Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.02.2021, RV/1100483/2018

Begünstigte Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 eines von einer Schweizer Pensionsionskasse ausbezahlten Todesfallkapitals

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die ***M*** Steuerberatung und Wirtschaftstreuhand ***GmbH***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 hinsichtlich eines ihr von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung ihres im Jahr 2016 verstorbenen Vaters ausbezahlten Todesfallkapitals in Höhe von 32.947,00 CHF die begünstigte Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988.

2. Das Finanzamt behandelte die Auszahlung des Todesfallkapitals im Einkommensteuerbescheid 2017 ohne nähere Begründung zur Gänze als steuerpflichtig.

3. Dagegen erhob die steuerliche Vertretung unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des unabhängigen Finanzsenates Beschwerde. Das Todesfallkapital stelle im Hinblick auf den Versicherungszweck und die versicherten Leistungen eine typische Leistung einer Pensionskasse dar und werde dem Reglement der Pensionskasse zufolge als Einmalbetrag ausbezahlt. Eine Wahlmöglichkeit zwischen der Kapitalauszahlung und dem Bezug einer Rente bestehe für Waisen nicht und habe die Beschwerdeführerin somit kein entsprechendes Wahlrecht gehabt.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 vorliege, wenn ein Wahlrecht zwischen Einmalzahlung und Rentenzahlung bestehe. Weitere Voraussetzung sei jedoch, dass überhaupt ein primärer Anspruch auf eine Rente bestünde, der durch eine Kapitalauszahlung zwangsweise abgefunden werde. Da die Beschwerdeführerin nie einen primären Anspruch auf Rentenzahlungen gehabt habe, sondern von vornherein ein primärer Anspruch auf das Todesfallkapital bestanden habe, hätte auch keine Pension (in Form einer Rente) abgefunden werden können und könne § 124b Z 53 EStG 1988 daher nicht zur Anwendung kommen. Im Übrigen habe auch der Vater der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt seines Todes die Voraussetzungen für einen (vorzeitigen) Rentenbezug noch nicht erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf , und ), könnten Abfindungszahlungen, welche vor dem Bestehen eines Anspruches auf Ruhegehälter gebührten, nicht als Pensionsabfindung angesehen werden, weil sie keine Abgeltung von auf Renten lautenden und bereits entstandenen Ansprüchen darstellten. Somit liege auch aus diesem Grund keine Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 vor.

5. Mit Vorlageantrag beantragte die steuerliche Vertretung die Entscheidung über die Be-schwerde durch das Bundesfinanzgericht (Senat).

6. Am zog die steuerliche Vertretung den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat zurück.

II. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin erhielt im Streitjahr von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung des ehemaligen Schweizer Arbeitgebers ihres im Oktober 2016 verstorben Vaters neben einer Waisenrente ein Todesfallkapital in Höhe von 32.947,00 CHF (abzüglich Quellensteuer).

Die Auszahlung des Todesfallkapitals gründet auf dem nach den Bestimmungen des Reglements der beruflichen Vorsorgeeinrichtung bestehenden Anspruch auf Hinterlassenenleistungen (Punkt 7.). Nach Punkt 7.5 des Reglements gelangt unabhängig vom Erbrecht ein Todesfallkapital nach der dort angeführten Rangordnung zur Auszahlung, wenn nach dem Todesfall einer versicherten Person kein Anspruch auf eine Ehegatten- oder Lebenspartnerrente oder auf Leistungen für geschiedene Ehegatten entsteht. Nach dem Ehegatten oder dem Partner einer eingetragenen Partnerschaft (lit.a), dem Lebenspartner oder der Person, welche für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss (lit. b) und natürlichen Personen, die von der versicherten Person in erheblichem Maße unterstützt worden sind, sofern eine schriftliche Begünstigungserklärung vorliegt (lit. c) sind an vierter Stelle (lit. d) die Kinder der verstorbenen Person genannt. Die vorhergehende Gruppe schließt die nachfolgende von der Leistungsberechtigung aus. Die Zuteilung erfolgt nach Köpfen, wenn pro Gruppe mehrere Leistungsberechtigte vorhanden sind. Das Todesfallkapital für die Begünstigten nach lit. a-f entspricht dem während der aktiven Versicherungszeit erworbenen Altersguthaben und allfälligen Guthaben für einen vorzeitigen Altersrücktritt. Mit der Auszahlung erlischt jeder weitere Leistungsanspruch gegenüber der Pensionskasse.

III. Rechtliche Beurteilung

§ 124b Z 53 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 54/2002 lautet:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Mit Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0028, hat der Verwaltungsgerichtshof die Besteuerung eines von einer Schweizer Pensionskasse (in dem dem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall an die Schwester der Verstorbenen) ausbezahlten Todesfallkapitals als Pensionsabfindung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 als rechtmäßig erkannt. Begründend hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf die entsprechende Vorjudikatur dabei zum einen auf den Zweck der Bestimmung, eine tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, wenn keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung bestehe, sowie die (unter der Voraussetzung, dass kein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital bestand) wiederholte Beurteilung von im Zusammenhang mit dem endgültigen Verlassen der Schweiz zuerkannten Austrittsleistungen als begünstigungsfähige Pensionsabfindungen im Sinne dieser Bestimmung hingewiesen und zum anderen festgehalten, dass es gerade (auch) die Abfindung von Pensionsanwartschaften sei, die der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 habe begünstigen wollen.

Nicht gefolgt ist der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis schließlich dem Vorbringen des revisionswerbenden Finanzamtes, dass die Bezieherin des Todesfallkapitals weder rechtlich (aufgrund des Pensionskassenreglements) noch tatsächlich gegenüber der Pensionskasse einen Pensionsanspruch gehabt hätte und das Todesfallkapital vielmehr als eigenständiger Anspruch an diese ausbezahlt worden sei, ohne dass damit ein (eigener) Pensionsanspruch abgegolten worden wäre. Begründend wurde dazu zusammengefasst ausgeführt, die Abfindung ausländischer Pensionskassenleistungen führe nach § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Hinweis auf , betreffend eine schweizerische Pensionsabfindung), wobei es bei den Einkünften im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG 1988 unmaßgeblich sei, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handle, ob ein Rechtsanspruch auf sie bestehe, oder ob sie dem originär Bezugsberechtigen oder seinem Rechtsnachfolger zufließen würden (§ 25 Abs. 2 EStG 1988). Zahlungen, auf die der Rechtsvorgänger zu Lebzeiten keinen Anspruch gehabt hätte und deren Anfall er nicht habe beeinflussen können, gehörten nach Lehre und Rechtsprechung ebenfalls zu den Einkünften des Rechtsnachfolgers und würden damit beispielsweise auch gesetzliche Abfertigungen an unterhaltsberechtigte Erben oder Sterbegelder grundsätzlich von der Steuerpflicht erfasst. Nichts anderes gelte für das Todesfallkapital. Wenn § 25 Abs. 2 EStG 1988 und § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 die Einnahmen des verstorbenen Rechtsvorgängers dem Rechtsnachfolger zurechneten, ohne die Identität der Einkunftsart zu berühren, spreche dies dafür, diesen Einkünfte auch jene einkünftebezogenen Begünstigungen zukommen zu lassen, die beim Rechtsvorgänger anwendbar gewesen wären. Denn durch die Rechtsnachfolge ändere sich der sachliche Gehalt der betreffenden Einkünfte nicht, weshalb auch die rechtspolitischen Ziele der Steuerermäßigung davon unberührt blieben, ob die Einkünfte, auf die sich die Ermäßigung beziehe, vom ursprünglichen Steuerpflichtigen oder seinem Rechtsnachfolger bezogen würden. Damit bleibe auch der Zweck der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 von der Rechtsnachfolge unberührt. Auch im Falle der Auszahlung des Abfindungsbetrages an einen nach dem Tod des Dienstnehmers Anspruchsberechtigten, komme es zu einer kumulierten Erfassung von Einkünften in einem Jahr (Barwert der Altersrente).

Nach den maßgeblichen Bestimmungen des Reglements der beruflichen Vorsorgeeinrichtung besteht für Waisen kein Wahlrecht zwischen dem Bezug des Todesfallkapitals als Einmalbetrag und einer Auszahlung in Rentenform. Ein begünstigungsschädliches Wahlrecht im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua. , mwN) bestand demnach nicht. Dass es im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0028, aufgrund von Hinterlassenenleistungen, die von der Austrittsleistung allenfalls in Abzug zu bringen wären, zu einer derartigen Schmälerung der Austrittsleistung gekommen wäre, dass von keinem zusammengeballten Anfall von Einkünften mehr gesprochen werden könnte, wurde vom Finanzamt nicht behauptet und ist Derartiges auch nach der Aktenlage nicht erkennbar.

Damit liegen die Voraussetzung für eine Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 vor und war der Beschwerde daher Folge zu geben.

IV. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob ein Todesfallkapital bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage unter die Begünstigungsvorschrift des § 124b Z 53 EStG 1988 fällt, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird durch das Erkenntnis somit nicht berührt, eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, Ra 2019/15/0028
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100483.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at