unterschied dazu befindet man sich während des Zeitraums der antragsgegenständlichen Grundausbildung für den Exekutivdienst zu keiner Zeit in einer derartigen Phase der praktischen Berufsausübung und zielt die gesamte Ausbildungszeit auf die Erlangung entsprechender Qualifikationen durchgehend begleitet von der Notwendigkeit der Ablegung von Prüfungen mit dem Zwecke der Überstellung auf ein anderes (öffentliches bzw. öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis im Sinne des FLAG ab. Demgemäß erhält man während dieses Zeitraums durchgehend einen Ausbildungsbeitrag und wird eben nicht - auch nicht vorübergehend - in eine Entlohnungsgruppe/Bewertungsgruppe eingestuft. Dazu hat auch das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/5100538/2014 unter Berufung auf eine einschlägige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, dass selbstverständlich auch unter der Grundausbildung zum Exekutivdienst ein "anerkanntes Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu verstehen ist. Dies deshalb, weil die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) in einer Verordnung des Bundesministeriums für Inneres entsprechend geregelt ist und der von der Tochter des Beschwerdeführers bezogene "Ausbildungsbeitrag" folglich unter die Bestimmung des FLAG § 5 Abs. 1 lit. b zu subsumieren ist.

Somit ist auch unter diesem Aspekt ganz klar davon auszugehen, dass die angeführte Entscheidung des VwGh nur für den "Spezialfall" der praktischen Verwendungsdauer im Zuge der exekutivdienstlichen Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Bereich Geltung haben kann.

Eine Anwendung auf meinen Fall gemäß der von mir bekämpften Auslegung des zitierten VwGh-Erkenntnisses steht jedoch eindeutig im Widerspruch zur Rechtsposition des VfGH, da meine Tochter keine fremden- und grenzpolizeiliche Ausbildung absolviert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des Bundesministeriums für Inneres vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen aufgearbeitet:

Zur Verdeutlichung werden die Unterschiede der Ausbildungslaufbahn der Grenzpolizisten jenen der Polizisten (Exekutivdienst) überblicksmäßig gegenübergestellt:


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Fremden- u. grenzpolizeilicher Exekutivdienst (Erlass des BMI-SI1400/1082-S1AK-ZGA/2015 vom )
Grundausbildung für den Exekutivdienst (Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst - Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017)
Basisausbildung: 6 Monate (Lehrplan, Stundentafel - Unterrichtseinheiten 880, mündliche Prüfung, Zeugnis), Entgelt: 50,29% des Referenzbetrages (§ 3 Abs. 4 GG)
Basisausbildung: 12 Monate (Lehrplan, Stundentafel) Entgelt: 50,29% des Referenzbetrages (§ 3 Abs. 4 GG) während der gesamten Ausbildung
Kursunterbrechung - Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich sowie Unterstützung im sicherheitspolizeilichen Bereich Entgelt: SONDERBESTIMMUNGEN - Normalentgelt Exekutivdienstliche Zulagen und Nebengebühren
Berufspraktikum I - 3 Monate Kennenlemen des Dienstbetriebes ... Die Polizeibediensteten werden dabei,..., von Exekutivbediensteten geschult und betreut
Ergänzungsausbildung - 9 Monate Lehrplan, Stundentafel 1166 Unterrichtseinheiten, Prüfungen, Zeugnis
Vertiefung - 5 Monate (Lehrplan, Stundentafel) Berufspraktikum II - 4 Monate Einführung in den Dienstbetrieb, mündliche Gesamtprüfung; Dienstprüfung
Unterrichtseinheiten gesamt: 2046
Unterrichtseinheiten: gesamt 2612

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner festgehalten, dass es unstrittig ist, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen sind.

Daher sind alle Phasen einer theoretischen Grundausbildung, sowie auch die Praxisphasen während der normalen exekutivdienstlichen Grundausbildung, währenddessen man einen Ausbildungsbeitrag im Sinne einer Lehrlingsentschädigung bezieht, als Berufsausbildung und nicht als Berufsausübung zu werten.

Diese Rechtsansicht entspreche laut BFG auch dem Urteil des Vwgh vom , Ra 2018/16/0203, welches eben genau für die Fallkonstellation der praktischen Verwendung während der Ausbildung eines Bediensteten im grenz- und fremdenpolizeichlichen Bereichs ergangen ist.

Das ggstl Finanzamt hat unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kennt), bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung meiner Tochter angenommen.

Ich beantrage daher, den bekämpften Bescheid entsprechend abzuändern und meinem Antrag auf Auszahlung der Familienbeihilfe vollinhaltlich zu entsprechen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte in der Begründung aus:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB , ). Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (zB ). Laut Verwaltungsgerichtshof können im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB ) und es fällt auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 (zB ).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, stellt die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar.

Dieses Erkenntnis betrifft zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneint der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziert dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es ist daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert wird (vgl. ).

Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spielt daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.

Im Erkenntnis vom , RV/2101014/2019, hat das Bundesfinanzgericht (BFG) zur exekutivdienstlichen Ausbildung mit Verweis auf das oben angeführte VwGH-Erkenntnis entschieden, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht besteht.

Da die Tochter ***5*** keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 absolvierte, besteht für den Zeitraum ab Juni 2019 kein Anspruch auf Familienbeihilfe."

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem kein weiteres Vorbringen erstattet wurde.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Mit Fristsetzungsantrag vom stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge dem Bundesfinanzgericht eine Frist von drei Monaten zur Erledigung der Beschwerde vom auftragen.

Der Verwaltungsgerichtshof trug dem Bundesfinanzgericht mit verfahrensleitender Anordnung vom auf, binnen zwei Monaten die Entscheidung zu erlassen und eine Ausfertigung derselben sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung an die antragstellende Partei vorzulegen.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte den Beschwerdeführer mit Vorhalt vom (unter Anschluss des Ausbildungsplanes zur Grundausbildung für den Exekutivdienst) zu folgenden Punkten innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

"1) Ihre Tochter hat die Polizeigrundausbildung am begonnen, die nach dem beiliegenden Ausbildungsplan 24 Monate dauert, und daher voraussichtlich mit enden wird. Während dieser Ausbildung ist Ihre Tochter (wie alle anderen Polizeischüler auch) aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 Vertragsbedienstete des Bundes. Eine Ablichtung dieses Sondervertrages wurde im Verwaltungsverfahren bereits vorgelegt.

2) Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung sind im beiliegenden Ausbildungsplan (Seite 7) näher beschrieben. Allfällige Abweichungen der konkreten Grundausbildung Ihrer Tochter von diesem Ausbildungsplan mögen bekannt gegeben werden.

Die Stundentafel (Seite 9 des Ausbildungsplans) entspricht der Anlage 1 zur Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017.

3) Die Grundausbildung gliedert sich nach den Informationen auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), das Berufspraktikum I (3 Monate), die Vertiefung der Basisausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das Berufspraktikum II (4 Monate).

Demzufolge sollte im gegenständlichen Fall die Dienstprüfung am Ende des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes und somit bis abgelegt werden. Um Übermittlung einer Ablichtung des Dienstprüfungszeugnisses wird ersucht. Sofern die Dienstprüfung noch nicht abgelegt wurde, wird um Bekanntgabe der Gründe dafür sowie Mitteilung des voraussichtlichen Prüfungstermins gebeten.

4) Es wird um Bekanntgabe ersucht, auf welcher Polizeiinspektion das Berufspraktikum I absolviert wurde und auf welcher Polizeiinspektion Ihre Tochter ab dem zur Ableistung des Berufspraktikums II eingesetzt werden wird.

5) Ihre Tochter hat das 24. Lebensjahr am ***8***.2020 vollendet. Ein allfälliger Beihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG endet daher mit Oktober 2020. Das Vorliegen anderer anspruchsbegründender Umstände im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e bis k FLAG wurde nicht behauptet."

In der Stellungnahme vom () wurde dazu angegeben:

"1. Vorgelegt wird der Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 vom zu PAD/19/00670478/001/AA abgeschlossen zwischen der LPD ***4*** und ***K***.

2. Abweichungen zum Ausbildungsplan (Seite 7) hat es nicht gegeben.

3. Vorgelegt wird das Dienstprüfungszeugnis vom .

4. Das Berufspraktikum I wurde auf der Polizeiinspektion in ***6*** absolviert. Das Berufspraktikum II seit Februar 2021 auf der Polizeiinspektion in ***7***.

5. Meine Tochter hat das 24. Lebensjahr am ***8***.2020 vollendet. Einer der Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 1 lit. e bis k FLAG liegt nicht vor."

Die Ablichtung des angeschlossenen Sondervertrages entspricht jener Kopie, die bereits im Zuge des Beihilfenantrages vorgelegt worden war.

Im vorgelegten Dienstprüfungszeugnis vom wird bestätigt, dass die Tochter des Beschwerdeführers nach der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst BGBl Nr. 153/2017 idgF vor dem gefertigen Prüfungssenat die Dienstprüfung der Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) bestanden hat.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die am ***3*** geborene Tochter des Beschwerdeführers absolviert seit die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung), die 24 Monate dauert und zwei Praxisphasen enthält, die auf Polizeidienststellen zu absolvieren sind.

Die Tochter des Beschwerdeführers ist (wie alle anderen Polizeischüler auch) aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung Vertragsbedienstete des Bundes.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Zif. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:

A - LEHRPLAN


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Lehrgegenstand
Mindeststunden-anzahl
PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
204
Einführung und Behördenorganisation
Angewandte Psychologie
Kommunikation und Konfliktmanagement
Berufsethik und Gesellschaftslehre
Menschenrechte
POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
1134
Dienstrecht
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
Straf- und Privatrecht
Verfassungsrecht und Europäische Union
Verkehrsrecht
Verwaltungsrecht
Kriminalistik
Bürokommunikation
SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- & REFLEXIONSKOMPETENZEN
806
Modulares Kompetenztraining
Einsatztraining
Sport
Erste Hilfe
Fremdsprachen
Themenzentrierter Unterricht
BERUFSPRAKTIKUM I
468
2612

B - Dienstprüfung


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MÜNDLICHE
GESAMTPRÜFUNG
Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche dem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes angeschlossen wurde, gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die

Basisausbildung (12 Monate Theorie),

das Berufspraktikum I (3 Monate),

die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)

und das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:

Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert wurden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.

BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE

Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.

BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE

Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.

VERTIEFUNG - 5 MONATE

Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.

BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE

Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.

In der im Ausbildungsplan ferner enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:


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Lehrgegenstand
Unterrichts-einheiten
Gesamt
1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
Einführung und Behördenorganisation
24
Angewandte Psychologie
48
Kommunikation und Konfliktmanagement
48
Berufsethik und Gesellschaftslehre
28
Menschenrechte
56
204
2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
Dienstrecht
40
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
240
Straf- und Privatrecht
172
Verfassungsrecht und Europäische Union
32
Verkehrsrecht
176
Verwaltungsrecht
160
Kriminalistik
164
Bürokommunikation
150
1134
3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN
Modulares Kompetenztraining
160
Einsatztraining
424
Sport
120
Erste Hilfe
16
Fremdsprachen
4
Themenzentrierter Unterricht
82
806
4. BERUFSPRAKTIKUM
468
Summe
2612

(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx).

Das dreimonatige Berufspraktikum I wurde von der Tochter des Beschwerdeführers auf der Polizeiinspektion in ***6*** absolviert.

Die am Ende des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes abzulegende Dienstprüfung hat die Tochter des Beschwerdeführers laut dem vorgelegten Zeugnis am bestanden.

Das im Anschluss daran zu absolvierende viermonatige Berufspraktikum II wird seit Februar 2021 auf der Polizeiinspektion in ***7*** geleistet.

Die Tochter des Beschwerdeführers bezog im Jahr 2019 für den Zeitraum bis laut dem im Abgabeninformationssystem gespeicherten Lohnzettel einen Ausbildungsbeitrag als Polizeischülerin in Höhe von brutto 14.429,30 €, woraus steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 9.109,33 € resultieren.

Die Tochter des Beschwerdeführers hat das 24. Lebensjahr am ***8***.2020 vollendet. Das Vorliegen anspruchsbegründender Umstände im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e bis k FLAG wurde in der Stellungnahme vom verneint.

Für das Jahr 2020 ist im Abgabeninformationssystem noch kein Lohnzettel gespeichert. Ob die mit BGBl I 109/2020 auf 15.000 € angehobene Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG im Jahr 2020 überschritten wurde, kann jedoch dahingestellt bleiben (siehe unten Punkt 3.1.2).

Beweiswürdigung

Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers, den in der Beihilfendatenbank und im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten, den Informationen des Bundesministeriums für Inneres auf seiner Homepage und dem vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Vorhalteverfahren.

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die Grundausbildung für den Exekutivdienst eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt und damit einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe begründet.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

§ 5 Abs. 1 lit. a bis c FLAG 1967 lauten in der seit geltenden Fassung des ARÄG 2013 (BGBl I 138/2013):

(1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse, …

Durch die mit in Kraft getretene Änderung des § 5 Abs. 1 FLAG durch BGBl I Nr. 109/2020 wurde die Einkommensgrenze auf 15.000 € angehoben. Diese ist erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2020 anzuwenden (§ 55 Abs. 48 FLAG 1967).

1) Berufsausbildung im Sinne des FLAG

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird ( 2006/15/0178, 2006/15/0076, 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ( 2009/15/0089). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ( Ro 2015/16/0005; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre 2011/16/0077).

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absoliverte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Anderes gilt dagegen für das Berufspraktikum II. In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit dem von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums geleisteten Unterrichtspraktikums am Arbeitsplatz. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz.

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar ().

Im gegenständlichen Fall ist zu beachten, dass die Tochter des Beschwerdeführers ihr 24. Lebensjahr bereits am ***8***.2020 (und damit während des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes und vor Ablegung der Dienstprüfung) vollendet hat. Das Vorliegen anspruchsbegründender Umstände im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e bis k FLAG wurde in der Stellungnahme vom verneint.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Der Beihilfenanspruch ist daher im gegenständlichen Fall mit Ablauf des Monates Oktober 2020 erloschen, sodass der verfahrensgegenständliche Antrag für den Zeitraum ab November 2020 abzuweisen war.

2) Einkünfte des Polizeischülers

Zu prüfen ist noch die Frage, ob der Ausbildungsbeitrag, den der Polizeischüler während seiner Berufsausbildung erhält, einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist. In diesem Fall ist das Überschreiten der in § 5 Abs. 1 FLAG normierten Einkommensgrenze nicht beihilfenschädlich.

Diese Frage war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht. Im Erkenntnis vom , RV/5100538/2014, vertrat das Bundesfinanzgericht dazu folgende Rechtsansicht, der sich seinerzeit auch das Bundesministerium für Familien und Jugend angeschlossen hatte:

Nach Nowotny (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 5 Tz 6 mit Hinweis auf G 98/94 und Verweis auf § 30j Rz 14ff) kann als anerkanntes Lehrverhältnis im Sinne dieser Bestimmung nur ein nach einschlägigen Rechtsvorschriften als Berufsausbildung anerkanntes Lehrverhältnis verstanden werden. Nach Wanke (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 30j Tz 23) sind anerkannte Lehrverhältnisse Ausbildungsverhältnisse nach dem Berufsausbildungsgesetz (Lehrberufsliste), nach dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz und in der Land- und Forstwirtschaft nach den in Ausführung des Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes ergangenen Landesgesetzen. Ein Lehrverhältnis sei nach der Verwaltungspraxis ferner anerkannt, wenn es nach kollektiv- oder individualarbeitsrechtlichen Bestimmungen (wie Kollektivvertrag, Dienstvertrag, Ausbildungsvertrag) folgende Merkmale aufweise: genau umrissenes Berufsbild; im Allgemeinen eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren; berufsbegleitender, fachlich einschlägiger Unterricht, der - vergleichbar mit einer Berufsschule - die grundlegenden theoretischen Kenntnisse des zu erlernenden Berufes vermittelt; Abschlussprüfung).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG idF BGBl550/1979, die auf ein "gesetzlich anerkanntes Lehrverhältnis" abstellte, geprüft und die Einschränkung der nicht beihilfenschädlichen Bezüge des Kindes auf solche aus "gesetzlich" anerkannten Lehrverhältnissen als verfassungswidrig erkannt () und das Wort "gesetzlich" aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof beurteilte dabei in seinen Erwägungen bei der Auslegung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG nicht "Lehrverhältnisse" im engen Sinn (des Berufsausbildungsgesetzes), sondern sprach von "Ausbildungsverhältnissen" (im beschwerdegegenständlichen Fall: zum Vermessungstechniker). Dies war schon deswegen geboten, weil unter "Lehrverhältnissen" im Sinne des FLAG bei enger Wortinterpretation nur solche verstanden werden könnten, die unter den Anwendungsbereich des Berufsausbildungsgesetzes fallen. Gerade diese Einschränkung erachtete der VfGH aber als unsachlich und damit verfassungswidrig. Abschließend führte der Gerichtshof ausdrücklich aus, dass unter einem "anerkannten Ausbildungsverhältnis" (im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG) dem Gesetzeszweck entsprechend nicht jedes privatrechtlich zulässige, sondern nur ein durch generelle Normen geregeltes verstanden werden kann.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist daher unter einem "anerkannten Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ein "anerkanntes Ausbildungsverhältnis" zu verstehen, wenn es durch generelle Normen (z.B. Gesetz oder Verordnung) geregelt ist. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall aber erfüllt. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) in der Verordnung der Bundesministerin für Inneres, BGBl II 430/2006 idgF geregelt. Der von der Tochter des Beschwerdeführers bezogene "Ausbildungsbeitrag" ist damit unter die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu sumbsumieren. Damit wurde im gegenständlichen Fall der Grenzbetrag von 10.000 € nicht überschritten.

Die Grundausbildung für den Exekutivdienst ist nach wie vor durch eine generelle Norm, nunmehr die oben zitierte Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Im gegenständlichen Verfahren wurden keine Umstände vorgebracht, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes zur Frage der Qualifikation des Ausbildungsbeitrages eines Polizeischülers rechtfertigen würden.

Dazu kommt, dass es bei Berücksichtigung des Ausbildungsbeitrages bei der Ermittlung des im Sinne des § 5 Abs. 1 FLAG zu versteuernden Einkommens zu unsachlichen Ergebnissen käme, da der Zeitraum, für den Familienbeihilfe letztlich bezogen würde, entscheidend allein vom zufälligen Zeitpunkt des Beginns der Grundausbildung abhängen würde (siehe dazu mit näherer Begründung ).

Im Übrigen hat sich auch die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt dieser Rechtsansicht angeschlossen, und wurde das Finanzamt Österreich in einer am veröffentlichen Information der Abteilung VI/1 der Sektion Familie und Jugend im BKA zum Thema "Polizeischüler/innen" entsprechend in Kenntnis gesetzt.

Dem Beschwerdeführer steht daher unabhängig von der Höhe der von seiner Tochter bezogenen Ausbildungsentschädigung für den Zeitraum Juni 2019 bis Oktober 2020 Familienbeihilfe zu.

Informativ wird noch darauf hingewiesen, dass bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen das Finanzamt gemäß § 12 Abs. 1 FLAG eine Mitteilung auszustellen hat, dass ein Anspruch auf Bezug der Familienbeihilfe besteht. Dieser Mitteilung kommt jedoch kein Bescheidcharakter zu (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 12 Rz 5); eine bescheidmäßige Zuerkennung der Familienbeihilfe ist im FLAG nicht vorgesehen, weshalb eine solche auch im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung nicht in Betracht kommt. Nur insoweit einem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe nicht oder nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, ist ein Bescheid zu erlassen (§ 13 zweiter Satz FLAG). Aus diesem Grund muss sich insofern auch der Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses in zeitlicher Hinsicht auf jene Monate beschränken, in denen kein Beihilfenanspruch besteht und dem Antrag daher nicht stattgegeben wird. Wenn das Bundesfinanzgericht wie im gegenständlichen Fall einer Beschwerde durch Abänderung des angefochtenen Bescheides teilweise stattgibt, sind die Verwaltungsbehörden gemäß § 25 Abs. 1 BFGG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Das Finanzamt hat daher nach (teilweiser) Aufhebung eines Abweisungsbescheides gemäß § 13 FLAG die Familienbeihilfe auszuzahlen (Wanke/Unger, BFGG, § 25 Anm 4; vgl. auch § 282 BAO, der die Abgabenbehörde verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Frage, ob die Bezüge des Polizeischülers Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleich gehalten werden können, ausdrücklich offen gelassen (Rz 18). Da zu dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung somit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch nach Ansicht der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt der Ausbildungsbeitrag einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist.

Linz, am

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