Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.03.2021, RV/3100233/2019

Todfallkapital und die Begünstigung nach § 124b Z 53 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertreter***, gegen den am von der belangten Behörde ***FA***, nunmehr Finanzamt Österreich, ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017 zu Recht erkannt.

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2017, ausgehend von einem Einkommen in Höhe von € 83.250,22, mit € 23.835,00 festgesetzt. Abweichend von der Steuererklärung wurden unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug mit € 55.561,51 angesetzt. Die Bescheidbegründung führt dazu Folgendes aus:

Grundsätzlich liegt nach der aktuellen Rechtsprechung (, ) keine "Pensionsabfindung" vor, wenn ein Wahlrecht zwischen Einmalzahlung und Rentenzahlung besteht. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass überhaupt ein primärer Anspruch auf Rentenzahlung besteht, welcher zwangsweise abgegolten wird. Denn der von Rechtsprechung als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 124 b Z 53 EStG erforderliche "Zwang" bezieht sich gerade darauf, dass ein ursprünglich auf Rentenzahlung gerichteter Anspruch - ohne Zutun des Anspruchsberechtigten - durch eine Kapitalabfindung abgegolten wird; nur dann liegt eine "Pensionsabfindung" im Sinne des Einkommensteuergesetzes vor. Da niemals ein primärer Anspruch auf Rentenzahlung bestand, sondern von vornherein das Todesfallkapital den primären Anspruch darstellte, konnte durch dieses auch keine Pension (in Form einer Rente) abgefunden werden und stellt somit keine Pensionsabfindung dar, weshalb § 124 b Z 53 EStG nicht zur Anwendung kommen kann.

2. Im Auftrag und mit Vollmacht hat die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben.

2.1. Ihr Mandant habe im Jahr 2017 aufgrund des Todes seines Bruders eine Einmalabfindung der eingezahlten Pensionsbeiträge seines Bruders aus der Schweiz erhalten. Die Einkünfte seien vom Mandanten in der abgegebenen Steuererklärung als Pensionseinkünfte erklärt worden, wobei von der Begünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 Gebrauch gemacht und ein Drittel steuerfrei erfasst worden sei. Die Behörde habe die Begünstigung unter Berufung auf Rechtsprechungen des VwGH nicht anerkannt.

2.2. Die von der belangten Behörde zitierten Judikate bezögen sich auf Sachverhalte, bei denen ein Wahlrecht bestand die Einmalzahlung auf mehrere Perioden verteilt ausbezahlt zu erhalten. In den genannten Fällen sei auf die Verteilung zugunsten einer Einmalabfindung verzichtet worden, was eine erhöhte Steuerbelastung mit sich brachte.

2.3. Im Fall ihres Mandanten sei hingegen kein Wahlrecht zugestanden, da dieses Recht im Kassenreglement der Pensionskasse Partnern vorbehalten sei. Sollte es keinen erbberechtigten Partner geben, wären weitere nahe Angehörige verfügungsberechtigt, wie im konkreten Fall der Bruder. Diesem erweiterten Personenkreis stünde aber nur eine Einmalzahlung des Todfallkapitals zu.

2.4. Genau für solche Fälle sei die in § 124b Z 53 EStG 1988 genannte Begünstigung für Pensionsabfindungen eingeführt worden, da die Begünstigten zwangsläufig eine erhöhte Steuerlast zu tragen hätten. Das eingezahlte Kapital werde bei einer sofortigen und vollständigen Erfassung im Auszahlungsjahr mit einer unverhältnismäßigen Härte gegenüber einer steuerschonenden verteilten Auszahlung besteuert.

3. Mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Dies aus folgenden Gründen:

Der Beschwerdeführer (Bf.) erhielt am von der ASGA, einer schweizerischen betrieblichen Pensionskasse, das anteilig auf ihn als einer von zwei Erbberechtigten entfallende Todesfallkapital ausbezahlt. Dieses ist zu Lebzeiten seines Bruders für diesen als versicherte Person in der beruflichen Vorsorgeeinrichtung unter dem Titel Altersguthaben gutgeschrieben worden. Beim Todesfallkapital handelt es sich um eine Einmalabfindung der eingezahlten Pensionsbeiträge des Bruders des Bf. Nach Art. 24 Abs. 1 Kassenreglement der ASGA-Pensionskasse Genossenschaft (iF kurz Kassenreglement) wird das Todesfallkapital fällig, wenn die versicherte Person vor der Pensionierung stirbt und die ASGA keine Leistungen gern. Art 22 leg cit (Partnerrente) auszurichten hat.

Der Todesfall ereignete sich am . Zu diesem Zeitpunkt war laut Austrittabrechnung der ASGA vom das Total der Austrittsleistung mit 125.421,-- CHF beziffert. Der auf den Beschwerdeführenden anfallende Anteil des Todesfallkapitals betrug sohin 62.710,5 CHF, wobei Quellensteuer in Höhe von CHF 3.836,-- in Abzug gebracht werden musste und in Folge dessen ein Betrag in Höhe von CHF 58.874,50 ausbezahlt wurde.

In der Schweiz wird die Alterssicherung von drei verfassungsrechtlich vorgesehenen Säulen getragen. Die staatliche Vorsorge basiert auf dem Umlageverfahren und deckt als erste Säule den Existenzbedarf. Die AHV ist der bedeutendste Pfeiler der Alters- und Hinterlassenenvorsorge in der Schweiz (1. Säule). Sie soll den Existenzbedarf im Alter oder im Todesfall decken. Als Volksversicherung ist die AHV für alle obligatorisch. Die zweite Säule ist die an das Arbeitsverhältnis gekoppelte berufliche Vorsorge. Sie ist seit 1985 gesetzlich verpflichtend, basiert auf dem Kapitaldeckungsverfahren und soll zusammen mit der ersten Säule die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung ermöglichen. Die dritte Säule ist die individuelle, private bzw. freiwillige Vorsorge.

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge ist das Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG) vom . Nach dessen Art. 13 Abs. 1 haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben und Frauen, die das 62. Altersjahr zurückgelegt haben, Anspruch auf Altersleistungen. Seit : 64. Altersjahr (Art. 62a Abs. 1 der V vom über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge in der Fassung der Änd. vom - AS 2004 4279 4653).

Das AHV-Rentenalter korrespondiert mit Art. 13 Abs. 1 BVG; für Frauen liegt das ordentliche Rentenalter bei 64 und für Männer bei 65 Jahren.

Nach Art. 12 Abs. 1 Kassenreglement entspricht das ordentliche Rücktrittsalter dem ordentlichen AHV-Rentenalter. Ab diesem Zeitpunkt besteht grundsätzlich die Möglichkeit gern. Art 19 und 20 Kassenreglement eine Altersrente zu beziehen.

Das Kassenreglement differenziert unter Punkt D. Versicherungsleistungen zwischen I. Altersleistungen, II. Hinterlassenenleistungen und III. Invalidenleistungen.

I. Altersleistungen:

Nach Art 19 Abs. 1 Kassenreglement wird bei der Pensionierung das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Altersguthaben in eine lebenslange Altersrente umgewandelt. Art 19 Abs 4 Kassenreglement bestimmt, dass die Altersrente am 1. Tag des auf die Pensionierung folgenden Monats beginnt. Nach Art. 20 Abs. 1 Kassenreglement kann die versicherte Person ganz oder teilweise anstelle der Altersrente eine Kapitalabfindung verlangen.

Der Bruder des Bf. ist vor Vollendung des 65. Lebensjahres bei noch aufrechtem Dienstverhältnis verstorben, weshalb Punkt II. Hinterlassenenleistungen zu tragen kam. Der verstorbene Bruder war zum Todeszeitpunkt ledig, weshalb kein Anspruch auf eine Partnerrente iSd Art 22 Kassenreglement entstanden ist. Nach Art. 24 Abs. 1 Kassenreglement wird das Todesfallkapital fällig, wenn die versicherte Person vor der Pensionierung stirbt und die ASGA keine Leistungen gern. Art 22 Kassenreglement auszurichten hat. Auf die Leistungen im Todesfall haben die Geschwister (Abs 3, Gruppe e) Anspruch.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b erster Satz EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionsabfindungsgesetzes) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, gemäß § 7 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. "Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen aufgrund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen".

Voraussetzung für die Anwendung der Drittelbegünstigung bei einer Kapitalabfindung i.S. des § 124b Z 53 EStG 1988 ist u.a., dass eine Zahlung für Pensionsabfindung vorliegt.

Die parlamentarischen Erläuterungen zur Regierungsvorlage 927 BlgNR 21. GP führen zu § 124b Z 53 aus:

"Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern".

Zweck der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist es demnach, die bei einer Pensionsabfindung infolge der Zusammenballung der Bezüge gegenüber einer Rente greifende höhere Progression und damit eintretende höhere Steuerlast durch die steuerliche Befreiung eines Drittels der Abfindung in jenen Fällen abzumildern, in denen der Anwartschaftsberechtigte keine andere Möglichkeit hat, als die Pension in Form einer Pensionsabfindung in Anspruch zu nehmen ( GZ. RV/1100079/2017).

Bereits bei der wörtlichen Auslegung der zitierten Bestimmung scheitert man daran, eine Auszahlung des Todesfallkapitals als Pensionsabfindung unter die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 zu subsumieren. Zu selbigem Ergebnis gelangt man bei einer teleologischen Interpretation des Gesetzwortlautes und den entsprechenden Erläuterungen. Der Gesetzgeber begünstigt Grenzgänger, die eine Pensionsabfindung erhalten und sohin in eine höhere Progressionsstufe fallen. Es ist keine Intention erkennbar, dass Hinterbliebene - die originär gar keinen Anspruch auf Rentenzahlungen bzw eine Pensionsabfindung haben - in den Genuss einer solchen Begünstigung kommen sollen.

Im gegenständlichen Fall hatte der Bf. weder einen Pensionsanspruch, noch verfügte er über ein Pensionsanwartschaftsrecht. Pensionsabfindungen iSd § 67 Abs 8 lit e iVm § 124b Z 53 EStG 1988 liegen nur vor, wenn sie in Erfüllung eines auf Renten lautenden Anspruchs geleistet werden (E , 2006/14/0021; E , 2010/13/0099), weil eine Pension nach allgemeinem Sprachgebrauch die Rentenform als wesentliches Tatbestandsmerkmal in sich trägt (E , 2000/13/0133); erfüllt die Zahlung lediglich einen Kapitalanspruch, so liegt selbst im Falle einer Rentenoption keine Pensionsabfindung vor (E , 97/15/0219; E , 2002/14/0131).

Mit der Auszahlung des Todesfallkapitals an den Bf. ist jener (primäre) Kapitalanspruch, der Hinterbliebenen nach der Bestimmung der Versicherungsleistung gern. Art 22 Kassenreglement zusteht, abgegolten. Diese Zahlung ist jedoch nicht in Abgeltung eines gar nicht geltend gemachten Anspruches auf Rentenzahlung geleistet worden. Daher kann bei einer derartigen Zahlung nicht von der Abfindung eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung die Rede sein ().

Der Bf. hatte keinen primären Anspruch auf Rentenzahlung. Dieser Anspruch hätte nur vom verstorbenen Bruder geltend gemacht werden können, wenn dieser das gesetzliche Rücktrittalter von 65 Jahren erreicht hätte. Durch die Zahlung des Todesfallkapitals konnte keine Pension (in Form einer Rente) abgefunden werden und stellt diese sohin keine Pensionsabfindung dar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

4. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schreiben vom (innerhalb der nach dem Fristverlängerungsersuchen vom offenen Frist) die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Der in der Beschwerdevorentscheidung genannte Pensionsanspruch sei im Zuge einer Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/1100359/2016, noch einmal behandelt worden. In dieser Entscheidung habe das Bundesfinanzgericht klargestellt, dass kein konkreter Pensionsanspruch gegeben sein müsse, um die begünstigte Besteuerung der Abfindung in Anspruch nehmen zu können. Vielmehr ziele die Begünstigung darauf ab, eine ungerechtfertigt höhere Besteuerung von Abfindungen einer Pensionskasse abzufedern, die auf das fehlende Wahlrecht der Auszahlung in Rentenform zurückzuführen sei. Die Bezeichnung als "Todfallkapital" werde von der auszahlenden Stelle festgelegt, damit die Berechnung des auszuzahlenden Betrags nachvollziehbar von anderen Auszahlungsgründen getrennt werden könne. Solche Austrittsgründe könnten eine Kündigung eines ausländischen Dienstnehmers oder aber auch das Wahlrecht auf Einmalabfindung sein. Diese abgeänderte Bezeichnung ändere aber nichts daran, dass es sich um eingezahlte Pensionsbeiträge und um eine einmalige Pensionsabfindung handle. Eine Einschränkung der Regelung, dass sie nur von ursprünglich anspruchsberechtigten und selbst Beiträge leistenden Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden könne, lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Bestimmung entnehmen.

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Rechtliche Beurteilung

1. § 124b Z 53 EStG 1988 lautet:

Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

2. Zweck dieser Bestimmung ist es, eine tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, wenn keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht ().

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt über Fälle entschieden, in denen Arbeitnehmer auf Grund der Beendigung ihres Dienstverhältnisses zu einem Schweizer Arbeitgeber vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters aus der Schweizer Pensionskasse ausgeschieden sind. Die im Zusammenhang mit dem endgültigen Verlassen der Schweiz zuerkannte Austrittsleistung wurde (unter der weiteren Voraussetzung, dass kein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital bestand) als begünstigungsfähige Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 beurteilt (; ).

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls ausgesprochen, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 gerade (auch) die Abfindung von Pensionsanwartschaften begünstigen wollte. Ein Auslegungsergebnis, das die Abfindung von Pensionsanwartschaften von der Sonderregelung des § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 ausnähme, würde bewirken, dass dieser Bestimmung im Allgemeinen kein Anwendungsbereich bliebe, was jedenfalls im Zweifel nicht anzunehmen ist (). Ist ein Anspruch auf Rentenzahlung (zumindest wirtschaftlich; ) bereits entstanden, so wird eine Abfindung regelmäßig nicht auf einer gesetzlichen oder statutenmäßigen Regelung beruhen, also gerade nicht der Fall vorliegen, dass der Abgabepflichtige keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung hat.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch zu dem Fall Stellung bezogen, dass das Versorgungsverhältnis nicht durch Dienstaustritt, sondern durch den Tod der versicherten Person beendet wird. In der zu beurteilenden Konstellation war ein aktiv Versicherter verstorben, den Anspruchsberechtigten wurde ein Todesfallkapital ausbezahlt, das der Austrittsleistung des Versicherten im Zeitpunkt des Todes (abzüglich bestimmter in Abzug zu bringender Leistungen) entspracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgesprochen, dass Zahlungen, auf die der Rechtsvorgänger zu Lebzeiten keinen Anspruch hatte und deren Anfall er nicht beeinflussen konnte, zu den Einkünften des Rechtsnachfolgers gehören. Das betrifft auch das Todfallkapital. Wenn § 25 Abs. 2 EStG 1988 und § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 die Einnahmen des verstorbenen Rechtsvorgängers dem Rechtsnachfolger zurechnen, ohne die Identität der Einkunftsart zu berühren, spricht dies dafür, diesen Einkünfte auch jene einkünftebezogenen Begünstigungen zukommen zu lassen, die beim Rechtsvorgänger anwendbar gewesen wären. Denn durch die Rechtsnachfolge ändert sich der sachliche Gehalt der betreffenden Einkünfte nicht, weshalb auch die rechtspolitischen Ziele der Steuerermäßigung davon unberührt bleiben, ob die Einkünfte, auf die sich die Ermäßigung bezieht, vom ursprünglichen Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsnachfolger bezogen werden ().

6. Im Beschwerdefall entspricht das Todesfallkapital nach Art. 24 Z 2 des Kassenreglements der ASGA Pensionskasse Genossenschaft dem im Zeitpunkt des Todes vorhandenen Altersguthaben (Art. 17 des Kassenreglements), auf die der Versicherte im Falle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses Anspruch gehabt hätte. Nach den Bestimmungen des Kassenreglements bestand für den Beschwerdeführer keine andere Möglichkeit, als die Inanspruchnahme des Todfallkapitals in Form der Einmalzahlung. Die Auszahlung in Rentenform konnte er nicht wählen. Somit kommt es im Beschwerdefall zu jener kumulierten Erfassung von Einkünften in einem Jahr, die nach § 124b Z 53 EStG 1988 begünstigt ist. Die Bescheidbeschwerde erweist sich daher als berechtigt, der angefochtene Bescheid war gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.

III. Bemessungsgrundlagen und Höhe der Abgabe

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2017 betragen:

IV. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im Beschwerdefall relevante Rechtsfrage wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0028, bereits geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


§ 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988



§ 25 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100233.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at