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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2021, RV/6100525/2019

Gemeiner Wert eines Grundstücks bei ideellem Miteigentum

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/6100525/2019-RS1
Gegenstand der Bewertung nach § 10 BewG 1955 ist das Grundstück im Ganzen. Ist das Eigentum am Grundstück in ideelle Anteile zerlegt, ist der gemäß § 10 BewG 1955 ermittelte Wert des ganzen Grundstücks der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 3 BewG 1955 zufolge auf die Miteigentümer nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Somit geht der Einwand, ein ideeller Miteigentumsanteil sei im Vergleich zu nicht in ideelle Anteile zerlegtem Eigentum nur erschwert veräußerbar, aber ins Leere, da sich dieser Einwand nicht auf den Wert des Grundstücks im Ganzen, sondern (nur) auf eine – gesetzlich nicht vorgesehene – gesonderte Bewertung des Miteigentumsanteils als solchen bezieht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Otto Mrak, Hauptstraße 31, 5600 Sankt Johann im Pongau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Einantwortungsbeschluss Verl. n. ***Erblasser***, zu Recht:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben des Parteienvertreters vom wurden der belangten Behörde der Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Tamsweg vom , mit dem die Beschwerdeführerin zu einem Drittel die Verlassenschaft nach ***Erblasser***, dem am ***tt.mm.*** 2015 verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin, eingeantwortet wurde, zur Kenntnis gebracht und wurde die belangte Behörde um Vorschreibung der Grunderwerbsteuer für den aufgrund dieses Rechtsvorganges erfolgten Erwerb von 4/6-tel Anteile der Liegenschaft ***EZ*** ***GB*** durch die Beschwerdeführerin ersucht. Die Grunderwerbsteuer sei auf der Basis des Verkehrswertes des ideellen 4/6 Anteiles in der Höhe von € 147.000,- festzusetzen. Dem Schreiben war ein "Schätzgutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes" eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Bauwesen und Immobilien beigelegt, demzufolge der Gesamtschätzwert der Liegenschaft ***EZ*** ***GB*** (inklusive Gebäude und sonstiges Zugehör) € 315.000,- betrage. Der Verkehrswert von 4/6 Anteile der gegenständlichen Liegenschaft sei diesem Gutachten zufolge (grundsätzlich) mit € 210.000,- zu bewerten. Da es sich um einen ideellen Anteil handle und somit eine eventuelle Veräußerung kaum möglich erscheine, sei den Ausführungen im Gutachten zufolge auf diesen Wert jedoch ein Abschlag von -30% anzusetzen, sodass der Schätzwert des 4/6 Anteiles € 147.000,- betrage.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer betreffend den oa Einantwortungsbeschluss mit € 1.260,- fest, wobei als Bemessungsgrundlage ein Wert von € 63.000,- (30% von € 210.000,-) angesetzt wurde.

Mit Schreiben des Parteienvertreters vom wurde gegen den vorgenannten Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem vorliegenden Bewertungsgutachten zufolge sei der Verkehrswert (gemeiner Wert) der gegenständlichen Liegenschaftsanteile mit € 147.000,- bewertet worden, wodurch sich eine Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung in der Höhe von Euro 44.100,- (= 30% von € 147.000,-) ergebe.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der 30%ige Abschlag könne beim gemeinen Wert nicht berücksichtigt werden, da persönliche oder besondere Umstände nicht ausschlaggebend seien.

Mit Schreiben vom wurde ein Antrag auf Vorlage der oa Bescheidbeschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht eingebracht, wobei hinsichtlich der Begründung auf den Inhalt der Beschwerde verwiesen wurde.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Tamsweg vom wurde der Beschwerdeführerin zu einem Drittel die Verlassenschaft nach ***Erblasser***, dem am ***tt.mm.*** 2015 verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin, eingeantwortet. Gemäß diesem Beschluss erwarb die Beschwerdeführerin aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung den Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechts an den dem Erblasser zu 4/6-tel gehörenden Anteilen der Liegenschaft ***EZ*** ***GB***.

Eine gegenüber dem Finanzamt abgegebene Erklärung der Beschwerdeführerin, dass die Besteuerung nach den Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 118/2015 erfolgen soll, liegt nicht vor.

Der Einheitswert der ***EZ*** ***GB*** beträgt laut Einheitswertbescheid des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See vom 35.500 Euro; der Einheitswert der dem Erblasser zu 4/6-tel gehörenden Anteile beträgt demnach 23.666,66 Euro.

Laut "Schätzgutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes" eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Bauwesen und Immobilien vom beträgt der Gesamtschätzwert (Verkehrswert) der Liegenschaft ***EZ*** ***GB*** (inklusive Gebäude und sonstiges Zugehör) € 315.000,-.

Beweiswürdigung

Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG 1987 unterliegt der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist - soweit sich dieser Rechtsvorgang auf ein inländisches Grundstück bezieht - der Grunderwerbsteuer.

Unter Grundstücken im Sinne des GrEStG 1987 sind gem § 2 Abs 1 leg cit Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. Unter einem Grundstück nach § 2 Abs 1 Satz 1 GrEStG 1987 ist auch ein solches zu verstehen, an dem Miteigentum zu einem ideellen Anteil besteht (vgl Fellner, Grunderwerbsteuer-Kommentar15 zu § 2 GrEStG 1987 Rz 7 mwN). Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einer Liegenschaft stellt aus der Sicht des GrEStG 1987 somit den Erwerb eines "Grundstückes" iSd § 2 Abs 1 leg cit dar (vgl zB ; ).

Bei Erwerb durch Erbanfall wird der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG 1987 mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Einantwortung verwirklicht (ErläutRV 549 BlgNR XXIII. GP 8).

Da der Erblasser im vorliegenden Fall vor dem verstorben ist, und keine schriftliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt abgegeben wurde, dass die Besteuerung nach den Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 118/2015 erfolgen soll, sind § 4 und § 7 GrEStG 1987 gem § 18 Abs 2p GrEStG 1987 im Beschwerdefall jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 36/2014 anzuwenden.

§ 4 GrEStG 1987 idF BGBl I 36/2014 lautet - soweit für den Beschwerdefall relevant - wie folgt:

"(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen.
(2) Abweichend von Abs. 1 gilt Folgendes:
1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:
a) …
b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;
"

§ 7 GrEStG 1987 idF BGBl I 36/2014 lautet - soweit für den Beschwerdefall relevant - wie folgt:

"(1) Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken:
1. durch den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers……………………………………………………2 v.H.,
"

Da es sich beim Erblasser um den Ehegatten der Beschwerdeführerin handelte, beträgt die Grunderwerbsteuer im Beschwerdefall gem § 4 Abs 2 Z 1 lit b iVm § 7 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung 2% vom Dreifachen des Einheitswertes, maximal jedoch 2% von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird.

Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall die Höhe des gem § 1 Abs 1 BewG 1955 nach der Maßgabe der Bestimmungen des ersten Teiles des BewG 1955 (§§ 2 bis 17 leg cit) zu ermittelnden gemeinen Werts. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang strittig, ob bei Miteigentumsanteilen in einer allfälligen - im Vergleich zu nicht in ideelle Anteile zerlegtem Eigentum - erschwerten Veräußerbarkeit dieser Anteile ein zu berücksichtigender wertmindernder Faktor zu erblicken ist.

§ 10 BewG 1955 lautet:

"(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.
(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.
"

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (; , mwN).

§ 3 BewG 1955 bestimmt, dass der Wert eines Wirtschaftsgutes, das mehreren Personen zusteht, im Ganzen zu ermitteln ist. Der Wert ist auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen, soweit nicht die Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig ist.

Sind an einem Grundstück mehrere Miteigentümer beteiligt, so ist folglich gem § 3 BewG 1955 der im Ganzen ermittelte gemeine Wert des Grundstücks den Beteiligten so zuzurechnen, wie wenn diese nach Bruchteilen berechtigt wären (vgl Twaroch/Wittmann/Frühwald, Bewertungsgesetz Kommentar28 zu § 3 BewG Rz 5). Darin kommt der Rsp des VwGH zufolge zum Ausdruck, dass das Bewertungsgesetz nicht einen subjektiven Wert für den Steuerpflichtigen feststellen, sondern allgemeine objektive Werte finden will (vgl ).

Ist Gegenstand der Bewertung nach § 10 BewG 1955 somit aber das Grundstück im Ganzen und ist dieser gemäß § 10 BewG 1955 ermittelte Wert der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 3 BewG 1955 zufolge auf die Miteigentümer nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen, geht der Einwand, ein Miteigentumsanteil sei im Vergleich zu nicht in ideelle Anteile zerlegtem Eigentum nur erschwert veräußerbar, ins Leere, da sich dieser Einwand nicht auf den Wert des Grundstücks im Ganzen, sondern (nur) auf eine - gesetzlich nicht vorgesehene - gesonderte Bewertung des Miteigentumsanteils als solchen bezieht.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit von dem gutachtlich festgestellten Gesamtschätzwert von € 315.000,- nach der Maßgabe obiger Ausführungen ein Anteil von 4/6 der Beschwerdeführerin zuzuteilen, sohin ein Betrag von € 210.000,-. Für den Ansatz eines Abschlages von diesem Wert lässt § 3 BewG 1955 keinen Raum (vgl zB auch ).

Gemäß § 4 Abs 2 Z 1 lit b iVm § 7 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung beträgt die Grunderwerbsteuer im gegenständlichen Fall somit - da das Dreifache des Einheitswertes eine im Vergleich höhere Bemessungsgrundlage von € 71.000,- ergeben würde - 2% von € 63.000,- (30% des gemeinen Werts) und hat die belangte Behörde daher zu Recht die Grunderwerbsteuer in dieser Höhe festgesetzt.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die vom erkennenden Verwaltungsgericht anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind (vgl mwN). Die im Beschwerdefall zu beantwortende Frage der Verteilung des gemeinen Werts eines Wirtschaftsgutes auf dessen Miteigentümer ergibt sich unmittelbar aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 3 BewG 1955. Es ist daher gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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