Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.02.2021, RV/5100097/2018

Unterhaltsabsetzbetrag bei außergerichtlicher Unterhaltsvereinbarung und bei Unterschreiten der Regelbedarfssätze

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Wegen Nichtabgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 wurden die Besteuerungsgrundlagen des Beschwerdeführers (Bf) gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt.

Der entsprechende Einkommensteuerbescheid 2014 erging am und führte zu einer Nachforderung von 2.608,00 €.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wandte sich der Bf - soweit für das gegenständliche Beschwerdeverfahren noch strittig - gegen die Nichtberücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages.

Für seine am ***1***.2002 geborene Tochter ***2*** habe er einen monatlichen Unterhalt von 350,00 € geleistet, für seine am ***3***.2010 geborene Tochter ***4*** einen monatlichen Unterhalt von 200,00 €.

Ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes, mit welchem es den Bf um Erbringung eines Nachweises für die Alimentationsverpflichtungen sowie um Vorlage der Zahlungsbelege ersuchte, beantwortete der Bf dahingehend, dass es für seine Tochter ***2*** keinen Nachweis für die monatlichen Zahlungen gebe, weil nie ein Betrag von einer Behörde festgesetzt worden sei. Mit der Kindesmutter sei die Zahlung eines monatlichen Betrages von 350,00 € vereinbart worden. Dieser Betrag werde an diese mit Dauerauftrag überwiesen.

Für seine mj. Tochter ***4*** habe seine Mutter die Obsorge übernommen. Er lebe mit seiner Mutter zwar im selben Haus, habe aber einen getrennten Haushalt. Für seine Tochter übergebe er seiner Mutter jeden Monat persönlich 200,00 €.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid ab und berücksichtigte - neben nunmehr nicht mehr strittigen Aufwendungen - einen Unterhaltsabsetzbetrag von 715,40 €.

In der Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass der Absetzbetrag, wenn das Ausmaß des gesetzlichen Unterhalts durch die tatsächlichen Zahlungen nicht erreicht werde, nur für Monate zu gewähren sei, für die rechnerisch die volle Unterhaltszahlung ermittelt werden könne. Da der Bf seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen sei, könne der Unterhaltsabsetzbetrag für seine Tochter ***4*** nur für neun Monate und für seine Tochter ***2*** nur für elf Monate angesetzt werden.

Am ***3***.2017 stellte der Bf einen Vorlageantrag. Er habe die Unterhaltszahlungen für seine beiden minderjährigen Kinder für zwölf Monate geleistet und ersuche, dies zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom erläuterte das Bundesfinanzgericht die Rechtslage und forderte den Bf zu einer Stellungnahme auf.

Dieses Schreiben blieb bis dato unbeantwortet.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Aktenteilen.

Rechtslage:

Nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der im Beschwerdejahr geltenden Fassung steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

- sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und

- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu.

Der Unterhaltsabsetzbetrag ist an die tatsächliche Leistung des Unterhalts geknüpft; die bloße Verpflichtung dazu ist nicht ausreichend. Der volle Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kalenderjahr steht daher nur dann zu, wenn für dieses Kalenderjahr der volle Unterhalt tatsächlich geleistet wurde.

Für die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ist primär der in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen, behördlichen oder außergerichtlichen Vergleich festgelegte Betrag maßgeblich.

Wurde der Unterhalt von einer Behörde (Jugendamt, Pflegschaftsgericht) festgesetzt und kommt die Partei der Unterhaltsverpflichtung in vollem Ausmaß nach, steht der Unterhaltsabsetzbetrag ungekürzt zu, unabhängig davon, in welcher Höhe die Unterhaltsverpflichtung festgesetzt wurde.

Liegen - wie im Beschwerdefall - weder eine behördliche Festsetzung noch ein schriftlicher Vergleich vor, dürfen die von den Gerichten angewendeten Regelbedarfssätze nicht unterschritten werden.

Werden zwar vollständige Zahlungen entsprechend der getroffenen Vereinbarung geleistet, liegen diese Zahlungen aber unter den Regelbedarfssätzen, ist der Absetzbetrag nur für so viele Monate zu gewähren, wie Unterhalt nach dem jeweiligen Regelbedarfssatz bezahlt wird. Eine aliquote Zuerkennung für einen nicht voll durch die Zahlungen gedeckten Monat hat nicht zu erfolgen.

Die Anwendung von Regelbedarfssätzen ist daher auf jene Fälle beschränkt, in denen eine behördliche Festsetzung nicht vorliegt.

Die Regelbedarfsätze sind abstrakte (nicht an die konkrete Einkommenssituation der Eltern angelehnte) Werte und sollen die durchschnittlichen Grundbedürfnisse (Wohnung, Nahrung, Kleidung etc.) eines Kindes in Österreich, gestaffelt nach dem Alter des Kindes, repräsentieren (). Sie werden jeweils vom Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien bekanntgegeben und jährlich vom BMF unter www.bmf.gv.at veröffentlicht.

Im Jahr 2014 betrug der Regelbedarfssatz bei einem Alter von 3 bis 6 Jahren 249,00 € und von 10 bis 15 Jahren 366,00 € (Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 33 Rz 67 und 67/1).

Erwägungen:

Strittig ist die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages der Höhe nach. Der Bf beantragt den Unterhaltsabsetzbetrag für seine beiden Töchter in voller Höhe, weil er den vereinbarten Unterhalt in voller Höhe geleistet habe. Demgegenüber anerkannte das Finanzamt den Unterhaltsabsetzbetrag nur für 9 bzw. 11 Monate.

Wurden, wie im Beschwerdefall, die Unterhaltsverpflichtungen für die beiden Töchter frei vereinbart, ist die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages für jeden Kalendermonat an zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss der vereinbarten Unterhaltsverpflichtung in vollem Umfang nachgekommen werden und zum anderen dürfen die von den Gerichten angewandten Regelbedarfssätze nicht unterschritten werden.

Im vorliegenden Fall wäre der Bf nach den für das Beschwerdejahr geltenden Regelbedarfssätzen verpflichtet gewesen, für seine am ***1***.2002 geborene Tochter einen monatlichen Unterhalt von 366,00 € und für seine am ***3***.2010 geborene Tochter einen monatlichen Unterhalt von 249,00 € zu leisten.

Auch wenn der Bf den vollen vereinbarten Unterhalt für seine ältere Tochter von 350,00 € und für seine jüngere Tochter von 200,00 € leistete, lag er mit diesen Zahlungen jeweils unter den Regelbedarfssätzen und kann daher der volle Unterhaltsabsetzbetrag nicht anerkannt werden.

Nach den Regelbedarfssätzen leistete der Bf für seine ältere Tochter den vollen Unterhalt für 11 Monate (350 x 12 : 366) und für seine jüngere Tochter für 9 Monate (200 x 12 : 249), weshalb der monatliche Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € für 11 Monate und der monatliche Unterhaltsabsetzbetrag von 43,80 € für das zweite Kind für 9 Monate zustand.

Der Beschwerde war daher teilweise im Sinne der Beschwerdevorentscheidung stattzugeben.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig, weil es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100097.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at