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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2021, RV/2100905/2019

NoVA-Vergütung gemäß § 12a NoVAG nach widerrechtlicher Verwendung im Inland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache der Bf, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TREUHAND UNION Klagenfurt Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GmbH & Co KG, Dr.-Franz-Palla-Gasse 21, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Abweisung eines Antrages aufNoVA-Vergütung (für 1/2019) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und der Vergütungsbetrag gemäß § 12a NoVAG mit € 585,93 festgesetzt.

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie die Berechnung der festgesetzten Abgabe sind der Begründung bzw. dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen; dieses bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine GmbH mit Sitz in Deutschland.

Mit Bescheid vom wurde ihr für die Verwendung des PKW Skoda Octavia Combi Style 2.0 TDI, Fahrgestellnummer ABC123, mit dem behördlichen (deutschen) Kennzeichen H-1234, eine Normverbrauchsabgabe (NoVA) für den Zeitraum 12/2017 iHv. € 1.283,61 (samt Verspätungszuschlag) vorgeschrieben. Laut Bescheidbegründung stützte das Finanzamt diese Festsetzung auf § 1 Z 3 NoVAG. Die Bf. betreibe in der Steiermark eine Niederlassung. Das Fahrzeug habe sie ab einem Dienstnehmer zur Benutzung überlassen.

In einer - dieser NoVA-Vorschreibung vorangehenden - Vorhaltsbeantwortung vom führte die Bf. ua. aus: Die Bf. habe ein Vertriebsbüro in Österreich eingerichtet, die Unternehmenszentrale befinde sich in Hamburg. In Österreich seien vier Mitarbeiter beschäftigt. Das gegenständliche Fahrzeug werde auf Grund eines Nutzungsvertrages einem Mitarbeiter zur Verfügung gestellt (Sachbezug) und für Kundenbesuche eingesetzt. Das Fahrzeug werde seit teilweise und zwischenzeitig überwiegend in Österreich verwendet.

Der gegenständliche Skoda Octavia Combi wurde laut vorliegender Leasingbestätigung vom von der Skoda Leasing, einer Zweigniederlassung der Volkswagen Leasing GmbH, mit Sitz in Deutschland geleast.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. eine Vergütung der NoVA für den Monat 1/2019 in (voller) Höhe des ursprünglich festgesetzten Betrages. Der PKW sei laut unter Einem vorgelegter CMR-Bescheinigung nach Deutschland verbracht worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf. auf NoVA-Vergütung ab. Im Falle der gewerblichen Vermietung sei nicht der Mieter (Leasingnehmer), sondern der Vermieter vergütungsberechtigt. Da der PKW in Österreich nie zugelassen gewesen sei und es sich um "fiktive Novazahlungen handelt (festgesetzt durch die FinPol Feldbach)", sei eine Vergütung nicht zulässig.

In der dagegen erhobenen Beschwerde bringt die Bf. ua. vor:

"Die [Bf.] mit Sitz in Hamburg Deutschland betreibt in Österreich ein reines Vertriebsbüro mit wenigen Angestellten. (…) Während einer finanzpolizeilichen Überprüfung im Jahr 2018 wurde festgestellt, dass ein österreichischer Dienstnehmer der Bf. ein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug (Skoda Octavia Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen H-1234* und der FIN ABC123), deren dauernder Standort in Österreich ist, verwendet. Damit wurde gegen § 82 (8) KFG und die damit zusammenhängende NOVA-Pflicht und Kraftfahrzeugsteuerpflicht verstoßen.

Das betroffene Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt und ist immer noch ein Leasinggegenstand, verleast durch die Skoda Leasing Deutschland als Zweigniederlassung der Volkswagen Leasing GmbH mit Sitz in Braunschweig, Deutschland, und geleast durch die [Bf.] mit Sitz in Hamburg, Deutschland, welche gleichzeitig die Zulassungsbesitzerin war und ist.

Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt Graz Stadt ein Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe (…) erlassen. Die Abgabenschuld inklusive des angesetzten Säumniszuschlages wurde umgehend von der Bf. entrichtet.

(…) Das Fahrzeug wurde nach der bescheidmäßigen Feststellung des Sachverhalts durch das Finanzamt Graz Stadt zurück nach Deutschland verbracht. (…)

Der NOVA-Tatbestand ist entsprechend § 1 (2) Z. b (Anmerkung: gemeint wohl § 1 Z 3 lit. b) NoVAG auch bei einer Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, erfüllt.

Fiktive Novazahlung

(…) Das hier betroffene Fahrzeug wäre, wie auch der Stellungnahme der [Bf.] gegenüber der Finanzpolizei als auch der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark zu entnehmen ist, ohne Zweifel in Österreich entsprechend § 82 (8) KFG zuzulassen gewesen. Dies wurde auch im Urteil der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark bestätigt. Die Konsequenzen aus der Missachtung der Vorschriften des KFG wurden bereits durch die Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark geahndet. Eine Ahndung des KFG fällt nicht in den Aufgabenbereich der Finanz.

Eine Zulassung im Bundesgebiet Österreich ist entsprechen § 37 (2) KFG gar nicht möglich, da weder die Leasinggeberin noch die Leasingnehmerin Sitz oder Betriebsstätte im Bundesgebiet hat. Das eine zwangsmäßige Zulassung im Zusammenhang mit der Erhebung einer Verbrauchsabgabe bei einer, dem vorliegenden Fall ähnlichen Fallkonstellation der Dienstleistungsfreiheit entsprechend Art. 49 -55 EGV (heute Art. 56 AEUV) entgegensteht, wurde bereits 2002 vom EUGH in der Rechtssache C-451/99 TZ 71 ausgeführt.

Weiters normiert § 4 (3) NoVAG, dass im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrzeuggesetz zuzulassen wäre, der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner Abgabenschuldner sind.

Die [Bf.] ist einerseits Zulassungsbesitzerin (siehe Zulassungsschein) und andererseits Fahrzeugverwenderin. Damit sind sämtliche in § 4 (3) NoVAG normierten Voraussetzungen vollständig erfüllt. Die {[Bf.] ist entsprechend der vorliegenden Fallkonstellation Abgabenschuldnerin für die Normverbrauchsabgabe. Daraus ist zu schließen, dass es sich bei der Festsetzung ausschließlich um die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe entsprechend NoVAG handelt und unter keinen Umständen um eine fiktive Novazahlung.

Vergütungsberechtigung

(…) §12a (1) 3. TS NoVAG bezieht sich explizit auf die Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland. Dies entspricht nicht den Tatsachen, da die gewerbliche Vermietung nicht beendet, sondern auch nach der Verbringung des betroffenen Fahrzeuges ins Ausland (Deutschland) fortgesetzt wurde. Das Fahrzeug wird seit der Verbringung in Deutschland am Firmensitz der Bf. verwendet.

Weiters gab es zu keinem Zeitpunkt eine gewerbliche Vermietung im Inland (Österreich), da weder Leasinggeberin noch Leasingnehmerin Sitz oder Betriebsstätte in Österreich unterhalten. Das Vertragsverhältnis besteht ausschließlich zwischen zwei ausländischen (deutschen) Einheiten und breitet sich nicht nach Österreich aus. Rein die Verwendung des Fahrzeuges liegt in Österreich. Dies führt nicht zu einer gewerblichen Vermietung im Inland.

Entsprechend kann §12a (1) 3. TS NoVAG nicht angewendet werden und die zivilrechtliche Stellung des Leasinggebers hat keine Relevanz.

Vielmehr ist §12a (1) 1. TS NoVAG anzuwenden. "Wird ein Fahrzeug durch den Zulassungsbesitzer selbst nahweislich ins Ausland verbracht oder geliefert, dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert... vergütet".

Es kann nicht bestritten werden, dass die [Bf.) Zulassungsbesitzerin des betroffenen Fahrzeuges ist (siehe hierzu Zulassungsschein). Es wurde auch mittels CMR nachgewiesen, dass das Fahrzeug ins Ausland (Deutschland) verbracht wurde. (…)

Das betroffene Fahrzeug wurde nicht in der Zulassungsdatenbank erfasst bzw. hätte mit dem Antrag auf Rückerstattung der Normverbrauchsabgabe gesperrt werden müssen und wurde ins Ausland (Deutschland) verbracht. Damit liegt offensichtlich ein tatsächlicher Grund vor, dass eine Zulassung zum Verkehr im Inland nicht (mehr) in Betracht kommt. Alleine aus dieser Tatsache ist sich dem begehrten Rückerstattungsanspruch der [Bf.] stattzugeben."

Der Beschwerde war eine Kopie der auf die Bf. für den gegenständlichen PKW ausgestellten Zulassungsbescheinigung beigefügt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Unter Verweis auf die Beschwerdeausführungen (auf S. 4, fünftletzter Absatz) begründet das Finanzamt dies wie folgt:

"Dass das Fahrzeug nicht in der Zulassungsdatenbank erfasst war, liegt einzig und alleine im bereits in der Bescheidbegründung zur Festsetzung der NOVA und Verspätungszuschlag, als auch wie oben in dieser Beschwerdevorentscheidung dargestellten Verfehlungen des zivilrechtlichen Eigentümers (bzw. des gewerblichen Vermieters Skoda Leasing, Deutschland) als auch des inländischen Fahrzeugverwenders (Bf. bzw. Mitarbeiter für die Bf., Herr SK), für eine ordnungsgemäße Zulassung im Inland zu sorgen.

Dies wurde auch durch den Beschwerdeführer selbst in der Auskunftsbeantwortung (im Zuge der Erhebungen zur Festsetzung von NOVA und Verspätungszuschlag durch das Finanzamt) vom an das Finanzamt insofern bestätigt, als (letzter Satz, 1. Seite des Antwortschreibens sowie erste beiden Sätze, 2. Seite) "Durch diese stetige Veränderung des Einsatzgebietes des Mitarbeiters waren der Gesellschaft die dadurch ausgelösten Implikationen in Bezug auf das Fahrzeug nicht bewusst. Die [Bf.] muss aus diesen Gründen fahrlässiges Verhalten eingestehen".

Aufgrund der Änderungen hinsichtlich des § 12a NoVAG 1991 mit Wirksamkeit ab (§ 12a Abs 1 und 2 NoVAG 1991 idF Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBL. I Nr. 118/2015), insbesondere betreffend die Abgrenzung des vergütungsberechigten Personenkreises im Fall der gewerblichen Vermietung und im Fall der Veräußerung (Lieferung) von Privaten an Fahrzeughändler ist in Anlehnung an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom , G 153/2014-7, festgestellt worden, dass im Fall der gewerblichen Vermietung nicht der Mieter (Leasingnehmer), sondern der gewerbliche Vermieter (in- und ausländische Leasingunternehmer) als zivilrechtlicher Eigentümer des Fahrzeuges vergütungsberechtigt ist, wenn das Fahrzeug während oder nach Ablauf der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweisbar ins Ausland verbracht oder veräußert wurde.

Dies gilt auch in jenen Fällen, in denen das Leasingfahrzeug nicht auf den (in- oder ausländischen) Leasinggeber, sondern auf den Leasingnehmer (vgl. § 37 Abs. 2 KFG 1967) im Inland zum Verkehr zugelassen ist bzw. dieser als Verwender des Fahrzeuges (§ 4 Z 3 NoVAG 1991) die NOVA an sein zuständiges Finanzamt oder an den (in- oder ausländischen) Leasinggeber bezahlt hat (vgl. NoVAR Rz 928). (…)"

Im Vorlageantrag wiederholt die Bf. im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und verweist insbesondere nochmals darauf, dass mit den vorgelegten Unterlagen sowohl nachgewiesen werde, dass sie Zulassungsbesitzerin des betroffenen Fahrzeuges sei, als auch (auf Grund der CMR-Bescheinigung) dass der PKW ins EU-Ausland verbracht worden sei.

In seiner Vorlage der Beschwerde an das BFG führte das Finanzamt ua. ergänzend aus: "(…) Zudem käme (mangels Zulassung des Kfz im Inland auf die Bf.) eine Vergütung nach § 12a NoVAG auch dann nicht in Frage, wenn man, wie die Bf., nicht von einer gewerblichen Vermietung im Inland ausgehen würde. § 12a Abs. 1 erster Teilstrich fordert für die Vergütung, dass das Kfz DURCH DEN ZULASSUNGSBESITZER SELBST nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert wird. Wenn aber ein im Inland widerrechtlich verwendetes Fahrzeug in Österreich überhaupt nie zugelassen war, kommt von vorneherein eine NoVA-Vergütung nach § 12a NoVAG nicht in Betracht (…)".

Nach Beschwerdevorlage an das BFG erstattete das Finanzamt eine ergänzende Stellungnahme vom . Im gegenständlichen Sachverhalt mangle es an den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vergütung:

"Laut § 12a Abs. 1 NoVAG wird die Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland gefordert. Die Zulassungsfiktion gemäß § 1 Z 3 lit. b NoVAG gilt als Tatbestandsmerkmal für einen steuerbaren Vorgang, welcher der Normverbrauchsabgabe unterliegt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zulassungsfiktion das Fahrzeug damit gleich als "im Inland zugelassen" qualifiziert, sodass dadurch die Vergütungsvoraussetzungen erfüllt wären. Der Verwender des Fahrzeuges wäre gem. § 82 Abs. 8 KFG verpflichtet gewesen, das Fahrzeug im Inland zuzulassen und ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.

Eine weitere grundlegende Voraussetzung für die Inanspruchnahme der NoVA-Vergütung ist nach dem neu gefassten § 12a Abs. 1 NoVAG, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 gesperrt wird. Zur Vermeidung von Missbräuchen bzw. mehrfachen NoVA-Vergütungen kommt der Genehmigungsdatenbank als Sicherungsinstrument wesentliche Bedeutung zu (vgl. G153/2014-7).

Entscheidend für eine antragsgemäße stattgebende NoVA-Vergütung nach § 12a NoVAG ist unter anderem, dass auf Grund des NoVA-Vergütungsantrages die Sperre des Fahrzeuges in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 erfolgt. Für ein Fahrzeug, welches widerrechtlich mit einem ausländischen Kennzeichen im Inland verwendet wurde, könnte zwar, trotz der fehlenden Zulassung im Inland, eine Sperre in der Genehmigungsdatenbank durch die Finanzverwaltung vorgenommen werden, allerdings wäre diese Sperre nur ein "behördeninterner Sichtvermerk". Die Zulassungsstellen erlangen keine Kenntnis von der durch die Finanzverwaltung gesetzten Sperre. Dadurch ginge die Sicherungsfunktion der Genehmigungsdatenbank verloren. Auch im gegenständlichen Fall erfolgte die Eintragung der Fahrgestellnummer in die Genehmigungsdatenbank durch die Finanzverwaltung anlässlich der Feststellung der widerrechtlichen Verwendung im Inland durch die Finanzpolizei.

Somit ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall (zusätzlich zu den bereits im Vorlagebericht angeführten Gründen) die Voraussetzungen einer Vergütung auch deshalb nicht vorliegen, da es zu keiner Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland kam und mangels Zulassung des Kfz im Inland eine (außenwirksame) Sperre in der Genehmigungsdatenbank nicht möglich ist."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der maßgebliche Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

Die Bf. ist eine GmbH mit Sitz im EU-Ausland (Deutschland). Sie hat den hier gegenständlichen PKW Skoda Octavia Combi von einer in Deutschland ansässigen Leasing GmbH geleast und in der Folge einem österreichischen Mitarbeiter zur Nutzung überlassen (schriftliche Nutzungsüberlassung vom ). Der Mitarbeiter war im österreichischen Vertriebsbüro der Bf. tätig.

Zulassungsbesitzerin des PKW ist (war) die Bf.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. für die Verwendung des Skoda Octavia Combi auf inländischen Straßen "auf Grund der inländischen Zulassungsverpflichtung" gemäß § 1 Z 3 NoVAG die NoVA vorgeschrieben. Diese wurde von der Bf. in der Folge auch entrichtet.

Im Jänner 2019 wurde das Fahrzeug nach Deutschland verbracht und dort von der Bf. weiter verwendet. Die Vermietung (Leasing) blieb weiter aufrecht (Vertragsdauer laut vorgelegter Leasingbestätigung: 36 Monate, beginnend ab Juli 2017).

Der Sachverhalt konnte auf Grund des unbestrittenen Vorbringens der Bf. sowie der beigebrachten Unterlagen (Zulassungsbescheinigung, CMR-Formular) festgestellt werden.

Die für den Beschwerdefall maßgebliche Rechtsvorschrift des § 12a Abs. 1 NoVAG (in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung) normiert:

Wird ein Fahrzeug
- durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert
- durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert
- nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert,
dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet, wenn die Fahrgestellnummer (die Fahrzeugidentifizierungsnummer) bekanntgegeben wird und wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 gesperrt und nicht im Inland zum Verkehr zugelassen ist. Die Höhe der Vergütung ist mit dem Betrag der tatsächlich für das Fahrzeug entrichteten Normverbrauchsabgabe begrenzt.

§ 12a NoVAG erlaubt eine Vergütung der im Restwert von exportierten (Gebraucht-)Fahrzeugen enthaltenen NoVA-Komponente. Damit wird für Exportsachverhalte das Konzept der NoVA als Verbrauchsteuer, welche im Ergebnis nur die Dauer der inländischen Nutzung des Fahrzeuges belasten soll, umgesetzt, und mit der nunmehr weitgehenden Vergütungsmöglichkeit der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH und des VfGH entsprochen (Haller, NoVAG, § 12a Rz 2).

In seinem Urteil vom , Rs C-451/99, Cura Anlagen GmbH, hat der EuGH ua. zu der Frage Stellung genommen, ob es mit Art. 49ff. EG vereinbar ist, für Kraftfahrzeuge eine Verbrauchsabgabe zu erheben, deren Höhe von der Dauer der Nutzung in Österreich unabhängig ist. Der EuGH gelangte zu folgendem Ergebnis: Wenn ein Kraftfahrzeug bei einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen geleast und tatsächlich auf den Straßen eines anderen Mitgliedstaats benutzt wird, kann der letztgenannte Staat vorschreiben, dass dieses Fahrzeug im Inland zum Verkehr zugelassen sein muss, da die Zulassung die natürliche Folge der Steuerhoheit ist, die die Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugsteuer unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts frei ausüben können. Die Bestimmungen des EG-Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 EG bis 55 EG) stehen jedoch den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die in einem solchen Fall für die Zulassung die Pflicht vorschreiben, im Mitgliedstaat des Gebrauchs eine Verbrauchsabgabe zu entrichten, deren Höhe nicht proportional zur Dauer der Zulassung des Fahrzeugs in diesem Staat ist (s. dazu insbesondere Randnr. 71 des Urteiles). Aus dem Urteil ergibt sich, dass die Belastung mit einer derartigen Abgabe zulässig ist, wenn sie zu einer pro-rata-temporis-Besteuerung führt (zB ; Haller, aaO, § 12a Rz 5 ff).

Sowohl EuGH als auch VfGH qualifizieren die NoVA als Verbrauchsabgabe, deren Belastungsgrund nicht im Verkehrsakt der Zulassung, sondern in der laufenden Nutzung des Fahrzeuges im Inland zu erblicken ist (; ).

Das Finanzamt verwehrt die Vergütung zum Einen mit der Begründung, dass im Fall der Vermietung gemäß § 12a Abs. 1 dritter Teilsatz NoVAG der Vermieter (Leasinggeber) vergütungsberechtigt sei.

Das BFG vertritt jedoch - wie die Bf. - die Ansicht, dass ein Anwendungsfall des ersten Teilsatzes der Bestimmung des § 12a Abs. 1 NoVAG vorliegt. Die Bf. hat als Zulassungsbesitzerin das Fahrzeug zur (weiteren) eigenen Verfügung ins Ausland verbracht. Damit wird dem in § 12a Abs. 1 erster Teilsatz normierten Vergütungstatbestand vollständig entsprochen. Dass diese Bestimmung im Falle eines aufrechten Leasingverhältnisses etwa nicht gelten sollte, geht aus dem Gesetzeswortlaut nicht hervor.

In § 12a Abs. 1 dritter Teilsatz NoVAG ist zudem explizit von einer Verbringung nach Beendigung der Vermietung im Inland die Rede. Im Beschwerdefall war das Vermietungsverhältnis im Zeitpunkt der Verbringung unzweifelhaft noch aufrecht; aus der zwischen zwei im EU-Ausland ansässigen Vertragspartnern getroffenen Leasingvereinbarung geht auch nicht etwa hervor, dass Österreich als Leistungsort vereinbart worden wäre. Das Gesetz umfasst seinem Wortlaut zufolge das Ende der "Vermietung" im Inland. Die damit expressis verbis angesprochene Vermietung ist aber nach Ansicht des BFG nicht mit der "Verwendung" im Inland gleichzusetzen.

Zum Anderen begründet das Finanzamt seine Abweisung damit, dass "fiktive Novazahlungen" vorliegen würden, "da das Fahrzeug in Österreich nie zugelassen war." Damit wird offenbar die Meinung vertreten, dass eine NoVA-Vergütung im Falle der widerrechtlichen Verwendung nach § 1 Z 3 lit. b zweiter Fall NoVAG per se nicht möglich ist.

Eine Vergütung nach § 12a NoVAG kommt aber grundsätzlich auch im Anschluss an eine widerrechtliche Verwendung im Inland in Frage (s. zB ; ; Haller, aaO, § 12a Rz 37f.; diese Ansicht wird selbst vom BMF in BMF-010220/0129-VI/9/2015, , insbes. durch den unter Punkt 3. enthaltenen Verweis auf § 4 Z 3 NoVAG, vertreten).

Der Umstand, dass eine Sperre des Fahrzeuges in der Genehmigungsdatenbank mangels vorheriger Zulassung im Inland nicht erfolgt ist, steht einer Gewährung der Vergütung nicht entgegen: Voraussetzung für die Vergütung ist die Bekanntgabe der Fahrgestellnummer (Fahrzeugidentifikationsnummer), welche gegenständlich der belangten Behörde jedenfalls vorliegt und für die Durchführung der Sperre des Fahrzeugs in der Genehmigungsdatenbank benötigt wird. Sofern das Fahrzeug überhaupt nicht in der Genehmigungsdatenbank eingetragen ist (war) - was in den Fällen einer widerrechtlichen Verwendung typischerweise der Fall ist - bedarf es keiner derartigen Sperre, weil eine Zulassung ohne Eintragung in die Datenbank ohnedies nicht möglich ist (so zB ; ; Haller, aaO, §12a, Tz 37 und 39).

Im Ergebnis war die Vergütung dem Grunde nach sohin jedenfalls zu gewähren.

Der Nichtgewährung der NoVA-Vergütung würde bei der vorliegenden Nutzungsdauer von rund einem Jahr gleichsam Pönalcharakter zukommen. Ein derartiges Ergebnis wäre weder sachgerecht noch verhältnismäßig und würde der oben dargelegten Intention des Gesetzgebers (bzw. der Ansicht des EuGH), wonach der NoVA die Dauer der inländischen Nutzung eines Kraftfahrzeuges zugrunde liegen soll, zuwiderlaufen.

Zur Höhe der Vergütung:

Die Bf. begehrte in ihrem Antrag vom eine Vergütung in (voller) Höhe der ursprünglich festgesetzten NoVA.

Die Vergütung bemisst sich jedoch nach dem gemeinen Wert des Kfz zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung im Inland und des (physischen) Transports ins Ausland. Maßgeblich ist der gemeine Wert ohne USt- und NoVA-Komponente. Es ist zulässig, den Mittelwert zwischen Händlereinkaufspreis und Händlerverkaufspreis gemäß Eurotax - verringert um die darin enthaltene USt- und NoVA-Komponente - heranzuziehen (NoVAR Rz 928, 931 und 932; Haller, aaO, § 5 Rz 35 und § 12a Rz 27, mwN).

Für die Berechnung der Vergütung ist der für das jeweilige Fahrzeug maßgebliche Steuersatz gemäß § 6 NoVAG anzuwenden. Ein sachgerechtes Ergebnis kann dabei nur erzielt werden, wenn nicht der im Zeitpunkt der Vergütung geltende Tarif, sondern der für das Fahrzeug anlässlich der Entstehung der NoVA-Schuld geltende Steuersatz angewendet wird (vgl. dazu Haller, aaO, § 12a Rz 29).

Die Steuerschuld erhöhende oder reduzierende Fixbeträge (zB Abzugsposten nach § 6 Abs. 3) sind analog zur Vorgehensweise beim Import von Gebrauchtfahrzeugen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet zu berücksichtigen (Haller, aaO, § 12a Rz 30).

Im Zuge eines Vorhalteverfahrens gab das Finanzamt dem BFG bekannt, dass sich der Vergütungsbetrag - im Falle einer stattgebenden Beschwerdeerledigung - mit € 585,93 errechnen würde. Bei dieser Berechnung ging das Finanzamt (dem BFG folgend) von einem Einkaufspreis (laut Eurotax) von € 16.650,- und einem Verkaufspreis (laut Eurotax) von € 20.559,- aus. Vom daraus errechneten Mittelwert zog das Finanzamt die Umsatzsteuer- sowie die NoVA-Komponente ab, brachte eine NoVA iHv. 6% in Ansatz und reduzierte das Ergebnis um € 300,- (Abzugsposten nach § 6 Abs. 3 NoVAG).

Die Beschwerdeführerin erhob in einer ergänzenden Eingabe vom gegen den solcherart ermittelten Vergütungsbetrag keine Einwände. Das BFG legte daher dem vorliegenden Erkenntnis die vom Finanzamt vorgenommene und von der Bf. explizit außer Streit gestellte Berechnung der Vergütung zugrunde (s. Beilage).

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da bislang zur Frage, ob eine NoVA-Vergütung im Anschluss an eine widerrechtliche Verwendung eines Kfz mit ausländischem Kennzeichen in Österreich möglich ist, obgleich mangels vorheriger Zulassung im Inland keine Sperre in der Genehmigungsdatenbank möglich ist, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war die Revision spruchgemäß zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100905.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at