Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens iZm rechtlich nicht existierenden Rechtsmitteln, die für ein nicht (mehr) rechtsfähiges Gebilde erhoben worden sind
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7104401/2019-RS1 | Eine (vermeintliche) Beschwerde, die von einem berufsmäßigen Parteienvertreter für ein nicht (mehr) rechtsfähiges Gebilde erhoben wird, ist rechtlich nicht existent. Über eine solche vermeintliche Beschwerde kann nicht entschieden werden. Das BFG kann nur das infolge Vorlage und Protokollierung der vermeintlichen Beschwerde anhängig gewordene verwaltungsgerichtliche Verfahren einstellen. Ein diesbezüglicher Beschluss kann nur an das vorlegende Finanzamt ergehen. |
RV/7104401/2019-RS2 | Die Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgrund der rechtlichen Nichtexistenz einer vorgelegten vermeintlichen Beschwerde, welche für ein nicht (mehr) rechtsfähiges Gebilde erhoben worden ist, stellt keine "Erledigung" der Beschwerde iSd § 272 Abs. 1 BAO dar, sodass dafür kein Senatsverfahren vorgesehen ist. |
RV/7104401/2019-RS3 | Die Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgrund der rechtlichen Nichtexistenz einer vorgelegten vermeintlichen Beschwerde, die für ein nicht (mehr) rechtsfähiges Gebilde erhoben worden ist, stellt keine Entscheidung "[ü]ber die Beschwerde" iSd § 274 Abs. 1 BAO dar, sodass keine mündliche Verhandlung vorgesehen ist. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch den RichterR zu folgenden, samt Vorlagebericht vom an das BFG vorgelegten, vermeintlichen Rechtsmitteln:
von der steuerlVertreter1alterFirmenwortlaut, FN steuerlVertr1Firmenbuchnummer (nunmehriger Firmenwortlaut: steuerlVertr1neuerFirmenwortlaut) mit Schreiben vom für die nicht (mehr) parteifähige nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin) & atypisch stille Gesellschaft, Steuernummer 06-***BF1StNr1***erhobene vermeintliche Berufung (nunmehr: vermeintliche Beschwerde) gegen Feststellungsbescheide nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für 2003 bis 2006 und gegen Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2003 bis 2006 des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom ,
von steuerlicherVertreter2 mit Schreiben vom für die nicht (mehr) parteifähige nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin & atypisch Still, Steuernummer: 06-***BF1StNr1*** gestellter, vermeintlicher Vorlageantrag aufgrund zweier, abweisender Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom hinsichtlich Feststellungen gemäß § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für 2003 bis 2005 und Wiederaufnahme Feststellungsverfahren 2003 bis 2005,
beschlossen:
Die diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren werden eingestellt.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Begründung
Zivilrechtliche Vorgänge:
Die atypisch stille Gesellschaft, welche der Angelegenheit zugrundeliegt, wurde mit Vertrag vom - gemäß Art. IV UmgrStG (Zusammenschluss) rückwirkend zum - zwischen der alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin, FN FBnummerExGeschäftsherrin als Geschäftsherrin und der ersteBeteiligungsKG, FN FBnummerErsteBeteilKG als atypisch stiller Gesellschafterin errichtet. In § 2 Abs. 7 des Vertrages vom wird ausgeführt: Der stille Gesellschafter bzw. dessen Kommanditist wird mit dritten Personen - im folgenden kurz "Treugeber" genannt - jeweils den Treuhand- und Verwaltungsvertrag laut Anlage ./3 abschließen bzw. hat solche bereits abgeschlossen. Nach diesem Vertrag sind die Treugeber gemäß § 24 BAO wirtschaftliche Eigentümer der stillen Gesellschaftseinlagen, die der stille Gesellschafter (mittelbar) für die Treugeber hält. Den Treugebern stehen daher mittelbar alle Rechte und Pflichten aus dem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis zu. Der stille Gesellschafter ist verpflichtet, dem Geschäftsherrn Name und Anschrift der Treugeber sowie die Höhe der auf sie jeweils entfallenden Gesellschaftseinlage auf Wunsch schriftlich bekannt zu geben. Treugeber kann jede natürliche und juristische in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Person sein.
Es ist strittig, ob es auf Basis der vorgenannten atypisch stillen Gesellschaft zu einer Mitunternehmerschaft gekommen ist, sodass die diesbezügliche Personenvereinigung gemäß § 78 Abs. 2 lit. a BAO überhaupt jemals eine abgabenrechtliche Parteifähigkeit hatte. Dies kann - ebenso wie die Themen Art. IV UmgrStG und § 24 BAO - zur Begründung des vorliegenden Beschlusses des BFG aber dahingestellt bleiben.
Die atypisch stille Beteiligung wurde mit Zusammenschlussvertrag vom rückwirkend zum (Art. IV UmgrStG - Zusammenschluss, was natürlich nur bei Bestehen einer Mitunternehmerschaft relevant wäre) von der ersteBeteiligungsKG, FN FBnummerErsteBeteilKG (abkürzt: ´AbkErsteBeteilKG´) auf die dritteBeteiligungsKG, FN FBnummerDritteBeteilKG (abgekürzt: ´AbkDritteBeteilKG´) übertragen.
Die ´AbkErsteBeteilKG´ hatte als Gesellschafter: KomplementärinGmbH (unbeschränkt haftend, Komplementärin) und KommanditistGmbH (Kommanditistin).
Die ´AbkDritteBeteilKG´ hat dieselben Gesellschafter.
Die atypisch stille Beteiligung wurde am rückwirkend zum gemäß Art. III UmgrStG (Einbringung) in die alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin eingebracht (Gegenleistung: Anteile für ´AbkDritteBeteilKG´).
Das Vermögen der ersteBeteiligungsKG, FN FBnummerErsteBeteilKG (´AbkErsteBeteilKG´) wurde laut Firmenbucheintragung vom Februar2007 gemäß § 142 UGB von ihrer bisherigen Kommanditistin, der KommanditistGmbH übernommen. Damit ist die ersteBeteiligungsKG, FN FBnummerErsteBeteilKG (´AbkErsteBeteilKG´) ohne Liquidation erloschen und ihre Gesamtrechtsnachfolgerin ist die KommanditistGmbH. (Vgl. auch Ritz, BAO6, § 19 Tz 1)
Im Oktober 2007 wurde der Konkurs über das Vermögen der (ehemaligen) Geschäftsherrin alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin eröffnet, was gemäß § 185 Abs. 2 UGB die Auflösung der gegenständlichen stillen Gesellschaft bewirkt hätte, wenn sie nicht vorher, nämlich durch Einbringung der stillen Beteiligung in die Geschäftsherrin aufgelöst worden wäre.
Am Oktober2009 wurde der Konkurs über die ehemalige Geschäftsherrin alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin nach Annahme des Zwangsausgleiches aufgehoben. Der Firmenwortlaut der ehemaligen Geschäftsherrin wurde am Jänner2010 auf nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin geändert.
Steuerliche Vorgänge und Folgerungen:
In den drei Wirtschaftsjahren, die am bzw. am bzw. am endeten, waren die alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin, St.Nr. StNrExGeschäftsherrin sowie die ersteBeteiligungsKG, (´AbkErsteBeteilKG´), St.Nr. StNrErsteBeteilKG zunächst die beiden relevanten Bestandteile der hier für die Jahre 2003 bis 2005 gegenständlichen Personenvereinigung, wobei aber - wie erwähnt - die Eigenschaft als Mitunternehmerschaft (und damit als abgabenverfahrensrechtlich parteifähig gewesene Personenvereinigung) strittig ist. (Später wurden ca. 230 treuhändisch an der ´AbkErsteBeteilKG´ beteiligte Gesellschafter bekannt und für die Gestaltung der Bescheide relevant.) Die Personenvereinigung wurde in den Erklärungen der Einkünfte von Personengesellschaften für 2003 bzw. für 2004 bzw. für 2005 als "MituntBezeichSteuererklärung" bezeichnet. In diesen Erklärungen wurden jeweils ein Einkünfteanteil
der St.Nr. StNrErsteBeteilKG, d.h. der ersteBeteiligungsKG, FN FBnummerErsteBeteilKG (´AbkErsteBeteilKG´) und
der St.Nr. StNrExGeschäftsherrin, d.h. der alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin, FN FBnummerExGeschäftsherrin
zugewiesen. In den Bescheiden des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom bzw. bzw. zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 für das Kalenderjahr 2003 bzw. 2004 bzw. 2005 wurden jeweils die Einkünfte erklärungsgemäß festgestellt und die Einkunftsanteile erklärungsgemäß zugewiesen. Die Bescheide enthalten jeweils als materiellen Bescheidadressaten: "MituntBezeichBescheid".
In dem am beendeten Wirtschaftsjahr waren die alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin, FN FBnummerExGeschäftsherrin, St.Nr. StNrExGeschäftsherrin sowie (anders als in den Vorjahren) die dritteBeteiligungsKG, FN FBnummerDritteBeteilKG (´AbkDritteBeteilKG´), St.Nr. StNrDritteBeilKG zunächst die beiden relevanten Bestandteile der hier für das Jahr 2006 gegenständlichen Personenvereinigung.
Aber weiterhin wurde in der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für 2006 die Personenvereinigung als "MituntBezeichSteuererklärung" bezeichnet und jeweils ein Einkünfteanteil
der St.Nr. StNrErsteBeteilKG, d.h. der ersteBeteiligungsKG
und der St.Nr. StNrExGeschäftsherrin, d.h. der alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin
zugewiesen. Im vermeintlichen Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 für das Kalenderjahr 2006 wurden jeweils die Einkünfte erklärungsgemäß festgestellt und die Einkunftsanteile erklärungsgemäß zugewiesen. Der vermeintliche Bescheid enthält als materiellen Bescheidadressaten: "MituntBezeichBescheid". Da die Mitunternehmerschaft und damit die abgabenrechtlich parteifähige Personenvereinigung - wenn eine solche bestanden hatte - am schon beendet war, ging der vermeintliche Bescheid vom jedenfalls ins Leere und war rechtsunwirksam. (Vgl. auch Ritz, BAO6, § 79 Tz 1, Tz 12 und 12a, Tz 3 f. mit Verweis auf Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB § 79 S. 226)
Gegen den (vermeintlichen) Bescheid vom wurde durch die alterFirmenwortlautsteuerlVertreter3 (nunmehriger Firmenwortlaut: neuerFirmenwortlautsteuerlVertreter3) mit Schreiben vom namens und auftrags der
MituntBezeichBescheid [Anm. des BFG: damals bereits beendet und nicht mehr parteifähig],
Rechtsnachfolger der ersteBeteiligungsKG, St.Nr. StNrErsteBeteilKG [Anm. des BFG: Rechtsnachfolger ist die KommanditistGmbH],
dritteBeteiligungsKG, St.Nr. StNrDritteBeilKG
Berufung erhoben. Unter Verweis auf die Übertragung des Mitunternehmeranteiles der ersteBeteiligungsKG an der MituntBezeichBescheid auf die dritteBeteiligungsKG wurde beantragt, den Ergebnisanteil der dritteBeteiligungsKG zuzuweisen.
Diese Berufung kann der - jedenfalls zum Zeitpunkt der Berufungserhebung - nicht (mehr) parteifähigen MituntBezeichBescheid nicht als Berufungswerberin zugerechnet werden. Die Berufung kann aber zwei berufungswerbenden Gesellschaften zugerechnet werden, nämlich der KommanditistGmbH und der dritteBeteiligungsKG. Die Berufung(en) der beiden Berufungswerberinnen wären nach Ansicht des BFG wegen rechtlicher Nichtexistenz des Anfechtungsobjektes (vermeintlicher Bescheid vom ) eigentlich als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die u.a. an die beiden Berufungswerberinnen ergangene Berufungsvorentscheidung vom hob stattdessen den vermeintlichen Bescheid vom auf. Beide Varianten haben im Endeffekt keinen Unterschied.
Von 2008 bis 2013 wurde eine Außenprüfung durchgeführt. Laut Niederschrift über die Außenprüfungs-Schlussbesprechung vom sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise von Beginn an eine Kapitalbeteiligung geplant gewesen. Die zivilrechtliche Ausgestaltung in Form einer atypisch stillen Gesellschaft habe nur dem Zweck gedient, bei den Beteiligten die Verluste verwertbar zu machen. Dies bedeute für die alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin & atyp. stiller Gesellschafter, dass Nichtfeststellungsbescheide für die Zeiträume 2003 bis 2006 zu erlassen seien. Die Gesamtverluste seien bei der alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin festzusetzen.
Nach der Außenprüfung ergingen hinsichtlich 2003 bis 2005 folgende, jeweils mit datierte und an "nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin) & atypisch stille Gesellschafter lt. Spruch" gerichtete Bescheide, wobei in den Sprüchen die nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin), die ursprKommandistGmbH (als Rechtsnachfolgerin der ErsteBeteiliggKG) sowie die vorerwähnten ca. 230 Treugeber angeführt waren:
Bescheid über die Wiederaufnahme des Einkünftefestellungsverfahrens für 2003,
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO, wonach für 2003 eine Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO unterbleibt,
Bescheid über die Wiederaufnahme des Einkünftefestellungsverfahrens für 2004,
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO, wonach für 2004 eine Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO unterbleibt,
Bescheid über die Wiederaufnahme des Einkünftefestellungsverfahrens für 2005,
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO, wonach für 2005 eine Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO unterbleibt,
Weiters erging - datiert mit - eine Berufungsvorentscheidung, welche aufgrund der Berufung vom den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2006 vom gemäß § 276 Abs. 1 BAO aufhob betreffend
- die nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin),
- die ursprKommandistGmbH (als Rechtsnachfolgerin der ErsteBeteiliggKG),
- die vorerwähnten ca. 230 Treugeber,
- die DritteBeteiliggKG.
Materieller Adressat der Berufungsvorentscheidung waren: "nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin) & atypisch stille Gesellschafter lt. Spruch".
Weiters erging - datiert mit - ein Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO, wonach eine Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO für das Jahr 2006 betreffend nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin & angeführte ehemalige atypisch stille Gesellschafter unterbleibt für erstens nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin) und zweitens DritteBeteiliggKG.
Mit Schreiben vom erhob die steuerlVertreter1alterFirmenwortlaut auftrags ihres - mit "nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals alterFirmenwortlautExGeschäftsherrin) & atypisch stille Gesellschaft, Steuernummer: 06-***BF1StNr1***" bezeichneten - Klienten Berufung gegen folgende Bescheide vom , zugestellt am :
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für 2003,
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Festellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2003,
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für 2004,
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Festellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2004,
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für 2005,
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Festellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2005
Feststellungsbescheid nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für 2006,
(nicht ergangener) Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2006
Es wurde die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Zu diesem (vermeintlichen) Rechtsmittel erließ das Finanzamt Wien 8/16/17 einen mit datierten Mängelbehebungsauftrag.
Der Mängelbehebungsauftrag wurde mit Schreiben vom beantwortet, worin im Übrigen nicht mehr auf den nicht ergangenen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2006 eingegangen wird.
Gegen die Berufungsvorentscheidung vom hinsichtlich Feststellung 2006 ist laut Aktenlage kein Vorlageantrag erhoben worden, sodass die diesbezügliche Berufung vom erledigt ist.
Als Klient, für den die (vermeintliche) Berufung vom erhoben worden ist, kann nur die nicht mehr bestehende und daher nicht mehr (abgabenverfahrensrechtlich) parteifähige Personenvereinigung angesehen werden, welche aus den Gesellschaftern der atypisch stillen Gesellschaft bestanden hatte oder hätte bestehen sollen. Denn eine zivilrechtlich nicht rechts- und parteifähige Personengruppe (hier: die Beteiligten an einer nicht im Firmenbuch als Personengesellschaft eingetragenen Mitunternehmerschaft) erhält durch § 78 Abs. 2 lit. a BAO eine abgabenverfahrensrechtliche Parteifähigkeit, damit sie Bescheidadressaten der gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO an sie als Personenvereinigung ergehenden Einkünftefeststellungsbescheide sein kann. Sobald die im Firmenbuch nicht eingetragene Mitunternehmerschaft nicht mehr besteht, d.h. ab ihrer Auflösung (Ende des gemeinsamen Erzielens von Einkünften), haben Einkünftefeststellungsbescheide gemäß § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen zu ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind, und nicht mehr an die beendete Personenvereinigung. Letztere ist nach Beendigung der Mitunternehmerschaft nicht mehr als Bescheidadressatin iSd § 191 Abs. 1 BAO nötig und verliert mit Beendigung der Mitunternehmerschaft ihre Parteifähigkeit.
Die vermeintliche Beschwerde/Berufung vom wurde - ebenso wie die bereits erledigte (vgl. oben) Berufung vom - mit Vorlagebericht vom an das BFG vorgelegt. Während zur Berufung vom ein formeller Verfahrensabschluss mittels der Berufungsvorentscheidung vom erfolgt ist, stellt sich die Frage, wie mit der vermeintlichen Berufung/Beschwerde vom weiter zu verfahren ist. Eine Erledigung der vermeintlichen Beschwerde, z.B. mit Zurückweisung, ist nicht möglich, weil es im rechtlichen Sinne die Beschwerde vom nicht gibt und schon ursprünglich als Berufung nicht gegeben hat. Nötig ist jedoch die formelle Einstellung des diesbezüglichen BFG-Verfahrens (verwaltungsgerichtlichen Verfahrens), welches infolge der Vorlage der vermeintlichen Beschwerde/Berufung vom durch Protokollierung beim BFG anhängig wurde.
Das verwaltungsgerichtliche Verfahren iZm der vermeintlichen Berufung (bzw. vermeintlichen Beschwerde) vom wird folglich eingestellt. Denn über ein von einem nicht (mehr) parteifähigen Gebilde erhobenes Rechtsmittel kann nicht einmal durch Zurückweisung (oder hier: zum Teil durch Zurücknahmeerklärung infolge Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich 2006) entschieden werden.
Mit Schreiben vom berief sich steuerlicherVertreter2 gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 iVm § 88 Abs. 9 WTBG auf die ihm von der nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin und der verkürztBezeichngExMitunternehmerschaft (06-***BF1StNr1***) erteilte steuerliche Spezialvollmacht ohne Zustellvollmacht, wobei dies nur hinsichtlich der GmbH relevant sein kann, aber hinsichtlich der nicht (mehr) rechtsfähigen Personenvereinigung ins Leere gegangen ist. Sodann wurde im Schreiben vom vorgebracht:
Der Mitunternehmeranteil der ersteBeteiligungsKG an der nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin & atypisch Still sei mit Zusammenschlussvertrag gemäß Art. IV UmgrStG vom rückwirkend zum in die dritteBeteiligungsKG übertragen worden. Solche Zusammenschlüsse bedeuteten mangels zivilrechtlicher Regelung Einzelrechtsnachfolge.
Der Wechsel des Stillen in 2006 im Wege der Einzelrechtsnachfolge bedeute das Ende der bisherigen Mitunternehmerschaft. Demnach hätten die Wiederaufnahme- bzw. Feststellungsbescheide für 2003 bis 2005 vom an die zuletzt beteiligten Gesellschafter gerichtet werden müssen. (Verweis auf und )
Der stets gleichlautende Adressat dieser Erledigungen weise auf ein noch lebendes Gebilde hin. Er laute: "An
nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (vormals …) & atypisch stille Gesellschafter lt. Spruch
z.H. steuerlVertreter1alterFirmenwortlaut …"
Solcherart hätten diese Erledigungen keine Bescheidqualität erlangt.Das Vorliegen von Einzelrechtsnachfolge werde von BP und Finanzamt bei den beiden Erledigungen für 2006 ungewollt bestätigt, indem die BVE vom noch den "alten" Stillen ausweise und im Feststellungsbescheid vom selben Tag bereits der neue Stille aufscheine. [Anmerkung des BFG: Ganz am Ende des Spruches der BVE scheint auch der neue Stille (dritteBeteiligungsKG) auf. Im Feststellungsbescheid scheint der "alte" Stille tatsächlich nicht auf.]
Verweis auf Judikaturlinie des VwGH: "… An nicht (mehr) existente Personengemeinschaften gerichtete Bescheide gehen ins Leere …"
Verweis auf Judikaturlinie des VwGH: Wirkung eines Feststellungsbescheides nur, wenn Bescheid in seinem Spruch seinen Adressaten gesetzmäßig bezeichnet und wenn der Bescheid zugestellt ist oder kraft Zustellfiktion als zugestellt gilt.
An der gesetzmäßigen Bezeichnung des Bescheidadresssaten hapere es hier.Anmerkungen des BFG: Auf die weiteren Ausführungen zu Verjährung und Nichtvoliegen eines Gestaltungsmissbrauches wird hier nicht eingegangen. Die vorstehenden Argumente sprechen nach Ansicht des BFG nicht gegen die Vorgangsweise mit dem vorliegenden Beschluss, sondern unterstützen sie.
Das Finanzamt Wien 8/16/17 erließ an "die ehemaligen Gesellschafter der vormaligen nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin & atypisch stille Gesellschafter lt Spruch" zwei mit datierte Beschwerdevorentscheidungen, mit welchen:
die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Feststellungsbescheide 2003, 2004 und 2005 abgewiesen wurde,
die Beschwerde vom gegen die Feststellungsbescheide nach § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO für die Jahre 2003, 2005 und 2005 abgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom , eingebracht per Telefax, stellte steuerlicherVertreter2 für seine Mandantin zu den beiden abweisende BVEs vom einen (vermeintlichen) Vorlageantrag unter Beantragung einer mündlichen Verhandlung. Zur Identifizierung der Mandantin steht aus dem Rubrum zur Verfügung:
"Steuernummer: 06-***BF1StNr1***
nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin & atypisch Still".
Letzteres kann nur bedeuten, dass als Mandantin die nicht (mehr) bestehende und daher nicht (mehr) abgabenverfahrensrechtlich parteifähige Personenenvereinigung anzusehen ist.
Auch die Bezeichnung der Steuernummer in der zentrales EDV ("nunmehrFirmenwortlautExGeschäftsherrin (ehemalsFirmenwortlaut) & Stille") deutet auf dasselbe hin.
Der (vermeintliche) Vorlageantrag vom ist daher für die nicht (mehr) bestehende und daher nicht (mehr) abgabenverfahrensrechtlich parteifähige Personenvereinigung (Mitunternehmerschaft), welche aus den Gesellschaftern der atypisch stillen Gesellschaft bestanden hatte oder hätte bestehen sollen, gestellt worden. Daher gibt es rechtlich den Vorlageantrag vom nicht.
Im Regelfall erfolgt keine isolierte Entscheidung über einen Vorlageantrag; vielmehr bewirkt der Vorlageantrag, dass über die durch Beschwerdevorentscheidung erledigte Beschwerde nochmals das Verwaltungsgericht (BFG) entscheiden kann. Wenn ein Vorlageantrag jedoch unzulässig oder verspätet ist, hat das Verwaltungsgericht (BFG) gemäß § 264 Abs. 5 BAO die Aufgabe, isoliert über den Vorlageantrag mittels Zurückweisung abzusprechen.
Eine Zurückweisung des vermeintlichen Vorlageantrages vom ist nicht möglich, weil es ihn rechtlich nicht gibt. Es kann auch diesbezüglich nur die einzig verbleibende Vorgangsweise beschritten werden, und zwar das verwaltungsgerichtliche Verfahren iZm dem vermeintlichen Vorlageantrag vom einzustellen.
Die Regelungen für Entscheidung durch den Senat bzw. mündliche Verhandlung sind für die Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht anwendbar, denn es geht hier nicht um die "Erledigung" einer Beschwerde bzw. die Entscheidung "[ü]ber" eine Beschwerde. Vgl. § 272 Abs. 1 BAO: "Sind für die Erledigung von Beschwerden … Senate vorgesehen …". Vgl. § 274 Abs. 1 BAO: "Über die Beschwerde … mündliche Verhandlung …".
Sohin ist der vorliegende Beschluss vom Einzelrichter ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.
Da es hinsichtlich der vermeintlichen Beschwerde (Berufung) vom keine beschwerdeführende Partei gibt und hinsichtlich des vermeintlichen Vorlageantrages vom keine antragstellende Partei gibt, kann der vorliegende Beschluss nur an das Finanzamt Wien 8/16/17 ergehen und nur diesem zugestellt werden. Die vom Finanzamt an das BFG vorgelegten körperlichen Akten (Feststellungsakt, BP-Akt) werden gesondert an das Finanzamt zurückübermittelt.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art. 133 Abs. 4 B-VG)
Da über die Vorgangsweise der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens infolge rechtlicher Nichtexistenz von Beschwerde und Vorlageantrag bisher keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersichtlich ist, kommt den diesbezüglich zu lösenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zu.
Die Revision ist daher zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 272 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 78 Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104401.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at