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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2021, RV/7100956/2011

Keine neu hervorgekommenen Tatsachen für Wiederaufnahme

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Woditschka & Picher Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H., Bahnstraße 26/1, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Eine Revision ist nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde die Einkünfte der beschwerdeführenden GmbH & Co KG für das Jahr 2007 gemäß § 188 BAO mit € 77.646,39 fest. Die im Feststellungsverfahren strittigen Fremdleistungen, Werbe- und Repräsentationsaufwendungen sowie Instandhaltungsaufwendungen wurden erklärungsgemäß berücksichtigt.

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin betreffend einen Ergänzungsauftrag vom Folgendes mit:

"Die Fremdleistungen laut Kennzahl 9110 in Höhe von € 42.704,63 setzten sich aus vier Konten zusammen:

1. Fremdarbeit: € 10.000,--

Dabei handelt es sich um Provisionen an unbekannte Empfänger, welche aufgrund der Exporte ins Ausland angefallen sind. Darüber existiert kein Beleg.

[…]

Zum zweiten Ergänzungspunkt Instandhaltungsaufwand Betriebsgebäude (Kennzahl 9150) im Betrag von € 109.749,24 wird dem Finanzamt das Buchhaltungskonto 7200 vorgelegt und zu den größeren Aufwendungen ebenfalls Belege übermittelt.

Der Aufwand für Inserate in Höhe von € 23.348,18 beinhaltet den Werbeaufwand der Firma und ist auf dem Konto 7650 verbucht. Als Nachweise werden zu den größeren Aufwendungen Belegkopien beigeschlossen."

Die im Schreiben vom genannten Unterlagen wurden der belangten Behörde vorgelegt. Die im Beschwerdefall strittigen entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente hinsichtlich der Repräsentations- und Werbeaufwendungen sowie Fremdleistungen waren der belangten Behörde spätestens am bekannt.

Am nahm die belangte Behörde das Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 nach § 303 Abs 4 BAO wieder auf und verwies in ihrem Bescheid auf eine gesondert zu ergehende Begründung. Mit Sachbescheid vom selben Tag stellte sie die Einkünfte der Beschwerdeführerin gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 mit € 139.578,84 fest. Die gesonderte Bescheidbegründung vom lautete auszugsweise wie folgt:

"Bezeichnung des Bescheide: Bescheid über die Wiederaufnahme gem. 303(4) und
Die Feststellung von Einkünften gem.
§ 188 BAO für 2007
Datum des Bescheides:
[…]
Fremdleistungen: Da die Empfänger der Provisionen nicht genannt wurden, konnten die Ausgaben nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Gewinnererhöhung 10.000,-€
Werbeaufwand: Da die im Vorhalt abverlangten höheren Rechnungen, Belegnummer 10038 Dukaten nicht vorgelegt wurde, konnte diese nicht anerkannt werden. Weiters weist das Konto Werbeaufwand einen Saldo von 23.348,18 auf. Der unter KZ 9200 beantragte Aufwand beträgt 29.061,22 [€].
Gewinnerhöhung 18.413,014 €
Instandhaltung Betriebsgebäude: Folgende Rechnungen konnten nicht anerkannt werden: Re Fa. […] Dachdeckungen Sturmschaden Haus […] (ist nicht ident mit der Firmenadresse) 1.486,70 [€]. Da trotz telefonischer Aufforderung, wie oben angeführt, kein Rückruf erfolgte, wurde für die Lieferungen Fa […], […], […], […] die betriebliche Veranlassung nicht glaubhaft gemacht. Diese Einrichtungsgegenstände wurden daher der privaten Lebensführung gem. § 20 [EStG] zugerechnet. Die Rechnungen Fa. […] (Kaminofen und Fa […] (Wangenstiege) [wurden] aktiviert und die Aufwendungen auf 10 Jahre verteilt.
Gewinnerhöhung 33.519,41 €
Gewinnerhöhung insgesamt 61.932,45 [€]
[…]
Gemäß
§ 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des § 303 Abs 1 lit. A und c BAO und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnisse dieser Umstände allein einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. […]"

Nähere Ausführungen zum maßgebenden Wiederaufnahmetatbestand sind weder dem Wiederaufnahmebescheid noch der mit Bescheid gesondert ergangenen Begründung zu entnehmen. Nach dem Gesamtbild wurden neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel zu den strittigen Fremdleistungen, den Werbe- und Repräsentationsaufwendungen sowie den Instandhaltungsaufwendungen als Wiederaufnahmegründe herangezogen.

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen die Bescheide über die Wideraufnahme des Verfahrens betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO des Jahres 2007 sowie den Feststellungsbescheid des Jahres 2007. Die Berufung enthält Ausführungen zu den strittigen Fremdleistungen, dem Werbeaufwand sowie den Instandhaltungsaufwendungen. Zudem wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Wiederaufnahmebescheid keine konkreten Angaben über die Wiederaufnahmegründe enthalten habe.

Am erfolgte bei der Beschwerdeführerin eine Nachschau im Zuge derer hinsichtlich der strittigen Instandhaltungsaufwendungen eine ausschließliche betriebliche Nutzung festgestellt wurde. Dass die Instandhaltungsaufwendungen somit - erklärungsgemäß - ausschließlich in betrieblicher Verwendung sind, war der belangten Behörde spätestens am bekannt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrend betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 statt und hob diesen Bescheid auf.

Zudem hob die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 gemäß § 299 BAO auf und stellte mit Bescheid vom selben Tag die Einkünfte für das Jahr 2007 gemäß § 188 BAO wieder mit € 77.646,39 fest.

Die Berufung vom gegen den Einkünftefeststellungsbescheid für das Jahr 2007 vom wies die belangte Behörde in der Folge mit Bescheid vom zurück, weil der angefochtene Feststellungsbescheid vor Berufungserledigung gemäß § 299 BAO ersatzlos aufgehoben wurde.

Gegen die Bescheide vom wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Am erfolgte eine neuerliche Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs 4 BAO betreffend die Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2007 gemäß § 188 BAO mit Bescheid vom . Hinsichtlich der Begründung wurde auf den Sachbescheid verwiesen. Mit Bescheiden vom selben Tag stellte die belangte Behörde die Einkünfte der Beschwerdeführerin gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 mit € 100.346,39 fest. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Begründung gesondert ergehen wird. In der gesonderten Bescheidbegründung vom selben Tag führte die belangte Behörde hinsichtlich der Wiederaufnahme aus, dass der belangten Behörde erst aufgrund einer nachprüfenden Kontrolle der Erklärungsangaben die nichtabzugsfähigen Ausgaben für Fremdleistungen iHv € 10.000,00 sowie Werbe- und Repräsentationsausgaben iHv € 12.700,00 bekannt geworden seien. Die Nichtabzugsfähigkeit der genannten Ausgaben sei dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am nicht bekannt gewesen und daher nicht berücksichtigt worden. Die neuerliche Wiederaufnahme sei zulässig gewesen, weil sie aus anderen Gründen als jener vom verfügt worden sei und somit keine entschiedene Sache vorgelegen sei.

Dagegen richtete sich die Berufung (nunmehr als Beschwerde zu bezeichnen) vom , in welcher ausgeführt wurde, dass der belangten Behörde der gesamte Sachverhalt hinlänglich bekannt gewesen sei, wie sich schlüssig durch den bisherigen Verfahrensgang ergebe. Nachdem sämtliche offenen Sachverhaltsfragen, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens geführt hätten, anlässlich einer Nachschau durch das Finanzamt geklärt hätten werden können, sodass das Verfahren durch den Feststellungsbescheid vom als abgeschlossen erschienen sei, erscheine die neuerliche Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verfahrens umso verwunderlicher.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, dass dem Wiederaufnahmebescheid vom der Verweis auf die Wiederaufnahmegründe im Sachbescheid gefehlt habe und daher aufzuheben gewesen sei. Dem Sachbescheid vom seien Korrekturen bei Fremdpersonal, Instandhaltungen sowie Werbeaufwendungen zugrunde gelegt worden. Im Bescheid vom habe die Änderung bei Fremdpersonal und Werbeaufwand zur Wiederaufnahme des Verfahrens geführt. Eine am durchgeführte Nachschau, habe neue Tatsachen vorgebracht, sodass sich der Wiederaufnahmebescheid vom auf einen anderen Tatsachenkomplex gestützt habe. Der erste Wiederaufnahmebescheid habe sich zwar auch auf die Fremdleistungen sowie die Werbe- und Repräsentationsaufwendungen gestützt, jedoch seien darin auch Instandhaltungskosten enthalten gewesen, die im Zuge der neuerlichen Wiederaufnahme herausgenommen worden seien. Somit seien andere Wiederaufnahmegründe vorgelegen. Da der erste Wiederaufnahmebescheid jedoch gar keine Wiederaufnahmegründe nennt, liege kein Verbot der zweimaligen Entscheidung in derselben Sache vor.

Am stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem vormals zuständigen unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin infolge eines Ergänzungsauftrages die Informationen hinsichtlich der im Einkünftefeststellungsverfahren für das Jahr 2007 strittigen Werbe- und Repräsentationsaufwendungen, Instandhaltungsaufwendungen und Fremdleistungen offen. Die entsprechenden im Verwaltungsakt befindlichen Konten und Rechnungen wurden zu diesem Zweck der belangten Behörde übermittelt. Zu diesem Zeitpunkt waren der belangten Behörde folglich sämtliche entscheidungsrelevanten Sachverhaltsinformationen betreffend die Fremdleistungen und die Werbe- und Repräsentationsaufwendungen bekannt.

Im Verwaltungsakt ist die gesonderte Bescheidbegründung (Zweitschrift) vom betreffend den Bescheid über die Wiederaufnahme und die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 vom enthalten. Danach ergebe sich die Gewinnerhöhung iHv € 61.932,45 aus der Nichtanerkennung der Fremdleistungen iHv € 10.000,00, der Nichtanerkennung des Werbeaufwandes mangels Vorlage von entsprechenden Unterlagen sowie einer Saldendifferenz iHv € 18.413,04 und der Nichtanerkennung von Instandhaltungssaufwendungen bzw Aktivierung und Verteilung der Aufwendungen iHv € 33.519,41. Ein entsprechender Rückschein hinsichtlich der Übernahme die Beschwerdeführerin ist im Verwaltungsakt enthalten. Die belangte Behörde hat sich somit mit den maßgebenden Sachverhaltselementen im Beschwerdeverfahren betreffend die Fremdleistungen und den Werbeaufwand dokumentiert zu diesem Zeitpunkt auseinandergesetzt. Ausschließlich die nunmehr strittigen "neu hervorgekommenen Tatsachen" waren jene, auf die sich die belangte Behörde zur Abänderung des ursprünglichen Feststellungsbescheides gestützt hat. In der Zusammenschau ergibt sich somit eindeutig, dass die belangte Behörde die im Zuge ihrer Ermittlungen hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel bezüglich der strittigen Fremdleistungen, den Werbe- und den Repräsentationsaufwand sowie die Instandhaltungsaufwendungen als Gründe für die Wiederaufnahme herangezogen hat und den Sachbescheid entsprechend abgeändert hat, wenngleich ihr ein Begründungsmangel unterlaufen ist.

Wie sich aus einem im Verwaltungsakt befindlichen Aktenvermerk ergibt, wurden im Zuge einer am bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Nachschau festgestellt, dass die strittigen Instandhaltungsaufwendungen einer ausschließlich betrieblichen Nutzung unterliegen. Damit hat sich die erklärungsgemäße Beantragung einer betrieblichen Nutzung des Beschwerdeführers bestätigt.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass der belangten Behörde jedenfalls zum alle strittigen rechtserheblichen Sachverhaltselemente betreffend die Einkünftefeststellung im Veranlagungsjahr 2007 bekannt waren. Dies wird von der belangten Behörde in den Ausführungen der Berufungsvorentscheidung vom bestätigt.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Nach § 303 Abs 4 BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I Nr 97/2002 ist die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs 1 lit a und c leg cit und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen sind, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen daher die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl ).

Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der belangten Behörde gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" bezieht sich damit auf den Wissensstand (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärungen und der Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren (vgl , mwN sowie weiterführend Ritz, BAO6, § 303 Rz 24).

Im Beschwerdefall erfolgte die erste bescheidmäßige Wiederaufnahme des Einkünftefeststellungsbescheides für das Jahr 2007 vom am . Der geänderte Sachbescheid erging am selben Tag. Das Finanzamt hat im Wiederaufnahmebescheid auf eine gesondert zu ergehende Bescheidbegründung verwiesen. Der Wiederaufnahmebescheid wurde in der Folge mangels ausreichender Begründung mit Berufungsvorentscheidung vom aufgehoben.

Nach § 307 Abs 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides schied der neue Sachbescheid vom ex lege aus dem Rechtsbestand aus und der alte Sachbescheid vom lebte wieder auf (vgl Ritz, BAO6, § 307 Tz 8 ff mit Hinweisen auf die Judikatur des VwGH). Der auf § 299 BAO gestützte Bescheid vom , mit dem somit ein dem Rechtsbestand nicht mehr angehörender Sachbescheid (vom ) aufgehoben wurde, ist daher ins Leere gegangen (vgl ).

Nach § 299 Abs 2 BAO ist - der Wiederaufnahme nachgebildet - mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Es liegen zwei Bescheide vor, die jeder für sich einem Rechtsmittel zugänglich sind (vgl Ritz, BAO6, § 299 Tz 45, mwN). Mit Sachbescheid vom stellte die belangte Behörde die Einkünfte der Beschwerdeführerin für das Jahr 2007 gemäß § 188 BAO erklärungsgemäß - dem (ursprünglichen) Feststellungsbescheid vom entsprechend - mit € 77.646,39 fest.

Durch das Wiederaufleben des ursprünglichen Sachbescheides vom nach Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides mit Berufungsvorentscheidung vom waren die Einkünfte der Beschwerdeführerin für das Jahr 2007 unwiderrufbar festgestellt. Ergeht in derselben Sache, die unwiderrufbar entschieden ist, eine neue Entscheidung, so ist diese inhaltlich rechtswidrig (vgl , mwN). Der Abgabenbehörde ist es daher verwehrt, nach einer einmal erfolgten rechtskräftigen Festsetzung einer Abgabe für denselben Zeitraum eine neuerliche Festsetzung der Abgabe gegenüber demselben Abgabenschuldner für denselben Abgabentatbestand vorzunehmen (vgl ). Der Einkünftefeststellungsbescheid vom wurde jedoch nicht bekämpft und ist somit in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom nahm die belangte Behörde das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 mit Verweis auf den Bescheid vom gemäß § 303 Abs 4 BAO aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen und Beweismittel wieder auf.

In der gesondert ergangenen Bescheidbegründung vom führt die belangte Behörde aus, dass erst aufgrund einer nachprüfenden Kontrolle der Erklärungsangaben die nichtabzugsfähigen Aufwendungen für Fremdleistungen sowie Werbe- und Repräsentationsausgaben - somit nach Erlassung des Feststellungsbescheides vom - bekannt geworden seien. Dem Wiederaufnahmebescheid vom hätten jeder Verweis auf die Wideraufnahmegründe gefehlt, sodass dieser mit Bescheid vom aufzuheben gewesen sei. Es liege somit keine entschiedene Sache vor.

Im Beschwerdefall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die nunmehr strittigen Wiederaufnahmegründe im ersten Wiederaufnahmebescheid vom bereits herangezogen worden seien und somit betreffenden den beschwerdegegenständlichen Wiederaufnahmebescheid vom als "verbraucht" anzusehen werden. Die die belangte Behörde übersieht nämlich, dass am ein in Rechtskraft erwachsener Feststellungsbescheid für das Jahr 2007 ergangen ist, der den ursprünglichen Feststellungsbescheid für das Jahr 2007 vom derogiert hat.

In den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung vom bestätigt die belangte Behörde, dass ihr jedenfalls am alle strittigen rechtserheblichen Sachverhaltselemente betreffend die Einkünftefeststellung im Veranlagungsjahr 2007 bekannt waren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl , mwN).

Mit Bescheid vom nahm die belangte Behörde das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 vom wieder auf. Wie oben ausgeführt, war der belangten Behörde zwar verwehrt nach einer einmal erfolgten rechtskräftigen Festsetzung einer Abgabe für den selben Zeitraum eine neuerliche Festsetzung der Abgabe gegenüber dem selben Abgabenschuldner für den selben Abgabentatsbestand vorzunehmen. Jedoch wurde der Einkünftefeststellungsbescheid vom nicht bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen. Wenn die belangte Behörde daher ins Treffen führt, dass ihr mit alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt gewesen seien, bedeutet dies, dass der Abgabenbehörde vor Erlassung des in Rechtskraft erwachsenen Feststellungsbescheides vom der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Indem die belangte Behörde selbst mit Bescheid vom den Feststellungsbescheid vom (und nicht jenen vom ) wiederaufgenommen hat, war ihr auch bewusst, dass dieser nach Bekanntwerden aller entscheidungswesentlichen Tatsachen ergangene Bescheid dem Rechtsbestand angehört und als später ergangener Bescheid den ursprünglichen Feststellungsbescheid vom derogiert hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die beschwerdegegenständliche Rechtsfrage zur amtswegigen Wiederaufnahme eines Verfahrens ist durch den Gesetzestext sowie die näher ausgeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl insb ; , 2005/17/0088; , Ro 2014/15/0050, mwN und ). Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl zB ). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. A und c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100956.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at