Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 25.02.2021, RV/7104659/2020

Erfolgsaussichten einer Beschwerde, Bindungswirkung eines rechtskräftigen Strafurteils

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO, Steuernummer 09-***BF1StNr1*** in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom brachte der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.) gegen die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009-2012 einen Vorlageantrag ein und stellte den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für den Gesamtbetrag des mit den angefochtenen Bescheiden geltend gemachten Zahlungsanspruches.

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt die Aussetzung folgender Abgabenschuldigkeiten:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Einkommensteuer
2008
21.668,65
Anspruchszinsen
2008
2.063,35
Einkommensteuer
2009
15.431,01
Anspruchszinsen
2009
1.396,16
Einkommensteuer
2010
660.117,00
Anspruchszinsen
2010
55.854,46
Einkommensteuer
2011
682.589,00
Anspruchszinsen
2011
51.899,29
Einkommensteuer
2012
85.852,00
Anspruchszinsen
2012
5.892,39
Aussetzungszinsen
2019
34.944,29

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Stundungszinsen 2018 in Höhe von € 8.158,48 in die Bewilligung der Aussetzung miteinzubeziehen.

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt die Aussetzung der Einhebung dieses Betrages.

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt die Aussetzungsbescheide vom und gemäß § 299 Abs. 1 BAO mit der Begründung auf, dass der Spruch der Bescheide nicht dem Gesetz entspreche.

Gleichzeitig erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Abweisung der Aussetzungsanträge und führte zur Begründung aus:

"Gemäß § 212a Abs 2 lit a BAO sind Anträge auf Aussetzung der Einhebung dann nicht zu bewilligen, wenn "die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint".

Eine Beschwerde ist vor allem dann als wenig erfolgversprechend anzusehen, wenn sich der angefochtene Bescheid auf Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes oder des Verwaltungsgerichtshofes stützen kann.

Dazu ist auszuführen:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu ***AZ1*** vom ***Datum1*** wurde der Abgabepflichtige schuldig befunden, die im Spruch angeführten Einkommensteuern hinterzogen zu haben. Mit Beschluss vom ***Datum2*** wies der Oberste Gerichtshof zu ***AZ2*** die am vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zurück. Der gleichzeitig eingebrachten Berufung des Angeklagten wurde Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe durch das Oberlandesgericht Wien am ***Datum3*** zu ***AZ3*** herabgesetzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht Hierzu zählen auch jene Tatumstände, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl bspw Ra 2018/16/0043; Ritz, BAO6, § 116 Rz 14).

Ist - wie hier - die Höhe des Verkürzungsbetrages im Spruch des Strafurteils genannt, ist die Abgabenbehörde (und auch das Verwaltungsgericht) daran gebunden. Eine Bindung würde nur dann nicht bestehen, wenn der Betrag der hinterzogenen Abgaben der Höhe nach im Strafurteil nicht durch den Spruch bestimmt, sondern nur in den Entscheidungsgründen genannt ist ( 94/16/0013; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO § 116 E 37, 39).

Die oben zitierte Rechtsprechung schließt ein vom Strafurteil abweichendes Ergebnis im Abgabenverfahren aus. Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012 ist daher wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend ist auszuführen, dass vorliegend auch der Tatbestand des § 212a Abs 2 lit c BAO als erfüllt anzusehen ist. Als Zweck der Vorschrift des § 212a Abs. 2 lit. c BAO ist das Bestreben zu erkennen, einen Abgabepflichtigen, der sein Vermögen dem Zugriff des Abgabengläubigers zu entziehen versucht, daran zu hindern, den durch eine Aussetzung der Einhebung bewirkten Zahlungsaufschub zu einer erfolgreichen Fortsetzung solcher Versuche zu missbrauchen ( 2002/13/0045)."

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. Beschwerde ein und führte aus:

"Mit Bescheid vom , zugestellt am wurden die Bescheide vom bzw. vom über die Aussetzung einer Einhebung aufgehoben und damit meine Anträge auf Aussetzung der Einhebung wieder abgewiesen.

Innerhalb offener Frist erhebe ich somit gegen den Bescheid vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde mit der Begründung wie folgt:

1) Der Verweis auf § 212a Abs 2 lit a BAO als Begründung für die Aufhebung des Aussetzungsbescheides ist nicht zielführend, da die ständige Rechtsprechung zur Bindung an ein vorangegangenes strafrechtliches Urteil zwar überwiegend diese Bindung bejaht, jedoch nicht einheitlich ist und somit, meine Erfolgschancen im laufenden Verfahren durchaus gegeben sind.

2) Darüber hinaus wurde von mir innerhalb offener Frist eine Beschwerde beim EGMR in Strasbourg eingebracht, da im Finanzstrafverfahren gegen mehrere Artikel der EMRK Verstößen wurde. Somit ist trotz Zurückweisung meiner Nichtigkeitsbeschwerde durch den OGH das Strafverfahren gegen mich keinesfalls als endgültig erledigt anzusehen. Meine Chancen im laufenden Abgabenverfahren sind daher auch aus diesem Grunde Vollkommen intakt.

Der ergänzende Verweis auf § 212a Abs. 2 lit c BAO ist unrichtig, da ich derzeit kein eigenes Vermögen besitze, worüber ich disponieren könnte. Somit kann ich auch kein Vermögen dem Zugriff des Abgabengläubigers entziehen.

Da durch meine Vorlageanträge die Einkommenssteuerbescheide 2008-2012 weiterhin als unerledigt gelten, beantrage ich gestützt auf § 264 BAO meine Beschwerde vom heutigen Tage ebenfalls an das Bundesfinanzgericht (BFG) vorzulegen.

Ich wiederhole daher alle meine bisherigen Anträge und stelle neuerlich folgende Anträge

1. auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht und Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO sowie

2. auf Durchführung, einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO

3. auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für den Gesamtbetrag des mit den angefochtenen Bescheiden geltend gemachten Zahlungsanspruchs inkl. Stundungsszinsen bis zur endgültigen Entscheidung über die Beschwerde."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde betreffend Abweisung der Anträge auf Bewilligung der Aussetzung der Einhebung als unbegründet ab und führte aus:

"Die Aussetzung der Einhebung ist nach § 212a Abs. 2 BAO nicht zu bewilligen, a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Die Tatbestände des § 212a Abs 2 lit a bis § 212 Abs 2 lit c BAO sind selbständig nebeneinander normiert und jeder steht für sich allein der Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung entgegen (vgl. 94/13/0063).

Die Abweisung der Aussetzungsanträge mit dem angefochtenen Bescheid stützt sich auf § 212a Abs 2 lit a BAO. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer (Bf.) mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu ***AZ1*** vom ***Datum1*** schuldig befunden wurde, die Einkommensteuern für die Jahre 2008 bis 2012 i.H.v. insges. 1.465.931,56 hinterzogen zu haben. Zur Bindungswirkung dieses Strafurteils für das Abgabenverfahren ist auszuführen:

Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht.

Dazu gehören auch jene Tatumstände, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt ( Ra 2018/16/0043; , Ra 2016/15/0023; , 2007/16/0161). Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen ().

Die Rechtsordnung misst damit der Beweiskraft von Beweismitteln, die zu einer strafgerichtlichen Verurteilung führen, besondere Bedeutung bei, weil - anders als im Abgabenverfahren, wo die größte Wahrscheinlichkeit genügt - hier die volle Überzeugung der Strafbehörde gegeben sein muss. Es ist daher davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen eine Straftat mit rechtskräftigem Urteil als erwiesen angenommen wurde, keine begründeten Zweifel mehr am Tatgeschehen offengeblieben sind.

Liegt - wie hier - eine rechtskräftige Entscheidung der zuständigen Behörde bzw des zuständigen Gerichts vor, sind auch andere Behörden, etwa die Abgabenbehörde, aber auch das Bundesfinanzgericht daran gebunden. Die Bindungswirkung ist Ausfluss der Rechtskraft der betreffenden Entscheidung ( Ro 2016/15/0002). Eine solche Bindung besteht unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Entscheidung (Ritz, BAO6 § 116 Tz 5).

Aus dem Zusammenhalt des oben Dargelegten ergibt sich, dass die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012 wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO ist.

Zum Vorbringen unter Pkt. 2) in der Beschwerde ist auszuführen, dass eine Entscheidung - Freispruch oder Verurteilung - dann als endgültig ("final") anzusehen ist, wenn sie die Wirkung einer res iudicata erlangt hat. Das ist der Fall, wenn sie unwiderruflich ist, dh wenn keine ordentlichen Rechtsmittel mehr vorhanden sind, alle Rechtsmittel ergriffen wurden oder Rechtsmittelfristen ergebnislos verstrichen sind (vgl. Ra 2015/02/0226).

Beschwerden an den EGMR haben keine aufschiebende Wirkung und eine solche kann auch nicht zuerkannt werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Informativer Hinweis zu den in der Beschwerde gestellten Anträgen 1. auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht und Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO sowie 2. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO:

Da im vorliegenden Beschwerdeverfahren weder ein wirksamer Antrag iSd § 262 Abs. 2 BAO gestellt wurde, noch eine Ausnahme gemäß § 262 Abs. 3 und 4 BAO vorliegt, war über die Beschwerde (zwingend) mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 1 BAO) abzusprechen."

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein und verwies zur Begründung auf die Ausführungen in der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung nicht zu bewilligen, insoweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Beschwerdeentscheidung vorwegzunehmen, sondern haben die Abgabenbehörden (und Gerichte) bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen, wobei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/17/0055, insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist. Ein Rechtsmittel erscheint nur insoweit wenig erfolgversprechend, als seine Erfolglosigkeit offenkundig ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Berufung etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig in Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder auf eine länger während unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt.

Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0043, führt der Verwaltungsgerichtshof aus:

"Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen ( 2007/16/0161, mwN)."

Eine widersprüchliche Rechtsprechung des VwGH in dieser Frage liegt nicht vor.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom ***Datum1***, GZ ***AZ1***-165, wurde der Bf. mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 38 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt. Danach hat er vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung, nämlich eine in zu geringer Festsetzung bestehende Verkürzung, bewirkt, indem er sein Einkommen, nämlich die auf die Konten des in seinem wirtschaftlichen Eigentum und seinem Einflussbereich befindlichen Firmengeflechtes rund um die ***A-Privatstiftung*** und die ***B-AG*** überwiesenen Eingänge im Zeitraum 2008 bis 2012 nicht offenlegte, und zwar durch die Abgabe unrichtiger Jahressteuererklärungen

am für das Jahr 2009 um 15.403,93 Euro,
am für das Jahr 2010 um 660.246,53 Euro und
am für das Jahr 2012 um 85.993,45 Euro sowie

durch die Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen

am für das Jahr 2008 um 21.668,65 Euro und
am für das Jahr 2011 um 682.619,01 Euro.

Hiefür wurde der Bf. zu einer Geldstrafe in der Höhe von 1.000.000 Euro, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Dagegen brachte der Bf. mit Schriftsatz vom Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein.

Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss ***Datum2***, ***AZ2***, die dagegen eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde zurück.

Der Oberste Gerichtshof ist - neben dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof - ein Höchstgericht. Dies drückt aus: Gegen seine Entscheidungen ist kein weiterer (innerstaatlicher) Rechtszug mehr möglich.

Mit Erkenntnis das Oberlandesgerichtes Wien vom ***Datum3***, ***AZ3***, als Berufungsgericht wurde der Berufung Folge gegeben, die verhängte Geldstrafe auf 900.000 Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf neun Monate herabgesetzt.

Gemäß § 214 Abs. 1 StPO steht gegen eine Entscheidung des OLG Rechtsmittel nicht zu.

Das genannte Strafurteil ist somit rechtskräftig.

Bei Verletzung der durch die EMRK gewährten Rechte kann nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges die Individualbeschwerde zum EGMR erhoben werden. Ist sie zulässig, so fällt der EGMR ein Feststellungsurteil zur Klärung der Frage, oder betroffene Vertragsstaat gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen hat oder nicht. Das Urteil ist völkerrechtlich verbindlich, bindet allerdings nicht die nationalen Gerichte und durchbricht nicht die Rechtskraft ihrer Entscheidungen. Bei eine begründeten Individualbeschwerde spricht der EGMR dem Beschwerdeführer aber eine "gerechte Entschädigung" zu, soweit innerstaatlich keine Naturalrestitution möglich ist. (Artikel 41 MRMK).

Weiters wird auf § 363a StPOverwiesen:

(1) Wird in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine Verletzung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichtes festgestellt, so ist das Verfahren auf Antrag insoweit zu erneuern, als nicht auszuschließen ist, daß die Verletzung einen für den hievon Betroffenen nachteiligen Einfluß auf den Inhalt einer strafgerichtlichen Entscheidung ausüben konnte.

(2) Über den Antrag auf Erneuerung des Verfahrens entscheidet in allen Fällen der Oberste Gerichtshof. Den Antrag können der von der festgestellten Verletzung Betroffene und der Generalprokurator stellen; § 282 Abs. 1 ist sinngemäß anzuwenden. Der Antrag ist beim Obersten Gerichtshof einzubringen. Zu einem Antrag des Generalprokurators ist der Betroffene, zu einem Antrag des Betroffenen ist der Generalprokurator zu hören; § 35 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.

Daraus folgt, dass die Einbringung einer Individualbeschwerde beim EGMR die Rechtskraft des Strafurteiles nicht durchbricht. Der diesbezügliche Einwand geht daher ins Leere.

Die im Straferkenntnis angeführten Beträge an Einkommensteuer 2008 bis 2012 sind mit den nunmehr im Abgabenfestsetzungsverfahren angefochtenen Nachforderungsbeträgen ident.

In diesem Lichte bedurfte es, aufgrund der bindenden Feststellungen des Urteiles des Straflandesgerichtes vom ***Datum1*** keiner weitergehenden eigenständigen Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes mehr.

Die belangte Behörde durfte zu Recht davon ausgehen, dass der Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009-2012 wenig erfolgversprechend erscheint.

Da die Aussetzung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu bewilligen war, war es entbehrlich zu prüfen, ob zusätzlich ein der Aussetzung nach § 212a Abs. 2 entgegenstehendes Verhalten vorliegt.

Angemerkt wird, dass der obgenannte Aussetzungsantrag vom ausschließlich im Zusammenhang mit der Einkommensteuer 2008-2012 steht. Ein Aussetzungsantrag bezüglich der Anspruchszinsen liegt laut Mitteilung der belangten Behörde nicht vor. Ein diesbezüglicher Antrag wäre jedoch im Hinblick darauf, dass die Beschwerde gegen die zugrundeliegenden Einkommensteuerbeschwerdebescheide wenig erfolgversprechend erscheint, ebenfalls abzuweisen gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 363a StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104659.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at