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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2021, RV/5101016/2020

1. Polizeigrundausbildung als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 2. Akteneinsicht

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/16/0004. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5101016/2020-RS1
Das Recht auf Akteneinsicht ist im Zusammenhang mit dem Recht auf Gehör zu sehen; es soll den Parteien ermöglichen, genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörde in diesem Verfahren zu erlangen (). Das Recht auf Akteneinsicht stellt keinen Selbstzweck dar, sondern gibt dem Abgabepflichtigen ein Hilfsmittel zur Hand, seine abgabenrechtlichen Interessen zu verfolgen. Während eines laufenden Verfahrens wird es dem Abgabepflichtigen durch die Akteneinsicht ermöglicht, kontrollierend und vorbeugend Fehlannahmen und unzutreffenden Vermutungen der Behörden entgegenzutreten (; ). Während eines laufenden Beschwerdeverfahrens dient die Akteneinsicht daher der Geltendmachung oder Verteidigung der abgabenrechtlichen Interessen der beschwerdeführenden Partei.
RV/5101016/2020-RS2
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Berechtigung eines Antrages auf Akteneinsicht auf ein gesondertes abgabenrechtliches Interesse der Partei nicht an, da die Partei das Recht haben soll, die Akten und Aktenteile, die sich auf ihre Sache beziehen, unabhängig davon einzusehen, ob ihre Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist oder nicht (). Diese Auslegung der Bestimmung des § 90 Abs. 1 BAO geht nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes aber zu weit, da auch eine nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebotene, einen Gleichklang mit § 17 Abs. 1 AVG bewirkende Interpretation des § 90 Abs. 1 BAO nicht dazu führen kann, dass – contra legem – ein abgabenrechtliches Interesse gar nicht mehr erforderlich wäre (Ellinger ua, BAO, § 90 Anm 6). Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, im Wege der Interpretation nach ihrem Wortlaut eindeutige - allenfalls als unbefriedigend angesehene - Gesetzesbestimmungen zu ändern ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt, Franz-Josefs-Kai 5/DG, 1010 Wien, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten, nunmehr Finanzamt Österreich, vom zu VNR ***1***, mit dem ein "Antrag vom " auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum ab August 2019 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Spruch lautet:

Der Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***K*** (VNR ***2***) wird für den Zeitraum ab November 2019 abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Sohn der Beschwerdeführerin hat nach den in der Beihilfendatenbank ersichtlichen Eintragungen nach der am erfolgreich abgelegten Reifeprüfung in der Zeit vom bis den Zivildienst abgeleistet.

Am wurde er an der Wirtschaftsuniversität Wien zum Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (J033 561) zugelassen. Im Wintersemester 2016/17 wurden Prüfungen im Umfang von 12 ECTS und im Sommersemester 2017 im Umfang von 10 ECTS abgelegt. Weitere erfolgreich abgelegte Prüfungen wurden von der Universität gemäß § 46a Abs. 2 Zif. 4 FLAG nicht mitgeteilt. Die Zulassung zu diesem Studium endete am .

Aufgrund dieses Studiums wurde der Beschwerdeführerin für ihren Sohn Familienbeihilfe gewährt. Im Zuge einer Überprüfung dieses Anspruches hat die Beschwerdeführerin dem Finanzamt am bekannt gegeben, dass Ihr Sohn nicht mehr Student, sondern Polizeischüler sei und diese Ausbildung im März 2020 abgeschlossen werde. Diese Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) wurde am begonnen.

Daraufhin stellte das Finanzamt mit Ende Juli 2019 die Auszahlung der Familienbeihilfe ein. Somit wurde bis dahin für die Zeit der Polizeigrundausbildung von März 2018 bis Juli 2019 Familienbeihilfe gewährt.

Mit Eingabe vom , eingelangt am , hat die Beschwerdeführerin die Weitergewährung der Familienbeihilfe bis "März 2010" (richtig und gemeint wohl: bis zum Ende der Polizeigrundausbildung am ) beantragt.

Der Beihilfendatenbank ist zu entnehmen, dass dieser Antrag offenbar mit Bescheid vom für den Zeitraum ab August 2019 abgewiesen werden sollte. Allerdings wurde in diesem Bescheid vom Finanzamt irrtümlich als anspruchsvermittelndes Kind nicht ***K***, sondern ***3*** (VNR ***4***) bezeichnet. In der Begründung wurde ausgeführt, dass laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstelle.

Laut den Anmerkungen in der Beihilfendatenbank hat die Beschwerdeführerin das Finanzamt am telefonisch auf diesen Irrtum aufmerksam gemacht.

Daraufhin ist dieser Bescheid vom vom Finanzamt mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben worden.

Mit weiterem Bescheid vom wurde der "Antrag vom " (richtig: Antrag vom , eingelangt am ) nunmehr zutreffend für das Kind ***K*** für den Zeitraum ab August 2019 abgewiesen. In der Begründung wurde - wie im Bescheid vom - ausgeführt, dass laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am . Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass das vom Finanzamt ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung betroffen habe. Eine solche Ausbildung werde vom Sohn der Beschwerdeführerin nicht absolviert. Das Finanzamt habe zu Unrecht eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründe, bei der durchgehenden 24-monatigen Ausbildung des Sohnes der Beschwerdeführerin angenommen. Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, habe der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergäbe, falle unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ). Die 24-monatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche der Sohn der Beschwerdeführerin absolviere, sei daher als eine Berufsausbildung anzusehen und begründe den Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Der angefochtene Bescheid "vom " (richtig: ) möge daher aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen - dem Antrag stattgebenden - Bescheides an das Finanzamt zurückverwiesen werden. In eventu möge der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass dem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Sohn der Beschwerdeführerin ab August 2019 stattgegeben wird.

Im Zusammenhang mit dieser Beschwerde wurde ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Weiters ersuchte die Beschwerdeführerin um Mitteilung, ob ihr Sohn im gegenständlichen Verfahren als Partei geführt werde, da sich die Tätigkeit der Behörde auf ihn beziehe und er einen Rechtsanspruch bzw. rechtliches Interesse im gegenständlichen Fall habe.

Der Antrag auf Akteneinsicht wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen. Das Recht auf Akteneinsicht bestehe für die Partei gemäß § 90 Abs. 1 erster Satz Bundesabgabenordnung nur dann, wenn die Kenntnis der Akten(-teile) zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich sei. Der dem Abweisungsbescheid vom zugrunde liegende Sachverhalt sei der Beschwerdeführerin jedoch zur Gänze bekannt. Da dem Finanzamt keine weiteren abgabenrechtlichen Interessen an einer Akteneinsicht ersichtlich seien bzw. solche im gegenständlichen Antrag nicht angeführt wären, sei der Antrag als unbegründet abzuweisen. Ferner wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass ihr Sohn im gegenständlichen Verfahren nicht als Partei geführt werde, da sich die Tätigkeit der Abgabenbehörde nicht auf diesen, sondern auf die Beschwerdeführerin beziehe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die am eingelangte Beschwerde vom abgewiesen. Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, stelle die Ausbildungsphase bzw. die Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar. Dieses Erkenntnis betreffe zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneine der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziere dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es sei daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert werde (vgl. ). Mit einer Berufsausübung seien die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spiele daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte. Da der Sohn der Beschwerdeführerin keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 absolviere, bestehe ab August 2019 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . Der Sohn der Beschwerdeführerin habe am die Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum ***5*** aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 begonnen. Im Zuge dieser Ausbildung werde fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt. Die von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung neuerlich zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, beschäftige sich lediglich mit der Frage, ob die Zeit der Kursunterbrechung im Rahmen der Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst als Berufsausbildung im Sinne des FLAG zu werten sei oder nicht. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sei diese Entscheidung somit auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da der Sohn der Beschwerdeführerin nicht die Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst, sondern die 24-monatige durchgehende - nicht durch eine praktische Ausbildungsphase unterbrochene - Grundausbildung für den Exekutivdienst absolviere. In der zitierten Entscheidung habe der Revisionswerber tatsächlich für den Zeitraum der Grundausbildung und der ergänzenden Grundausbildung die Familienbeihilfe bezogen. Lediglich für den Zeitraum der praktischen Ausbildung - welche als Berufstätigkeit gewertet worden sei - wäre die Familienbeihilfe zurückgefordert worden. Da es sich bei der exekutivdienstlichen Ausbildung um eine 24-monatige durchgehende Ausbildungsphase handle, im Zuge der fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, handle es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG. Dies zeige sich auch darin, dass die Ausbildung zum überwiegenden Teil (17 von 24 Monaten) aus Theorie bestehe und in den ersten zwölf Monaten ausschließlich Theorie in der Schule gelehrt werde. Die Ausbildung des Sohnes der Beschwerdeführerin sei somit jedenfalls als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG anzusehen.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben. Die Rückforderung der Familienbeihilfe für den Zeitraum März 2018 bis Juli 2019 sei aufgrund einer Weisung des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend unterblieben.

Im Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom , dem der Ausbildungsplan zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeschlossen wurde, ist die Beschwerdeführerin eingeladen worden, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen:

"1) Ihr Sohn hat die zweijährige Grundausbildung für den Exekutivdienst am begonnen und am offenkundig erfolgreich beendet. Den im AJ-WEB gespeicherten Versicherungsdaten ist zu entnehmen, dass Ihr Sohn in der Zeit von bis Angestellter der Landespolizeidirektion Niederösterreich war (wie alle anderen Polizeischüler war er wohl aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 Vertragsbediensteter des Bundes). Seit dem ist er öffentlich Bediensteter der LPD NÖ.

2) Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung sind im beiliegenden Ausbildungsplan (Beilage 1, Seite 7) näher beschrieben. Allfällige Abweichungen der konkreten Grundausbildung Ihres Sohnes von diesem Ausbildungsplan mögen bekannt gegeben werden.

Die Stundentafel (Seite 9 des Ausbildungsplans) entspricht der Anlage 1 zur Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017.

3) Die Grundausbildung gliedert sich nach den Informationen auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), das Berufspraktikum I (3 Monate), die Vertiefung der Basisausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das Berufspraktikum II (4 Monate). Dieser Lehrgangsverlauf ist auch der von Ihnen im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bestätigung der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres vom zu entnehmen.

Demzufolge sollte im gegenständlichen Fall die Dienstprüfung am Ende des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes und somit bis abgelegt worden sein. Um Übermittlung einer Ablichtung des Dienstprüfungszeugnisses wird ersucht.

4) Es wird um Bekanntgabe ersucht, auf welcher Polizeiinspektion das Berufspraktikum II absolviert wurde und auf welcher Polizeiinspektion Ihr Sohn seit dem eingesetzt wird."

Ferner wurde in diesem Vorhalt der bisherige Verfahrensgang zusammengefasst, und darauf hingewiesen, dass der im angefochtenen Bescheid angeführte "Antrag vom " nicht aktenkundig sei. Sollte kein schriftlicher Antrag vom vorliegen, würde das Bundesfinanzgericht davon ausgehen, dass mit dem Bescheid vom tatsächlich der Antrag vom erledigt wurde und nur ein Schreibfehler betreffend das Datum des zugrundeliegenden Antrages vorliege; dieser Schreibfehler würde im Spruch des Erkenntnisses richtiggestellt.

Zum Bescheid vom über die Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht wurde unter Hinweis auf das Erkenntnis des , bemerkt, dass die darin vom Finanzamt zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht grundlegend verfehlt sei, weshalb der Verfahrensmangel der zu Unrecht verweigerten Akteneinsicht im Beschwerdeverfahren durch die Übermittlung von Ablichtungen sämtlicher Aktenteile (insgesamt 11 Beilagen) saniert werde.

Schließlich wurde im Vorhalt noch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/16/0039, hingewiesen.

In der zu diesem Vorhalt abgegebenen Äußerung vom wurde bekannt gegeben, dass die konkrete Grundausbildung für den Exekutivdienst des Sohnes der Beschwerdeführerin nicht von dem mit Vorhalt übermittelten Ausbildungslehrplan abgewichen ist. Die Ausbildung habe im Bildungszentrum ***5*** stattgefunden. Der Sohn habe am seine Dienstprüfung mit Auszeichnung bestanden. Anbei werde eine Kopie des Dienstprüfungszeugnisses übermittelt. Das Berufspraktikum II sei auf der PI ***6*** absolviert worden und verrichte der Sohn seither dort auch weiterhin seinen Dienst. Zum dargestellten Verfahrensablauf wurde von der Beschwerdeführerin festgehalten, dass am ihrerseits weder ein schriftlicher noch ein mündlicher Antrag beim Finanzamt eingebracht worden wäre. Es sei ihr nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde auf das Antragsdatum vom gelangt sei. Da jedenfalls kein schriftlicher Antrag vom vorliege, sei - wie im Vorhalt bereits erwähnt - mit Abweisungsbescheid vom der Antrag vom erledigt worden. Bezugnehmend auf das im Vorhalt angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/16/0039, halte sie fest, dass dieses richtigerweise die ständige Rechtsprechung des VwGH zitiere, wonach Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 FLAG fallen und somit nicht ausgeschlossen sei, dass auch bei bereits berufstätigen Personen eine Berufsausbildung vorliegen kann. Dem zitieren Erkenntnis sei auch dahingehend zu folgen, dass Familienbeihilfe auch bei mehreren Berufsausbildungen sowie neben der Ausübung eines Berufes gewährt werden könne. Das vorliegende Erkenntnis halte sodann ausdrücklich fest, dass für die Frage, ob eine Berufsausbildung vorliege oder nicht, entscheidend auf den Inhalt der Tätigkeit abzustellen sei und mit Erkenntnis zu Ra 2018/16/0203 der Verwaltungsgerichtshof nur für den Zeitraum der Kursunterbrechung im Rahmen der Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst tragend ausgeführt habe, dass in diesem Fall eine Berufsausübung vorliege und der Tatbestand des § 2 FLAG nicht erfüllt sei. Eine derartige Ausbildung bzw. eine Kursunterbrechung lägen aber gegenständlich gerade nicht vor, weshalb die zuletzt zitierte Entscheidung gegenständlich auch nicht heranzuziehen sei. Hervorzuheben sei überdies Rz 32 des Erkenntnisses zu Ra 2020/16/0039, wonach die Ausbildung dann als Berufsausbildung im Sinne des § 2 FLAG anzusehen sei, wenn diese in einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden habe. Eben dies liege im gegenständlichen Fall vor, und ergäbe sich aus dem Ausbildungslehrplan zur Grundausbildung für den Exekutivdienst eindeutig, dass der Ausbildung ein Lehrplan samt Stundentafel zugrunde liege und in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden habe.

Der Äußerung war das Zeugnis der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres vom angeschlossen, wonach der Sohn der Beschwerdeführerin die Dienstprüfung der Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) mit Auszeichnung bestanden hat.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der am ***7*** geborene Sohn der Beschwerdeführerin absolvierte in der Zeit vom bis die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung), die 24 Monate dauert und zwei Praxisphasen enthält, die auf Polizeidienststellen zu absolvieren sind.

Der Sohn der Beschwerdeführerin war (wie alle anderen Polizeischüler auch) aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung Vertragsbediensteter des Bundes.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Zif. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:

A - LEHRPLAN


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Lehrgegenstand
Mindeststunden-anzahl
PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
204
Einführung und Behördenorganisation
Angewandte Psychologie
Kommunikation und Konfliktmanagement
Berufsethik und Gesellschaftslehre
Menschenrechte
POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
1134
Dienstrecht
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
Straf- und Privatrecht
Verfassungsrecht und Europäische Union
Verkehrsrecht
Verwaltungsrecht
Kriminalistik
Bürokommunikation
SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- & REFLEXIONSKOMPETENZEN
806
Modulares Kompetenztraining
Einsatztraining
Sport
Erste Hilfe
Fremdsprachen
Themenzentrierter Unterricht
BERUFSPRAKTIKUM I
468
2612

B - Dienstprüfung


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MÜNDLICHE
GESAMTPRÜFUNG
Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.


Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche dem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes angeschlossen wurde, gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die

Basisausbildung (12 Monate Theorie),

das Berufspraktikum I (3 Monate),

die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)

und das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:

Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert wurden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.

BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE

Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.

BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE

Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.

VERTIEFUNG - 5 MONATE

Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.

BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE

Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.

In der im Ausbildungsplan ferner enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:


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Lehrgegenstand
Unterrichts-einheiten
Gesamt
1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
Einführung und Behördenorganisation
24
Angewandte Psychologie
48
Kommunikation und Konfliktmanagement
48
Berufsethik und Gesellschaftslehre
28
Menschenrechte
56
204
2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
Dienstrecht
40
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
240
Straf- und Privatrecht
172
Verfassungsrecht und Europäische Union
32
Verkehrsrecht
176
Verwaltungsrecht
160
Kriminalistik
164
Bürokommunikation
150
1134
3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN
Modulares Kompetenztraining
160
Einsatztraining
424
Sport
120
Erste Hilfe
16
Fremdsprachen
4
Themenzentrierter Unterricht
82
806
4. BERUFSPRAKTIKUM
468
Summe
2612

(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx).

Die gesamte Grundausbildung wurde vom Sohn der Beschwerdeführerin bereits absolviert. Entsprechend dem Ausbildungsplan wurde die Dienstprüfung am Ende des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes, konkret am , mit Auszeichnung abgelegt. Anschließend wurde das viermonatige Berufspraktikum II auf der Polizeiinspektion ***6*** absolviert. Auf dieser Polizeiinspektion verrichtet der Sohn der Beschwerdeführerin nach seiner Übernahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auch weiterhin seinen Dienst.

Der Sohn der Beschwerdeführerin bezog im Zeitraum bis laut Lohnzettel einen Ausbildungsbeitrag in Höhe von 19.893,14 € (brutto), woraus sich steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 12.269,50 € ergaben.

Im Jahr 2019 ( bis ) betrug der Ausbildungsbeitrag 32.298,54 € brutto, woraus sich steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 20.379,53 € ergaben.

Für das Jahr 2020 ( bis ) liegt noch keine Lohnzettel vor, der Ausbildungsbeitrag lag in diesen zwei Monaten jedenfalls unter der mit BGBl I 109/2020 auf 15.000 € angehobene Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG.

Beweiswürdigung

Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, den in der Beihilfendatenbank, im Abgabeninformationssystem und den vom Dachverband der Österreichischen Sozialversicherung gespeicherten Daten, den Informationen des Bundesministeriums für Inneres auf seiner Homepage und dem vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Vorhalteverfahren.

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die Grundausbildung für den Exekutivdienst eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt und damit einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe begründet. Ferner ist zu prüfen, ob der vom Polizeischüler bezogene Ausbildungsbeitrag einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

§ 5 Abs. 1 lit. a bis c FLAG 1967 lauten in der seit geltenden Fassung des ARÄG 2013 (BGBl I 138/2013):

(1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse, …

Durch die mit in Kraft getretene Änderung des § 5 Abs. 1 FLAG durch BGBl I Nr. 109/2020 wurde die Einkommensgrenze auf 15.000 € angehoben. Diese ist erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2020 anzuwenden (§ 55 Abs. 48 FLAG 1967).

1) Verfahrensgegenständlicher Antrag

Dem gegenständlichen Verfahren liegt der Antrag vom zugrunde. Diesen Antrag hat das Finanzamt auch im Vorlagebericht unter OZ 3 als den verfahrensgegenständlichen Antrag bezeichnet. Ursprünglich sollte dieser Antrag mit Bescheid vom erledigt werden, wobei allerdings im Spruch ein "falsches Kind" (***3***) bezeichnete wurde. Dieser Bescheid wurde vom Finanzamt am gemäß § 299 BAO aufgehoben. In dem gleichzeitig erlassenen, den aufgehobenen Bescheid gemäß § 299 Abs. 2 BAO ersetzenden Bescheid vom wurde nunmehr im Spruch das "richtige Kind" (***K***) angeführt. Dem Finanzamt unterlief aber ein Schreibfehler bei der Bezeichnung des dem Bescheid zu Grunde liegenden Antrages. Ein dort so bezeichneter "Antrag vom " wurde ausweislich der vorgelegten Akten und den Angaben der Beschwerdeführerin nie gestellt. Wie bereits erwähnt hat das Finanzamt auch im Vorlagebericht als verfahrensgegenständlichen Antrag jenen vom bezeichnet, sodass insofern vom Vorliegen eines bloßen Schreibfehlers auszugehen ist.

Der im Rahmen der Bescheiderlassung in der Bezeichnung des Antragsdatums unterlaufene Fehler im Sinne des § 293 BAO war daher im Zuge der Beschwerdeerledigung im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses richtigzustellen (Stoll, BAO, 2826; ; ).

2) Berufsausbildung im Sinne des FLAG

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird ( 2006/15/0178, 2006/15/0076, 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ( 2009/15/0089). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ( Ro 2015/16/0005; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre 2011/16/0077).

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absoliverte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Anderes gilt dagegen für das Berufspraktikum II. In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit dem von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums geleisteten Unterrichtspraktikums am Arbeitsplatz. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz. Der Sohn der Beschwerdeführerin wurde während des Berufspraktikums II auf jener Polizeiinspektion (PI ***6***) eingeschult, auf der er nach Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis seither auch seinen Dienst versieht.

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar (; ; ).

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Der Beihilfenanspruch der Beschwerdeführerin endet daher im gegenständlichen Fall mit Ablauf des Monates Oktober 2019 (Ende des zweiten Theorie-Ausbildungsblockes mit erfolgreicher Ablegung der Dienstprüfung am ), sodass der verfahrensgegenständliche Beihilfenantrag für den Zeitraum ab November 2019 abzuweisen war.

Informativ wird noch darauf hingewiesen, dass bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen das Finanzamt gemäß § 12 Abs. 1 FLAG eine Mitteilung auszustellen hat, dass ein Anspruch auf Bezug der Familienbeihilfe besteht. Dieser Mitteilung kommt jedoch kein Bescheidcharakter zu (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 12 Rz 5); eine bescheidmäßige Zuerkennung der Familienbeihilfe ist im FLAG nicht vorgesehen, weshalb eine solche auch im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung nicht in Betracht kommt. Nur insoweit einem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe nicht oder nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, ist ein Bescheid zu erlassen (§ 13 zweiter Satz FLAG). Aus diesem Grund muss sich insofern auch der Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses in zeitlicher Hinsicht auf jene Monate beschränken, in denen kein Beihilfenanspruch besteht und dem Antrag daher nicht stattgegeben wird. Wenn das Bundesfinanzgericht wie im gegenständlichen Fall einer Beschwerde durch Abänderung des angefochtenen Bescheides teilweise stattgibt, sind die Verwaltungsbehörden gemäß § 25 Abs. 1 BFGG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Das Finanzamt hat daher nach (teilweiser) Aufhebung eines Abweisungsbescheides gemäß § 13 FLAG die Familienbeihilfe auszuzahlen (Wanke/Unger, BFGG, § 25 Anm 4; vgl. auch § 282 BAO, der die Abgabenbehörde verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen).

Im gegenständlichen Fall ist noch die Besonderheit zu beachten, dass bis einschließlich Juli 2019 bereits Familienbeihilfe ausbezahlt wurde, sodass im Ergebnis nur mehr für die Monate August bis Oktober 2019 Familienbeihilfe auszubezahlen sein wird.

3) Einkünfte des Polizeischülers

Zu prüfen ist noch die Frage, ob der Ausbildungsbeitrag, den der Polizeischüler während seiner Berufsausbildung erhält, einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist. In diesem Fall ist das Überschreiten der in § 5 Abs. 1 FLAG normierten Einkommensgrenze nicht beihilfenschädlich.

Diese Frage war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht. Im Erkenntnis vom , RV/5100538/2014, vertrat das Bundesfinanzgericht dazu folgende Rechtsansicht, der sich seinerzeit auch das Bundesministerium für Familien und Jugend angeschlossen hatte:

Nach Nowotny (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 5 Tz 6 mit Hinweis auf G 98/94 und Verweis auf § 30j Rz 14ff) kann als anerkanntes Lehrverhältnis im Sinne dieser Bestimmung nur ein nach einschlägigen Rechtsvorschriften als Berufsausbildung anerkanntes Lehrverhältnis verstanden werden. Nach Wanke (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 30j Tz 23) sind anerkannte Lehrverhältnisse Ausbildungsverhältnisse nach dem Berufsausbildungsgesetz (Lehrberufsliste), nach dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz und in der Land- und Forstwirtschaft nach den in Ausführung des Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes ergangenen Landesgesetzen. Ein Lehrverhältnis sei nach der Verwaltungspraxis ferner anerkannt, wenn es nach kollektiv- oder individualarbeitsrechtlichen Bestimmungen (wie Kollektivvertrag, Dienstvertrag, Ausbildungsvertrag) folgende Merkmale aufweise: genau umrissenes Berufsbild; im Allgemeinen eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren; berufsbegleitender, fachlich einschlägiger Unterricht, der - vergleichbar mit einer Berufsschule - die grundlegenden theoretischen Kenntnisse des zu erlernenden Berufes vermittelt; Abschlussprüfung).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG idF BGBl550/1979, die auf ein "gesetzlich anerkanntes Lehrverhältnis" abstellte, geprüft und die Einschränkung der nicht beihilfenschädlichen Bezüge des Kindes auf solche aus "gesetzlich" anerkannten Lehrverhältnissen als verfassungswidrig erkannt () und das Wort "gesetzlich" aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof beurteilte dabei in seinen Erwägungen bei der Auslegung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG nicht "Lehrverhältnisse" im engen Sinn (des Berufsausbildungsgesetzes), sondern sprach von "Ausbildungsverhältnissen" (im beschwerdegegenständlichen Fall: zum Vermessungstechniker). Dies war schon deswegen geboten, weil unter "Lehrverhältnissen" im Sinne des FLAG bei enger Wortinterpretation nur solche verstanden werden könnten, die unter den Anwendungsbereich des Berufsausbildungsgesetzes fallen. Gerade diese Einschränkung erachtete der VfGH aber als unsachlich und damit verfassungswidrig. Abschließend führte der Gerichtshof ausdrücklich aus, dass unter einem "anerkannten Ausbildungsverhältnis" (im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG) dem Gesetzeszweck entsprechend nicht jedes privatrechtlich zulässige, sondern nur ein durch generelle Normen geregeltes verstanden werden kann.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist daher unter einem "anerkannten Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ein "anerkanntes Ausbildungsverhältnis" zu verstehen, wenn es durch generelle Normen (z.B. Gesetz oder Verordnung) geregelt ist. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall aber erfüllt. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) in der Verordnung der Bundesministerin für Inneres, BGBl II 430/2006 idgF geregelt. Der von der Tochter des Beschwerdeführers bezogene "Ausbildungsbeitrag" ist damit unter die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu sumbsumieren. Damit wurde im gegenständlichen Fall der Grenzbetrag von 10.000 € nicht überschritten.

Die Grundausbildung für den Exekutivdienst ist nach wie vor durch eine generelle Norm, nunmehr die oben zitierte Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Im gegenständlichen Verfahren wurden keine Umstände vorgebracht, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes zur Frage der Qualifikation des Ausbildungsbeitrages eines Polizeischülers rechtfertigen würden.

Dazu kommt, dass es bei Berücksichtigung des Ausbildungsbeitrages bei der Ermittlung des im Sinne des § 5 Abs. 1 FLAG zu versteuernden Einkommens zu unsachlichen Ergebnissen käme, da der Zeitraum, für den Familienbeihilfe letztlich bezogen würde, entscheidend allein vom zufälligen Zeitpunkt des Beginns der Grundausbildung abhängen würde (siehe dazu mit näherer Begründung ). Dies gilt auch für den gegenständlichen Fall. Da die Polizeigrundausbildung im März 2018 begonnen hat, übersteigt der Ausbildungsbeitrag den für das Jahr 2018 maßgebenden Grenzbetrag im Sinne des § 5 Abs. 1 FLAG von 10.000 €. Auch die Einschleifregelung käme aufgrund der steuerpflichtigen Bezüge von 12.269,50 € nicht zum Tragen. Hätte die Grundausbildung dagegen erst im Juni 2018 begonnen, würde für den Zeitraum Juni bis Dezember 2018 Familienbeihilfe ausbezahlt (vgl. zum Fall einer im Juni eines Jahres begonnenen Polizeigrundausbildung etwa ). Es käme daher bei völlig identer Berufsausbildung und gleicher Höhe des monatlichen Ausbildungbeitrages zu Unterschieden im Ausmaß des Beihilfenbezuges, die allein im zufälligen zeitlichen Beginn der Berufsausbildung begründet wären. Dagegen mag ins Treffen geführt werden, dass dies eine gesetzliche und alle Normunterworfenen in gleicher Weise treffende Folge der Bestimmung des § 5 Abs. 1 FLAG wäre, die der Gesetzgeber allerdings dadurch vermeiden könnte, wenn bei der Bemessung der Einkommensgrenze nicht auf das Kalenderjahr, sondern das "Ausbildungsjahr" abgestellt würde. Das ändert aber nichts daran, dass es derzeit zu den dargestellten unsachlichen Ergebnissen käme, die bei der aufgezeigten Interpretation des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG im Sinne der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vermieden werden können (siehe neuerlich ).

Im Übrigen hat sich auch die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt dieser Rechtsansicht, wonach der Ausbildungsbeitrag einer Lehrlingsentschädigung im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist, angeschlossen, und wurde das Finanzamt Österreich in einer am veröffentlichen Information der Abteilung VI/1 der Sektion Familie und Jugend im BKA zum Thema "Polizeischüler/innen" entsprechend in Kenntnis gesetzt.

Der Beschwerdeführerin steht daher unabhängig von der Höhe des von ihrem Sohn bezogenen Ausbildungsbeitrages für den Zeitraum März 2018 bis Oktober 2019 Familienbeihilfe zu.

4) Akteneinsicht

§ 90 BAO normiert:

(1) Die Abgabenbehörde hat den Parteien die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist. Blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien, die nicht durch Vertreter (§§ 80 ff) vertreten sind, ist auf Verlangen der Inhalt von Akten und Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.

(2) Von der Akteneinsicht ausgenommen sind Beratungsprotokolle, Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke (Mitteilungen anderer Behörden Meldungen, Berichte und dergleichen), deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde.

(3) Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Das Recht auf Akteneinsicht ist im Zusammenhang mit dem Recht auf Gehör zu sehen; es soll den Parteien ermöglichen, genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörde in diesem Verfahren zu erlangen (). Das Recht auf Akteneinsicht stellt keinen Selbstzweck dar, sondern gibt dem Abgabepflichtigen ein Hilfsmittel zur Hand, seine abgabenrechtlichen Interessen zu verfolgen. Während eines laufenden Verfahrens wird es dem Abgabepflichtigen durch die Akteneinsicht ermöglicht, kontrollierend und vorbeugend Fehlannahmen und unzutreffenden Vermutungen der Behörden entgegenzutreten (; ). Während eines laufenden Beschwerdeverfahrens dient die Akteneinsicht daher der Geltendmachung oder Verteidigung der abgabenrechtlichen Interessen der beschwerdeführenden Partei. Darauf, dass nach Ansicht der Behörde der Beschwerdeführerin der dem angefochtenen Bescheid "zugrunde liegende Sachverhalt zur Gänze bekannt sei", kommt es nicht an. Selbst wenn damit gemeint gewesen sein sollte, dass der Akt nur solche Aktenteile enthält, die der Beschwerdeführerin ohnehin bekannt sein müssten, würde dies nichts an ihrem Recht auf Akteneinsicht ändern. So werden beispielsweise Überprüfungsbögen im Original an das Finanzamt retourniert und auch Mitteilungen im Sinne des § 12 FLAG nicht immer aufbewahrt. Diese Aktenteile sind für ein Beschwerdeverfahren im Beihilfenbereich jedoch von Bedeutung, sodass die Gewährung der Akteneinsicht in einem laufenden Beschwerdeverfahren jedenfalls der Geltendmachung oder Verteidigung der abgabenrechtlichen Interessen der Partei dient und damit die Akteneinsicht erforderlich im Sinne des § 90 Abs. 1 BAO ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Berechtigung eines Antrages auf Akteneinsicht auf ein gesondertes abgabenrechtliches Interesse der Partei nicht an, da die Partei das Recht haben soll, die Akten und Aktenteile, die sich auf ihre Sache beziehen, unabhängig davon einzusehen, ob ihre Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist oder nicht (). Diese Auslegung der Bestimmung des § 90 Abs. 1 BAO geht nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes aber zu weit, da auch eine nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebotene, einen Gleichklang mit § 17 Abs. 1 AVG bewirkende Interpretation des § 90 Abs. 1 BAO nicht dazu führen kann, dass - contra legem - ein abgabenrechtliches Interesse gar nicht mehr erforderlich wäre (Ellinger, BAO, § 90 Anm 6). Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, im Wege der Interpretation nach ihrem Wortlaut eindeutige - allenfalls als unbefriedigend angesehene - Gesetzesbestimmungen zu ändern ().

Eine unbegründete Verweigerung der Akteneinsicht würde einen Verfahrensmangel betreffend die Sachentscheidung bewirken. Dieser Verfahrensmangel kann aber dadurch geheilt werden, dass im weiteren Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Akteneinsicht gewährt wird (), was im vorliegenden Verfahren im Zuge des vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Vorhalteverfahrens auch geschehen ist.

Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Frage, ob die Bezüge des Polizeischülers Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleich gehalten werden können, ausdrücklich offen gelassen (Rz 18). Da zu dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung somit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig. Es wird darauf hingewiesen, dass auch nach Ansicht der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt der Ausbildungsbeitrag einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzuhalten ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101016.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at