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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2021, RV/3100002/2015

Aufwendungen iZm einer Garantie für einen Bierbezugsvertrag sind keine Betriebsausgaben des Gf einer WT-Kanzlei

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2010, Einkommensteuer 2010 und Anspruchszinsen 2010 zu Steuernummer zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2010 wird abgewiesen.

  • Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 wird abgewiesen.

  • Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2010 wird abgewiesen.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer erklärte im Jahr 2010 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Gewinn aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 940,- und einen Verlust aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR -10.101,54. Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2010 unter Übernahme der am elektronisch übermittelten Erklärungsdaten und setzte die Einkommensteuer 2010 in Höhe von -4.027,79 fest. Mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt im Gefolge einer Außenprüfung die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2010 und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid 2010, in dem es die Einkommensteuer 2010 in Höhe von EUR -984,02 festsetzte. Den Wiederaufnahmebescheid begründete das Finanzamt wie folgt: "Aufgrund der Gesamtauswirkungen der Prüfungsfeststellungen ist eine Wiederaufnahme gerechtfertigt. Die vorgenommenen Änderungen lt. Bp-Bericht, ABNr. vom stellen eine neue Tatsache dar und begründen somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung über das Interesse auf Rechtsbeständigkeit, und die Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden." Im Außenprüfungsbericht vom finden sich unter Tz 5 folgende Ausführungen: "…[Der Beschwerdeführer] hat für seine Geschäftsführertätigkeit von der Fa. Schilift GmbH nie eine Geschäftsführervergütung bzw. nichtselbständige Einkünfte (Beteiligung = 9 %) erhalten. Lt. Firmenbuchauszug endete die Geschäftsführertätigkeit mit und wurde von D übernommen. Mit wurde mit der A ein Vertrag betreffend Bierlieferungen abgeschlossen. Die erwartete Bierbedarfsmenge sowie die Haftungserklärung wurde vom damaligen Geschäftsführer D unterzeichnet. Im Rahmen der Schlussbesprechung wurde ein weiterer Vertrag betreffend Bierlieferungen vorgelegt, datiert mit und unterzeichnet vom damaligen Geschäftsführer der Schilift GmbH, [dem Beschwerdeführer]. Da die Schilift GmbH den im Lieferübereinkommen genannten Bedingungen nicht nachgekommen ist, wurde [der Beschwerdeführer] als Mithaftender in Anspruch genommen. Durch Zahlung einer Haftungssumme von EUR 8.000,- wurde er aus der Haftung entlassen. Laut Stellungnahme von [dem Beschwerdeführer] vom (Beilage zur Schlussbesprechung) sieht dieser einen mittelbaren Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit für die Fa. Bf. GmbH darin, dass die vermeintliche Geschäftsführerleistung für die Schilift GmbH ausschließlich durch Beratungshonorare der WT GmbH verrechnet wurde. Eine Fremdüblichkeit liegt nicht vor. Das Finanzamt sieht keinen Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit bei der Bf. GmbH, weshalb die Aufwendungen für die Vergleichszahlung in Höhe von EUR 8.000,- und die Rechtskosten Dr. E in Höhe von EUR 339.09 nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Steuerliche Auswirkungen 2010: Einkünfte aus selbständiger Arbeit: EUR 8.339.09."

In seiner Berufung vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der bekämpften Bescheide. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2010 brachte er zusammengefasst vor, die Garantieerklärung "A" sei dem Finanzamt gegenüber offengelegt worden. Aufgrund der eingereichten Steuererklärungen habe das Finanzamt auch Kenntnis von den vom Beschwerdeführer treuhändig für die Bf. - Steuerberatungsgesellschaft mbH gehaltenen Anteilen an der Schilift GmbH gehabt. Das Finanzamt habe seine Ermessensübung im Wiederaufnahmebescheid nicht begründet.

Bezogen auf den Einkommensteuerbescheid 2010 wendete der Beschwerdeführer zusammengefasst ein, die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH sei von ihrem Mandanten D mit der Beratung und Unterstützung in kaufmännischen wie finanziellen Angelegenheiten "im Zusammenhang mit der Errichtung einer neuen Zubringerbahn für sein seit 1964 bestehendes Schigebiet und Hotel S" beauftragt worden. Im Jahr 2006 habe die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH für D und die Schilift GmbH diverse Agenden übernommen (Konzepterstellung mit Investitions- und Finanzplanungen, Anträge betreffend Seilbahnneubau, Wirtschaftsförderungsanträge, Beratungen bezüglich Gründung der Schilift GmbH; Verhandlungen mit Banken, Leasingpartnern, Investoren und Lieferanten; Nachverhandlungen aufgrund gekürzter Förderzusagen, Erstellung der Gründungsbilanzen und Umgründungskonzepte, Veranlassung der Gutachten für die Bewertung der Bestandsanlagen und Grundstücke). Nach erfolgreicher Realisierung des "vorgenannten Investitionsvorhabens" hätte die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH laut einer mit D getroffenen Vereinbarung weiterhin sämtliche Beratungsleistungen für dessen Betriebe und der Schilift GmbH zu erledigen gehabt. Zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung der Schilift GmbH um EUR 1.365.000,- auf EUR 1.400.000,- habe die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH 100 % des Stammkapitals aus ihrem Mandantenkreis als Gesellschafter gewinnen können. Zwischen den Neugesellschaftern sei vereinbart worden, dass die vier Neugesellschafter "ihre Stammeinlagenzeichnungen für deren Gesellschaften … treuhändig zu übernehmen hatten". Die Neugesellschafter hätten als weitere Bedingung für ihre Finanzierungs- und Beteiligungszusagen gefordert, dass die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH sich an der Schilift GmbH beteiligen müsse und die Geschäftsführung "durch die WT GmbH, in Person ihres Gesellschaftergeschäftsführers, [des Beschwerdeführers], selbständig, zu übernehmen war." Der Beschwerdeführer habe seine Geschäftsführertätigkeiten ausschließlich im Rahmen seiner Wirtschaftstreuhand GmbH abrechnen dürfen und "hatte somit nachweislich keine persönliche oder sonstige selbständige Abrechnungen zu stellen". Konsequenz dieser Vereinbarung sei gewesen, dass die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH "die langfristige Werthaltigkeit der empfohlenen Investitionen und Beteiligungen unter allen Umständen erhalten musste, da sie ansonsten nicht nur die Einnahmen aus den Vertretungen D und dessen Unternehmen, sondern auch die Einnahmen aus den Vertretungen der restlichen Mitgesellschafter verloren hätte". Sämtliche Leistungen seien nachweislich von der Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH abgerechnet worden, sie habe den alleinigen Nutzen aus dieser Beteiligung lukriert. Der Beschwerdeführer habe für seine Geschäftsführerleistungen gegenüber der Schilift GmbH keine gesonderten Leistungen verrechnen können.

Im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit für die Schilift GmbH habe der Beschwerdeführer am ein Lieferübereinkommen mit der A AG abgeschlossen und eine persönliche Garantieerklärung abgegeben. Mit Schreiben vom sei er daraus als Mithaftender für einen Betrag von EUR 83.166,96 in Anspruch genommen worden. Aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs sei er nach Zahlung einer Ausgleichssumme von EUR 8.000,- aus dieser Haftung entlassen worden. Diese Zahlung sei keine freiwillige Zuwendung im Sinn des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Berufungen allesamt ab. Hinsichtlich des Anspruchszinsenbescheides 2010 verwies das Finanzamt auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 205 BAO. Zur Wiederaufnahme des Verfahrens brachte das Finanzamt vor, dass die in der Beschwerde angesprochene Stellungnahme im Außenprüfungsverfahren der Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH erstattet worden sei. Die Einkommensteuererklärung 2010 sei vom Beschwerdeführer elektronisch und ohne angefügte Beilagen eingereicht worden. Über Nachfrage sei dem Finanzamt eine Aufstellung der Werbungskosten zu den nichtselbständigen Einkünften, eine Aufstellung der Sonderausgaben und eine Einnahmen-/Ausgabenrechnung für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit übermittelt worden. In letzterer sei eine Ausgabenposition "Geschäftsführerhaftung i.S. A AG - Vergleich" und der Betrag von EUR 8.000,- und eine Position "Rechtskosten Dr. E i.S. A AG" von EUR 339,09 ausgewiesen, ohne dass dabei ein Zusammenhang mit der Schilift GmbH erkennbar sei. Zur Einkommensteuerfestsetzung 2010 brachte das Finanzamt zusammengefasst vor, dass der behauptete Konnex der persönlichen Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers mit der Verrechnung von dessen Geschäftsführerleistungen über seine Wirtschaftstreuhand GmbH weder nachvollziehbar noch fremdüblich sei. Der Beschwerdeführer habe die Garantieerklärung nur aufgrund seiner Gesellschafterstellung bei der Schilift GmbH abgegeben.

Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Berufungen an das Bundesfinanzgericht. Das Finanzamt legte die Berufungen am dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung.

Mit Verfügung des am Bundesfinanzgericht eingerichteten Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Rechtssache mit Wirkung zum der ursprünglich zuständigen Geschäftsabteilung abgenommen und jener der einschreitenden Richterin zugeteilt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer hat seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 elektronisch am eingereicht. Das ist aus dem Abgabeninformationssystem des Bundes ersichtlich und zwischen den Parteien unstrittig.

Dem Finanzamt lag am (dem Tag, an dem die Erstveranlagung zur Einkommensteuer 2010 erfolgte) neben der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung eine Beilage zur Einkommensteuererklärung 2010 vor, in der ein Verlust aus selbständiger Arbeit (als "Selbständiger Geschäftsführer, Sachverständiger, Konsulent") dargestellt wird. Unter den Ausgaben finden sich die Positionen "Geschäftsführerhaftung i.S. A AG - Vergleich…. 8.000,-" und "Rechtskosten Dr. E i.S. A AG…. 339,09". Dies ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, die ein Dokument enthalten, welches offensichtlich einen E-Mail-Anhang zu einem an eine Mitarbeiterin des Finanzamtes gerichteten, mit datierten E-Mail darstellt. Der Beschwerdeführer erklärte dazu (Schreiben an das Bundesfinanzgericht vom ), die Beilagen zur Einkommensteuererklärung 2010 (darunter die Darstellung des Verlustes aus selbständiger Arbeit als "Selbständiger Geschäftsführer, Sachverständiger, Konsulent") seien dem Finanzamt in Papierform vorgelegt worden, wobei er den Zeitpunkt der Überreichung nicht nachweisen könne.

Der Beschwerdeführer war ausweislich des Firmenbuchs im Zeitraum bis Geschäftsführer und von bis zu ihrer Auflösung infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgrund des Beschlusses des Landesgerichts_1 vom zu GZ_1 Gesellschafter der Schilift GmbH mit der Firmenbuchnummer FN_1. Er war von bis mit einem Geschäftsanteil von EUR 100.000,- und von bis zu ihrer Auflösung mit einem Geschäftsanteil von EUR 130.000,- am Stammkapital der Gesellschaft von EUR 1.400.000,- beteiligt, was einem Beteiligungsausmaß von 7,14 bzw. 9,39 % entspricht.

Der Beschwerdeführer hielt seine Beteiligung an der Schilift GmbH in seinem Privatvermögen. Dies gesteht der Beschwerdeführer selbst zu (Schreiben an das Bundesfinanzgericht vom ).

Der Beschwerdeführer erhielt keinerlei Entlohnung aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Schilift GmbH. Dies ist unstrittig (vgl. das Beschwerdevorbringen und die Angaben des Beschwerdeführers im Schreiben an das Bundesfinanzgericht vom ).

Der Beschwerdeführer unterfertigte am als Geschäftsführer der Schilift GmbH ein Bierlieferungsübereinkommen mit der A AG. Gleichzeitig unterfertigte er eine "unwiderrufliche Garantie, dass der Vertragspartner sämtliche Verpflichtungen aus dem Übereinkommen ordnungsgemäß erfüllt. Ich … verpflichte mich … über erste schriftliche Aufforderung die Verpflichtungen des Vertragspartners mit ihm zur ungeteilten Hand zu erfüllen …". Dies entspricht dem Vorbringen des Beschwerdeführers und geht aus den bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Vertragskopien hervor.

Der Beschwerdeführer bezahlte am einen Vergleichsbetrag von EUR 8.000,- an die A AG, welche ihn daraufhin aus der Haftung des Lieferungsübereinkommens vom und der daraus entstandenen Forderung entließ. Dies ist aufgrund der bei den vom Finanzamt vorgelegten Akten befindlichen Schreiben der A AG vom und vom und durch einen vom Beschwerdeführer am vorgelegten Bankauszug erwiesen. Der Beschwerdeführer bezahlte im Juli 2010 den Betrag von EUR 339,09 an RA Dr. E, was angesichts dessen Kostennote vom , welche der Beschwerdeführer ebenfalls am vorgelegt hat, glaubwürdig ist.

Der Beschwerdeführer war ausweislich des Firmenbuchs in den Jahren 2008 bis 2010 Alleingesellschafter und bis Geschäftsführer der im Firmenbuch zu FN_2 eingetragenen Bf. GmbH (vormals Bf. Steuerberatungsgesellschaft m.b.H.).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Wiederaufnahme des Verfahrens)

Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann unter anderem dann von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (§ 303 Abs. 1 lit b BAO). Tatsachen sind mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände. Maßgeblich ist dabei, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können. Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und für das jeweilige Veranlagungsjahr zu beurteilen (Ritz, BAO, 6.A., Rz 21 ff zu § 303 mit Judikaturhinweisen).

Der Wissensstand des Finanzamtes zum Zeitpunkt der Erstveranlagung zur Einkommensteuer 2010 beruhte einerseits auf der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung und andererseits auf den übermittelten Beilagen zu dieser. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Beilagen in Papierform (so der Beschwerdeführer im Schreiben vom ) oder per E-Mail übermittelt wurden. Unstrittig enthält jene Beilage, in der die Einkünfte aus selbständiger Arbeit dargestellt werden, die beiden Ausgabenpositionen "Geschäftsführerhaftung i.S. A AG - Vergleich … 8.000,-" und "Rechtskosten Dr. E i.S. A AG … 339.09". Allerdings findet sich weder in dieser noch in den übrigen Beilagen eine Erwähnung der Schilift GmbH oder der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit eine Beteiligung an dieser gehalten hatte. Es findet sich auch kein Hinweis darauf, dass die diese beiden Ausgabenpositionen in Zusammenhang mit der Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der Schilift GmbH gestanden hätten.

Das Beschwerdevorbringen zur Sachverhaltsdarstellung bezüglich "Beteiligung - Bürgschaftsübernahme - Schilifte Pettneu/Arlberg GmbH" vom ist nicht geeignet darzustellen, dass dem Finanzamt diese Sachverhaltselemente im Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer 2010 vor Erlassung des Erstbescheides am bekannt gewesen wären. Einerseits bezieht sich dieses Vorbringen auf einen Zeitpunkt nach Erlassung des Erstbescheides, andererseits wurde die Sachverhaltsdarstellung vom offensichtlich im Außenprüfungsverfahren bei der Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH erstattet. Letzteres enspricht dem Vorbringen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung und lässt sich aus einer im Arbeitsbogen des Außenprüfers befindlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom zu den vom Finanzamt getroffenen Feststellungen ableiten.

Insgesamt zeigt sich, dass dem Finanzamt die entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente im Zusammenhang mit den Zahlungen an die A AG und an RA Dr. E bei der Erstveranlagung nicht bekannt waren und dass das Finanzamt erst im Außenprüfungsverfahren von diesen Sachverhaltselementen Kenntnis erlangt hat.

Die Verfügung einer Wiederaufnahme des Verfahrens liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Das Beschwerdevorbringen dahin, das Finanzamt habe seine Ermessensübung nicht (ausreichend) begründet, trifft aus folgenden Gründen nicht zu: Die vom Finanzamt gewählte Begründung ("Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit über das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.") samt Verweis auf die Gesamtauswirkungen der Prüfungsfeststellungen laut Prüfungsbericht vom legt die entscheidungswesentlichen Ermessenskriterien vollständig und in nachvollziehbarer Weise offen, zumal auch der Prüfungsbericht vom unter Tz 5 (nochmals) eine Begründung der Ermessensübung bezogen auf die getroffene Feststellung zur Vergleichszahlung an die A AG enthält.

Insgesamt erweist sich die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2010 als zulässig.

Zu Spruchpunkt II. (Einkommensteuerbescheid 2010)

Betriebsausgaben sind Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG 1988). Für die Anerkennung von Bürgschaftszahlungen als Betriebsausgaben fordert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Übernahme der Bürgschaft (oder Garantie) in Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes (oder Steuerberaters) erfolgt, wofür ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rechtsanwaltes (Steuerberaters) erforderlich ist. Eine nicht von vornherein auszuschließende betriebliche Veranlassung ist dann gegeben, wenn eine ausschließliche Abhängigkeit der Aufträge des Klienten von der Übernahme der Bürgschaft durch den Steuerberater bzw. Rechtsanwalt vorliegt, was anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen ist (; ).

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers liegt die Überlegung zugrunde, dass Aufwendungen, die einem Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner einkommensteuerlich relevanten Sphäre erwachsen, entweder durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer (und sohin im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit) oder durch seine Stellung als Gesellschafter veranlasst sind, wobei die jeweilige Veranlassung bei der steuerlichen Beurteilung der einzelnen Aufwendung zu prüfen ist. Einkommensteuerrechtlich macht es keinen Unterschied, ob der Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, oder ob er später Einlagen tätigt oder als Bürge Schulden der Gesellschaft bezahlt bzw. deren Schulden übernimmt, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können. Folglich hängt die Übernahme einer Bürgschaft primär mit der Gesellschafterstellung zusammen, weshalb es der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt hat, Vermögensverluste, die dem Gesellschafter aus der Übernahme einer Bürgschaft entstehen, bei seinen Geschäftsführerbezügen als einkünftemindernd zu berücksichtigen.

Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers sind grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und entziehen sich einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften ().

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Abgabe der Garantieerklärung gegenüber der A AG Gesellschafter und Geschäftsführer der Schilift GmbH, weshalb die Ausgaben im Zusammenhang mit der Haftungsinanspruchnahme durch die A AG seiner Gesellschafterstellung zuzuordnen sind. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer seine Geschäftsführertätigkeit unentgeltlich ausgeübt und insofern keine Einkunftsquelle bestanden hat.

Gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 (idF BGBl I 52/2009) dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen, mit Kapitalerträgen im Sinn des § 97 oder mit Kapitalerträgen, die gemäß § 37 Abs. 8 mit einem besonderen Steuersatz versteuert werden, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Der Beschwerdeführer hat seine Beteiligung an der Schilift GmbH im Privatvermögen gehalten. Diese Beteiligung war daher allenfalls geeignet, Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinn des § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (idF BGBl I 52/2009) zu vermitteln, welche der Besteuerung gemäß §§ 93 ff EStG 1988 unterlagen. Auch aus diesem Grund sind die Zahlungen im Zusammenhang mit der Haftungsinanspruchnahme durch die A AG gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 dem Grunde nach nicht als Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig.

Zu einem behaupteten mittelbaren Zusammenhang zwischen der Übernahme einer Bürgschaft durch einen Rechtsanwalt mit dem erhofften Erwerb von Mandaten durch diesen sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass nur das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen den beiden Vorgängen einen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Rechtsanwaltes herzustellen vermag. Die Unterstützung eines Klienten bei der Kreditbeschaffung (durch Übernahme einer Garantenstellung) ist hingegen nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr der freiberuflichen Tätigkeit eines Rechtsanwaltes zuzurechnen. Ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der (erhofften) weiteren Beauftragung als Rechtsanwalt reicht nämlich nicht aus, um eine Veranlassung in der Rechtsanwaltstätigkeit zu begründen ( mwN).

Insofern der Beschwerdeführer vermeint, seine (unentgeltliche) Geschäftsführertätigkeit für die Schilift GmbH stelle bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einen Zusammenhang zwischen seiner Garantieerklärung gegenüber der A AG und seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit als (wesentlich beteiligter) Gesellschafter-Geschäftsführer seiner Wirtschaftstreuhand GmbH her, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Nach dem Beschwerdevorbringen war die Erzielung von Einkünften durch die Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH aus Beratungstätigkeiten für D und dessen Unternehmen und für die neu gewonnenen Mitgesellschafter der Schilift GmbH von der Erhaltung der "langfristigen Werthaltigkeit der empfohlenen Investitionen und Beteiligungen" abhängig. Dem gegenüber behauptet der Beschwerdeführer nicht einmal, dass die Höhe seiner eigenen Einkünfte als Gesellschafter-Geschäftsführer der Bf. Steuerberatungsgesellschaft mbH ("jährliche Geschäftsführerentschädigung in Höhe von EUR 36.000,- und sonstige Kostenersätze in Höhe von EUR 15.686,82 [2008 in Einkünften aus selbständiger Tätigkeit erfasst]") durch die Umstände seiner Geschäftsführung für die Schilift GmbH beeinflusst worden wäre. Daher ist nicht einmal ein mittelbarer Zusammenhang zwischen seiner Garantieerklärung gegenüber der A AG und seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit erkennbar. Somit stellen die Zahlungen im Zusammenhang mit der Garantieerklärung gegenüber der A AG keine Betriebsausgaben dar.

Zu Spruchpunkt III. (Festsetzung von Anspruchszinsen 2010)

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind unter anderem Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden nach Gegenüberstellung mit mit bisher festgesetzt gewesenen Abgaben ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung gebunden. Daher ist ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen nicht (mit der Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (Ritz, BAO, 6.A., Rz 34 zu § 205 mwN). Die Beschwerde enthält keinerlei Vorbringen dazu, warum der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen rechtswidrig sein sollte. Insofern der Beschwerdeführer vermeint, eine Rechtswidrigkeit ergebe sich aus der behaupteten Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides 2010, ist auf das oben Dargestellte zu verweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei der Beurteilung der Rechtsfragen an der zitierten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes orientieren.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100002.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at