Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.02.2021, RV/7500585/2020

Verspätete Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Martina Salzinger in der Verwaltungsstrafsache ***1***, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , MA67/***2***, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006 in der geltenden Fassung, beschlossen:

Gemäß § 50 VwGVG in Verbindung mit § 31 VwGVG wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit Straferkenntnis vom , MA67/***2***, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde der Beschwerdeführerin (kurz Bf.) angelastet, sie habe die Parkometerabgabe hinterzogen in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***3*** am um 17:17 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***4***, abgestellt habe ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis (Parkschein, Tages- oder Wochenpauschalkarte) gesorgt zu haben, da der Parkschein Nr. ***5*** neben den tatsächlichen Entwertungen , 15:45 Uhr, Spuren von entfernten Entwertungen in der Rubrik Monat: September, Oktober und Dezember, in der Rubrik Tag: 9, 12, 15, 20, 21 und 28, in der Rubrik Stunde 10, 12-14, 16,17 sowie in der Rubrik Minute: 00, 15 und 30 aufgewiesen habe.

Dadurch habe sie die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bf. weiters eine Geldstrafe in Höhe von € 140,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 9 Stunden verhängt. Ferner hat die Bf. gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, sohin insgesamt € 154,00, zu zahlen.

Das Erkenntnis enthält auszugsweise folgende Rechtsmittelbelehrung:

"... Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei uns einzubringen..."

Laut dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis wurde von der Behörde die Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses mit Rückscheinbrief RSb angeordnet, die an die Bf. gerichtete Sendung nach einem am erfolglos vorgenommenen Zustellversuch bei der Post-Geschäftsstelle ***6*** hinterlegt und ab dem zur Abholung bereitgehalten. Das Ende der Abholfrist wurde mit angegeben. Aus der unterfertigten Übernahmebestätigung geht außerdem hervor, dass die Bf. das Straferkenntnis am persönlich übernommen hat.

Mit E-Mail-Eingabe vom erhob die Bf. Beschwerde gegen das gegenständliche Straferkenntnis und brachte im Wesentlichen vor:

"Ich habe das eingeschriebene Schriftstück erst am abholen können, da ich vorher ortsabwesend war. Ich habe mich in der Nähe von ***7*** aufgehalten, im familiären privaten Kreis, da wir einen Todesfall in der Familie hatten. So war ich vor Ort zur Unterstützung.

Ich war der Annahme, dass ich vier Wochen nach dem Abholtermin des Schreibens die Möglichkeit des Einspruches habe. Erst dann setzt die Rechtswirksamkeit ein. Und dann habe ich noch zwei Wochen Zeit zu bezahlen.

Da ich den Aufwand einer Gerichtsverhandlung, wo ich dann auch Urlaub von der Arbeit beantragen müsste, nicht möchte, habe ich mich entschlossen, ihre Strafverfügung zu bezahlen, möchte aber hiermit Einspruch gegen die Höhe von € 154,- erheben. Ich bitte um Reduzierung des Strafmaßes, mir scheint es in keiner gerechtfertigten Relation zur angenommenen begangenen Übertretung. Zudem, wie wir auch telefonisch und schriftlich kommuniziert haben, ich diese Straftat nicht begangen habe, aber es Ihnen trotz Einsendung des Originalscheins nicht eindeutig beweisen kann, dies gilt aber auch umgekehrt.

Falls ich irgendwelche Fristen nicht korrekt eingehalten habe, bitte ich um eine Kulanzlösung. Ich habe Ihren Text mehrmals genau durchgelesen und die Sachlage so verstanden wie oben beschrieben und mir extra dafür keinen kostenpflichtigen anwaltlichen Rat eingeholt, da ich überzeugt war den Text richtig zu verstehen."

Rechtsgrundlagen

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (alle Gesetzesstellen sind hier und im Folgenden in der für den gegenständlichen Fall geltenden Fassung angegeben), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG), BGBl. I Nr. 14/2013, ist das Verfahren für gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG dem Bundesfinanzgericht übertragene Rechtsmittel betreffend Verwaltungsübertretungen im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl Nr 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (Beschwerdeerhebung wegen behaupteter Verletzung in Rechten) und wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

§ 31 Abs. 1 VwGVG legt fest, dass, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss erfolgen.

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

§ 44 VwGvG bestimmt:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."

Gemäß § 24 VStG gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.

Nach § 32 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991, enden nach Wochen bestimmten Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Zufolge § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Gemäß § 21 AVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

§ 17 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, normiert:

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."

§ 31 Abs. 1 VwGVG legt fest, dass, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss erfolgen.

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Als erwiesen angenommener Sachverhalt und dessen rechtliche Beurteilung

Aus dem Zustellgesetz ergibt sich, dass die gesetzliche Vermutung der rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung im Sinne des dritten Satzes des Abs. 3 des § 17 Zustellgesetz im Falle der Ortsabwesenheit des Empfängers nicht greift (vgl. ).

Kann die Hinterlegung in der Folge wegen Ortsabwesenheit nicht als gesetzmäßig erfolgt angesehen werden, so gilt die Sendung nicht mit dem Tag als zugestellt, an dem sie erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde.

Diesfalls wird die Zustellung am Tag nach der Rückkehr an die Abgabestelle bzw. am Tag der tatsächlichen Übernahme wirksam, sofern dieser Tag noch innerhalb der Abholfrist liegt (vgl. ). Maßgebend ist dabei der sich aus der Verständigung ergebende Zeitraum der Abholfrist (siehe ).

Im vorliegenden Fall wurde das Ende der Abholfrist auf der Hinterlegungsanzeige mit datiert. Es ist daher - unter Berücksichtigung der von der Bf. vorgebrachten Ortsabwesenheit - die wirksam erfolgte Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses spätestens mit der Übernahme des hinterlegten Schriftstücks durch die Bf. am anzunehmen, zumal an diesem Tag die Abholfrist noch nicht abgelaufen war.

Den angeführten Bestimmungen zufolge begann die 4-wöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde demnach am (einem Freitag) und endete am Freitag, dem . Die per E-Mail vom übermittelte Beschwerde ist daher jedenfalls als verspätet eingebracht zu beurteilen.

In so einem Fall ist es dem Bundesfinanzgericht aber verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen der Bf. einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen. Vielmehr muss die Beschwerde diesfalls schon von Gesetzes wegen vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zurückgewiesen werden. Im Gefolge der Zurückweisung konnte weiters eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

Nichtzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer verspätet eingebrachten Beschwerde aus dem Gesetz ergeben, war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 7 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500585.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at