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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.11.2020, RV/7200050/2020

Einbringung eines Vorlageantrages durch einen Steuerberater ohne entsprechenden Hinweis auf eine Vertretung oder Bevollmächtigung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/16/0007. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7200050/2020-RS1
Soll ein Vorlageantrag nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter erhoben werden, so muss dies entsprechend erklärt werden. Werden im Betreff des Vorlageantrages der Name und die Adresse des Beschwerdeführers und die Zahl der Beschwerdevorentscheidung angegeben, stellt dies allein weder eine Berufung auf eine Bevollmächtigung dar noch lässt dies zwingend darauf schließen, dass für diese Person eingeschritten wird.
RV/7200050/2020-RS2
Versäumt es eine Person, im Vorlageantrag darauf hinzuweisen, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, so gilt der Vorlageantrag als im eigenen Namen erhoben. Ist der Einschreiter zur Einbringung des Antrages nicht legitimiert, so liegt ein Zurückweisungsgrund vor. Mit Mängelbehebungsauftrag ist nicht vorzugehen, wenn der Antrag nicht mangelhaft, sondern nicht zulässig ist.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, [...], vertreten durch ***X***, [...], betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Wien vom betreffend Eingangsabgaben 2017 beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheid vom , Zahl: ***100000/00.000/14/2018-AFB***, hat das Zollamt Wien dem Zollschuldner ***Bf1*** wegen Nichterfüllung einer zollrechtlichen Verpflichtung für ein näher genanntes Kraftfahrzeug die Eingangsabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer) sowie Verzugszinsen mitgeteilt.

Gegen diesen Bescheid hat Wirtschaftstreuhänder ***X*** namens und auftrags seines Mandanten mit Schreiben vom das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt.
Diese ist von der Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***100000/00.000/16/2018-AFB***, als unbegründet abgewiesen worden.

Mit Schreiben (Fax) an das Zollamt vom hat ***X*** einen Antrag zur Vorlage der Beschwerdevorentscheidung an das Bundesfinanzgericht samt mündlicher Verhandlung gestellt (erster Teil des Schreibens); gleichzeitig wird die Aussetzung der Vollziehung beantragt (zweiter Teil des Schreibens), wofür das Bundesfinanzgericht nicht zuständig ist.

Der Vorlageantrag lautet:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , zum Bescheid des Zollamtes Wien vom wurde meine Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Hiermit beantrage ich dem Bundesfinanzgericht die Entscheidung vorzulegen und verweise diesbezüglich auf die Ausführungen in meiner Beschwerde, wobei ich mir vorbehalte diese zu ergänzen und darauf aufmerksam mache, dass ich der vom Zollamt getätigten Sachverhaltsdarstellung nicht zustimme. Entsprechende Ausführungen übermittle ich in den nächsten Wochen.

Dazu beantrage ich die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht.

Mit dem Ersuchen um antragsgemäße Erledigung verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

***X***"

Als Betreff des Schreibens ist angeführt:

"Zahl ***100000/00.000/16/2018-AFB***
***Bf1***
[...]"

Über den Vorlageantrag wurde erwogen:

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich gemäß Abs 2 nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 83 Abs 2 von Amts wegen zu veranlassen.

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat, bestehen für bestimmte Berufsgruppen wie zB Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder.

§ 77 Abs 11 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 lautet:

"Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis."

§ 260 Abs 1 BAO lautet:

"Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde."

Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist gemäß Abs 2 befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

Für Vorlageanträge ist § 260 Abs 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO sinngemäß anzuwenden.

Die Zurückweisung nicht zulässiger Vorlageanträge obliegt gemäß Abs 5 dem Verwaltungsgericht.

Die Prüfung, ob eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, hat sich am äußeren Tatbestand zu orientieren (vgl 03/0641/80; , 82/10/0087; , 81/10/0077).

Der Vorlageantrag vom wurde von ***X*** eingebracht. In dieser Eingabe ist weder eine Berufung auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung noch auf § 77 Abs 11 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 enthalten. Auch ein Vermerk wie zB "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen", der ausreichend wäre, um den urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung zu ersetzen (), fehlt. Die Worte "namens und auftrags meines Mandanten", die ebenfalls als wirksame Berufung auf die Bevollmächtigung genügen würden (), finden sich im vorliegenden Vorlageantrag - anders als in der Bescheidbeschwerde vom - nicht.

Selbst eine Wendung wie "vertreten durch ...", die ohnedies nicht zwingend auf eine erteilte Bevollmächtigung schließen lassen würde (; , 5 Ob 1020/93; , 5 Ob 1022/96), ist in der Eingabe nicht enthalten.

Wenn im Betreff des Vorlageantrages neben der Zahl der Beschwerdevorentscheidung der Name des Beschwerdeführers und dessen Adresse angegeben wird, so dient dies lediglich zur Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung iSd § 265 Abs 1 zweiter Satz BAO. Der Betreff allein lässt nicht darauf schließen, dass für die darin genannte Person eingeschritten wird, wenn sich dies aus dem Inhalt des Schreibens nicht ergibt.

***Bf1*** wird im Vorlageantrag (erster Teil des Schreibens vom ) weder als Antragsteller noch als Einschreiter oder Vollmachtgeber bezeichnet.

Weder die Unterfertigung noch die gewählte Formulierung "Hiermit beantrage ich dem Bundesfinanzgericht die Entscheidung vorzulegen …" und "… beantrage ich die mündliche Verhandlung …" lassen darauf schließen, dass ***X*** im Namen von ***Bf1*** auftritt.

Ein Bescheid ergeht an die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft), die (gemäß § 93 Abs 2) im Spruch des Bescheides genannt ist. Die Beschwerdevorentscheidung vom ist ohne Zweifel an ***Bf1*** ergangen und wirkt ihm gegenüber.
Dieser ist Beschwerdeführer und gemäß § 264 Abs 2 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages befugt.

***X*** hat den Vorlageantrag vom eingebracht, ohne sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen oder sich auf eine erteilte Bevollmächtigung zu berufen.

Dem Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater ist gesetzlich die Befugnis eingeräumte, mit der Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis zu ersetzen. Die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung - allenfalls in Form der oben angeführten zulässigen Vermerke und Wendungen - ist jedoch ein Mindesterfordernis. Unterbleibt eine solche Berufung auf die Bevollmächtigung, ist für die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht nicht erkennbar, dass er im Rahmen seiner Berufsbefugnisse in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter des Beschwerdeführers einschreiten will.

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom , 86/13/0175, zur Frage, wem das Schreiben einer Steuerberatungsgesellschaft zuzurechnen ist, aus:

"Der Betreff eines Schreibens enthält regelmäßig einen Hinweis auf die Angelegenheit, die Gegenstand des Schreibens ist. Dies kann in verschiedener Weise, insbesondere durch Bezugnahme auf ein Schriftstück oder durch die Bezeichnung einer (Rechts-)Sache oder einer Person oder durch Kombination solcher Bezeichnungen erfolgen.

Der Betreff eines Schreibens kann auch Aufschluß darüber geben, wem das Schreiben zuzurechnen ist. Dies vor allem dann, wenn das Schreiben von einem Parteienvertreter stammt, der es namens der von ihm vertretenen Partei einbringt, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, in wessen Namen er dabei handelt. Eine solche Zurechnungsfunktion kommt jedoch dem Betreff eines Schreibens nur dann zu, wenn das Schreiben auch seinem Inhalt nach keinen Zweifel darüber aufkommen läßt, daß im Betreff der Name des Einschreiters bzw. jener Person aufscheint, für die eingeschritten wird.

Diese Einschränkung ist deswegen geboten, weil im Betreff auch der Name einer Person aufscheinen kann, der geeignet erscheint, die (Rechts)Sache zu bezeichnen, ohne eine Aussage über den Einschreiter zu treffen. Als Beispiel sei der Name einer Person angeführt, die zwar einen bestimmten Anspruch vermittelt, selbst aber nicht anspruchsberechtigt ist."

Im vorliegenden Fall hat ***X*** den Vorlageantrag nicht namens einer von ihm vertretenen Partei eingebracht.

Grundsätzlich muss der, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen handeln will, dies eindeutig zum Ausdruck bringen.

Eine Person, die einen Antrag stellt, ohne anzugeben, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, ist selbst Antragsteller.

Da ***X*** zur Einbringung eines Vorlageantrages nicht befugt ist, ist der Antrag ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen (vgl ; , 90/15/0078; RV/0071-G/10; ).

Ein Mängelbehebungsverfahren oder eine Klarstellung kommen hinsichtlich des vorliegenden Vorlageantrages nicht in Betracht, weil kein Vollmachtsmangel, kein inhaltlicher Mangel und auch kein Formgebrechen, sondern eine unzulässige Eingabe vorliegt. Selbst wenn nachträglich nachgewiesen würde, dass ***X*** im Namen von ***Bf1*** einschreiten hätte sollen, ändert dies nichts an dem Umstand, dass dies im Vorlageantrag nicht entsprechend erklärt worden ist.

In sinngemäßer Anwendung von § 260 Abs 1 BAO ist der Vorlageantrag daher als unzulässig zurückzuweisen.

Gemäß § 274 Abs 3 Z 1 BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages (Abs 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260).
Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach Abs 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so ist Abs 3 gemäß Abs 5 sinngemäß anzuwenden; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw eingeräumt.

Für Vorlageanträge sind § 274 Abs 3 Z 1 sowie Abs 5 gemäß § 264 Abs 4 lit f BAO sinngemäß anzuwenden. Von der beantragten mündlichen Verhandlung wird daher abgesehen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 77 Abs. 11 WTBG 2017, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 137/2017
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7200050.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at