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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2021, RV/7400007/2021

Erlassung eines Gebührenbescheides an eine nicht abgabepflichtige Person

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer betreffend die Beschwerde der A B und Miteigentümer, Adresse1 vertreten durch Dr. C D, Adresse2, vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 Wiener Wasser, vom betreffend Wasser- und Abwassergebühren, Rechnungsnr. ***1***, Kundennr. ***2***, zu Recht:

1. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am Wohnhaus mit der Adresse Adresse1 besteht Wohnungseigentum, A B ist eine Wohnungseigentümerin. Die Verwaltung des Hauses erfolgt durch die EE m.b.H. Diese bevollmächtigte C D mit der Rechtsvertretung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Angelegenheit. Die von der Hausverwaltung erteilte Vollmacht umfasst auch eine Zustellvollmacht.

Am erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid über Wasser- und Abwassergebühren für die Zeiträume 9. Mai bis und 1. Jänner bis bzw. 3. Quartal 2017 bis 4. Quartal 2018, mit welchem Gebühren iHv insgesamt EUR ***3*** festgesetzt wurden. Dieser Bescheid erging an "Frau / Herrn / Firma BA und Miteigentümer zu Handen Eges.m.b.H.".

Gegen diesen Bescheid erhob die als "AB und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)" bezeichnete Beschwerdeführerin Beschwerde. In dieser richtete sie sich gegen die festgesetzte Höhe der Gebühren.

In Folge erließ die belangte Behörde eine an "Frau AB z. H. Dr. CD" gerichtete Beschwerdevorentscheidung, in welcher sie in der Sache entschied. Der in Folge gestellte Vorlageantrag erging im Namen von "AF (vormals B) und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)". In diesem wurde u.a. darauf hingewiesen, dass die Beschwerdevorentscheidung ausschließlich an A B adressiert sei, während der angefochtene Bescheid an "AB und Miteigentümer" und somit an die Eigentümergemeinschaft nach § 18 Abs. 1 WEG 2002 gerichtet sei.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor. In ihrem Vorlagebericht verwies sie bezüglich des Hinweises auf den Adressaten auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 98/17/0321. Dort werde u.a. festgehalten, dass die Angabe "und Miteigentümer" oder "und Mitbesitzer" oder ähnlich nicht bewirke, dass der Bescheid auch an andere Personen als erlassen gelten könne als jene, die namentlich im Bescheid als Adressaten angeführt seien. Sollte die Beschwerde oder auch der Vorlageantrag also von der Personengemeinschaft bzw. Wohnungseigentümergemeinschaft im eigenen Namen eingebracht worden und somit A B nicht zurechenbar sein, wäre die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Hingewiesen werde in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400161/2017, und vom , RV/7400101/2020.

Nach Vorlage der Beschwerde reichte die "AB und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)" beim Bundesfinanzgericht einen als "Beschwerdeergänzung" bezeichneten Schriftsatz vom ein. In diesem wurde richtiggestellt, dass sich der Name von A B entgegen dem Vorlageantrag nicht geändert habe. Darüber hinaus wurde Folgendes zum Vorbringen der belangten Behörde im Vorlagebericht dargelegt: Sollten der Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (somit der Eigentümergemeinschaft) nicht an die Eigentümergemeinschaft, sondern an A B persönlich gerichtet sein, seien beide Entscheidungen nicht wirksam zugestellt und daher unwirksam. Die Interpretation, dass der angefochtene Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung an A B persönlich adressiert seien, hätte nicht die von der belangten Behörde gewünschte Konsequenz. Diesfalls wäre die Beschwerde nämlich nicht als unzulässig zurückzuweisen, weil sie "nicht Frau B zurechenbar" wäre, sondern allein deshalb, weil der angefochtene Bescheid in diesem Fall unwirksam (nicht wirksam zugestellt) wäre.

Der angefochtene Bescheid sei ausschließlich dem Beschwerdevertreter C D und - unbestritten - nur diesem, zugestellt worden. Der Beschwerdevertreter sei bislang aber niemals, insbesondere auch nicht gegenüber der belangten Behörde, als Vertreter von A B aufgetreten, sondern immer und ausschließlich als Vertreter der Hausverwaltung bzw. (gleichbedeutend) der Eigentümergemeinschaft. Der Beschwerdevertreter sei bislang in keinerlei Vertragsbeziehung zu A B gestanden, die ihm nicht einmal persönlich bekannt gewesen sei, und habe insbesondere auch keinerlei Vollmacht von A B, auch nicht bloß zur Entgegennahme von Schriftstücken (Zustellvollmacht), gehabt. Der im Vorlagebericht enthaltene Hinweis auf die Zustellvollmacht sei aktenwidrig.

Da dem Beschwerdevertreter nunmehr bekannt sei, dass der Bescheid für A B intendiert sein solle, sei sie unterdessen über die Hausverwaltung kontaktiert worden. A B habe den Beschwerdeführer daraufhin am tatsächlich persönlich bevollmächtigt und mit der Erhebung einer Beschwerde gegen den angeblich gegen sie gerichteten Bescheid beauftragt.

Als Beweise wurden dem Schriftsatz ein Schreiben des Beschwerdevertreters an die belangte Behörde vom mit dem Ersuchen um Zustellung des angefochtenen Bescheids sowie die Vollmacht vom beigelegt. Darüber hinaus seien C D und A B Zeugen.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass auch der Hausverwaltung von A B keine Zustellvollmacht erteilt worden sei (erst recht nicht habe die Hausverwaltung den Beschwerdevertreter mit der Entgegennahme von Schriftstücken für alle oder einzelne Miteigentümer der Liegenschaft bevollmächtigt, wozu sie auch rechtlich nicht in der Lage wäre). Sodann sei ergänzend auf den Vorlagebericht selbst hinzuweisen, aus dem ausdrücklich hervorgehe, dass die Behörde als Zustelladresse von A B nicht die Adresse der Hausverwaltung anführe, sondern die Wohnadresse von A B. Sie habe ihre Eigentumswohnung in der Adresse1 an einen Dritten vermietet. Somit sei ihr der angefochtene Bescheid niemals wirksam zugestellt worden. Insbesondere weise die Beschwerdeführerin noch darauf hin, dass die von ihr vertretene Auffassung durch die beiden von der belangten Behörde angeführten Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes bestätigt würden. Im Beschluss zu RV/7400117/2020 weise das Bundesfinanzgericht wiederholt ausdrücklich darauf hin, dass der Bescheid dem Betreffenden wirksam bekannt gegeben werden (und außerdem für ihn bestimmt) sein müsse. Auch in RV/7400161/2017 betone das Bundesfinanzgericht, dass der betreffenden Person der Bescheid wirksam bekanntgegeben werden müsse. Ferner sei, so das Bundesfinanzgericht in diesem Beschluss, im dortigen Fall der Begründung unmissverständlich zu entnehmen, dass die dortigen Bescheide ihrem Inhalt nach gerade nicht für die Eigentümergemeinschaft bestimmt gewesen seien (was im vorliegenden Fall keineswegs der Fall sei), wobei außerdem auf das Vorliegen einer Zustellbevollmächtigung des Vertreters der dort eindeutig gemeinten Partei abgestellt worden sei. Zusammenfassend sei also der angefochtene Bescheid, wenn die Auffassung der belangten Behörde zur Identität seines Adressaten zutreffen sollte, nicht wirksam zugestellt (bekanntgegeben) und somit unwirksam.

Was sodann die Auffassung der belangten Behörde betreffe, der Hinweis "und Miteigentümer" im Adressfeld des Bescheides sei im Wesentlichen irrelevant, so seien die beiden von der belangten Behörde angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht einschlägig. Beide Judikate bezögen sich auf zivilrechtlich nicht rechtsfähige Miteigentümergemeinschaften, die in den genannten Fällen aus zwei Personen bestünden, denen gemeinsam das (schlichte) Eigentum an einer Liegenschaft zukomme. Die vom jeweils nicht namentlich erwähnten Miteigentümer erhobene Beschwerde sei zurückgewiesen worden (wodurch diesem kein Nachteil habe entstehen können, da gegen ihn nach Auffassung des VwGH ohnehin kein Bescheid erlassen worden sei).

Die hier beschwerdeführende wohnungseigentumsrechtliche Eigentümergemeinschaft sei jedoch rechtsfähig (Ritz, BAO6, § 79 Rz 2). Außerdem werde mittlerweile im soeben zitierten und wohl gängigsten Kommentar zur BAO die Auffassung vertreten, dass "zB ein Umsatzsteuerbescheid an ,A und Mitgesellschafter' oder an ,A und Mitbesitzer' […] nur an die Gesellschaft als solche gerichtet" sei und somit kein Leistungsgebot gegenüber den einzelnen Gesellschaftern (Mitgliedern) darstelle (Ritz, BAO6, § 6 Rz 4 unter Hinweis darauf, dass in , Abweichendes entschieden worden sei; dieses Erkenntnis betreffe aber ebenso eine nicht rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Im Einklang damit ziehe auch der Verfassungsgerichtshof in B 66/07 vom primär die Steuerschuldnerschaft der "Wohnungseigentumsgemeinschaft" in Betracht (vgl. Pkt. 3.2. des Erkenntnisses, wo der Verfassungsgerichtshof jedoch im Ergebnis zur Steuerschuldnerschaft des Mieters - nicht Eigentümers - einer mit eigenem Zähler ausgestatteten Wohnung gelange; im vorliegenden Fall werde jedoch das gesamte Haus über einen einzigen Zähler versorgt). Der angefochtene Bescheid, der an "AB und Miteigentümer", zu Handen der Hausverwaltung, adressiert sei, richte sich somit also erkennbar an die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft.

Jedenfalls habe ein Bescheid seinen Adressaten nach § 93 BAO klar und deutlich zu bezeichnen; sei der Adressat nicht deutlich erkennbar, liege kein Bescheid vor (Ritz, BAO6, § 93 Rz 24). Ein an "AB und Miteigentümer" adressierter Bescheid könne nur in dem Sinn einen eindeutigen Bescheidadressaten haben, als er an die Eigentümergemeinschaft gerichtet sei. Wäre er hingegen, wie die belangte Behörde nunmehr vertrete, als an A B alleine gerichtet zu verstehen, läge kein klar und eindeutig bestimmbarer Adressat mehr vor, weil der Bescheid eben nicht an A B alleine adressiert sei, sondern an A B "und Miteigentümer". Den bereits erwähnten Beschlüssen des Bundesfinanzgerichtes sei im Übrigen auch zu entnehmen, dass ein allein für A B gemeinter Bescheid korrekterweise an "AB als Gesamtschuldnerin" zu adressieren gewesen wäre, wobei im Übrigen darzulegen gewesen wäre, warum gerade A B als einzige Adressatin des Bescheids gewählt worden sei, und überdies zu dieser Entscheidung Gehör gewährt hätte werden müssen. Der angefochtene wäre daher auch aus all diesen Gründen unwirksam.

Dasselbe würde schließlich gelten, wenn der Bescheid auch als nicht nur an A B, sondern überhaupt an jeden einzelnen Miteigentümer gerichtet angesehen werden könnte (was von der belangten Behörde aber ohnehin nicht vertreten werde); auch hier läge keine wirksame Bezeichnung des Bescheidadressaten vor, weil dafür wiederum jeder einzelne Miteigentümer namentlich hätte angeführt werden müssen (vgl. Ritz, BAO6, § 93 Rz 6). Der angefochtene Bescheid sei also entweder an die Eigentümergemeinschaft gerichtet oder unwirksam.

Eine unrichtige Bezeichnung des Adressaten sei sodann jedenfalls nur dann unschädlich für die Bescheidqualität, wenn sie offenbar auf einem Versehen beruhe und der Adressat zweifelsfrei feststehe (Ritz, a.a.O, § 93 Rz 7 m.w.N.). Der Gebührenbescheid enthalte jedoch keinen einzigen Anhaltspunkt dafür, dass irgendwer anderer als die Eigentümergemeinschaft angesprochen sein sollte. Der Bescheid sei ganz im Gegenteil an die Hausverwaltung adressiert, die gemäß § 20 Abs. 1 WEG 2002 ausschließlich die Eigentümergemeinschaft, nicht aber A B (oder sonstige Eigentümer) persönlich vertrete. Das Adressfeld eines Bescheids sei Teil seines Spruchs (). Wie im Vorlagebericht aber ausdrücklich festgehalten, sei die Zustelladresse von A B nicht etwa die Adresse der Hausverwaltung und auch nicht die Adresse in der Adresse1 sondern ihre Wohnadresse. Der Bescheid sei also eindeutig nicht an A B adressiert.

Irgendwelche inhaltlichen Ausführungen, die (noch dazu eindeutig) erkennen ließen, dass in Wahrheit aber trotzdem A B alleine gemeint sein sollte, enthalte der Bescheid nicht. Auf dem Zustellkuvert (und wohl auch auf der Zustellverfügung) sei jedenfalls allein der Rechtsanwalt der Hausverwaltung bzw. der Eigentümergemeinschaft, C D, angeführt, der niemals erklärt habe, für A B persönlich tätig oder von dieser bevollmächtigt zu sein, und auch bis vor einigen Tagen nicht bevollmächtigt gewesen sei.

Sodann habe die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde auch ausdrücklich im Namen der Eigentümergemeinschaft (A B und Miteigentümer) eingereicht und die Beschwerde sei von der belangten Behörde nicht etwa mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass die Eigentümergemeinschaft ihres Erachtens gar nicht Bescheidadressatin sei. Ganz im Gegenteil habe die belangte Behörde die Beschwerde inhaltlich behandelt, nämlich die Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO bewilligt (für "AB und Miteigentümer") und eine Beschwerdevorentscheidung (diese allerdings mit geändertem Adressaten, was nach § 281 Abs. 1 BAO unzulässig sei) erlassen.

Schließlich habe die belangte Behörde den - nach Auffassung der Beschwerdeführerin zu Unrecht - vorgeschriebenen Gebührenbetrag auch nicht etwa von einem Konto von A B, sondern vom Konto der Eigentümergemeinschaft eingezogen. Als Beweis diene der beiliegende Buchungsbeleg zum .

Nach alledem sei klar, dass der angefochtene Bescheid an die Beschwerdeführerin (Eigentümergemeinschaft) gerichtet gewesen sei. Die Beschwerdevorentscheidung stelle die erste bescheidmäßige Erledigung dar, die nach ihrem Wortlaut (wie im Vorlageantrag erwähnt) nicht an A B und Miteigentümer, sondern nur an A B gerichtet sei. Die Behörde erkläre darin mit keinem Wort, dass sie nunmehr A B (nicht jedoch die Eigentümergemeinschaft) als Bescheidadressatin begreife. Nach der Rechtsprechung des VwGH sei es jedoch unzulässig, im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung den Bescheidadressaten auszutauschen (oder eine Abgabe erstmals vorzuschreiben; vgl. wiederum Ritz, BAO6, § 263 Rz 8; siehe auch § 281 Abs. 1 BAO). Der angefochtene Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung könnten somit nur dahin verstanden werden, dass sie an die beschwerdeführende Eigentümergemeinschaft gerichtet seien. Sollte das Bundesfinanzgericht diese Auffassung nicht teilen, so sei der Bescheid jedenfalls mangels Zustellung und mangels eindeutiger Bezeichnung des Adressaten unwirksam. Auch in diesem Fall wären Beschwerde und Vorlageantrag nicht etwa deshalb zurückzuweisen, weil die Beschwerdeführerin nicht zur Erhebung der Beschwerde legitimiert sei, sondern wegen Nichtvorliegens eines (wirksam zugestellten) Bescheides.

Mit Beschluss vom leitete das Bundesfinanzgericht diesen Schriftsatz der belangten Behörde weiter und räumte ihr die Möglichkeit ein, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

In ihrer Stellungnahme vom legte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 und 2 WVG sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2004/17/0096, dar, dass auch im Falle des Miteigentums von Wohnungseigentümern nicht die teilrechtsfähige juristische Person "Eigentümergemeinschaft" abgabepflichtig sei, sondern die Miteigentümer, die gemäß § 7 Abs. 2 WVG die Abgabe zur ungeteilten Hand schuldeten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege es im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsangebot an einen Gesamtschuldner und dabei an welchen Gesamtschuldner oder alle Gesamtschuldner richten wolle; weiters, ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder mit dem gesamten offenen Betrag erfolge. Laut beiliegendem Grundbuchsauszug vom sei A B (Mit-)Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft und komme daher grundsätzlich als Schuldnerin der Wasser- und Abwassergebühren der über den seit bestehenden Wasseranschluss bezogenen Wassermengen in Frage. Jedenfalls seit dem Abrechnungszeitpunkt seien die Gebührenbescheide an A B ergangen und an den jeweiligen Zustellbevollmächtigten zugestellt worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellte den folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Am Wohnhaus mit der Adresse Adresse1 besteht Wohnungseigentum, A B ist eine Wohnungseigentümerin. Die Verwaltung des Hauses erfolgt durch die EE m.b.H. Diese bevollmächtigte C D mit der Rechtsvertretung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Angelegenheit. Die von der Hausverwaltung erteilte Vollmacht umfasst auch eine Zustellvollmacht.

Am erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid über Wasser- und Abwassergebühren für die Zeiträume 9. Mai bis und 1. Jänner bis bzw. 3. Quartal 2017 bis 4. Quartal 2018, mit welchem Gebühren iHv insgesamt EUR ***3*** festgesetzt wurden. Dieser Bescheid erging an "Frau / Herrn / Firma BA und Miteigentümer zu Handen E.ges.m.b.H.".

Gegen diesen Bescheid erhob die als "AB und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)" bezeichnete Beschwerdeführerin Beschwerde, in welcher sie sich gegen die festgesetzte Höhe der Gebühren richtete.

In Folge erließ die belangte Behörde am eine an "Frau AB z. H. Dr. CD" gerichtete Beschwerdevorentscheidung.

C D erhielt diese Beschwerdevorentscheidung am .

Der Vorlageantrag erging im Namen von "AF (vormals B) und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)".

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1: Aufhebung

§ 2 Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG 2002) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2. (1) Wohnungseigentum ist das dem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen. Vorläufiges Wohnungseigentum ist das nach den Regelungen im 10. Abschnitt beschränkte Wohnungseigentum, das unter den dort umschriebenen Voraussetzungen vom Alleineigentümer einer Liegenschaft begründet werden kann.

[…]

(5) Wohnungseigentümer ist ein Miteigentümer der Liegenschaft, dem Wohnungseigentum an einem darauf befindlichen Wohnungseigentumsobjekt zukommt. Alle Wohnungseigentümer bilden zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft; sie ist eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs. 1 und 2 umschriebenen Umfang."

§ 18 WEG 2002 lautet wie folgt:

"§ 18. (1) Die Eigentümergemeinschaft kann in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Für Klagen gegen die Eigentümergemeinschaft ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist. Bei diesem Gericht kann auch ein Wohnungseigentümer von der Eigentümergemeinschaft geklagt werden. Forderungen gegen die Eigentümergemeinschaft können gegen die einzelnen Wohnungseigentümer nur nach Maßgabe des Abs. 4 zweiter Satz und nur durch gesonderte Klagsführung geltend gemacht werden.

(2) Die Wohnungseigentümer können der Eigentümergemeinschaft aus ihrem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche sowie die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abtreten, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann. Unterlässt die Eigentümergemeinschaft die Geltendmachung eines ihr abgetretenen Anspruchs und droht dadurch eine Frist für die Anspruchsverfolgung abzulaufen, so kann der betreffende Wohnungseigentümer den Anspruch für die Eigentümergemeinschaft geltend machen.

(3) Die Eigentümergemeinschaft wird vertreten:

1. wenn ein Verwalter bestellt ist,

a) durch den Verwalter,

b) in Fragen des rechtlichen Verhältnisses zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem Verwalter durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer,

c) bei Bestellung eines Eigentümervertreters nach § 22 in dem von der Interessenkollision betroffenen Geschäftsbereich nur durch den Eigentümervertreter;

2. wenn kein Verwalter bestellt ist,

a) durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer,

b) bei Bestellung eines vorläufigen Verwalters nach § 23 nur durch diesen.

(4) Ein gegen die Eigentümergemeinschaft ergangener Exekutionstitel kann nur in die Rücklage (§ 31) oder in die von den Wohnungseigentümern geleisteten oder geschuldeten Zahlungen für Aufwendungen (§ 32) vollstreckt werden. Soweit die Forderung durch eine solche Exekution nicht hereingebracht werden kann, haften die Wohnungseigentümer für den Ausfall im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile."

§ 12 Abs. 1 Z 1 Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (KKG) lautet wie folgt:

"§ 12. (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten

1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge […]"

§ 14 Abs. 1 KKG besagt Folgendes:

"§ 14. (1) In den Fällen des § 12 Abs. 1 Z 1 ist der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin (§ 7 Wasserversorgungsgesetz) Gebührenschuldner bzw. Gebührenschuldnerin."

Gemäß § 7 Wiener Wasserversorgungsgesetz (WVG) gilt Folgendes:

"§ 7. (1) Wasserabnehmer bzw. Wasserabnehmerin im Sinne dieses Gesetzes ist jeder bzw. jede, der oder die über eine selbstständige Anschlussleitung Wasser aus der städtischen Wasserleitung entnimmt, und zwar

a) der Hauseigentümer bzw. die Hauseigentümerin für die über den Wasserzähler seines bzw. ihres Hauses bezogene Wassermenge,

b) der Bauherr bzw. die Bauherrin für Bauzwecke,

c) der bzw. die Nutzungsberechtigte von unbebauten Grundstücken,

d) der Betriebsinhaber bzw. die Betriebsinhaberin,

e) der sonstige Wasserbezieher bzw. die sonstige Wasserbezieherin.

(2) Bei Miteigentum haften für die aus diesem Gesetz sich ergebenden Verpflichtungen die Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen zur ungeteilten Hand. Die Erfüllung durch einen Miteigentümer bzw. eine Miteigentümerin befreit die anderen Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen; bis zur Erfüllung bleiben sämtliche Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen verpflichtet.

(3) Wird Wasser für mehrere Häuser, die im Eigentum verschiedener Personen stehen, über eine einzige Anschlussleitung und einen einzigen Wasserzähler abgegeben, so gilt Abs. 2 sinngemäß."

§ 20 Abs. 1 WVG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 20. (1) Vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin sind für das abgegebene Wasser Wasserbezugsgebühren und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler Wasserzählergebühren zu entrichten […]"

Da der Bescheid eine der Rechtskraft fähige, förmliche, hoheitliche Willensäußerung einer Abgabenbehörde für den Einzelfall darstellt, hat er, wie § 93 Abs. 2 BAO ausdrücklich normiert, im Spruch die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist gemäß § 246 Abs. 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Ein Bescheid ergeht folglich an die Person, die gemäß § 93 Abs. 2 BAO im Spruch des Bescheides genannt ist. Die Rechtsmittellegitimation setzt überdies voraus, dass der Bescheid dem Betreffenden gegenüber wirksam bekannt gegeben ist (vgl. § 97 BAO; Ritz, BAO6, § 246 Tz 2).

Wie bereits dargelegt, wurde die Adressatin des angefochtenen Bescheides mit "Frau / Herrn / Firma BA und Miteigentümer zu Handen E.ges.m.b.H." bezeichnet. Aus § 2 Abs. 5 iVm § 18 Abs. 1 und 2 WEG 2002 ergibt sich, dass die Eigentümergemeinschaft - worauf auch im Schriftsatz vom zutreffend hingewiesen wurde - eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit u.a. betreffend Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft ist. Dazu gehört auch die beschwerdegegenständliche Angelegenheit (vgl. dazu ). Auf Grund der Bezeichnung im angefochtenen Bescheid und der bestehenden Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft in der Angelegenheit konnte diese davon ausgehen, dass der angefochtene Bescheid an sie gerichtet war. Somit kam dieser auch eine Beschwerdelegitimation zu. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich die Auseinandersetzung mit der Frage, ob der angefochtene Bescheid A B wirksam zugestellt wurde.

Da in den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400161/2017, und vom , RV/7400101/2020, hingegen die Eigentümergemeinschaft nicht Adressat der angefochtenen Bescheide war, sind die dortigen Ausführungen für die gegenständliche Beschwerdesache nicht maßgeblich.

Anders als der angefochtene Bescheid war die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom an "Frau AB z. H. Dr. CD" und somit nicht an die Eigentümergemeinschaft gerichtet. Es ist nicht zulässig, im Zuge der Beschwerdevorentscheidung den Bescheidadressaten auszutauschen (vgl. dazu Ritz, BAO6, § 263 Rz 8, unter Berufung auf ). Ungeachtet der abweichend vom angefochtenen Bescheid adressierten Beschwerdevorentscheidung kam der Eigentümergemeinschaft die Befugnis zu, gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde einen Vorlageantrag zu stellen, da diese im gegenständlichen Verfahren Beschwerdeführerin ist (§ 264 Abs. 2 lit. a BAO) und die Beschwerdevorentscheidung dem Zustellbevollmächtigten der Eigentümergemeinschaft C D tatsächlich zukam. Die ins Treffen geführte irrtümliche Bezeichnung "AF (vormals B) und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)" statt "AB und Miteigentümer (Eigentümergemeinschaft der EZ ***4*** KG ***5******6***)" ist unschädlich, da auch aus der irrtümlichen Formulierung unzweifelhaft hervorgeht, dass die Eigentümergemeinschaft gemeint ist (vgl. etwa im Zusammenhang mit Bescheiden ).

Daher ist in der Sache selbst zu entscheiden.

Mit dem angefochtenen und an die Eigentümergemeinschaft gerichteten Bescheid setzte die belangte Behörde Wasser- und Abwassergebühren fest. Laut Bescheidspruch handelt es sich dabei um einen Gebührenbescheid.

Sowohl § 14 Abs. 1 KKG als auch § 20 Abs. 1 WVG bezeichnen den Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin gemäß § 7 WVG als Gebührenschuldner bzw. Gebührenschuldnerin. Während § 7 Abs. 1 WVG festlegt, wer Wasserabnehmer bzw. Wasserabnehmerin im Sinne dieses Gesetzes ist, ergibt sich aus § 7 Abs. 2 WVG, dass bei Miteigentum die Miteigentümer bzw. Miteigentümerinnen zur ungeteilten Hand haften. Somit ist die teilrechtsfähige juristische Person "Eigentümergemeinschaft" nicht abgabepflichtig (). Dem steht auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 66/07, nicht entgegen, da dort lediglich ausgeführt wurde, dass hinsichtlich eines im Wohnungseigentum stehenden Objektes, das nicht aus der allgemeinen Anlage des Hauses, sondern im Wege einer eigenen Abzweigleitung mit eigenem Zähler mit Wasser versorgt wurde, "weder die Wohnungseigentumsgemeinschaft noch der betreffende Wohnungseigentümer Wasserabnehmer und Primärschuldner der hier in Rede stehenden Gebühren" sei.

Im Ergebnis hätte der angefochtene Gebührenbescheid nicht an die Eigentümergemeinschaft ergehen dürfen.

Dies steht mit den Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom im Einklang, in welcher dargelegt wurde, dass auch im Falle des Miteigentums von Wohnungseigentümern nicht die teilrechtsfähige juristische Person "Eigentümergemeinschaft" abgabepflichtig sei, sondern die Miteigentümer, die gemäß § 7 Abs. 2 WVG die Abgabe zur ungeteilten Hand schuldeten.

Nach § 279 Abs. 1 BAO ist das Bundesfinanzgericht als Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Diese Änderungsbefugnis ist durch die Sache begrenzt. Es würde die Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens überschreiten, den Adressaten des angefochtenen Bescheides auszutauschen (vgl. dazu etwa ). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da sich die Entscheidung auf die genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 7 Abs. 1 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 7 Abs. 2 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 20 Abs. 1 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 18 WEG 2002, Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 1 Z 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
§ 14 Abs. 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 1 und 2 WEG 2002, Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002
§ 264 Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 WEG 2002, Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002
§ 7 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400007.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at