BVE ohne Beschwerde, Vorlageantrag unzulässig
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adr***, betreffend Gebührenbescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Steuernummer ***StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerdevorentscheidung vom , mit welcher die (vermeintliche) Beschwerde vom abgewiesen wurde, wird aufgehoben.
den Beschluss gefasst:
Der gegen diese Beschwerdevorentscheidung gerichtete Vorlageantrag vom wird als unzulässig (geworden) zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und Sachverhalt
Das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) hat betreffend einen nicht vergebührten Mietvertrag vom zwischen ***Bf***, nunmehriger Beschwerdeführer, = Bf., als Vermieter und ***M*** als Mieterin mit zwei getrennten Bescheiden je vom
die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG in Höhe von 216 € und
eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der Gebühr festgesetzt.
Mit Schreiben vom hat der Bf. betreffend die Bescheide vom vorgebracht, er habe erst nunmehr festgestellt, dass die Verträge durch Herrn ***VN*** nicht ordnungsgemäß angezeigt worden seien. Sodann hat der Bf. den Antrag gestellt, von der Erhöhung der für das Rechtsgeschäft angefallenen Gebühr Abstand zu nehmen. Er hoffe, "dass dem Antrag auf Herabsetzung bzw. Entfall der Gebührenerhöhung stattgegeben werden kann."
Das GVG hat das Schreiben des Bf. sowohl als Rechtsmittel gegen die Gebührenvorschreibung als auch gegen die Gebührenerhöhung gewertet und mit 2 Beschwerdevorentscheidungen vom
die vermeintliche Beschwerde des Bf. gegen die Gebührenfestsetzung und
die Beschwerde gegen die Gebührenerhöhung als unbegründet abgewiesen.
Dagegen hat der Bf. am einen Vorlageantrag eingebracht und beantragt, "die gegenständliche Steuersache und unsere Berufung dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorzulegen."
Am hat das GVG sowohl die Beschwerde gegen die Gebühr als auch gegen die Gebührenerhöhung dem BFG zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schreiben vom hat der Bf. über Vorhalt des BFG die folgende, ergänzende Stellungnahme abgegeben:
"Die Beschwerde richtete sich in Sachen Mietvertrag ***M*** nur gegen die Gebührenerhöhung um 50 %. Dass die Rechtsgeschäftsgebühren von 216 € tatsächlich angefallen sind und zu Recht bestehen, wurde nicht bestritten. … während die Gebühr selbst gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG in Höhe von 216 € ja nicht bestritten wurde."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung … der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Nach § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) sinngemäß anzuwenden.
Nach Abs. 5 der Bestimmung obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
Gemäß § 279 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 [Beschlüsse] immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Beschwerdevorentscheidung (BVE)
Die Erlassung einer BVE (§ 262 Abs. 1 BAO) setzt zwangsläufig das Vorliegen einer Beschwerde voraus).
Nach § 250 Abs. 1 lit. a BAO muss die Beschwerde die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, enthalten.
Ziel der Bestimmung ist es, das Verwaltungsgericht in die Lage zu versetzen, über die Beschwerde eine Entscheidung zu treffen. Es genügt für die Bezeichnung des Bescheides, dass aus dem gesamten Inhalt des Rechtsmittels hervorgeht, wogegen es sich richtet, sodass die Behörde auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht zweifeln kann, welcher Bescheid angefochten ist ().
Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss ( Ra 2014/17/0025).
Für die Beurteilung von Anbringen kommt es auf den Inhalt und das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an. Bei einem eindeutigen Inhalt besteht keine Befugnis der Behörde, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen zu fingieren (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 85 Anm. 3).
In diesem Sinn geht schon aus dem zentralen Wortlaut der Eingabe vom eindeutig hervor, dass sich die damit sinngemäß erhobene Beschwerde nur gegen den Bescheid über die Festsetzung der Gebührenerhöhung richtet. Dies bekräftigt der Bf. noch einmal in seiner Stellungnahme vom , wo er unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass sich sein Rechtsmittel vom ausschließlich gegen die Festsetzung der Gebührenerhöhung gerichtet hat und die Gebühr selbst nicht bestritten wird. Der Bf. hat somit mit seinem Anbringen vom den hier gegenständlichen Gebührenbescheid nicht angefochten.
Soweit das Finanzamt über eine nicht eingebrachte Beschwerde mit BVE abgesprochen hat, hat es diese BVE mit einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet ().
Das GVG hat also hinsichtlich der Gebühr eine BVE erlassen, obwohl keine Beschwerde vorgelegen ist. Dies bewirkt die Rechtswidrigkeit der BVE infolge Unzuständigkeit. Die BVE vom war daher zunächst, zur Herbeiführung eines rechtsrichtigen Verfahrenszustandes, ersatzlos aufzuheben.
Vorlageantrag
Ebenso ist unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrages (§ 264 Abs. 1 BAO), dass die Abgabenbehörde erster Instanz eine BVE erlassen hat.
Infolge der Aufhebung der BVE vom gemäß Spruchpunkt 1. richtet sich der gegenständliche Vorlageantrag vom nunmehr gegen eine BVE, die nicht mehr dem Rechtsbestand angehört. In diesem Fall ist der Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 4 in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschluss zurückzuweisen, weil er unzulässig geworden ist (siehe Spruchpunkt 2.).
Revision
Gegen ein Erkenntnis bzw. einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die ordentliche Revision war als unzulässig zu erklären, weil die zu lösenden Rechtsfragen sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben bzw. durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist, ausreichend beantwortet worden sind.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102466.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at