Parkometer - Leistung im Titelbescheid stimmt mit der Vollstreckungsverfügung nicht überein.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karoline Windsteig über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , Zahl: MA67/Zahl/2020, in Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und die Vollstreckungsverfügung aufgehoben.
II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl MA67/Zahl/2020, wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) angelastet, er habe das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 14:58 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***Bf1-Adr***, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. mit Strafverfügung vom eine Geldstrafe von 60,00 Euro und für den Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Die Zustellung der Strafverfügung vom erfolgte mit Rückscheinbrief RSb durch Hinterlegung am (§ 17 Zustellgesetz).
Die aktenkundige Übernahmebestätigung enthält folgende Notiz (Akt S 28): "Übernahmedatum: ;Übernahmebestätigung: ausgefolgt; Übernahmeverhältnis: Überbringer der Hinterlegungsanzeige; Identität: geprüft; Unterschrift: unterschrieben."
Gegen die Strafverfügung wurde kein Einspruch erhoben.
Mit erließ der Magistrat der Stadt Wien, MA 6, als belangte Behörde unter Berufung auf die §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) die beschwerdegegenständliche Vollstreckungsverfügung und forderte den Bf. auf, die rechtskräftige Geldstrafe von 60,00 Euro, zuzüglich 5,00 Euro Mahngebühr zu bezahlen, wodurch sich die offene Forderung inklusive Mahngebühren gemäß § 54b Abs. 1a VStG auf 65,00 Euro belief.
Die mit Erkenntnis vom , GZ. MA67/Zahl/2020 verhängte rechtskräftige Strafe sei bis dato nicht bezahlt worden.
Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) nunmehr vollstreckbar sei, sei die Zwangsvollstreckung verfügt worden.
In seiner am eingebrachten Beschwerde gegen die zuvor angeführte Vollstreckungsverfügung bestreitet der Bf. seine Lenkereigenschaft.
Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 10 Abs. 1 VVG idF ab sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 10 Abs. 2 VVG idF ab hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.
§ 54b Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) idF ab bestimmt über die Vollstreckung von Geldstrafen wie folgt:
(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.
(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.
(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.
(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.
§ 1a Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) idF ab normiert:
(1) Die Vollstreckung von Verpflichtungen, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse gelegen ist, ist von der Vollstreckungsbehörde
1. wenn ein von ihr selbst erlassener Bescheid zu vollstrecken ist, von Amts wegen,
2. wenn ein sonstiger Vollstreckungstitel zu vollstrecken ist, auf Ersuchen der Stelle, von der er ausgegangen ist,
einzuleiten.
(2) Die Vollstreckung von Verpflichtungen, auf deren Erfüllung ein Anspruch besteht, ist auf Antrag des Berechtigten (betreibender Gläubiger) einzuleiten.
(3) Die Vollstreckung ist von Amts wegen durchzuführen.
§ 3 VVG idF ab lautet:
Eintreibung von Geldleistungen
(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.
(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.
§ 35 Exekutionsordnung (EO) idgF ab normiert:
(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Execution bewilligt wurde, können im Zuge des Executionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Thatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Executionstitels eingetreten sind.
Falls jedoch dieser Executionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Thatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte.
(2) Diese Einwendungen sind, unbeschadet eines allfälligen Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung, im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, das die Execution in erster Instanz bewilligt hat. ... Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der im § 1 Z 10 und 12 bis 14 angeführten Executionstitel stützt, sind bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Executionstitel ausgegangen ist.
(3) Alle Einwendungen, die die verpflichtete Partei zur Zeit der Geltendmachung bei Gericht oder zur Zeit des Einschreitens bei einer der in Abs. 2 bezeichneten Behörden vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluss gleichzeitig geltend gemacht werden....
(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Execution einzustellen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Voraussetzungen für die rechtmäßige Erlassung einer Vollstreckungsverfügung unter den nachstehend angeführten Voraussetzungen gegeben:
• Der Vollstreckungsverfügung muss ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) zu Grunde liegen (vgl. zB , ).
• Der Bescheid muss gegenüber dem Verpflichteten wirksam ergangen sein (vgl. zB , ).
• Der Verpflichtete ist seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen (vgl. zB , ).
• Die Leistung im Titelbescheid muss mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (). Verweist die Vollstreckungsverfügung auf den Titelbescheid, so ist sie eindeutig. Einer weiteren Konkretisierung bedarf es nicht, wenn der Titelbescheid so bestimmt ist, dass sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein kann (vgl. zB ).
Die Vollstreckungsbehörde hat nur zu prüfen, ob ein exekutierbarer Titel vorliegt und die Vollstreckung zulässig ist (, ).
Aus dem Verwaltungsstrafakt ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, MA 67, vom , GZ. MA67/Zahl/2020 wurde dem Bf. am nachweislich zugestellt (Übernahmebestätigung RSb, Akt S 28).
Die Strafverfügung erwuchs am in Rechtskraft.
Die Leistung im Titelbescheid (Strafverfügung) stimmt mit dem zu vollstreckenden Bescheid jedoch nicht überein, da in der angefochtenen Vollstreckungsverfügung vom wie folgt begründet wurde: "Die mit Erkenntnis vom , GZ. MA67/Zahl/2020 verhängte rechtskräftige Strafe sei bis dato nicht bezahlt worden". Das genannte Erkenntnis vom , GZ. MA67/Zahl/2020, ist jedoch nicht aktenkundig.
Es liegt somit der angefochtenen Vollstreckungsverfügung vom kein entsprechender Titelbescheid zu Grunde, weshalb nicht sämtliche Voraussetzungen für die Vollstreckung erfüllt waren, und spruchgemäß zu entscheiden war.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500092.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at