Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.12.2020, RV/5101311/2020

Versäumnis der Frist für die Stellung eines Antrages zur Bildung einer Zuschreibungsrücklage


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Miterledigte GZ:
RV/5101353/2020


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5101311/2020-RS1
Anträge auf Bildung einer Zuschreibungsrücklage nach § 124b Z 270 lit a EStG sind in der Steuererklärung zu stellen. Nach Ergehen des Steuerbescheides kann dieser Antrag nicht mehr nachgeholt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens Feststellungsbescheid Gruppenträger 2016 und Feststellungsbescheid Gruppenträger 2016

zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

2. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. a. Bei der Bf. (GmbH, Gruppenträger) wurde die Zuschreibung von Wertaufholungen, die eingetreten sind in Wirtschaftsjahren, welche vor dem begonnen haben, im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss durch Bildung einer passiven Rechnungsabgrenzung (PRA) neutralisiert.

b. (1) In der am elektronisch (Finanz-Online) eingereichten KÖSt-Erklärung 2016 wurde kein Antrag auf Bildung einer Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit a EStG gestellt. Das Feld "Antrag auf Bildung einer Zuschreibungsrücklage wird gestellt" wurde nicht ausgefüllt.

Der Abgabenbehörde wurden weder im Zuge der Einreichung der Steuererklärungen für 2016 noch zu einem späteren Zeitpunkt (bis zum Beginn der Außenprüfung) der Jahresabschluss, die Gewinn- und Verlustrechnung, Übersichten für steuerliche Zwecke (bspw. die Mehr-Weniger-Rechnung oder ein Verzeichnis gemäß § 124b Z 270 lit b EStG) oder der Jahres- oder Treuhandbericht für das Jahr 2016 vorgelegt.

(2) Am wurde der Feststellungsbescheid Gruppenträger erlassen, der die Neutralisierung der Aufwertung enthielt.

c. Im Rahmen einer Außenprüfung 2018/19 (Prüfungsbeginn , Verzicht auf die Schlussbesprechung vom ) wurde neben anderen nicht bekämpften Feststellungen die Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit a EStG nicht anerkannt, da kein Antrag in der Steuererklärung 2016 gestellt worden war.

In der Niederschrift vom wurde dazu in Pkt 2 folgendes ausgeführt:

(1) Im Umlaufvermögen des geprüften Unternehmens befänden sich Wertpapiere für die in Zeiten vor dem Teilwertabschreibungen vorgenommen worden seien. In der am elektronisch eingereichten Körperschaftsteuererklärung für 2016 sei kein Antrag auf die Zuschreibungsrücklage iSd § 124b Z 270 EStG gestellt worden. Nach der Aktenlage sei auch keine Beilage eingereicht worden, aus der sich hätte ersehen lassen, dass eine Zuschreibungsrücklage iSd § 124b Z 270 EStG beantragt werde. Mit sei der Feststellungsbescheid Gruppenträger 2016 erlassen worden.

(2) Für die zwischenzeitigen Wertaufholungen im Sinne des § 208 UGB sei eine PRA im Sinne des § 906 Abs 32 UGB in der (Unternehmens)Bilanz dotiert worden. Die Dotierung habe man steuerwirksam belassen, obwohl in der Steuererklärung kein Antrag gemäß § 124b Z 270 lit a EStG gestellt worden sei. Man habe auch kein gesondertes Verzeichnis der Wirtschaftsgüter gemäß § 124b Z 270 lit b EStG geführt bzw der Erklärung beigelegt. Somit sei gemäß § 124b Z 270 EStG keine steuerliche Zuschreibungsrücklage beantragt bzw gebildet worden.

(3) Die UGB-Bilanz 2016 sei weder elektronisch noch in Papierform beim Finanzamt eingereicht worden.

(4) Rechtliche Würdigung:

Soweit im ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem beginne, aufgrund einer bereits vor diesem Wirtschaftsjahr eingetretenen Wertaufholung eine Zuschreibung gemäß § 208 des UGB (idF BGBl I 22/2015) vorgenommen werden müsse, sei diese Zuschreibung auch für steuerliche Zwecke maßgeblich und steuerwirksam. Der Zuschreibungsbetrag könne aufgrund eines in der Steuererklärung gestellten Antrages einer Zuschreibungsrücklage zugeführt werden (§ 124b Z 270 lit a EStG). Weder an der dafür vorgesehenen Stelle in der KÖSt-Erklärung, noch in einer Beilage zur KÖSt-Erklärung sei ein entsprechender Antrag gestellt worden. Zudem müssten Wirtschaftsgüter, für die eine Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit a EStG gebildet würde, in einem Verzeichnis ausgewiesen werden. In diesem Verzeichnis seien der steuerliche Bilanzansatz des betreffenden Wirtschaftsgutes sowie die Zuschreibungsrücklage bis zum Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen jährlich evident zu halten (§ 124b Z 270 lit b EStG). Das Verzeichnis sei in geeigneter Form der jährlichen Steuererklärung anzuschließen, sodass die Wertentwicklungen des Wirtschaftsgutes und der Zuschreibungsrücklage nachvollziehbar seien.

Die Voraussetzungen für die Bildung einer Zuschreibungsrücklage seien nicht erfüllt und die Wertaufholung sei ohne Steuerstundung im Jahr 2016 wirksam.

Ohne Antrag in der Steuererklärung könne dieser auch nicht nachgeholt werden (Jakom/Laudacher, § 6 Rz 203).

(5) Am sei der Außenprüferin ein Antrag auf Berichtigung gemäß § 293b BAO übermittelt worden: Die Bf. führe an, aus der Bildung der PRA nach der UGB-Bilanz sei - aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die unternehmensrechtliche Bilanz - der Wille des Unternehmens aus der Aktenlage klar zu entnehmen gewesen; es komme auf die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit durch die Abgabenbehörde an, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte, eine solche Prüfung würde nun im Zuge der Außenprüfung stattfinden.

Diesem Antrag auf Berichtigung gemäß § 293b BAO könne nicht entsprochen werden, da der maßgebliche Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit beurteilt werden müsse, der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides sei. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch das Finanzamt habe man diesem keine Unterlagen vorgelegen können, aus denen eine offensichtliche Unrichtigkeit abzuleiten sei.

Im Rahmen der Außenprüfung seien erstmals der Jahresabschluss, die Saldenlisten und die Details zur Bewertung der Wertpapiere des Umlaufvermögens sowie die Ermittlung der Zuschreibungsrücklage vorgelegt worden. Neu hervorgekommen sei die Tatsache, dass eine Zuschreibungsrücklage dotiert worden sei und man dafür keinen Antrag in der Steuererklärung gestellt habe. Die aufzuwertenden Wirtschaftsgüter seien in keinem eigenen Verzeichnis ausgewiesen worden.

2. Bei Erlassung des wiederaufgenommenen Feststellungsbescheides Gruppenmitglied 2016 vom wurde die Zuschreibungsrücklage nicht anerkannt. Am selben Tag wurde auch der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung Gruppenträger 2016 an die Bf. erlassen.

3. Mit Schreiben vom wurden der Wiederaufnahmebescheid und der Feststellungsbescheid Gruppenträger 2016 vom mit Beschwerde bekämpft.

a. Beantragt werde die Berücksichtigung der Zuschreibungsrücklage für 2016 mit 724.732,42 €. Eine Wiederaufnahme solle nicht stattfinden.

b. Zur Wiederaufnahme werde folgendes vorgebracht:

(1) Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch das Finanzamt sei der Jahresabschluss der Bf. bereits beim Firmenbuch offengelegt worden. Hätte die Behörde die Abgabenerklärung geprüft, hätte sie festgestellt, dass der Jahresabschluss noch fehlt und diesen, wie üblich, mittels ersuchen um Ergänzung angefordert.

(2) Aus der Bildung der PRA gemäß § 906 Abs 32 UGB in der Bilanz und aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die unternehmensrechtliche Bilanz, wäre der Wille des Unternehmens aus der Aktenlage klar zu entnehmen gewesen.

c. (1) Im Zuge der Betriebsprüfung sei offengelegt worden, dass bei Einreichung der KÖSt-Erklärung 2016 übersehen worden sei, ein Kreuz für die Bildung der Zuschreibungsrücklage zu setzen.

(2) Aus den offengelegten Unterlagen (Jahresabschluss 2016 inklusive Steuerrechnung) sei für die Außenprüfung eindeutig zu erkennen gewesen, dass sich das Unternehmen für die Bildung der Zuschreibungsrücklage entschieden habe. Diese sei nach § 906 Abs 32 UGB in einer PRA ausgewiesen worden. Somit sei die Entscheidung eine Zuschreibungsrücklage zu bilden nicht erst bei Entstehung der Steuererklärung gefallen, sondern bereits bei Erstellung des Jahresabschlusses 2016.

(3) Im Zuge der Jahresabschlusserstellung 2016 sei auch ein entsprechendes Verzeichnis erstellt und der BP vorgelegt worden, aus der die Berechnung der Zuschreibungsrücklage für die einzelnen Wertpapiere hervorgehe. Hier sei der steuerliche Bilanzansatz und die Höhe der Zuschreibungsrücklage ersichtlich. Laut § 124a Z 270 lit b EStG sei dieses Verzeichnis jährlich evident zu halten. Dass dieses Verzeichnis der Steuererklärung beizulegen sei, gehe aus dem Gesetzestext nicht hervor.

(4) Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise lasse sich unmissverständlich ableiten, dass es der Wille des Steuerpflichtigen sei, die Bildung einer Zuschreibungsrücklage vorzunehmen. Die Korrektur eines Formalfehlers, dass in der Steuererklärung vergessen worden sei, ein Kreuz zu setzen, sollte mit einer Mängelbehebung gemäß § 85 Abs 2 BAO im Zuge einer BP im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens möglich sein. Es sei offensichtlich, dass der Wille des Steuerpflichtigen die Ausübung des Wahlrechtes nach § 906 UGB iVm § 124b Z 270 EStG auf Bildung der Zuschreibungsrücklage gewesen und dass dieser Wille auch - zumindest konkludent - erklärt worden sei. Das sei der Aktenlage klar zu entnehmen. Diese Ausübung des Wahlrechtes sei auch rechtzeitig gewesen, weil dies im Jahresabschluss bereits vor Abgabe der Steuererklärung ersichtlich gewesen sei. Es werde hier kein neuer Antrag gestellt, sondern es sei nur ein Formalfehler zu korrigieren.

(5) Von Seiten der BP werde auch argumentiert, dass die Formulierung des § 124b Z 270 lit a BAO jenem des § 10 Abs 3 Z 1 bis 2 KStG nachempfunden sei. Dieser Argumentation könne nicht gefolgt werden. Im KStG gehe es um die Option auf Steuerpflicht im Zuge des Erwerbes einer Auslandsbeteiligung. Im ursprünglichen Gesetzestext (bis Veranlagung 2013) sei vorgesehen gewesen, dass die Option bei Abgabe der KÖSt-Erklärung zu erfolgen habe und in Z 3 sei angeführt gewesen, dass die Option nicht widerrufen werden könne. Es habe eine Beschwerde gegeben und der VwGH habe entschieden, dass die Option auch dann als ausgeübt gelte bzw nachträglich ausgeübt werden könne, wenn aus den in der KÖSt-Erklärung gesetzten Maßnahmen zu erkennen sei, dass man die Option ausüben wolle. Aufgrund dieser Entscheidung habe man das Gesetz dahingehend geändert, dass die Option in der KÖSt-Erklärung auszuüben sei. Man habe auch die Z 2 geändert, wo es heiße, dass die Option nur innerhalb eines Monats ab Abgabe der KÖSt-Erklärung durch deren Berichtigung nachgeholt oder widerrufen werden könne.

Eine Regelung wie im § 10 Abs 3 Z 2 KStG fehle im § 124b EStG gänzlich. Es gebe im Gesetz und auch in den erläuternden Bemerkungen keinerlei Angaben, ob und/oder bis wann ein Antrag nachgeholt oder geändert werden dürfe. Bei der Option zur Steuerpflicht von Auslandsbeteiligungen mache eine zeitliche Befristung zur Optionsausübung Sinn. Beim Antrag in § 124b Z 270 lit a EStG sei es aber völlig belanglos, wann der Antrag gestellt werde, da Verhältnisse zu einem bestimmten Stichtag () maßgebend seien. Es werde der Zuschreibungsbedarf zu einem bestimmten Stichtag in der Vergangenheit erhoben. Die diesbezüglichen Daten könnten im Nachhinein nicht geändert werden.

(6) Am sei der Außenprüferin ein Antrag auf Berichtigung gemäß § 293b BAO übermittelt worden. Aus der Bildung der PRA gemäß § 906 Abs 32 UGB in der Bilanz sei aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit der Wille des Unternehmers aus der Aktenlage klar zu entnehmen gewesen. Nach der Judikatur (zB ) komme es auf die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit durch die Abgabenbehörde an. Wesentlich sei hierbei, dass die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung für die Behörde klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte (Ritz, BAO, § 293b, Rz 2).

4. Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme und den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2016 als unbegründet abgewiesen. Die Abweisung wurde zusammengefasst wie folgt begründet:

a. Die gemäß § 208 UGB vorzunehmende Zuschreibung sei im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss auch mit steuerlicher Wirkung durch die Bildung einer PRA neutralisiert und ein Antrag auf Zuschreibungsrücklage sei nicht gestellt worden.

b. Der Abgabenbehörde seien bis zum Beginn der Außenprüfung (Abschluss 2019) weder ein Jahresabschluss, noch die Gewinn- und Verlustrechnung, Übersichten für steuerliche Zwecke (zB MWR oder ein Verzeichnis gemäß § 124b Z 270 lit b EStG) oder der Jahres- oder Treuhandbericht für 2016 vorgelegt worden.

c. Zur Wiederaufnahme:

Im Rahmen der Außenprüfung seien erstmals der Jahresabschluss, die Saldenlisten und Details zur Bewertung der Wertpapiere des Umlaufvermögens und die Berechnung der Zuschreibungsrücklage vorgelegt und bekannt geworden. Neu hervorgekommen sei, dass die Zuschreibungsrücklage zwar dotiert, aber kein Antrag in der Steuererklärung enthalten gewesen sei. Die betreffenden aufzuwertenden Wirtschaftsgüter seien in keinem Verzeichnis ausgewiesen gewesen.

Entscheidend sei der Wissensstand des Finanzamtes im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides, mit dem das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen worden sei.

Die steuerlichen Auswirkungen seien gravierend. Das Prinzip der Rechtsrichtigkeit habe Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit. Ziel sei das insgesamt rechtmäßige Ergebnis.

Aus der Sicht des Finanzamtes lägen neu hervorgekommene Tatsachen und damit ein Wiederaufnahmegrund vor.

d. Zum Feststellungsbescheid:

(1) Aus dem Wortlaut des § 124b Z 270 lit a EStG gehe zweifelsfrei hervor, dass eine Zuschreibungsrücklage nur gebildet werden könne, wenn ein entsprechender Antrag in der Steuererklärung gestellt werde. Nicht von Relevanz sei, wann die Entscheidung für die Bildung einer Zuschreibungsrücklage gefallen sei.

(2) Der Ausweis einer PRA in der unternehmensrechtlichen Bilanz ohne Antrag in der Steuererklärung sei nicht maßgeblich.

(3) Für den Zeitpunkt der Stellung des Antrages sei der Gesetzestext maßgeblich.

(4) Als Steuer- oder Abgabenerklärung sei die erste Erklärung zu verstehen und nicht eine berichtigende Eingabe (Ritz, BAO, § 133, Rz 6). Der VwGH habe in ähnlichen Fällen, in denen die Rechtzeitigkeit der Abgabe einer Optionserklärung (gemäß § 10 Abs 3 Z 1 KStG) nach Einreichung der Steuererklärung strittig gewesen sei, entschieden, dass mit der elektronischen Einreichung der Erklärung die Frist zur Erklärung der Option abgelaufen sei (; ; ).

Die Aussagen des VwGH seien auch auf die Bestimmung des § 124b Z 270 lit a EStG anwendbar. Wie der VwGH im Erkenntnis vom , 2012/15/0001 ausgeführt habe, sei der Umstand, dass erst Wochen nach Ergehen des KÖSt-Bescheides Unterlagen (Jahresabschluss, Mehr-Weniger-Rechnung - MWR) dem Finanzamt übermittelt worden seien, unbeachtlich. Nichts anderes könne für den beschwerdegegenständlichen Fall gelten.

(5) Ein Antrag könne nach Ergehen des Steuerbescheides nicht nachgeholt werden.

(6) Urkunden, die beim Firmenbuch eingereicht worden seien, könnten nicht zu Aktenteilen des Abgabenverfahrens gemacht werden. Es bestehe auch keine Verpflichtung der Finanzbehörde, Urkunden des Firmenbuches anzufordern.

(7) Die Nichtausübung des Rechtes auf Bildung einer Zuschreibungsrücklage stelle auch keinen Mangel iSd § 85 BAO dar. Inhaltliche Mängel iSd § 85 Abs 2 BAO lägen nur dann vor, wenn gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlten. Die KöSt-Erklärung 2016 sei auch nicht objektiv betrachtet widersprüchlich. Es habe keine Veranlassung zur Nachfrage bei der Bf. bestanden.

5. Mit Schreiben vom brachte die Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme und den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2016 beim Bundesfinanzgericht ein.

a. Betreffend der Begründung werde auf die Beschwerde vom verwiesen.

b. Die BP habe das Verzeichnis abgelehnt, da es der Erklärung nicht beigelegt worden sei. Man habe in mehreren Besprechungen darauf hingewiesen, dass dieses Verzeichnis laut Gesetzestext nicht beizulegen, sondern nur evident zu halten sei. Dies sei von der BP nicht anerkannt worden, obwohl sich das eindeutig aus dem Gesetzestext ergebe. Da in der Begründung (gemeint offenbar: Der BVE) die verpflichtende Beilage zur Erklärung nicht mehr angeführt werde, sei davon auszugehen, dass der Gesetzestext jetzt richtig habe interpretiert werden können und das Verzeichnis nur evident zu halten sei. Jetzt werde in der Begründung angeführt, dass das Verzeichnis nicht richtig erstellt worden sei.

c. Nach der Judikatur () komme es auf die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit durch die Abgabenbehörde an. Wesentlich sei, dass die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung für die Behörde klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte. Dann wäre ihr aufgefallen, dass der Jahresabschluss und die Steuerrechnung nicht vorliegen und diese wären - wie üblich - angefordert worden. Dies sei nicht gemacht worden und daraus lasse sich ableiten, dass die Behörde eben nicht geprüft habe.

d. Im Zuge der Zusammenstellung der Unterlagen für die BP habe man bemerkt, dass in der Erklärung übersehen worden sei, das Kreuz für die Zuschreibungsrücklage zu setzen. Daraufhin habe man umgehend die Prüferin informiert und alle Unterlagen offengelegt.

6. Der Mängelbehebungsauftrag vom und dessen Beantwortung vom erbrachten keine Neuerungen betreffend den gegenständlichen Sachverhalt.

7. Am wurde die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme und Feststellung Gruppenträger 2016 dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt und Rechtslage

(1) In der Feststellungserklärung Gruppenträger 2016 wurde kein Antrag auf Bildung einer Zuschreibungsrücklage gestellt. Der Steuererklärung war weder die Jahresbilanz beigefügt, noch eine MWR oder das Verzeichnis der aufzuwertenden Wirtschaftsgüter.

(2) § 124b Z 270 lit a EStG: Soweit im ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem beginnt, aufgrund einer bereits vor diesem Wirtschaftsjahr eingetretenen Wertaufholung eine Zuschreibung gemäß § 208 des Unternehmensgesetzbuches in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 22/2015 vorgenommen werden muss, ist diese Zuschreibung auch für steuerliche Zwecke maßgeblich und steuerwirksam. Der Zuschreibungsbetrag für das betreffende Wirtschaftsgut kann jedoch auf Grund eines in der Steuererklärung (Feststellungserklärung) gestellten Antrages einer Zuschreibungsrücklage zugeführt werden. Die Zuschreibungsrücklage ist insoweit steuerwirksam aufzulösen, als der Teilwert des betreffenden Wirtschaftsgutes den für die Bildung der Zuschreibungsrücklage maßgeblichen Teilwert unterschreitet oder eine Absetzung für Abnutzung im Sinne der §§ 7 und 8 vorgenommen wird. Die Zuschreibungsrücklage ist spätestens im Zeitpunkt des Ausscheidens des betreffenden Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen steuerwirksam aufzulösen.

§ 124b Z 270 lit b EStG: Wirtschaftsgüter, für die eine Zuschreibungsrücklage gemäß lit. a gebildet wurde, sind in einem Verzeichnis auszuweisen. In diesem Verzeichnis sind der steuerliche Bilanzansatz des betreffenden Wirtschaftsgutes sowie die Zuschreibungsrücklage bis zum Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen jährlich evident zu halten.

Beweiswürdigung

Den von der BP getroffenen Feststellungen wurde seitens der Bf. nicht widersprochen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

1. Strittig ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Zuschreibungsrücklage im Feststellungsbescheid Gruppenträger für 2016.

2. Zur Wiederaufnahme:

a. Gem. § 303(4) BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen sind Sachverhaltselemente (mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände): Zustände, Vorgänge, Beziehungen oder Eigenschaften. Selbst innere Vorgänge (soweit sie rational feststellbar sind) können Tatsachen sein (zb. Ansichten, Absichten). Tatsachen sind daher beispielsweise

- mangelnde Ordnungsmäßigkeit der Buchführung

- nähere Umstände über die Marktgerechtigkeit des Verhaltens usw.

Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumption zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können ().

Es genügen außerdem für eine amtswegige Wiederaufnahme schon relativ geringfügige Ergänzungen des Sachverhaltes, weil der Sachverhalt des Erstverfahrens dann eben nicht vollständig ist. Selbst die Tatsache einer dreißigjährigen Gebäudenutzung mit Verlusten hindert eine Wiederaufnahme wegen Liebhaberei nicht, wenn erst im Zuge der Betriebsprüfung die näheren Umstände der Nutzung hervorkommen ( Zl. 84/13/0039).

b. (1) Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung () war dem Finanzamt weder die Bilanz, noch die Mehr- und Wenigerrechnung (MWR) bekannt. Das Verzeichnis der aufzuwertenden Wirtschaftsgüter war nicht beigelegt. Alle diese Umstände, die auf die Neutralisierung der Aufwertung in der UGB-Bilanz hätten verweisen können, wurden erst im Zuge der Betriebsprüfung (BP) 2018/19 bekannt.

(2) Im Vorlageantrag hat die Bf. selbst zugestanden, dass die genannten Belege dem Finanzamt nicht vorgelegen sind und die Behörde keine Prüfung auf fehlende Unterlagen vorgenommen hat. Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen oder Beweismittel im Erstverfahren schließt im Übrigen die Wiederaufnahme von Amts wegen nicht aus ( mit Verweis auf ).

(3) Aus der Steuererklärung - die ungeprüft veranlagt wurde - war die in der UGB-Bilanz enthaltene PRA nicht ersichtlich. Es bestand auch keine Verpflichtung, die UGB-Bilanz vom Firmenbuch anzufordern, wobei auch die Einsicht in das Firmenbuch nicht von Nutzen gewesen wäre: Die am beim Firmenbuch elektronisch eingereichte Bilanz für den , enthält zwar eine PRA iHv 724.732,42 €, aber - im Gegensatz zu anderen wichtigen Positionen - keinerlei Erläuterung in Pkt III (Erläuterungen zur Bilanz), aus welchen Positionen sich die PRA zusammensetzt. Selbst eine Einsicht in das elektronische Firmenbuch und die dort ersichtliche Bilanz, hätte keinen Hinweis auf eine Zuschreibungsrücklage erbracht.

Die Beschwerde über die Wiederaufnahme war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

3. Zur Zuschreibungsrücklage:

In den EB zum RÄG 2014, in welchem die Bildung der Zuschreibungsrücklage erstmals verankert wurde, ist folgendes festgehalten:

a. Die bisher in § 208 Abs. 2 UGB verankerte Ausnahme von dem in § 208 Abs. 1 UGB geregelten Wertaufholungsgebot soll im Einklang mit dem Steuerrecht aufgegeben werden. Somit sollen Zuschreibungen in Jahresabschlüssen für Wirtschaftsjahre, die nach dem enden, generell verpflichtend vorzunehmen und auch für steuerliche Zwecke maßgeblich sein; die entsprechenden steuerlichen Bestimmungen können daher entfallen. Anlässlich der Einführung eines uneingeschränkten Wertaufholungsgebots sollen Zuschreibungen aufgrund von Wertaufholungen aus früheren Geschäftsjahren, bei denen vormals von der Ausnahme der Wertaufholungsverpflichtung gemäß § 208 Abs. 2 UGB in der bisher geltenden Fassung Gebrauch gemacht wurde, nachträglich vorgenommen werden müssen. Diese nachträgliche Vornahme von vormals unterlassenen Zuschreibungen hat somit im ersten Wirtschaftsjahr zu erfolgen, das nach dem beginnt. Diese nachgeholte Zuschreibung ist aufgrund von § 208 UGB iVm § 6 Z 2 lit. a EStG in der Fassung des Entwurfs bzw. aufgrund von § 208 UGB iVm § 6 Z 1 iVm § 6 Z 13 EStG in der Fassung des Entwurfs auch für das Steuerrecht maßgeblich und steuerwirksam vorzunehmen.

b. Für steuerliche Zwecke kann der nachgeholte Zuschreibungsbetrag für das jeweilige Wirtschaftsgut jedoch einer Zuschreibungsrücklage zugeführt und dadurch vorerst steuerneutral gehalten werden. Ein entsprechender Antrag auf Zuführung des Zuschreibungsbetrages zu einer solchen Rücklage ist in der Steuererklärung für das betreffende Wirtschaftsjahr zu stellen. Die betroffenen Wirtschaftsgüter sind in einem Verzeichnis auszuweisen. Darin sind der steuerliche Bilanzansatz des betreffenden Wirtschaftsgutes sowie die Zuschreibungsrücklage bis zum Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen jährlich auszuweisen, sodass die Wertentwicklung des Wirtschaftsgutes und der Zuschreibungsrücklage nachvollziehbar sind. Das Verzeichnis ist in geeigneter Form der jährlichen Steuererklärung anzuschließen.

3. a. Nach § 124b Z 270 lit a kann auf Grund eines in der Steuererklärung (Feststellungserklärung) gestellten Antrages der Zuschreibungsbetrag für das betreffende Wirtschaftsjahr einer Zuschreibungsrücklage zugeführt werden.

b. Nach § 6 ABGB ist zunächst die Wortinterpretation eines Gesetzes vorzunehmen, im Falle von Unklarheiten sind weitere Interpretationsmethoden heranzuziehen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ist der Antrag in der Steuererklärung bzw der Feststellungserklärung zu stellen. Aus den EB ist auch ersichtlich, dass das Verzeichnis in geeigneter Form - entgegen der Rechtsmeinung der Bf. - der jährlichen Steuererklärung anzuschließen ist. Der Gesetzgeber hat gerade nicht nur eine bloße Evidenthaltung normiert. Dafür gibt es auch eine plausible Erklärung: Die Finanzverwaltung soll aus der Steuererklärung die Stellung des Antrages und bei Überprüfung die Zusammensetzung des Betrages der Zuschreibungsrücklage eindeutig entnehmen können, ohne weitere Nachforschungen anstellen zu müssen. Andernfalls (nämlich wenn das Verzeichnis erst später abgegeben werden müsste), bestünde das Problem, dass bei jedem Abgabenfall nachträglich eine Einforderung des Verzeichnisses gesondert durch das Finanzamt durchzuführen wäre. Es ist daher unmittelbar einsichtig, dass Steuererklärung und Verzeichnis in einem Vorgang bei der Finanzverwaltung eingereicht werden müssen.

c. (1) Für die von der Bf. vertretene Auffassung, wonach der Antrag im Nachhinein jederzeit neu gestellt werden kann, sofern der Entschluss im Abgabezeitpunkt der Steuererklärung schon feststand, gibt es keine sachliche Begründung. Der Gesetzgeber hat für die Stellung des Antrages eine klare Regelung getroffen. Die Formulierung im Gesetz "aufgrund eines in der Steuererklärung gestellten Antrages" steckt den genauen zeitlichen Rahmen für die Antragstellung ab. Die Verpflichtung zur Beilage des Verzeichnisses der Wirtschaftsgüter bekräftigt diesen zeitlichen Rahmen. In der Formulierung "ist anzuschließen" wird der zeitliche Rahmen der Antragstellung mit festgelegt (siehe dazu analog betreffend Investitionszuwachsprämie). Spätestens mit Ergehen des Steuerbescheides war somit der zeitliche Rahmen für den Antrag ausgeschöpft. Die von der Bf. vorgebrachten Hinweise auf die Kenntnisse der BP im Prüfungsverfahren sind damit irrelevant.

(2) Der in der Steuererklärung zu stellende Antrag kann auch nicht durch beigelegte Unterlagen substituiert werden. Im vorliegenden Fall wurden aber ohnehin maßgebende Unterlagen (Bilanz, Verzeichnis der Wirtschaftsgüter, MWR), die einen Hinweis auf die Zuschreibungsrücklage hätten geben können, nicht mit der Steuererklärung abgegeben.

d. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Antrag auf Bildung einer Zuschreibungsrücklage fristgerecht in der Steuererklärung 2016 zu stellen war. Die Versäumung dieser Frist bewirkt den Verlust der Rücklage. Überlegungen zur "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" sind im Rahmen einer klaren Gesetzesregelung nicht anzustellen. Nicht der (in diesem Fall) verborgene Wille des Steuerpflichtigen löst die beabsichtigten Rechtsfolgen aus, sondern nur die dem Gesetz entsprechende Handlung.

Die Beschwerde zum Feststellungsbescheid Gruppenträger war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des VwGH zu gleichartigen Sachverhalten. Eine Rechtsfrage mit besonderer Bedeutung liegt nicht vor.

Linz, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101311.2020

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