Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2021, RV/7102916/2013

Fiktive Anschaffungskosten beim unentgeltlichen Erwerb eines Mietobjekts (Einfamilienhaus)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten betreffend Einkommensteuer 2012 zuRecht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin hat mit Schenkungsvertrag vom ein bebautes Grundstück von ihren Eltern unentgeltlich erworben. Das Grundstück war seit 2009 vermietet.

In ihrer Steuererklärung ging die Beschwerdeführerin von geschätzten fiktiven Anschaffungskosten für das Gebäude in Höhe von Euro 90.000,00 aus. Die Schätzung habe sie nach dem Grundsatz eines tatsächlichen Verkaufs ermittelt. Ihre Erkundigungen hätten ergeben, dass ein vergleichbares Objekt in der Nachbarschaft im Jahr 2012 um Euro 40.000,00 veräußert worden sei. Dieses Objekt sei ungefähr halb so groß, verfüge nur über zwei Holzöfen und habe keine Wirtschaft-und Abstellräumlichkeiten dabei.

Ihr Gebäude liege unmittelbar neben einer Durchzugsstraße. Nach Abriss des Gebäudes könne es in der jetzigen Form nicht wieder errichtet werden. Es wäre eine Einrückung erforderlich, welche das Grundstück extrem verschmälern würde. Daher könne man bei einer Veräußerung den Grundanteil de facto vernachlässigen. Ausgehend von den Euro 90.000,00 ergäbe sich eine jährliche AfA in Höhe von Euro 1.350,00 (1,5%).

Das Finanzamt hat bei der Ermittlung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Einkommensteuerbescheid 2012 eine jährliche Abschreibung für Abnutzung in Höhe von Euro 969,69 angesetzt. Begründend führte das Finanzamt aus, dass beim unentgeltlichen Erwerb eines Mietobjekts der Abgabepflichtige die Abschreibung für Abnutzung von den fiktiven Anschaffungskosten des Gebäudes zu berechnen habe. Die fiktiven Anschaffungskosten seien jene Aufwendungen, die zum Zeitpunkt des Erwerbs für das Gebäude entsprechend der Beschaffenheit zum Stichtag aufzuwenden gewesen wären. Für die Ermittlung fiktiver Anschaffungskosten von vermieteten Gebäuden sei das Ertragswertverfahren heranzuziehen. Ausgehend von einem monatlichen Mietzins in Höhe von Euro 350,00 ergäbe sich ein Jahresreinertrag von Euro 4.200,00. Dieser werde mit einem Kapitalisierungsfaktor von 19,24 multipliziert, sodass sich ein Ertragswert der Liegenschaft in Höhe von Euro 80.800,00 ergäbe. Nach Abzug eines 20-prozentigen Grundanteiles ergäben sich die fiktiven Anschaffungskosten des Gebäudes in Höhe von Euro 64.646,40. Die jährliche Abschreibung für Abnutzung von 1,5 % betrage daher Euro 969,69.

In der dagegen erhobenen Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin lediglich, den Abzug des Grundanteiles von 20 % auf 5 % zu reduzieren. So ergäben sich fiktive Anschaffungskosten des Gebäudes in Höhe von Euro 76.767,60 und eine jährliche Abschreibung in Höhe von Euro 1.151,51. Begründend führte sie wie im oben zitierten Ergänzungsschreiben aus, dass das Mietobjekt unmittelbar neben einer Durchzugsstraße liege. Aufgrund dieser Nähe zur Landesstraße wäre bei einem Neubau eine Einrückung erforderlich, welche das Grundstück verschmälern würde. Eine Nutzung des Grundstücks als Baugrund sei daher mehr als fragwürdig.

Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, die Einkommensteuerrichtlinien RZ 6447 würden festhalten, dass bei Grundstücken, bei denen für das Gebäude ein AfA-Satz von 1,5 bzw 2 % angesetzt werde, der Ansatz für den ausgeschiedenen Anteil für Grund und Boden nach den allgemeinen Erfahrungen der Finanzverwaltung grundsätzlich mit 20 % erfolge. Die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten des Gebäudes erfolge nach dem derzeitigen Stand und nicht nach einem eventuellen Abriss des Gebäudes. Eine Reduzierung des Grundanteiles könne daher nicht berücksichtigt werden.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Vorlageantrag, dem sie eine von der Firma ***1*** erstellte (online)-Immobilienbewertung für das Mietobjekt beilegte. Sinngemäß führte sie aus, dass diese Bewertung einen Schätzwert in Höhe von Euro 154.000,00 für das Mietobjekt ergeben habe. Der Schätzwert sei nach dem Sachwertverfahren ermittelt worden. Dieser Schätzwert iHv Euro 154.000,00 liege deutlich über den ursprünglich angenommenen Euro 90.000,00. Sie beantrage daher, den Kapitalisierungsfaktor zu erhöhen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist die Höhe der fiktiven Anschaffungskosten eines im Schenkungswege erworbenen Mietobjektes.

Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin hat das gegenständliche Mietwohngrundstück Ende 2011 (Schenkungsvertrag vom ) unentgeltlich von ihren Eltern erworben. Das Mietwohngrundstück war seit vermietet (Mietvertrag vom ; bzw Ergänzung zum Mietvertrag vom ). Vermieter waren bis Ende 2011 die Eltern der Beschwerdeführerin. Den Eltern diente das Mietobjekt nicht zur Einkünfteerzielung. Die Beschwerdeführerin ist in den bestehenden Mietvertrag eingetreten. Der monatliche Mietzins beträgt Euro 350,00. Das gesamte Grundstück ist 280 m² groß, die Wohnfläche beträgt 112 m², die gesamte Nutzfläche 200 m².

Die Grundstücksform ist nicht unüblich. Das Mietwohnobjekt befindet sich in einer einfachen Wohngegend. An Einkaufsmöglichkeiten ist ein Supermarkt in angemessener Zeit erreichbar, nicht aber Bäcker, Fleischhauer oder sonstiger Fachhandel. Die öffentliche Verkehrsanbindung beschränkt sich auf einen Bus. Elementare Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Volksschule, Mittelschule) sind vorhanden. Weiterführende Bildungseinrichtungen sind ebenso wenig in angemessener Zeit zu erreichen wie Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bars, Cafes oder ähnliches. Das Gebäude liegt unmittelbar neben einer Durchzugsstraße, der Landesstraße L 15. Die Wohnlage ist "mäßig", bestenfalls als "gut".
Bei dem Gebäude handelt es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus mit Satteldach. Das Gebäude wurde im Jahr 1970 errichtet. Das Gebäude ist nicht unterkellert.

Ein Vergleichsobjekt in der Nachbarschaft, mit einer ungefähr halb so großen Wohnfläche wie das gegenständliche wurde im Jahr 2012 um Euro 40.000,00 veräußert.

Bei der mit dem Vorlageantrag von der Beschwerdeführerin vorgelegten Wertermittlung handelt es sich um eine einfache über das Internet angebotene Immobilienwertermittlung (Immobilienbewertung durch die Firma ***1***). Die Wertermittlung beruhte auf den von der Beschwerdeführerin online in ein angebotenes Formular eingegebenen Daten. Stichtag war der . Die Wertermittlung erfolgte nach dem Sachwertverfahren. Der Wert des Gebäudes wurde derart auf Euro 154.000,00 geschätzt. Die Kosten für die Bewertung betrugen Euro 39,00 (Vorzugspreis - Rechnung vom ). Der so ermittelte Verkehrswert der Liegenschaft ist zur Heranziehung als fiktive Anschaffungskosten nicht geeignet.


Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf die Akten des Finanzamtes, die oben angeführten Beweismittel - insbesondere den vorgelegten Mietvertrag samt Ergänzung und den Schenkungsvertrag - sowie die Angaben in der Immobilienbewertung (ua betreffend Lage, Grundstücksgröße, Grundstücksform, Baujahr, Ausstattung, Nutzfläche und Wohnfläche).

Der Umstand der Veräußerung, die Größe sowie der Veräußerungspreis eines Vergleichsobjektes beruhen auf dem glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführerin.

Das Prädikat "gute Wohnlage" trifft nach der Empfehlung des Hauptverbandes der allgemein beeideten und zertifizierten Immobiliensachverständigen Österreichs etwa für Stadtlagen mit stärkeren, verkehrsbedingten Beeinträchtigungen der Wohnqualität zu; als "mäßige Wohnlage" werden Wohnbauten ua in landschaftlich reizloser Lage bzw in Gebieten mit größeren Entfernungen zu den Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel sowie den Einkaufsmöglichkeiten zur Deckung des täglichen Bedarfs bzw zu Schulen, Ärzten etc taxiert.

Nun hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass im Falle einer Neuerrichtung des Gebäudes dieses auf Grund der Nähe zur Landesstraße eingerückt werden müsste, was zu einer Verschmälerung des Grundstücks führen würde. Daraus kann auf erhöhten Verkehrslärm geschlossen werden. Die Beschwerdeführerin hat die "unmittelbare Wohngegend im Vergleich zum Bezirk" selbst als "einfach" bezeichnet (Wertermittlung Seite 3/8). Der öffentliche Verkehr beschränkt sich auf eine Busverbindung, als einzige Einkaufsmöglichkeit gibt es einen Supermarkt auch sind keine Kultur- und Freizeiteinrichtungen in angemessener Zeit zu erreichen.

Die Wohnlage kann daher gesamt betrachtet mit "mäßig", bestenfalls "gut" qualifiziert werden kann.

Die Feststellung, dass die beigebrachte (online) Wertermittlung nicht zur Heranziehung als fiktive Anschaffungskosten geeignet ist, ergibt sich aus nachstehenden Erwägungen: Von der Firma ***1*** wurden Immobilienbewertungen online angeboten. Eine Wertermittlung für Immobilien konnte über die Internetadresse "***1***.at" durch Ausfüllen des online Formulars angefordert werden. Mittlerweile gibt es die Internetadresse nicht mehr.

Die Beschwerdeführerin hat derart am die Grundstücks- und Gebäudedaten (Lage, Größe, Umgebung, Gebäudeart, Keller, Ausstattungsgrad, Baujahr, Flächen, Parkmöglichkeiten, Nutzung …) eingegeben. Die Wertermittlung erfolgte danach schematisch auf Grundlage der Angaben der Beschwerdeführerin. Das ergibt sich auch aus der Haftungsklausel (Wertermittlung Seite 8/8): "Die Berechnung erfolgt durch die vom Nutzer eingegebenen Werte und durch Datenbankwerte von ***1***.de oder von Dritten. … Diese Wertermittlung ersetzt kein Gutachten!". Auf Seite 2/8 der Wertermittlung wird darauf hingewiesen, dass "anhand der Angaben geschätzt" werde, "welches Wertermittlungsverfahren das geeignetste ist". Die Angaben der Beschwerdeführerin führten offensichtlich bei der vorliegenden Bewertung zur Wahl des Sachwertverfahrens. Mit diesem werden, wie auf Seite 2/8 hingewiesen wird, "solche bebauten Grundstücke vorrangig bewertet, die nicht zur Erzielung von Renditen, sondern zur renditeunabhängigen Eigennutzung verwendet (gekauft oder errichtet)werden. Es handelt sich bei dem zu bewertenden Objekt um eine typische Sachwertimmobilie. Die Berechnung erfolgt deshalb nach dem Sachwertverfahren."

Im Übrigen sind die Feststellungen unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 EStG 1988 in der hier anzuwendenden Stammfassung BGBl I Nr 400/1988 sind Absetzungen für Abnutzung (AfA) Werbungskosten und können bei der Einkunftsermittlung abgesetzt werden. Der AfA sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen. Wird ein vom Steuerpflichtigen früher angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind nach § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 idF BGBl I Nr 100/2006 der Bemessung der AfA die fiktiven Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zugrunde zu legen.

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 id Stammfassung BGBl I Nr 400/1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit a bis d leg cit) als AfA geltend gemacht werden. Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz die Vermutung im Sinne des § 167 Abs 1 BAO auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt. Die Vermutung der Nutzungsdauer von rund 67 Jahren gilt auch dann, wenn das Gebäude in gebrauchtem Zustand angeschafft worden ist, insbesondere also wenn das vermietete Gebäude schon vor dem Eigentumsübergang in Nutzung stand und sich damit eine Gesamtnutzungsdauer von über 67 Jahren errechnet (). Die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegenseiner kürzeren Restnutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu erbringen ist (vgl , mwN). Im vorliegenden Fall wurde eine kürzere Restnutzungsdauer von der Beschwerdeführerin weder behauptet noch nachgewiesen. Vielmehr ist die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Einkommensteuererklärung von einem AfA-Satz von 1,5 % ausgegangen.

Die fiktiven Anschaffungskosten sind aus der Sicht des Erwerbes zu ermitteln. Maßgeblich ist, was für diesen Erwerb als tatsächlicher Kaufpreis angefallen wäre. Die fiktiven Anschaffungskosten sind ein Schätzwert, dessen Ermittlung durch einen Schätzungsakt vorzunehmen ist, für den gesetzliche Vorschriften nicht existieren. Es ist jene Schätzungsmethode zu wählen, deren Ergebnisse den tatsächlichen Gegebenheiten am nächsten kommen bzw eine größtmögliche Annäherung an die Wirklichkeit darstellen.

Der Marktpreis von Mietobjekten orientiert sich am Ertragswert; daher können auch die fiktiven Anschaffungskosten vom Ertragswert abgeleitet werden (Ertragswertmethode). Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es als zulässig anzusehen, den Ertragswert für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten heranzuziehen. Ungeachtet der erkennbaren Präferenz für das Ertragswertverfahren leisten jedoch die Verkaufspreise vergleichbarer Objekte (also das Vergleichswertverfahren) "einen wertvollen Beitrag" zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten und können "einer allein vom Ertragswert ausgehenden Schätzung auch eine wirksame Kontrolle und erforderlichenfalls Korrekturhilfe bieten". Damit räumt allerdings der VwGH dem Vergleichswertverfahren als Kontrollverfahren im Ergebnis eine große Bedeutung ein, jedenfalls soweit es Vergleichsobjekte gibt (vgl Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 157 und die dort angeführte Judikatur).

Die Beschwerdeführerin hat die fiktiven Anschaffungskosten ursprünglich (in ihrer Ergänzung zur Einkommensteuererklärung 2012) mit Euro 90.000,00 ohne Abzug eines Grundanteils geschätzt. Vom Finanzamt wurden die fiktiven Anschaffungskosten der Liegenschaft mit Euro 80.800 nach dem Ertragswertverfahren ermittelt. Nach Abzug eines 20%igen Gebäudeanteils ergaben sich fiktive Anschaffungskosten des Gebäudes von Euro 64.646,40. Diese wurden als Basis für die AfA dem Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt. In ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin lediglich beantragt, den Abzug eines Grundanteils mit 5 % anstelle von 20 % vorzunehmen, wonach sich (nach dem Ertragswertverfahren) fiktive Anschaffungskosten von Euro 76.767,60 ergeben hätten. Im Vorlageantrag wird auf Grundlage einer online durchgeführten Immobilienbewertung, die einen Gebäudewert iHv gerundet Euro 154.000,00 ergeben hat, die Erhöhung des Kapitalisierungsfaktors beantragt. Die Beschwerdeführerin geht daher offensichtlich ebenso von der Anwendbarkeit des Ertragswertverfahrens aus.

Im Ertragswertverfahren ist der Wert der Sache durch Kapitalisierung des für die Zeit nach dem Bewertungsstichtag zu erwartenden oder erzielten Reinertrags zum angemessenen Zinssatz und entsprechend der zu erwartenden Nutzungsdauer der Sache zu ermitteln (Ertragswert).

Der zu erwartende Jahresreinertrag beträgt im vorliegenden Fall unstrittig Euro 4.200,00 (350,00 - monatliche Miete × 12 = 4.200,00).

Das Finanzamt ist, wie auch die Beschwerdeführerin von einem jährlichen AfA-Satz von 1,5 % zur Berücksichtigung des Wertverzehrs ausgegangen. Der AfA-Satz entspricht einer Nutzungsdauer von 67 Jahren. Die Nutzungsdauer von 67 Jahren wird daher für die Ermittlung des Ertragswerts herangezogen.

Der Zinssatz zur Ermittlung des Ertragswertes richtet sich nach der bei Sachen dieser Art üblicherweise erzielbaren Kapitalverzinsung (§ 5 Abs 4 Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG)). Der Liegenschaftszinssatz spiegelt die Rendite wider, die ein Anleger von einer Liegenschaft erwarten kann.

Das gegenständliche Mietobjekt liegt im Bezirk Gänserndorf in einer "mäßigen", bestenfalls "guten" Wohnlage, die Grundstücksform ist nicht unüblich, der Ausstattungsgrad ist überwiegend als gut zu beurteilen. Vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs wurden für das Jahr 2012 Kapitalisierungszinssätze für Wohnliegenschaften in mäßiger Lage iHv 3,5 % bis 5,5 % empfohlen. Auch Kranewitter (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 5. Aufl, S 174) geht betreffend Wohn-und Geschäftshäuser von Kapitalisierungssätzen in Höhe von 5- 5,5% aus. Diese ausgewiesenen Zinssätze entsprechen der am Immobilienmarkt üblichen Verzinsung. Demnach besteht beim Kapitalisierungszinssatz eine Schwankungsbreite zwischen 3,5 % bis 5,5 %. Der vom Finanzamt herangezogene Zinssatz von 5 % liegt in dieser Schwankungsbreite und findet daher Deckung in der Empfehlung des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen.

Das Gericht teilt den vom Finanzamt vertretenen Ansatz, steht dieser doch in Einklang mit der gängigen Fachliteratur. Unter Zugrundelegung der per Gesetz vorgegebenen Restnutzungsdauer von 67 Jahren ergibt sich somit ein Vervielfacher in der vom Finanzamt angenommenen Höhe von 19,24 (vgl Tabelle XIX, Vervielfältiger zur Ermittlung des Ertragswerts, in Kranewitter, aaO, S 308). Daraus ergibt sich der Ertragswert iHv Euro 80.808,00 (19,24 mal 4.200,00 Jahresreinertrag).

Als Kontrolle und für einen eventuellen Korrekturwert wurde dieses Ergebnis dem im Jahr 2012 in der Nachbarschaft verkauften Vergleichsobjekt verglichen. Das Vergleichsobjekt ist in etwa halb so groß wie das gegenständliche. Der Verkaufspreis betrug Euro 40.000,00 und damit fast exakt die Hälfte des für das gegenständliche Objekt errechneten Ertragswerts. Der Vergleich ergibt daraus, dass der mit Euro 80.808,00 ermittelte Ertragswert plausibel und sicher nicht zu niedrig geschätzt ist.

Von dem so ermittelten Ertragswert ist jedenfalls der auf Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Der vom Finanzamt herangezogene Grundanteil von 20 % liegt an der unteren vertretbaren Grenze. Das Einkommensteuergesetz geht mittlerweile bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis eines anderen Aufteilungsverhältnisses von einem auf Grund und Boden entfallenden Anteil von 40 % aus (§ 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG). Der geringe Grundanteil lässt sich auch durch die Grundstücksgröße begründen. Das Grundstück ist mit 280 m2 für ein Baugrundstück relativ klein. Im Verhältnis dazu macht die bebaute Fläche mit 112 m2 ca 40 % des gesamten Grundstücks aus. Ein Grundanteil von nur 20 % wird als vertretbar angesehen.

Zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten für das Gebäude ist vom errechneten Ertragswert iHv Euro 80.808,00 der Grundanteil von 20 % abzuziehen. Daraus ergeben sich fiktive Anschaffungskosten für das Gebäude in Höhe von Euro 64.646,40.

Die Beschwerde war daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die beschwerdegegenständlichen Rechtsfragen zu den fiktiven Anschaffungskosten und zur Nutzungsdauer eines Wohngebäudes sind durch den Gesetzestext sowie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl insb ; ; , 2004/13/0122; ; , 2000/13/0088; und ).

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102916.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at