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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 19.02.2021, RV/3100007/2012

Keine wirksame Zustellung mangels Vertreter iSd § 81 BAO sowie fehlendem Hinweis auf die Zustellfiktion

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Vertr_81, Adr_Bf, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FAG (vormals FA Kufstein Schwaz ) vom betreffend Abweisung von Anträgen auf Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO betr. die Jahre 2003 bis 2006, Steuernummer 83-099/6435, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Sachverhalt/Verfahrensgang

Bei der Beschwerdeführerin (Bf) wurde 2007 eine die Jahre 2003 bis 2006 umfassende Außenprüfung durchgeführt. In dieser Betriebsprüfung wurde die Feststellung getroffen, dass iZm Erträgen aus einer Beteiligung der Bf an einer maltesischen Limited ein Methodenwechsel gem. § 10 Abs. 4 KStG 1988 in der für den Beschwerdezeitraum maßgeblichen Fassung vorzunehmen sei. Die Beteiligungserträge seien nicht gem. § 10 Abs. 2 KStG 1988 von der Besteuerung auszunehmen, sondern habe eine Besteuerung in Österreich unter Anrechnung der maltesischen Quellensteuer stattzufinden.

Das Finanzamt erließ am den Feststellungen der Betriebsprüfung entsprechende Feststellungsbescheide gem. § 191 BAO; der Feststellungsbescheid für das Jahr 2003 erging im wiederaufgenommenen Verfahren, für die Jahre 2004 bis 2006 erfolgte die Erstveranlagung nach der Außenprüfung.

Die Feststellungsbescheide nannten im Spruch die an den festgestellten Einkünften beteiligten Personen; die Adressierung erfolgte an die Bf, zH GF_1. Bei diesem handelte es sich um den zum damaligen Zeitpunkt allein vertretungsbefugten Geschäftsführer der Komplementär-GmbH Kompl_GmbH. Diese GmbH war und ist einzige Komplementärin der Bf. Die Feststellungsbescheide enthielten den Hinweis auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO.

Mit Eingabe des steuerlichen Vertreters der Bf vom wurde der Antrag gestellt, die Feststellungsbescheide vom gem. § 299 BAO aufzuheben.

Mit Bescheiden vom wurde dieser Antrag abgewiesen. Die Abweisungsbescheide waren, ebenso wie die gesondert ergangenen Bescheidbegründungen, an die Bf, zH GF_1 adressiert; einzig im Abweisungsbescheid betreffend das Jahr 2006 findet sich der Hinweis auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO; in den Abweisungsbescheiden betreffend die Jahre 2003 bis 2005 fehlt ein solcher Hinweis ebenso wie in den gesonderten Bescheidbegründungen.

GF_1 hatte mit Schreiben vom seinen Rücktritt als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erklärt. Seine Löschung als Geschäftsführer im Firmenbuch erfolgte am .

Seit ist Vertr_81 als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Firmenbuch eingetragen. Mit Schreiben vom wurde der Abgabenbehörde bekanntgegeben, dass GF_1 in den Ruhestand gegangen und Schriftverkehr nunmehr an Vertr_81 zu richten sei.

II. Rechtslage und Erwägungen

II.1. Gemäß § 81 Abs. 1 BAO sind abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

Kommen zur Erfüllung der in Abs 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese gemäß Abs. 2 leg. cit. hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen.

Wer für eine OG, KG, GesBR, EWIV, unechte stille Gesellschaft, Miteigentumsgemeinschaft oder ein ähnliches Gebilde zur Führung der Geschäfte iSd § 81 Abs 1 bestellt ist, ergibt sich primär aus dem betreffenden Gesellschaftsvertrag. Subsidiär gelten die entsprechenden Bestimmungen des UGB bzw des ABGB.

Subsidiär ist somit bei einer OG nach § 114 UGB jeder Gesellschafter, bei einer KG jeder Komplementär einzelvertretungsbefugt (§§ 161 und 164 UGB). (Ritz, BAO6, § 81 Tz 1)

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG wird die Gesellschaft (GmbH) durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

Bei einer GmbH & Co KG, bei der die KG wie im Beschwerdefall durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer vertreten wird, hat dieser Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten der KG zu erfüllen ().

Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist als die zur Führung der Geschäfte der KG bestellte Person anzusehen. Bis zu seinem Rücktritt als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH am konnten die Bf betreffende Bescheidzustellungen zH GF_1 vorgenommen werden.

Ist allerdings die Person, die in der im Feststellungsverfahren ergangenen Erledigung als Zustellbevollmächtigter bezeichnet ist, im Zeitpunkt des Ergehens der Erledigung nicht mehr Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, müsste diese Person ausdrücklich als Vertreter der KG iSd § 81 Abs. 2 BAO namhaft gemacht worden sein. Dies ist gegenständlich nicht der Fall, zumal im Zeitpunkt des Ergehens der angefochtenen Bescheide Vertr_81 als zur Führung der Geschäfte der Bf bestellte Person anzusehen war.

Da die angefochtenen Bescheide nicht an eine iSd § 81 Abs. 1 BAO zur Führung der Geschäfte bestellte oder iSd Abs. 2 leg. cit. namhaft gemachte Person zugestellt wurden, liegt keine wirksame Zustellung vor.

II.2. Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs 1 lit. a und c), einer nach § 81 vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

Zusätzliche Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der angefochtenen Bescheide wäre der genannten Bestimmung zufolge gewesen, dass in diesen auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO hingewiesen wurde. Ein solcher Hinweis fehlt in den angefochtenen Bescheiden - mit Ausnahme des Jahres 2006 - jedoch.

Bereits aus diesem Grund entfalten die angefochtenen Bescheide für die Jahre 2003 bis 2005 im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit einer solchen Feststellung geprägte Wesen insgesamt keine Wirkung (Ritz, BAO6, § 101 Tz 9 mwN).

II.3. Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen. Zurückzuweisen ist weiters eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid (Ritz, BAO6, § 260 Tz 8 mwN).

Eine Zustellung derart, dass die angefochtenen Bescheide Rechtswirksamkeit entfalten konnten, ist, wie oben dargestellt, nicht erfolgt. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

II.4. Im Beschwerdefall war die mündliche Verhandlung vor dem Senat beantragt.

Gemäß § 272 Abs. 4 BAO obliegt jedoch, auch wenn die Entscheidung über eine Beschwerde dem Senat zukommt, dem Berichterstatter ua die Erlassung von Zurückweisungen gem. § 260.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war im gegenständlichen Fall nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100007.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at