Begünstigte Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 eines von einer liechtensteinischen Pensionskasse ausbezahlten Todesfallkapitals
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. ***MB***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2019 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2019 werden mit 10.800,00 € festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre mit 16.000,00 € fest, wobei ein der Beschwerdeführerin von der betrieblichen Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers ihres im Jahr 2018 verstorbenen Vaters ausbezahltes Todesfallkapital in Höhe von 48.478,00 CHF zur Gänze den steuerpflichtigen Einkünften zugerechnet wurde.
2. Dagegen erhob der steuerliche Vertreter Beschwerde und beantragte unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes, die Einkommensteuervorauszahlungen unter Berücksichtigung der Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 hinsichtlich des Todesfallkapitals mit 10.800,00 € festzusetzen.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Verwal-tungsgerichtshofes keine Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 vorliege, wenn ein Wahlrecht zwischen Einmalzahlung und Rentenzahlung bestehe. Weitere Voraussetzung sei jedoch, dass überhaupt ein primärer Anspruch auf eine Rente bestünde, der durch eine Kapitalauszahlung zwangsweise abgefunden werde. Der nach der Rechtsprechung für die Anwendbarkeit des § 124b Z 53 EStG 1988 erforderliche "Zwang" beziehe sich gerade darauf, dass ein ursprünglich auf Rentenzahlungen gerichteter Anspruch - ohne Zutun der Anspruchsberechtigten - durch eine Kapitalabfindung abgegolten würde. Da die Beschwerdeführerin nie einen primären Anspruch auf Rentenzahlungen gehabt habe, sondern von vornherein ein primärer Anspruch auf das Todesfallkapital bestanden habe, hätte auch keine Pension (in Form einer Rente) abgefunden werden können und könne § 124b Z 53 EStG 1988 daher nicht zur Anwendung kommen.
4. Mit Vorlageantrag beantragte der steuerliche Vertreter die Entscheidung über die Be-schwerde durch das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde im Wesentlichen eingewendet, dass die Auszahlung eines Todesfallkapitals nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (Hinweis auf , und ) unter die Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 falle und infolgedessen begünstigt zu besteuern sei.
II. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin bezieht infolge des Ablebens ihres Vaters im Dezember 2018 seit Jänner 2019 Waisenrenten von der Pensionsversicherungsanstalt, der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der Stiftung ***P***, einer liechtensteinischen Pensionskasse. Zudem erhielt sie im Jahr 2019 von der genannten betrieblichen Vorsorgeeinrichtung des früheren Arbeitgebers ihres Vaters ein Todesfallkapital in Höhe von 48.478,00 CHF (abzüglich Quellensteuer).
Ein Todesfallkapital wird nach Art. 25 des Vorsorgereglements der Stiftung ***P*** fällig, wenn eine versicherte Person vor dem Altersrentenbeginn stirbt. Dieses entspricht grundsätzlich (sofern im Vorsorgeplan nicht gemäß Abs. 3 abweichendes vorgesehen ist) dem im Zeitpunkt des Todes angesammelten Altersguthaben abzüglich des Barwertes zur Finanzierung der Hinterlassenenrenten (Abs. 2) und wird nach Abs. 6 unabhängig vom Erbrecht den dort unter lit. a bis g angeführten Personen ausbezahlt. Nach dem überlebenden Ehegatten (lit.a) und dem Lebenspartner (lit. b) sind an dritter Stelle (lit. c) die Kinder der versicherten Person genannt, wobei die jeweils nachfolgende Gruppe nur bei Fehlen von Anspruchsberechtigten der vorhergehenden Gruppe leistungsberechtigt ist. Nach Abs. 7 kann die versicherte Person zu Lebzeiten durch schriftliche Erklärung der Stiftung mitteilen, welche natürlichen Personen aus den Gruppen (b bis g) zu welchen Teilen auf das Todesfallkapital begünstigt werden sollen und auch die Rangordnung der Gruppen (b bis g) abändern.
III. Rechtliche Beurteilung
§ 124b Z 53 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 54/2002 lautet:
"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."
Mit Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0028, hat der Verwaltungsgerichtshof die Besteuerung eines von einer Schweizer Pensionskasse (in dem dem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall an die Schwester der Verstorbenen) ausbezahlten Todesfallkapitals als Pensionsabfindung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 als rechtmäßig erkannt. Begründend hat der Verwaltungs-gerichtshof unter Verweis auf die entsprechende Vorjudikatur dabei zum einen auf den Zweck der Bestimmung, eine tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, wenn keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung bestehe, sowie die (unter der Voraussetzung, dass kein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital bestand) wiederholte Beurteilung von im Zusammenhang mit dem endgültigen Verlassen der Schweiz zuerkannten Austrittsleistungen als begünstigungsfähige Pensionsabfindungen im Sinne dieser Bestimmung hingewiesen und zum anderen festgehalten, dass es gerade (auch) die Abfindung von Pensionsanwartschaften sei, die der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 habe begünstigen wollen.
Nicht gefolgt ist der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis schließlich dem Vorbringen des revisionswerbenden Finanzamtes, dass die Bezieherin des Todesfallkapitals weder rechtlich (aufgrund des Pensionskassenreglements) noch tatsächlich gegenüber der Pensionskasse einen Pensionsanspruch gehabt hätte und das Todesfallkapital vielmehr als eigenständiger Anspruch an diese ausbezahlt worden sei, ohne dass damit ein (eigener) Pensionsanspruch abgegolten worden wäre. Begründend wurde dazu zusammengefasst ausgeführt, die Abfindung ausländischer Pensionskassenleistungen führe nach § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Hinweis auf , betreffend eine schweizerische Pensionsabfindung), wobei es bei den Einkünften im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG 1988 unmaßgeblich sei, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handle, ob ein Rechtsanspruch auf sie bestehe, oder ob sie dem originär Bezugsberechtigen oder seinem Rechtsnachfolger zufließen würden (§ 25 Abs. 2 EStG 1988). Zahlungen, auf die der Rechtsvorgänger zu Lebzeiten keinen Anspruch gehabt hätte und deren Anfall er nicht habe beeinflussen können, gehörten nach Lehre und Rechtsprechung ebenfalls zu den Einkünften des Rechtsnachfolgers und würden damit beispielsweise auch gesetzliche Abfertigungen an unterhaltsberechtigte Erben oder Sterbegelder grundsätzlich von der Steuerpflicht erfasst. Nichts anderes gelte für das Todesfallkapital. Wenn § 25 Abs. 2 EStG 1988 und § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 die Einnahmen des verstorbenen Rechtsvorgängers dem Rechtsnachfolger zurechneten, ohne die Identität der Einkunftsart zu berühren, spreche dies dafür, diesen Einkünfte auch jene einkünftebezogenen Begünstigungen zukommen zu lassen, die beim Rechtsvorgänger anwendbar gewesen wären. Denn durch die Rechtsnachfolge ändere sich der sachliche Gehalt der betreffenden Einkünfte nicht, weshalb auch die rechtspolitischen Ziele der Steuerermäßigung davon unberührt blieben, ob die Einkünfte, auf die sich die Ermäßigung beziehe, vom ursprünglichen Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsnachfolger bezogen würden. Damit bleibe auch der Zweck der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 von der Rechtsnachfolge unberührt. Auch im Falle der Auszahlung des Abfindungsbetrages an einen nach dem Tod des Dienstnehmers Anspruchsberechtigten, komme es zu einer kumulierten Erfassung von Einkünften in einem Jahr (Barwert der Altersrente).
Nach den maßgeblichen Bestimmungen des Reglements der betrieblichen Vorsorgeeinrichtung besteht für Waisen kein Wahlrecht zwischen dem Bezug des Todesfallkapitals als Einmalbetrag und einer Auszahlung in Rentenform. Ein begünstigungsschädliches Wahlrecht im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua. , mwN) bestand demnach nicht. Dass es im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0028, aufgrund von Hinterlassenenleistungen, die von der Austrittsleistung allenfalls in Abzug zu bringen wären, zu einer derartigen Schmälerung der Austrittsleistung gekommen wäre, dass von keinem zusammengeballten Anfall von Einkünften mehr gesprochen werden könnte, wurde vom Finanzamt nicht behauptet und ist Derartiges auch nach der Aktenlage nicht erkennbar.
Damit liegen die Voraussetzung für eine Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 vor und waren die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2019 daher antragsgemäß mit 10.800,00 € festzusetzen. Der Beschwerde war somit Folge zu geben.
IV. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob ein Todesfallkapital bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage unter die Begünstigungsvorschrift des § 124b Z 53 EStG 1988 fällt, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird durch das Erkenntnis somit nicht berührt, eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100446.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at