Kein „Mini-Sachbezug“, wenn der Nachweis der Zielpunkte sowie des Zwecks (jeder einzelnen Fahrt) an Hand des Fahrtenbuches nicht erbracht werden kann
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
1. Der in ***Bf-Adr*** (Stadtteil ***A**) wohnhafte Beschwerdeführer stand bis zu seiner Pensionierung im November 2017 in einem Dienstverhältnis zur Fa. ***B***. Seine Arbeitsstätte war die Zweigniederlassung der Fa. ***B*** in Tirol (mit der Anschrift: ***C***). Der Beschwerdeführer war Leiter dieser Niederlassung; überwiegend war er jedoch als Vertreter im Außendienst tätig. Für dienstliche Fahrten, insbesondere Kundenbesuche, stand ihm ein Firmenfahrzeug der Marke ***xxx*** zur Verfügung, das er auch für private Zwecke nutzen durfte; für die mit dem Firmenfahrzeug unternommenen Privatfahrten hatte er im Jahr 2016 einen Kostenbeitrag von 142,72 € zu leisten.
2. Der Beschwerdeführer hat ein Fahrtenbuch geführt, das ua. Spalten für die Eintragung von Datum, Zeit der Abfahrt und der Ankunft, Reiseweg/Bemerkungen, Kilometerstand bei Abfahrt und bei Ankunft, gefahrene km (unterteilt in betrieblich gefahrene km und privat gefahrene km) sowie Reparaturen/Sonstiges enthielt.
In der Spalte "betrieblich gefahrene km" wurden die am jeweiligen Tag beruflich zurückgelegten Kilometer (in einer Summe) und in der Spalte "Reiseweg, Bemerkungen" die angefahrenen Orte eingetragen.
Die Spalte "privat gefahrene km" enthält die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie die bei sonstigen Privatfahrten zurückgelegten Kilometer (73 km am , 34 km am , 452 km am , 18 km am , 53 km am , 124 km am , 48 km am , 53 km am sowie 247 km am ). Die Spalte "Reiseweg" wurde nur bei den Fahrten zwischen ***A*** und ***C*** ausgefüllt. Bei den übrigen Privatfahrten wurde kein Reiseweg eingetragen, sondern lediglich in der Spalte "Sonstiges" der Vermerk "privat" angebracht; bei diesen Fahrten wurden auch keine Abfahrts- und Ankunftszeiten angegeben.
Die für den Zeitraum 1. Jänner bis im Fahrtenbuch eingetragenen Privatfahrten ergeben insgesamt 2.081 km.
3. Bei der Lohnverrechnung wurde für die Privatnutzung des Firmenfahrzeuges der halbe Sachbezugswert gemäß § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung, vermindert um den Kostenbeitrag des Dienstnehmers, angesetzt.
Verfahrensgang
1. Mit Bescheid des ***FA*** vom wurde der Beschwerdeführer für das Kalenderjahr 2016 zur Einkommensteuer veranlagt. Dem Bescheid liegt der vom Dienstgeber übermittelte Lohnzettel zu Grunde.
2. Mit Schreiben vom erhob die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 Beschwerde mit dem Antrag, für die Privatnutzung des Firmenfahrzeuges nur den "Mini-Sachbezug" (§ 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung) anzusetzen. Begründend wurde ausgeführt, der dem Bescheid zu Grunde liegende Lohnzettel sei unrichtig. Vom Dienstgeber sei der halbe Kfz-Sachbezug (nach Abzug des Kostenbeitrages des Dienstnehmers: 4.801,28 €) abgerechnet und der Dienstnehmer zur Geltendmachung des Mini-Sachbezuges (1.394,27 €) auf den Veranlagungsweg verwiesen worden. Nach Auskunft des ***FA*** (E-Mail vom ) sei diese Korrektur im Rahmen der Veranlagung ohne Abänderung des Lohnzettels (technisch) nicht möglich und erfolge daher erst im Zuge eines Beschwerdeverfahrens. Der Beschwerde waren ua. das Fahrtenbuch sowie die Berechnung des niedrigeren Sachbezugswertes angeschlossen.
3. Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, das vorgelegte Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß. Es werde daher ersucht, "detaillierte Fahrtenaufzeichnungen" sowie Reisekostenabrechnungen für zumindest sechs Monate nachzureichen, aus denen die "genau angefahrenen Adressen" sowie der konkrete Zweck der Fahrten hervorgingen.
Mit E-Mail der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers vom wurde dem Finanzamt der "Reisebericht 7-12/2016" - eine Auflistung der Kundenbesuche (mit Namen und Adressen der Kunden) von Juli bis Dezember 2016 in Form einer Exceldatei - übermittelt.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, Voraussetzung für den geringeren Sachbezugswert nach § 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung sei, dass sämtliche Fahrten "lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden", was einem Nachweis der Höhe der mit dem Firmenfahrzeug privat gefahrenen Kilometer gleichkomme. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB Erkenntnis vom , 2001/15/0191) könnten zur Führung dieses Nachweises auch andere Beweismittel (als ein Fahrtenbuch) in Betracht kommen. Werde ein Fahrtenbuch zur Beweisführung verwendet, müsse dieses, um die für die Ermittlung des Privatanteiles erforderlichen Tatsachen einwandfrei feststellen zu können, fortlaufend und übersichtlich geführt sein und Datum, Kilometerstrecke, Ausgangs- und Zielpunkt sowie Zweck jeder einzelnen Fahrt zweifelsfrei und klar angeben. Im Beschwerdefall sei ein Fahrtenbuch mit Angabe von Datum, Abfahrts- und Ankunftszeit, Reiseweg (nur Ortsangaben) und Kilometerstand bei Abfahrt und Ankunft vorgelegt worden; genaue Adressenangaben über jede einzelne Fahrt - auch innerhalb eines Ortes - sowie Angaben über den Zweck der Fahrten fehlten. Weiters sei ein Besuchsbericht mit Angabe von Kundennamen, Besuchsdatum, Straße und Postleitzahl vorgelegt worden. Angaben über privat gefahrene Kilometer seien daraus nicht zu entnehmen. Auch könnten für das erst im Jahr 2015 angeschaffte Neufahrzeug keine Reparaturrechnungen oder "Pickerlberichte", die einen Vergleich der Kilometerstände mit den Angaben im Fahrtenbuch zugelassen hätten, vorgelegt werden.
5. Mit Schreiben vom beantragte die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Ergänzend wurde u.a. vorgebracht, der Beschwerdeführer habe sowohl das Fahrtenbuch als auch die digitalen Besuchsberichte nach den Anweisungen seines Dienstgebers geführt. Im händisch geführten Fahrtenbuch seien die Gesamtkilometer lückenlos aufgezeichnet und in betriebliche und private Fahrten aufgeteilt worden. Wohin die Privatfahrten gingen, sei in der Privatsphäre des Beschwerdeführers gelegen. Das Fahrtenbuch erfülle alle zitierten Kriterien mit der Einschränkung, dass der Zielpunkt nicht genau umschrieben wurde und Angaben über den Zweck der Fahrten fehlten. Diese Punkte habe der Beschwerdeführer in den zusätzlich digital zu führenden Besuchsberichten festzuhalten gehabt.
Dem Vorlageantrag waren zwei im November 2016 ausgestellte Servicerechnungen angeschlossen; die Rechnungen weisen Kilometerstände (vom 15. September und vom ) aus, die mit den Angaben im Fahrtenbuch korrespondieren.
6. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Nach Ansicht des Finanzamtes habe der Beschwerdeführer keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen über die Fahrten geführt.
7. Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht erläuterte der Beschwerdeführer bei einer Besprechung am u.a., er habe pro Reisetag einen digitalen Reisebericht erstellt, der die Namen der am jeweiligen Tag besuchten Kunden und deren Adressen enthielt. Die dem Finanzamt am als Exceldatei übermittelte Auflistung der "Besuchsberichte zwischen und " sei vom EDV-Programm aus den täglichen Reiseberichten generiert worden.
III. Rechtslage
Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, ist - nach näherer Regelung des § 4 Abs. 1 Z 1 bis 4 der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezusgwerteverordnung), BGBl. II Nr. 416/2001 in der Fassung BGBl. II Nr. 395/2015 - ein Sachbezug anzusetzen.
Nach § 4 Abs. 1 Z 1 der Sachbezugswerteverordnung beträgt der Sachbezug 2 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 960 Euro monatlich.
Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezug im Ausmaß des halben Sachbezugswertes gemäß Abs. 1 anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind dabei unbeachtlich (§ 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung).
Ergibt sich für ein Fahrzeug mit einem Sachbezug von 2 % (Abs. 1 Z 1) bei Ansatz von 0,67 Euro (Fahrzeugbenützung ohne Chauffeur) bzw. 0,96 Euro (Fahrzeugbenützung mit Chauffeur) pro Kilometer Fahrtstrecke im Sinne des Abs. 1 ein um mehr als 50 % geringerer Sachbezugswert als nach Abs. 2, ist der geringere Sachbezugswert anzusetzen. Voraussetzung ist, dass sämtliche Fahrten lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden (§ 4 Abs. 3 Z 1 der Sachbezugswerteverordnung).
IV. Erwägungen
1. Ein Fahrtenbuch hat die beruflichen und privaten Fahrten zu enthalten; es muss fortlaufend, zeitnah und übersichtlich geführt sein und Datum, Kilometerstrecke, Ausgangs- und Zielpunkt sowie Zweck jeder einzelnen Fahrt zweifelsfrei und klar angeben (Bodis in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, ABC der Werbungskosten Rz 220 zu § 16, Stichwort Fahrtkosten).
2. Der in § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung geforderte Nachweis, dass die Privatfahrten im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 500 km monatlich betrugen, kann mit einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch oder mit anderen Beweismitteln erbracht werden. Ein Fahrtenbuch, in dem einzelne Angaben fehlen, kann somit durch andere Aufzeichnungen (wie etwa Reiseberichte) ergänzt werden. Das vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/15/0191, ist zu § 4 Abs. 2 (der Sachbezugswerteverordnung BGBl. Nr. 642/1992) ergangen.
3. § 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung sieht die Möglichkeit vor, in bestimmten Fällen noch niedrigere Sachbezugswerte (als nach Abs. 2 der Verordnung) anzusetzen. Voraussetzung ist, dass sämtliche Fahrten, also die beruflichen wie auch die privaten Fahrten, lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden.
Die beruflichen Fahrten hat der Beschwerdeführer im Fahrtenbuch (pro Reisetag) jeweils nur mit Angabe des Datums, Uhrzeit und Kilometerstand bei Beginn und Ende der Reisebewegung sowie der angefahrenen Orte erfasst. Namen und Adressen der besuchten Kunden sowie der konkrete Anlass der Besuche wurden nicht eingetragen. Zielpunkte und Zweck der beruflichen Fahrten sind dem Fahrtenbuch somit nicht zu entnehmen. Was die Privatfahrten anlangt, hat der Beschwerdeführer zwar die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit ausreichend genauen Angaben im Fahrtenbuch aufgezeichnet. Bei den übrigen Privatfahrten beschränken sich die Eintragungen jedoch auf summarische Angaben der am jeweiligen Reisetag zurückgelegten Kilometer.
Das vorgelegte Fahrtenbuch reicht daher für einen Nachweis der Zielpunkte sowie des Zweckes (jeder einzelnen Fahrt) nicht aus. Eine Ergänzung der fehlenden Angaben durch andere Aufzeichnungen lässt § 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung nicht zu. Dem Beschwerdebegehren konnte daher nicht entsprochen werden.
4. Das Vorbringen im Vorlageantrag, der Beschwerdeführer habe alle Aufzeichnungen nach den Anweisungen seines Dienstgebers geführt, vermag daran nichts zu ändern. § 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung ist zwingendes Recht, dessen Anwendung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde bzw. des Bundesfinanzgerichtes liegt.
V. Zulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen für den geringeren Sachbezugswert gemäß § 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung ergeben sich klar aus dem Wortlaut der Norm. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 3 Z 1 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100441.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
HAAAC-26805