Aufhebung und Zurückverweisung der Sache wegen fehlender grundlegender Sachverhaltsfeststellungen zur Geltendmachung von Familienheimfahrten
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
I. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2019 vom sowie die Beschwerdevorentscheidung vom werden gem. § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer (Bf.) erhielt im Jahre 2019 Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit und beantragte in der Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheid die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales und des Pendlereuros. Der daraufhin von der belangten Behörde an den Bf. gerichtete Vorhalt, einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner als Basis für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales zu übermitteln sowie die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Pendlerpauschales darzulegen, blieb unbeantwortet.
In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung nahm das Finanzamt auf den unbeantworteten Vorhalt Bezug und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
Im dagegen erhobenen Vorlageantrag führte der Bf. aus: "Von ***2*** bis ***3*** 195 km, 2x32 Woche. Ich musste das Zimmer am Wochenende frei lassen. Familienheimfahrt 5.241,6 €. Ab September 2019 bin ich jeden Tag nach ***4*** gefahren hin 33 km. Pendlerpauschuhale 369, Pendlereuro 11 ."
Das Finanzamt legte die Beschwerde ohne Durchführung weiterer Ermittlungen dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte im Vorlagebericht, die Familienheimfahrten maximal in Höhe des vollen Pendlerpauschales zu gewähren (306 € *8 Monate = 2448 €). Der Bf. sei bei der ***5*** Gesellschaft m.b.H. seit 2018 beschäftigt. Demgegenüber wären das Pendlerpauschale und der Pendlereuro für September bis Dezember nicht zu berücksichtigen, weil trotz Aufforderung im Vorhalt zur Beschwerde kein Pendlerrechner vorgelegt wurde, der jedoch gemäß § 16 (1) Z 6 lit g für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales und des Pendlereuros erforderlich gewesen wäre.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anderslautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.
Zweck dieser Norm ist die Entlastung der Rechtsmittelbehörde und die Beschleunigung des Verfahrens (Ritz, BAO 6. Auflage, § 278 Tz 5).
Familienheimfahrten sind Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz. Grundsätzlich fallen solche Aufwendungen in den Bereich der privaten Lebensführung. Damit diese entstandenen Kosten steuerlich geltend gemacht werden können, besteht nach § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 die Voraussetzung einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung.
Da das Finanzamt zur Geltendmachung der Kosten von Familienheimfahrten keine Ermittlungen getroffen hat, fehlen wesentliche und genaue Feststellungen über die Voraussetzungen für ihre Anerkennung, nämlich darüber, ob aus der Sicht des Jahres 2019 eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vorliegt und eine Verlegung des Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden konnte. Mehraufwendungen als Werbungskosten können gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 beispielsweise dann geltend gemacht werden, wenn eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung zu bejahen ist, weil der Ehegatte am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte (mehr als € 6.000 jährlich) erzielt oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind.
Vor diesem Hintergrund muss festgehalten werden, dass brauchbare Ermittlungsergebnisse, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung bloß zu vervollständigen wären, nicht vorliegen (vgl. , ). Es fehlen daher grundlegende Sachverhaltsfeststellungen, sodass sich darauf eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts nicht stützen hätte können. Hinzuweisen ist außerdem darauf, dass es nicht Aufgabe der Rechtsmittelbehörde ist, anstatt ihre Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungswesentlichen Sacherhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen (zB -G/08; ). Entscheidend ist auch, dass angesichts vorstehender Ausführungen die Unterlassung der Ermittlungen aus objektiver Sicht "wesentlich" ist, und es auf ein Verschulden der Abgabenbehörde für die Anwendbarkeit des § 278 Abs. 1 nicht ankommt (vgl. Ritz, aaO, § 278 Tz 11, mwN).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor, da die Zurückverweisung einer Sache anhand der im Beschluss zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beurteilt worden ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | -G/08 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100235.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at