Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.02.2021, RV/5101258/2020

Doppelte Haushaltsführung - Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes allein aufgrund Schulbesuchs eines Kindes nicht gegeben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***2***, ***3***, über die Beschwerden vom 2. und gegen die Bescheide des Finanzamtes ***4*** vom betreffend Einkommensteuer 2018 und 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid wird geändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Die Beschwerdeführerin war in den gegenständlichen Jahren in Österreich nicht selbständig beschäftigt.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom wurden keine Aufwendungen für Familienheimfahrten oder doppelte Haushaltsführung berücksichtigt und wie folgt begründet:
Es seien die Kosten für Familienheimfahrten von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz nicht als Werbungskosten berücksichtigt worden.
Folgende Gründe seien ausschlaggebend:
- Eine Wohnsitzverlegung könne zugemutet werden.
- Bei verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen gebe es eine zeitliche Begrenzung von 2 Jahren für die Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom wurden keine Aufwendungen für Familienheimfahrten oder doppelte Haushaltsführung berücksichtigt und wie folgt begründet:
Es seien die Kosten für Familienheimfahrten von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz nicht als Werbungskosten berücksichtigt worden.
Folgende Gründe seien ausschlaggebend:
- Eine Wohnsitzverlegung könne zugemutet werden.
- Bei verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen gebe es eine zeitliche Begrenzung von 2 Jahren für die Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung.

Mit Schreiben vom wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 Beschwerde eingereicht wie folgt:
Der Nachzug des Ehegatten sei nicht möglich, da er unselbständig erwerbstätig sei. Anbei seine Lohnsteuerkarte 2018.

Mit Schreiben vom wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 Beschwerde eingereicht wie folgt:
Der Nachzug des Ehegatten könne nicht zugemutet werden, da er unselbständig erwerbstätig sei. Sie sei in Österreich seit dem nicht mehr berufstätig und sei nach ***3*** zurück gekehrt.

Mit Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2018 vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet:
Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushaltes an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsortes erwachsen, seien als Werbungskosten absetzbar. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort sei unter anderem dann beruflich veranlasst, wenn die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst sei. Keine private Veranlassung sei zu unterstellen, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz Einkünfte von mehr als 6.000,00 € jährlich erziele.
Da die Voraussetzungen im gegenständlichen Fall nicht vorliegen würden, könnten die Kosten für den zweiten Haushalt am Beschäftigungsort sowie die Familienheimfahrten nur vorübergehend geltend gemacht werden, wobei ein Zeitraum von zwei Jahren ausreichend erscheine. Laut vorliegender Unterlagen sei die Beschwerdeführerin bereits seit in Österreich beschäftigt, daher hätten im Jahr 2018 die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht berücksichtigt werden können.
Die Hauptvoraussetzung für die Absetzbarkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten sei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes. Der Gatte der Beschwerdeführerin sei laut den vorgelegten Lohnausweisen in ***5*** beschäftigt. Eine Beibehaltung des Wohnsitzes in ***3*** sei daher auch aus diesem Grund privat veranlasst.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 geändert, wobei die gegenständlichen Aufwendungen nicht anerkannt wurden.
Begründet wurde wiederum wie folgt:
Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushaltes an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsortes erwachsen, seien als Werbungskosten absetzbar. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort sei unter anderem dann beruflich veranlasst, wenn die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst sei. Keine private Veranlassung sei zu unterstellen, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz Einkünfte von mehr als 6.000,00 € jährlich erziele.
Da die Voraussetzungen im gegenständlichen Fall nicht vorliegen würden, könnten die Kosten für den zweiten Haushalt am Beschäftigungsort sowie die Familienheimfahrten nur vorübergehend geltend gemacht werden, wobei ein Zeitraum von zwei Jahren ausreichend erscheine. Laut vorliegender Unterlagen sei die Beschwerdeführerin bereits seit in Österreich beschäftigt, daher hätten im Jahr 2018 die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht berücksichtigt werden können.
Die Hauptvoraussetzung für die Absetzbarkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten sei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes. Der Gatte der Beschwerdeführerin sei laut den vorgelegten Lohnausweisen in ***5*** beschäftigt. Eine Beibehaltung des Wohnsitzes in ***3*** sei daher auch aus diesem Grund privat veranlasst.

Mit Schreiben vom wurden die Anträge gestellt, die obigen Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Kosten der doppelten Haushaltsführung seien nicht als Werbungskosten anerkannt worden, da die Verlegung des Wohnsitzes zumutbar sei. Ihre Kinder würden sich in Ausbildung befinden (siehe Bestätigung) und daher sei die Wohnsitzverlegung in den Ort der Arbeitsstätte nicht möglich.
Beigelegt wurde eine Bestätigung über den Schulbesuch der Tochter der Beschwerdeführerin (geboren 2003) in ***6***, ***3***.
Zudem eine Bestätigung über die Absolvierung eines Studiums durch den Sohn der Beschwerdeführerin (geboren 1999) in ***7***, ***3***.
Zudem liegt vor ein Meldezettel aus ***3***, wonach sowohl die Beschwerdeführerin, als auch ihr Ehegatte und ihre beiden Kinder in ***6*** gemeldet sein würden.
Des Weiteren liegt vor eine Bestätigung betreffend Jahresmietkosten für das Jahr 2019 in Österreich über 1.530,00 € (für 9 Monate) sowie Lohnsteuerbescheinigungen des Ehegatten der Beschwerdeführerin betreffend eine nicht selbständige Tätigkeit in ***5***.

Mit Vorlagebericht vom wurden die gegenständlichen Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hätte Kosten für Familienheimfahrten und die doppelte Haushaltsführung beantragt. Diese seien jedoch nicht gewährt worden, da die Beschwerdeführerin schon jahrelang in Österreich einen Nebenwohnsitz habe und auch tätig sei. Die Beschwerde sei abgewiesen worden, da die Beschwerdeführerin laut vorliegenden Unterlagen bereits seit in Österreich beschäftigt sei. Die Hauptvoraussetzung für die Absetzbarkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten sei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes. Der Gatte sei laut den vorgelegten Lohnausweisen in ***5*** beschäftigt. Eine Beibehaltung des Wohnsitzes in ***3*** sei daher auch aus diesem Grund privat veranlasst.
Beweismittel:
Lohnausweis, ZMR, Auskunftsverfahren
Stellungnahme:
Es werde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit Ergänzungsvorhalt an die Amtspartei vom wurde wie folgt ausgeführt:
"1.
Im vorgelegten Akt sind keine Erklärungen zur Arbeitnehmer*innenveranlagung enthalten. Diese sind einzureichen.
Aus den vorgelegten Aktenteilen geht nicht hervor, welche Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung geltend gemacht worden sind.
Von der Beschwerdeführerin eingereichte Belege sind nachzureichen (beigelegt wurde lediglich eine Rechnung betreffend Jahresmietkosten 2019 in Höhe von 1.530,00 €).
Ist der Abweisung ein Vorhalteverfahren vorangegangen? Sollten Ermittlungsergebnisse vorliegen, wären diese nachzureichen.
Unklar ist, ob die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Beschwerdejahre mit einem Familienwohnsitz in
***5*** (beim Ehegatten) oder in ***3*** (bei ihren Kindern) argumentiert. Ergänzen Sie die fehlenden Sachverhaltselemente.

2.
Wo lag in den Beschwerdejahren nach Ansicht der Amtspartei der Familienwohnsitz der Beschwerdeführerin und aus welchen Gründen?

3.
Zur Argumentation der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag und zu den eingereichten Schul- bzw. Studienbestätigungen wäre eine Stellungnahme einzureichen."

Mit Schreiben vom wurde durch die Amtspartei wie folgt geantwortet:
Die Erklärungen zur Arbeitnehmer*innenveranlagung 2018 und 2019 seien elektronisch abgegeben worden. Dabei seien für das Jahr 2018 Familienheimfahrten in Höhe von 3.672,00 € und für die doppelte Haushaltsführung Kosten in Höhe von 2.040,00 € beantragt worden. Für das Jahr 2019 seien Familienheimfahrten in Höhe von 2.774,00 € und für die doppelte Haushaltsführung 1.530,00 € (Mietkosten) beantragt worden.
Laut vorliegenden Unterlagen sei die Beschwerdeführerin seit in Österreich beschäftigt gewesen. Ihr Gatte sei laut den vorgelegten Lohnausweisen in ***5*** beschäftigt. Der Familienwohnsitz liege aus Sicht der Amtspartei in ***3*** (vorgelegten Tankrechnungen). Die Beschwerdeführerin hätte schon lange mit Nebenwohnsitz in Österreich gewohnt und hätte in ***3*** auch keine schulpflichtigen Kinder mehr gehabt (geboren 1999 und 2003).
Vorgelegt wurde ein Ergänzungsvorhalt der Amtspartei vom , wonach folgende Fragen an die Beschwerdeführerin gerichtet worden wären:
"
- Wie ist die Anschrift Ihres Familienwohnsitzes? Nachweis: Meldezettel
- Wie viele Kilometer ist Ihr Familienwohnsitz von der Arbeitsstätte entfernt?
- Welches Verkehrsmittel benutzen Sie für die Fahrten zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz? Nachweis: Aufstellung z.B. über Treibstoffkosten, Fahrtenbuch, Fahrscheine, Beiträge für Mitfahrgelegenheiten
- Haben Sie am Beschäftigungsort eine Wohn- oder Schlafmöglichkeit? Nachweis: Mietvertrag inkl. Angabe über Größe der Wohnung und Zahlungsbelege oder Bestätigung des Arbeitgebers über die Zurverfügungstellung einer Schlafstelle.
- Hat Ihr Arbeitgeber Fahrtkosten steuerfrei vergütet? Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt.
- Aus welchem Grund kann der Familienwohnsitz nicht in die Nähe der Arbeitsstätte verlegt werden?
- Für den Fall, dass die Partnerin/der Partner keinen inländischen Wohnsitz hat, bitte um Bekanntgabe der Einkünfte der Partnerin/des Partners und Vorlage des Formulars E9"
Als Antwort wurde durch die Beschwerdeführerin eingereicht ein PKW-Zulassungsschein, ausgestellt auf die Beschwerdeführerin, ein Meldezettel, aus dem hervorgeht, dass sie in ***6***, ***3***, seit dem Jahr 1998 polizeilich gemeldet ist. Zudem eine Bestätigung über Mietzahlungen im Jahr 2018 in Österreich in Höhe von 2.040,00 € und eine Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2018, aus der hervorgeht, dass ihr Ehegatte in ***5*** nicht selbständig beschäftigt gewesen ist. Des Weiteren sind vorhanden diverse Rechnungen betreffend den Kauf von Diesel an Tankstellen in Österreich und in ***3***.
Zudem liegt vor ein Ergänzungsvorhalt vom , wonach die Beschwerdeführerin durch die Amtspartei aufgefordert wird, die Höhe der Auslandseinkünfte, die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegen, durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Eingereicht wurde eine Bestätigung vom , wonach die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 keine Einkünfte in ***3*** erzielt hätte.

Mit Schreiben vom wurden der Beschwerdeführerin obige Ermittlungsergebnisse zur Stellungnahme übersendet.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde folgender Ergänzungsvorhalt an die Beschwerdeführerin abgefertigt:
"1.
Welche Aufwendungen und in welcher Höhe werden in den Beschwerdejahren betreffend Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung je geltend gemacht?
Belegen Sie sämtliche Beträge.
Wann wurden jeweils Heimfahrten durchgeführt (Datum der An-und Abreise, Angabe des Verkehrsmittels)?
Werden Fahrtkosten mit dem PKW geltend gemacht, wäre ein Fahrtenbuch einzureichen. Weisen Sie zudem nach, dass Sie Besitzerin eines PKWs waren.
Wo hat sich in den Beschwerdejahren Ihr Familienwohnsitz befunden?

2.
Eine berufliche und damit zu Werbungskosten der betroffenen Aufwendungen führende Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung liegt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dann vor, wenn einem Arbeitnehmer die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei eine solche Unzumutbarkeit die unterschiedlichsten Ursachen haben kann. Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen. Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben.
Legen Sie diese Unzumutbarkeit für jedes Beschwerdejahr ausführlich dar.
Nach Aktenlage war Ihr Ehegatte in den Jahren 2018 und 2019 in
***5*** unselbständig tätig. Welcher Tätigkeit ist dieser in welchem Umfang (Vollzeit? Wöchentliche Dienstverpflichtung?) nachgegangen?
Trifft es zu, dass Sie seit 2011 in Österreich vollbeschäftigt in Österreich nichtselbständig tätig waren?
Wer kümmerte sich um Ihre 2018 und 2019 noch minderjährige Tochter? Bei wem war diese wohnhaft?
Wer war zudem wohnhaft an der Adresse
***2***?
Der Studienort Ihres Sohnes liegt in etwa eine Fahrtdauer von 2,5 Stunden von
***6*** entfernt. Es wird daher nicht davon ausgegangen, dass Ihr Sohn sich täglich am Meldeort ***6*** aufgehalten hat. Nehmen Sie dazu Stellung!
Beschreiben Sie Ihren Familienwohnsitz (Haus, Wohnung, Größe, Wer wohnt noch dort?,….)."

Mit Schreiben vom wurde wie folgt geantwortet:
Der Familienwohnsitz hätte sich in den Beschwerdejahren in ***3*** befunden. Ihr Ehegatte wäre in ***5*** als Bauarbeiter mit einer Dienstverpflichtung von 40 Stunden pro Woche beschäftigt gewesen. Sie selbst sei seit 2011 in Österreich vollbeschäftigt in Österreich nichtselbständig tätig gewesen. Am Familienwohnsitz in ***3*** sei auch ihr Schwiegervater wohnhaft gewesen, der sich in den Beschwerdejahren um ihre noch minderjährige Tochter gekümmert hätte.
Ihr Sohn wäre 2018 noch zu Hause gewesen und 2019 wäre er bis Freitag jeweils in ***8*** gewesen (Studium).
Zusammen mit ihrer Familie und dem Schweigervater hätten sie in einem Einfamilienhaus gewohnt. Der Sohn hätte ein Zimmer, das 12 m² groß sei, die Tochter ein Zimmer mit 16 m² Größe. Das Schlafzimmer sei in etwa 16 m² groß. Sie hätten noch eine Küche und ein Badezimmer. Der Schwiegervater hätte zwei Zimmer, in etwa 26 m² groß.
Eingereicht wurde ein Erklärung der Beschwerdeführerin und ihres Gatten vom , wonach die beiden Kinder betreffend (Tochter geboren im Jahr 2003, Sohn geboren im Jahr 1999) der Schwiegervater der Beschwerdeführerin sowie ein weitere Person bei Abwesenheit der Eltern individuell mit der Betreuung der minderjährigen Kinder betraut würden. Diese würden sich einverstanden erklären, alle die Minderjährigen betreffenden Entscheidungen zu treffen, insbesondere möglichen ambulanten Eingriffen, Operationen, Behandlungsmethoden und - wegen sowie in der Schule und in allen anderen Angelegenheiten, die während der Abwesenheit der Eltern der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter der Kinder erfordern, zuzustimmen.
Zudem wurde eingereicht eine Liste an Familienheimfahrten 2018, wobei in Summe 42 Fahrten zu je 620 km (***3***-Österreich, Österreich-***3***) verzeichnet wurden.
Ebenso eine Liste an Familienheimfahrten 2019, wobei in Summe 34 Fahrten zu je 620 km (***3***-Österreich, Österreich-***3***) verzeichnet wurden.

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Strittig ist die Anerkennung von doppelter Haushaltsführung und Familienheimfahrten vom Beschäftigungsort in Österreich nach ***3***, wo sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin der Familienwohnsitz befindet. Gestützt wird die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich auf ihre in ***3*** in Ausbildung befindlichen Kinder.

Die Beschwerdeführerin war in den Jahren 2011 bis 2019 in Österreich nicht selbständig beschäftigt. Ihr Ehegatte war in den Beschwerdejahren in ***5*** nicht selbständig beschäftigt.
Als Familienwohnsitz wurde von der Beschwerdeführerin ***6*** in ***3*** angegeben, das in etwa 620 Autokilometer von ihrer Arbeitsstätte in Österreich entfernt liegt.
Die Tochter der Beschwerdeführerin ist im Jahr 2003 geboren worden und war daher im Jahr 2011 - bei Aufnahme der Tätigkeit in Österreich - 8 Jahre alt. In den Beschwerdejahren war sie 15 bzw. 16 Jahre alt und besuchte in ***3*** eine Schule.
Der Sohn der Beschwerdeführerin ist im Jahr 1999 geboren worden, war im Jahr 2011 daher 12 Jahre alt und in den Beschwerdejahren 19 bzw. 20 Jahre alt. Im Jahr 2019 absolvierte er ein Studium in ***8***, das sich in etwa eine Fahrtdauer von 2,5 Stunden entfernt von seinem Wohnort in ***3*** befindet.
In ***3*** wurde die Tochter vom Schwiegervater der Beschwerdeführerin betreut, der im gleichen Haushalt, einem Einfamilienhaus, wohnhaft war.

Rechtliche Begründung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften unter anderem nicht abgezogen werden
Z 1
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge;
Z 2a
Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-) ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Unter bestimmten Voraussetzungen können Aufwendungen oder Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten einkünftemindernd berücksichtigt werden.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist; ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht abzugsfähig (vergleiche ).
Die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes privat veranlasst ist (; , 90/14/0212; , 93/15/0244).

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (; , 2013/15/0146). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen
( Tz 17).

1. Doppelte Haushaltsführung

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Unterschieden wird zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung.

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine doppelte Haushaltsführung (am Familienwohnsitz und am Beschäftigungsort) sind steuerlich nur zu berücksichtigen, wenn eine berufliche Veranlassung für die doppelte Haushaltsführung besteht.

Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen gilt jedenfalls jener Ort, an dem er mit seiner Ehegattin einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet, als sein Familienwohnsitz ().

Der wesentliche Unterschied zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung liegt darin, dass von einer vorübergehenden doppelten Haushaltsführung dann gesprochen wird, wenn die nachgewiesene Absicht besteht, nach einem absehbaren Zeitraum der auswärtigen Berufsausübung wieder an den Ort des Familienwohnsitzes zurückzukehren, während eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung die Verlegung des Familienwohnsitzes auf längere Sicht unzumutbar erscheinen lässt.

Für beide Arten der doppelten Haushaltsführung gilt allgemein, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (; , 96/14/0018; , 2000/13/0083, 2001/13/0216).

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen von Gründen für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (siehe etwa ).

Nach Lehre und Rechtsprechung sind aber Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushalts an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsort erwachsen, als Werbungskosten absetzbar. Die Begründung eines eigenen Haushalts am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen
- von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder
- die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist, weil der Ehepartner dort mit relevanten Einkünften erwerbstätig ist, oder
- die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus verschiedensten privaten Gründen, denen erhebliches Gewicht zukommt, nicht zugemutet werden kann (vgl. dazu auch Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 16 Abs. 1 Z 6 Tzen 72, 75, und die dort zitierte VwGH-Rechtsprechung).

Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt ().
Im Streitfall ist der Familienwohnsitz der Beschwerdeführerin 620 km von ihrem Beschäftigungsort entfernt, sodass ihr eine tägliche Rückkehr zweifelsfrei nicht zugemutet werden kann.

Strittig ist, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort bzw. in übliche Entfernung von der Arbeitsstätte trotz der von der Beschwerdeführerin bezeichneten Gründe zuzumuten war oder nicht bzw. ob die von ihr vorgebrachten Umstände eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung rechtfertigten.
Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen.
Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen, wonach dem Steuerpflichtigen in aller Regel nach einer gewissen Zeit zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (). Dieser Zeitraum hängt insbesondere vom Familienstand ab, die LStR Rz 346 nennen bei einem verheirateten, in eheähnlicher Gemeinschaft oder in Gemeinschaft mit einem minderjährigen Kind lebende Steuerpflichtige zwei Jahre. Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hätte der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird.

Die Beschwerdeführerin war von 2011 bis 2019 in Österreich nicht selbständig beschäftigt.
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin war in den beschwerdegegenständlichen Jahren in ***5*** nicht selbständig beschäftigt. Als Familienwohnsitz wurde von der Beschwerdeführerin ***6*** in ***3*** angegeben. Eine Verlegung des Familienwohnsitzes bereits möglich und zumutbar. Die Anschaffung oder Miete einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort wäre innerhalb dieses Zeitraumes möglich gewesen.

Die Beschwerdeführerin stützt eine Unzumutbarkeit der Familienwohnsitzverlegung auf ihre in Ausbildung befindlichen Kinder.
Die Tochter der Beschwerdeführerin ist im Jahr 2003 geboren worden und war daher im Jahr 2011 - bei Aufnahme der Tätigkeit in Österreich - erst 8 Jahre alt. In den Beschwerdejahren war sie 15 bzw. 16 Jahre alt und besuchte in ***3*** eine Schule.
Der Sohn der Beschwerdeführerin ist im Jahr 1999 geboren worden, war im Jahr 2011 daher 12 Jahre alt und in den Beschwerdejahren 19 bzw. 20 Jahre alt. Im Jahr 2019 absolvierte er ein Studium in ***8***, das sich in etwa eine Fahrtdauer von 2,5 Stunden entfernt von seinem Wohnort in ***3*** befindet.
Von der Beschwerdeführerin wurde weder vorgebracht, noch unter Beweis gestellt, dass eine entsprechende Ausbildung nicht auch am Beschäftigungsort möglich gewesen sein würde. Behält eine in Österreich tätige polnische Staatsbürgerin ihren Familienwohnsitz in ***3*** lediglich aus Gründen des Schulbesuches bzw. des Studiums der Kinder oder zwecks Ausbildung der Kinder in ihrer Muttersprache bei, so ist von keiner beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auszugehen. Gegenständlich ist daher die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in ***3*** als ausschließlich privat veranlasst zu sehen.

Behält der Steuerpflichtige den bisherigen Familienwohnsitz auf Dauer - wie auch im vorliegenden Fall - deswegen bei, weil dort die Kinder die Schule besuchen, dann sind die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung - und damit auch die Kosten der Familienheimfahrten - privat veranlasst und deshalb nicht abzugsfähig ().

Da gemäß obigen Ausführungen die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in ***3*** rein privat veranlasst ist, liegen die Voraussetzungen für eine dauernde doppelte Haushaltsführung nicht vor.

2. Familienheimfahrten

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten allerdings dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird).

Aufwendungen für Familienheimfahrten sind unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen oder nicht anzuerkennen wie jene der doppelten Haushaltsführung (Doralt, EStG13, § 16 Rz 220 Familienheimfahrten sowie Rz 200/14).

Wie oben unter Punkt 1. bereits dargelegt wurde, werden die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt, weshalb die Kosten für Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort ebenfalls als Werbungskosten nicht zu berücksichtigen waren.

Die Beschwerden waren folglich als unbegründet abzuweisen. Der Einkommensteuerbescheid 2019 war im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abzuändern.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die fehlende Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes gründet sich auf die zitierte Judikatur des VwGH und des BFG. Die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist folglich nicht zu erwarten.

Linz, am

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