1. Kein Familienbonus Plus für das in Deutschland bei der Kindesmutter lebende, unterhaltsberechtigte erste Kind, für das keine österreichische Familienbeihilfe bezogen wird. 2. Aufteilung des Familienbonus Plus betreffend das in Österreich bei der geschiedenen Ehegattin und Kindesmutter lebende, unterhaltsberechtigte zweite Kind, für das österreichische Familienbeihilfe bezogen wird, im Verhältnis 90:10 (§ 124b Z 336 EStG 1988).
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7103765/2020-RS1 | Der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht nur einem Kind zu, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***X*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der in dieser Rechtssache ergangenen Beschwerdevorentscheidung für 2019 vom , St.Nr. ***BF1StNr1***, abgeändert und die Einkommensteuer für 2019 wird mit -1.353,00 € festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dieser Beschwerdevorentscheidung vom , St.Nr. ***BF1StNr1***, zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im streitgegenständlichen Jahr 2019 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der ***LandespolizeidirektionXY***.
In seiner Arbeitnehmerveranlagungserklärung für dieses Jahr, die am beim Finanzamt elektronisch einlangte, beantragte der Bf. für seinen minderjährigen Sohn ***1***, geboren am ***2***, für den er unterhaltspflichtig ist (das Kind lebt in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit der vom Bf. seit ***5*** geschiedenen Kindesmutter ***6***, welche auch die Familienbeihilfe für ***1*** bezieht), neben dem Unterhaltsabsetzbetrag die Zuerkennung des halben Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988.
Weiters beantragte der Bf. in der Arbeitnehmerveranlagungserklärung für 2019 für seinen minderjährigen Sohn ***3***, geboren am ***4***, für den er ebenfalls unterhaltspflichtig ist (das Kind lebt in Deutschland im gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter, österreichische Familienbeihilfe wird für dieses Kind nicht bezogen), neben dem Unterhaltsabsetzbetrag die Zuerkennung des ganzen Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988.
Am erließ das Finanzamt den Bezug habenden Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagungsbescheid) für 2019, mit dem es den Unterhaltsabsetzbetrag mit insgesamt 341,28 € und den Familienbonus Plus mit insgesamt 150,00 € (letzteren zu 10% für ***1***, zu 0% für ***3***) anerkannte.
Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus, dass der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 nur für ein Kind zustehe, für das Familienbeihilfe in Österreich bezogen worden sei. Da keine österreichische Familienbeihilfe für ***3*** bezogen werde, habe der Familienbonus Plus nicht berücksichtigt werden können.
Gegen den angeführten Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagungsbescheid) erhob der Bf. am Beschwerde:
Zum Unterhaltsabsetzbetrag führte der Bf. aus, im Zuge eines Telefonats nach der Bescheidzustellung erfahren zu haben, dass dieser Absetzbetrag für ***1*** vom Sachbearbeiter ungewollt nicht berücksichtigt worden sei. Es sei dem Bf. zugesichert worden, dies im Zuge der Beschwerdeerledigung zu korrigieren.
Die Unterhaltsverpflichtung richte sich im Steuerrecht rein nach Urteilen oder Vereinbarungen; egal wie alt und hoch. Im Fall des Bf. seien dies monatlich 120,00 € gewesen. Natürlich habe er deutlich höhere Zahlungen gehabt, zudem immer wieder außertourliche Überweisungen. Ausführungen zur Verpflichtung, sein Urteil sowie Zahlungen lägen der Beschwerde bei.
Zur Aufteilung des Familienbonus Plus betreffend ***1*** im Verhältnis 90:10 zwischen der Kindesmutter und ihm führte der Bf. aus, natürlich würden die Kosten der Kinderbetreuung zur Gänze vom Konto der Kindesmutter abgebucht, wie fast überall. Jedoch seien Teile der Unterhaltsleistungen fiktiv für Betreuungskosten heranzuziehen. Siehe den Anhang zur Beschwerde zu den Ausführungen zum Regelbedarf sowie die Erläuterungen des Rechnungshofes.
Zum Familienbonus Plus bei einem Kind im Ausland argumentierte der Bf., dies wäre womöglich für jeden Fall einzeln zu beurteilen (siehe den Anhang).
Der Beschwerde waren ua. ein für den Fall der Ehescheidung zwischen dem Bf. und seiner damaligen Gattin ***6*** vor dem Bezirksgericht ***7*** geschlossener Vergleich ("Zu ***8***", ohne Datum) ua. betreffend die Obsorge, das Besuchsrecht und den Unterhaltsbeitrag des Bf. für ***1*** (S 12 BFG-Akt), eine Aufstellung der im Jahr 2019 seitens des Bf. für dieses Kind geleisteten Zahlungen (S 14 BFG-Akt), ein Auszug aus der Stellungnahme des Rechnungshofes zum Gesetzesentwurf des § 33 Abs. 3a iVm § 124b Z 336 EStG 1988, GZ. 301.355/007-2B1/18 (ohne Datum, S 15/Rückseite BFG-Akt), sowie ein Auszug aus einer Internetseite des Bundesministeriums für Finanzen betreffend "Fragen und Antworten zum "Familienbonus Plus", [Punkt] 29. Steht mir der Familienbonus Plus zu, wenn ich Unterhaltszahlungen für ein im EU-Raum (EWR oder Schweiz) lebendes Kind zahle?" (S 16 BFG-Akt), beigeschlossen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde des Bf. teilweise statt, indem es den Unterhaltsabsetzbetrag mit insgesamt 866,88 € gewährte. Die Anerkennung des Familienbonus Plus mit insgesamt 150,00 € (zu 10% für ***1***, zu 0% für ***3***) blieb hingegen unverändert.
Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus:
"Der Unterhaltsabsetzbetrag wurde für ***1*** iHv. 43,80 €/Monat und für ***3*** iHv. 28,44 €/Monat berücksichtigt.
Der Familienbonus Plus für ***3*** konnte nicht berücksichtigt werden.
Der Familienbonus Plus steht gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 nur für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) in Österreich gewährt wird. Bisher wurde für das Kind, das im EU-EWR-Raum oder der Schweiz lebt, kein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt, sodass eine Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) in Österreich nicht erfolgen kann. Erst wenn positiv über einen Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichs- oder Differenzzahlung) abgesprochen wurde, kann der Familienbonus Plus für ein Kind im EU-EWR-Raum oder der Schweiz berücksichtigt werden.
Der Familienbonus Plus für ***1*** konnte nur zu 10% berücksichtigt werden, da die überwiegenden Kinderbetreuungskosten von der Mutter geleistet wurden.
Ihrer Beschwerde wurde teilweise stattgegeben."
In seinem dagegen erhobenen Vorlageantrag vom führte der Bf. betreffend den Familienbonus Plus für ***3*** aus, mittlerweile einen Antrag auf eine solche Differenzzahlung per FinanzOnline eingebracht zu haben, eine Bearbeitung bzw. Entscheidung hierzu sei noch ausständig. Durch diesen Vorlageantrag halte sich der Bf. für den Fall der Gewährung einer Differenzzahlung die Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung auf den Familienbonus Plus für ***3*** weiterhin offen.
Zur Aufteilung des Familienbonus Plus betreffend ***1*** im Verhältnis 90:10 führte der Bf. aus, seine Argumentation in der Beschwerde inhaltlich voll aufrecht zu erhalten. Gemäß diverser Ausführungen und Erläuterungen zu dieser Aufteilungsvariante handle es sich hierbei um eine Sondervariante. Eine solche sei hier jedoch nicht gegeben, sondern vielmehr die klassische und beinahe immer vorliegende: Kind lebe bei Mutter, Vater zahle Kindesunterhalt. Wäre die Situation des Bf. daher ein solch benötigter Sonderfall, wären geschätzte 95% bei getrennten Eltern inklusive Unterhaltszahlungen auch Sonderfälle? Ebenso würden Betreuungskosten größtenteils von lediglich einem Konto der Eltern abgebucht. Diesen Umstand als Beleg dafür heranzuziehen, dass jene Person somit alleine für den Großteil der Betreuungskosten aufkomme, sei somit einfach nur falsch. Zumal die Unterhaltszahlungen gemäß Definition für den Regelbedarf eines Kindes zu leisten seien und zu diesem Regelbedarf auch Kosten der Betreuung zählten. Daher seien Teile der Unterhaltsleistungen gedanklich den Betreuungskosten hinzuzurechnen und es komme die Kindesmutter somit doch nicht überwiegend alleine hierfür auf. Zusammengefasst sei daher festzuhalten, dass Anteile der geleisteten Unterhaltszahlungen gedanklich/fiktiv für die Kinderbetreuung zu bewerten seien, die Kindesmutter komme nicht alleine für den Großteil dieser Kosten auf. Es werde eine Aufteilung des Familienbonus Plus 50:50 beantragt.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt ***Y*** den Antrag des Bf. vom auf Ausgleichszahlung für sein Kind ***3*** für den Zeitraum ab Juli 2015 mit der Begründung ab, dass, wenn ein Elternteil iSd § 2 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 mit einer Erwerbstätigkeit in Österreich einen Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung auslöse, diese Leistung jenem Elternteil zustehe, der das Kind im Ausland im gemeinsamen Haushalt habe.
Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Am wurde die Beschwerde irrtümlich ein zweites Mal dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Diese "zweite Vorlage" samt den damit zusätzlich übermittelten Aktenteilen und den Ausführungen im Vorlagebericht vom (dazu gleich unten) wird vom Verwaltungsgericht als Ergänzung zur Vorlage der Beschwerde vom gewertet.
Im Zuge dieser "zweiten Vorlage" übermittelte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht eine "an die Erziehungsberechtigten von ***1***" adressierte Bestätigung für das Finanzamt vom , wonach die ***9*** GmbH (= Kinderbetreuungsgesellschaft der ***10***) hiermit bestätigt, "… dass für die Betreuung von ***1*** in unserer Einrichtung in der ***11*** ein Betreuungsbeitrag in der Höhe von 1.757,99 € für das Jahr 2019 verrechnet wurde" (S 28 BFG-Akt).
Weiters übermittelte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht eine Transaktionsbestätigung der Kindesmutter ***6***, aus der hervorgeht, dass dieser Betrag von 1.757,99 € für die Kinderbetreuung des ***1*** von der Kindesmutter bezahlt (überwiesen) wurde (S 29 BFG-Akt).
Im Bezug habenden Vorlagebericht vom führte das Finanzamt aus, im gegenständlichen Fall sei einerseits die Anerkennung des Familienbonus Plus für das in Deutschland lebende, unterhaltsberechtigte (erste) Kind des Bf., ***3***, und andererseits die Aufteilung des Familienbonus Plus im Verhältnis 90:10 für das unterhaltsberechtigte (zweite) Kind des Bf., ***1***, strittig.
Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 stehe einem unbeschränkt Steuerpflichtigen der Familienbonus Plus für ein Kind in jenen Monaten zu, für die Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 gewährt werde. Seien die Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung bzw. Differenzzahlung gemäß § 4 FLAG 1967 erfüllt, stehe der Familienbonus Plus nach § 33 Abs. 3a Z 1 bzw. § 33 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 zu.
Anspruchsberechtigt für ein Kind, für das der Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zustehe, seien der Familienbeihilfenberechtigte und der Steuerpflichtige, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zustehe. Wohne ein unterhaltsberechtigtes Kind im EU- oder EWR-Ausland oder in der Schweiz, müssten die Voraussetzungen für eine Differenzzahlung iSd § 4 FLAG 1967 zumindest dem Grunde nach erfüllt sein, damit der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 zustehe. Ein "Nullbescheid" bei im Ausland höheren Familienleistungen sei hierbei nicht schädlich.
Im Rahmen einer Übergangsfrist von 3 Jahren (Veranlagungsjahre 2019-2021) sei für getrennt lebende Personen eine zusätzliche Aufteilungsvariante des Familienbonus Plus möglich (§ 124b Z 336 EStG 1988). Wenn ein Elternteil NEBEN den Unterhaltsleistungen den überwiegenden Teil der Kinderbetreuungskosten übernehme und die Kosten mindestens 1.000,00 € betrügen, könne der Familienbonus Plus auf Antrag zugunsten dieses Elternteils im Verhältnis 90:10 aufgeteilt werden.
Dafür müssten die Voraussetzungen für das Vorliegen von Kinderbetreuungskosten gemäß § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 EStG 1988 idF vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018 gegeben sein. Der Unterhaltsverpflichtete habe nur dann Anspruch auf 90% des Familienbonus Plus, wenn er einerseits den gesetzlichen Unterhalt vollständig leiste und darüber hinaus noch für Kinderbetreuung aufkomme. Würden die 90% von beiden Elternteilen beantragt, sei im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu klären, welcher Elternteil die Voraussetzungen erfüllt habe.
1. Für das Kind ***1*** bedeute dies:
Die Kindeseltern des minderjährigen ***1*** (geboren am ***2***) seien seit ***5*** geschieden, der Sohn lebe im gemeinsamen Haushalt der Kindesmutter, welche auch Familienbeihilfe beziehe. Der Bf. leiste monatlich den gesetzlichen Unterhalt und zusätzlich Beiträge zum Geburtstag oder für sportliche Aktivitäten. [Anm.: Siehe die oben angeführte Aufstellung der im Jahr 2019 seitens des Bf. für ***1*** geleisteten Zahlungen, S 14 BFG-Akt.]
***1*** besuche den Kindergarten der ***9*** GmbH, die Zahlungen lt. Rechnung (Betreuungsbeitrag) in der Höhe von 1.757,99 € habe die Kindesmutter lt. den beiliegenden Kontoabbuchungen geleistet. Sie habe im Zuge der Veranlagung 2019 90% des Familienbonus Plus beantragt und aufgrund der vorgelegten Nachweise diesen auch erhalten.
Der Bf. mache in seiner Beschwerde und in seinem Vorlageantrag 50% [Anm.: Im Vorlagebericht vom hat das Finanzamt irrtümlich 90% angeführt] des Familienbonus Plus mit der Begründung geltend, dass die Betreuungskosten zum Regelbedarf eines Kindes zählten und daher Teile der Unterhaltsleistungen zu den Kosten der Kinderbetreuung zählten.
Mangels Erfüllung der oa. Voraussetzungen - Zahlung von Kinderbetreuungskosten zusätzlich zum gesetzlichen Unterhalt - könne der Familienbonus Plus allerdings nur im Ausmaß von 10% anerkannt werden.
2. Für das Kind ***3*** bedeute dies:
Der Bf. sei als Vater des minderjährigen ***3*** (geboren am ***4***) zu Unterhaltszahlungen verpflichtet und mache aus diesem Titel den Familienbonus Plus für ***3*** geltend. Das Kind lebe mit der Kindesmutter in Deutschland. [Anm.: Österreichische Familienbeihilfe wird für ***3*** nicht bezogen.] Der Bf. habe einen Antrag auf Ausgleichszahlung für ***3*** gestellt, welcher mit Bescheid des Finanzamts vom abgewiesen worden sei. Als Begründung sei angeführt worden, dass ein Elternteil mit einer Erwerbstätigkeit in Österreich gemäß § 2 Abs. 3 FLAG 1967 zwar einen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) auslöse, die Leistung allerdings jenem Elternteil zustehe (hier: der Kindesmutter), mit dem das Kind im ausländischen gemeinsamen Haushalt lebe.
Da die (in Deutschland lebende) Kindesmutter von ***3*** bis zum heutigen Tag keinen Antrag auf Ausgleichszahlung in Österreich gestellt habe, bestehe derzeit kein Anspruch (auch nicht dem Grunde nach) auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung), weshalb dem Bf. in keinem Monat der Familienbonus Plus zustehe.
Es werde daher beantragt, die Vorlage sowohl hinsichtlich der Aufteilung des Familienbonus Plus für ***1*** (der Bf. hat die Zuerkennung des halben Familienbonus Plus für ***1*** beantragt) als auch hinsichtlich der Anerkennung des Familienbonus Plus für ***3*** (der Bf. hat die Zuerkennung des ganzen Familienbonus Plus für ***3*** beantragt) abzuweisen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
I. Rechtsgrundlagen:
§ 33 Abs. 3a EStG 1988 in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung lautet:
"(3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
2. Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:
a) Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.
b) Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen.
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
4. (Ehe-)Partner im Sinne der Z 3 ist eine Person, mit der der Familienbeihilfenberechtigte verheiratet ist, eine eingetragene Partnerschaft nach dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG begründet hat oder für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Lebensgemeinschaft lebt. Die Frist von sechs Monaten im Kalenderjahr gilt nicht, wenn dem nicht die Familienbeihilfe beziehenden Partner in den restlichen Monaten des Kalenderjahres, in denen die Lebensgemeinschaft nicht besteht, der Unterhaltsabsetzbetrag für dieses Kind zusteht.
5. § 26 Abs. 3 zweiter Satz der Bundesabgabenordnung kommt nicht zur Anwendung. Davon ausgenommen sind Ehegatten und Kinder von Steuerpflichtigen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig sind.
6. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Familienbonus Plus beantragt wird, anzugeben.
7. Der Bundesminister für Finanzen hat die technischen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung zu stellen."
§ 124b Z 336 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"336. § 34 Abs. 9 und § 106a, jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018 sind letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden. Abweichend von § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b kann in der Veranlagung für die Kalenderjahre 2019 bis 2021 für ein Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, entweder der Familienbeihilfenberechtigte oder der Steuerpflichtige, der den gesetzlichen Unterhalt im Kalenderjahr zur Gänze leistet, 90% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus beantragen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a) Es erfolgte eine Betreuung des Kindes entsprechend § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018.
b) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr mehr als die Hälfte der Aufwendungen für diese Kinderbetreuung geleistet.
c) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr zumindest 1.000 Euro für diese Kinderbetreuung aufgewendet.
Wird dem Antrag entsprochen, stehen dem anderen Antragsberechtigten 10% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus zu. […]"
II. Festgestellter Sachverhalt und rechtliche Würdigung:
Zum festgestellten Sachverhalt, von dem das Bundesfinanzgericht ausgeht, siehe - zur Vermeidung von Wiederholungen - die oben in der Darstellung des Verfahrensgangs in diesem Erkenntnis wiedergegebenen, zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde in deren Vorlagebericht vom , Punkt "1. Für das Kind ***1*** bedeutet dies" und Punkt "2. Für das Kind ***3*** bedeutet dies".
Die sorgfältige Beweiswürdigung der belangten Behörde, wie sie im Vorlagebericht vom zum Ausdruck kommt, ist nicht zu beanstanden, weshalb es im Wesentlichen genügt, auf die diesbezüglichen Ausführungen (siehe oben in der Darstellung des Verfahrensgangs) zu verweisen und sie zum integrierenden Bestandteil dieser Beschwerdeentscheidung zu erklären.
Ergänzend dazu ist seitens des Bundesfinanzgerichtes Folgendes festzuhalten:
Bei der zusätzlichen, in § 124b Z 336 EStG 1988 normierten Aufteilungsvariante des Familienbonus Plus im Verhältnis 90:10 handelt es sich um eine alternative Möglichkeit, die der Gesetzgeber für die Veranlagung der Kalenderjahre 2019-2021 ausdrücklich für zulässig erklärt hat und die die Kindesmutter des ***1*** - da sie nach den Ergebnissen des Veranlagungsverfahrens (Vorlage der diesbezüglichen Nachweise) die überwiegenden Kinderbetreuungskosten getragen hat - zu Recht in Anspruch genommen und auch rechtskonform zuerkannt bekommen hat:
Den Betreuungsbeitrag für den Besuch des Kindergartens durch ***1*** in Höhe von 1.757,99 € hat nämlich nachweislich die Kindesmutter bezahlt, während sich die Ausgaben des Bf. lt. seiner Aufstellung der im Jahr 2019 für ***1*** geleisteten Zahlungen (S 14 BFG-Akt) neben dem gesetzlichen Unterhalt auf Beiträge für sportliche Aktivitäten (zB Fußball, Trainingsgewand) und Geburtstage ("Beteiligung allg. Geb.geschenk", "Beteiligung Geb.feier ***1***") in Höhe von gesamt 935,00 € beschränken. Dass es sich dabei - wie von § 124b Z 336 lit. a und c EStG 1988 ausdrücklich gefordert - um Kinderbetreuungskosten gemäß § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 EStG 1988 idF vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018 in Höhe von mindestens 1.000,00 € gehandelt hat, hat der Bf. somit nicht dargelegt.
Die rechtliche Würdigung des Finanzamtes, dass die überwiegenden Kinderbetreuungskosten betreffend ***1*** von dessen Mutter getragen wurden (diese überschreiten auch den von § 124b Z 336 lit. c EStG 1988 geforderten Betrag von zumindest 1.000,00 €, siehe oben), weshalb ihr gesetzeskonform 90% des Familienbonus Plus (und dem Bf. nur 10% davon) zuerkannt wurden, ist somit nicht zu beanstanden, weshalb dem Begehren des Bf. auf Aufteilung des für ***1*** gewährten Familienbonus Plus im Verhältnis 50:50 nicht gefolgt werden kann.
Zum Antrag auf Zuerkennung des ganzen Familienbonus Plus für ***3*** ist festzuhalten, dass der Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 nur einem Kind, für das Familienbeihilfe (bzw. eine Ausgleichs-/Differenzzahlung) nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (somit österreichische Familienbeihilfe) gewährt wird, zusteht.
Für den mit seiner Mutter im gemeinsamen deutschen Haushalt lebenden ***3*** wird derzeit aber unstrittig keine österreichische Familienbeihilfe bezogen, und die Leistung derselben oder einer Ausgleichs-/Differenzzahlung steht jenem Elternteil zu, mit dem das Kind im ausländischen gemeinsamen Haushalt lebt (hier: der Kindesmutter von ***3*** und nicht dem Bf.).
Da aber die (in Deutschland lebende) Kindesmutter von ***3*** bis zum heutigen Tag keinen Antrag auf Ausgleichszahlung in Österreich gestellt hat, besteht derzeit kein Anspruch (auch nicht dem Grunde nach) auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung), weshalb dem Bf. in keinem Monat der Familienbonus Plus für ***3*** zusteht und sein diesbezügliches Begehren abzuweisen ist.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen ergaben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 124b Z 336 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Anmerkung | Abweichend: GZ RV/5101183/2020 vom |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103765.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at