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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.10.2020, RV/5200029/2016

Zollanmeldung: Berichtigung der Angaben zur Person des Anmelders im Fall des Bestehens eines direkten Vertretungsverhältnisses

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5200029/2016-RS1
Nach der Rechtsprechung des EuGH verbietet es keine Bestimmung des Zollkodex, dass einzelne Punkte der Zollanmeldung wie die Angaben zur Person des Anmelders und namentlich das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses Gegenstand einer Änderung auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 3 ZK sein können (, Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, Rn. 37). Demzufolge können die Angaben zur Person des Anmelders nicht nur im Falle des Bestehens eines indirekten Vertretungsverhältnisses Gegenstand einer Änderung der Zollanmeldung auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 3 ZK sein, sondern auch im Falle des Vorliegens eines direkten Vertretungsverhältnisses.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** vom , Zahl: ***111***, betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Am erteilte die ***T-GmbH***, ***Adr1***, der Beschwerdeführerin (Bf.), der ***Bf.***, die Vollmacht, sie in zollrechtlichen Angelegenheiten in direkter Stellvertretung zu vertreten und u.a. für sie auch Zollanmeldungen zu unterfertigen.

In der Vollmachtsurkunde vom war jedoch versehentlich nicht die EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification number) ***AT1*** der ***T-GmbH***, sondern die der "***M-GmbH & Co***" zugeteilte EORI-Nummer ***AT2*** angeführt.

Am meldete die Bf. beim ***ZA*** Prägefolien zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr unter Verwendung des Codes 4000 in Feld 37 des Einheitspapiers an.

In Feld 44 der Zollanmeldung CRN ***15AT*** nahm sie Bezug auf die Handelsrechnung Nr. ****** vom , in der die ***T-GmbH*** als Käuferin der Waren angegeben war, sowie auf die erteilte Vollmacht vom .

In Feld 14 der Anmeldung erklärte die Bf., in direkter Vertretung des Empfängers iSd Art. 5 Abs. 2 erster Anstrich ZK zu handeln.

Durch die Eingabe der in der Vollmachtsurkunde vom unrichtig angeführten EORI-Nummer ***AT2*** wurde in Feld 8 der Zollanmeldung die "***M-GmbH & Co***" als Empfänger eingetragen und nicht die tatsächliche Käuferin und Warenempfängerin, die ***T-GmbH***, ***Adr1***.

Nach den Ausführungen der Zollbehörde im Vorlagebericht war nämlich nach der ZollAnm-V 2005 (Zollanmeldungs-Verordnung 2005) im Feld 8 der Zollanmeldung lediglich die EORI-Nummer des Empfängers einzugeben. Mit der Eingabe der EORI-Nummer wurden die weiteren erforderlichen Daten wie Firmenbezeichnung, Anschrift und UID-Nummer in Feld 8 der Zollanmeldung automationsunterstützt eingefügt.

Das Zollamt nahm die Anmeldung antragsgemäß an und überließ die Waren der Bf.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. eine Änderung in Feld 8 der Zollanmeldung CRN ***15AT*** vom von "***M-GmbH & Co***" auf "***T-GmbH***".
Dies mit der Begründung, dass die ***T-GmbH*** in der Vollmachtsurkunde vom versehentlich eine unrichtige EORI-Nummer anführte.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom , Zahl: ***111***, sprach das Zollamt aus, dass für die Bf. gemäß Art. 5 Abs. 4 Satz 2 ZK in Verbindung mit Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a ZK und § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) eine Eingangsabgabenschuld (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) in der Höhe von insgesamt 10.865,71 Euro entstanden sei, und es teilte der Bf. gemäß Art. 221 Abs. 1 ZK eine gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachträglich buchmäßig erfasste Einfuhrumsatzsteuerschuld in der Höhe von 8.359,82 Euro mit.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die im Feld 8 der Anmeldung genannte "***M-GmbH & Co***" nicht Empfängerin der gegenständlichen Warensendung sei und somit nicht Zollschuldnerin gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK. Die korrekte Rechnungs- und Warenempfängerin sei laut Rechnung Nr. ****** vom die "***T-GmbH***" mit der EORI-Nr. ***AT1***.
Im Feld 14 der Anmeldung habe die Bf. erklärt, als Vertreterin im Namen und für Rechnung der ***M-GmbH & Co*** zu handeln, obwohl diese nicht Warenempfängerin der abgefertigten Warensendung sei. Um eine Person zu vertreten, müsse gem. Art. 5 Abs. 4 erster Satz ZK der Vertreter erklären, für die vertretene Person (hier: für die ***T-GmbH***) zu handeln. Die Bf. vertrete daher keine Partei des Verfahrens und gelte daher gem. Art. 5 Abs. 4 Satz 2 ZK als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.
Im Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung sei somit die Bf. Zollschuldnerin gem. Art. 201 Abs. 3 ZK. Da die Einfuhrumsatzsteuer noch nicht für sie als Zollschuldnerin verbucht worden sei (lediglich der Zoll sei auf dem Abgabenkonto Nr. ***-**** verbucht worden), werde diese buchmäßige Erfassung hiermit nachgeholt.
Der Erlassbescheid zugunsten des unzutreffenden Warenempfängers ergehe zeitgleich.

Die dagegen erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***222***, als unbegründet abgewiesen.

Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages vom gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Der Geschäftsverteilungsausschuss des Bundesfinanzgerichtes wies die Rechtssache mit Verfügung vom der Gerichtsabteilung 6014 zur Erledigung zu.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom brachte das Zollamt im Wesentlichen vor, dass die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen danach zu beurteilen seien, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen sei. In der Zollanmeldung sei eindeutig die ***M-GmbH & Co*** als Empfängerin erklärt worden und dies sei von einem objektiven Erklärungsempfänger auch so zu verstehen gewesen. Das Zollamt könne nicht bei jeder Zollanmeldung alle Beilagen angesehen und vergleichen, sondern der angemeldete Empfänger erschließe sich dem Zollamt eben aus dem Feld 8 der Anmeldung. Das Zollamt habe auch keine Dokumentenkontrolle durchgeführt.
Die entsprechende EORI-Nummer sei willentlich und wissentlich in Feld 8 verwendet worden. Ein möglicher Irrtum beim Verfassen der Vollmacht sei der Zollanmeldung zeitlich vorausgegangen. Bei der Abgabe der Zollanmeldung sei die Bf. keinem Irrtum unterlegen. Das Unterlassen einer Willenserklärung des Vertreters, im gegenständlichen Fall die Angabe der Person im Feld 8, die er vertrete, könne die Zollbehörde nicht ersetzen () und sei, da es sich um eine Willenserklärung und keine Wissenserklärung handle, auch einer nachträglichen Änderung nicht zugänglich.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung

Der unter Punkt I. angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der Bf. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Rechtslage

Gemäß Art. 4 Nr. 18 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , S. 1, (Zollkodex - ZK) ist Anmelder die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt oder die Person, in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird.

Art. 5 ZK lautet:

"Artikel 5

(1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 64 Abs. 2 und vorbehaltlich der im Rahmen des Artikels 243 Absatz 2 Buchstabe b) erlassenen Vorschriften kann sich jedermann gegenüber den Zollbehörden bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertreten lassen.

(2) Die Vertretung kann sein
- direkt, wenn der Vertreter in Namen und für Rechnung eines anderen handelt;
- indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.
Die Mitgliedstaaten können das Recht, Zollanmeldungen in ihrem Gebiet
- in direkter Vertretung oder
- in indirekter Vertretung
abzugeben, in der Weise beschränken, dass der Vertreter ein Zollagent sein muss, der dort rechtmäßig seinen Beruf ausübt.

(3) Abgesehen von den Fällen nach Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe b) und Absatz 3 muss der Vertreter in der Gemeinschaft ansässig sein.

(4) Der Vertreter muss erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muss ferner angeben, ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt, und Vertretungsmacht besitzen. Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.

(5) Die Zollbehörden können von einer Person, die erklärt, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, den Nachweis für ihre Vertretungsmacht verlangen."

Gemäß Art. 59 Abs. 1 ZK sind alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden.

Zollanmeldungen können gemäß Artikel 61 ZK mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegeben werden, wenn diese Möglichkeit in nach dem Ausschussverfahren erlassenen Vorschriftenvorgesehen ist oder von den Zollbehörden bewilligt wird.

Gemäß Art. 62 Abs. 1 ZK sind die schriftlichen Zollanmeldungen auf einem Vordruck abzugeben, der dem amtlichen Muster entspricht. Sie müssen unterzeichnet werden und alle Angaben enthalten, die zur Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich sind.

Anmeldungen, die den Voraussetzungen des Artikels 62 entsprechen, werden von den Zollbehörden gemäß Art. 63 ZK unverzüglich angenommen, sofern die betreffenden Waren gestellt worden sind.

Gemäß Art. 64 Abs. 1 ZK kann die Zollanmeldung vorbehaltlich des "Artikels 5" von jeder Person abgegeben werden, die in der Lage ist, eine Ware bei der zuständigen Zollstelle zu gestellen oder gestellen zu lassen und alle Unterlagen vorzulegen, deren Vorlage nach den Bestimmungen vorgesehen ist, die das für diese Ware beantragte Zollverfahren regeln.
Art. 64 Abs. 2 ZK enthält Einschränkungen zu Abs. 1.

Art. 78 ZK lautet:

"(1) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.

(2) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren die Geschäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrgeschäften sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung zu überzeugen. ...

(3) Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln."

Gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird. Zollschuldner ist gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK der Anmelder und im Fall der indirekten Vertretung auch die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.

Gibt es für eine Zollschuld mehrere Zollschuldner, so sind diese gemäß Art. 213 ZK gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet.

Gemäß Art. 1 Nr. 16 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253 vom , S. 1, (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) ist die EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification number - Nummer zur Registrierung und Identifizierung von Wirtschaftsbeteiligten) eine in der Europäischen Union einzige Nummer, die von der Zollbehörde oder von der bzw. von den durch den Mitgliedstaat bezeichneten Behörde(n) Wirtschaftsbeteiligten und anderen Personen nach Maßgabe der Vorschriften in Kapitel 6 zugeteilt wird.

Gemäß Art. 199 Absatz 1 ZK-DVO übernimmt der Anmelder mit Abgabe einer von ihm oder von seinem Vertreter unterzeichneten Zollanmeldung bei einer Zollstelle die Gewähr für die Richtigkeit der in der Zollanmeldung gemachten Angaben.

Die Zollbehörden können gemäß Absatz 3 leg. cit. zulassen, dass unter den Voraussetzungen und nach den Modalitäten, die sie festlegen, bestimmte Elemente der schriftlichen Anmeldung nach Anhang 37 durch elektronische Übermittlung an die zuständige Zollstelle ersetzt werden, gegebenenfalls auch in codierter Form.

Gemäß Art. 205 Abs. 1 ZK-DVO ist amtliches Muster für die schriftliche Zollanmeldung von Waren im Rahmen des normalen Verfahrens zur Überführung in ein Zollverfahren das Einheitspapier.

Gemäß Art. 212 Abs. 1 ZK-DVO ist das Einheitspapier unter Beachtung des Merkblatts in Anhang 37 und der gegebenenfalls im Rahmen sonstiger gemeinschaftsrechtlicher Regelungen erforderlichen Angaben auszufüllen.

Gemäß Titel II Abschnitt C (Förmlichkeiten für die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, das Verfahren der aktiven Veredelung, das Verfahren der vorübergehenden Verwendung, das Umwandlungsverfahren, das Zolllagerverfahren und das Verbringen von Waren in Freizonen des Kontrolltyps II) des Anhangs 37 ZK-DVO ist im Feld Nr. 8 (Empfänger) die in Art. 1 Nr. 16 genannte EORI-Nummer anzugeben. Außerdem sind Name und Vorname bzw. Firma und die vollständige Anschrift des Beteiligten anzugeben.

Die beim Ausfüllen der Vordrucke nach Artikel 205 Abs. 1 zu verwendenden Codes sind in Anhang 38 aufgeführt (Art. 213 ZK-DVO).

Nach Art. 216 ZK-DVO ist die Liste der Felder, die bei Verwendung des Einheitspapiers zur Anmeldung zu einem Zollverfahren auszufüllen sind, in Anhang 37 ZK-DVO enthalten.

Wird die Zollanmeldung auf der Grundlage von Informatikverfahren abgegeben, so werden die in Anhang 37 vorgesehenen Angaben der schriftlichen Zollanmeldung gemäß Artikel 222 ZK-DVO dadurch ersetzt, dass der dazu bezeichneten Zollstelle die für schriftliche Zollanmeldungen vorgeschriebenen Angaben in Form von Codes oder in jeder anderen von den zuständigen Zollbehörden festgelegten Form zum Zweck der datentechnischen Verarbeitung übermittelt werden.

Gem. § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) gelten das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen, weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten gemeinschaftsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Gemäß § 38 Abs. 2 ZollR-DG hat im Sinn von Artikel 5 Absatz 5 ZK der direkte Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht und der indirekte Vertreter durch einen schriftlichen Auftrag seine Vertretungsmacht nachzuweisen, wenn sie nicht amtsbekannt ist oder für den betreffenden Vertreter eine abweichende gesetzliche Regelung gilt.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Der sich aus dem Wortlaut des Art. 78 Abs. 1 ZK ergebende Grundsatz, dass auch nach der Überlassung bezüglich einzelner Zollanmeldungen Korrekturen gem. Art. 78 ZK durchgeführt werden dürfen - auch wenn eine Berichtigung nach Art. 65 ZK bereits ausgeschlossen ist - betrifft alle Zollverfahren (vgl. Witte, Zollkodex6, Art. 78 Rz. 6a).

Nach Witte in AW-Prax 2010, 276, habe der EuGH insbesondere mit dem Urteil vom in den verb. Rs. C-430/08 und C-431/08, Terex Equipment Ltd. u.a., den Rahmen des Art. 78 ZK weit ausgedehnt und umfangreiche Korrekturen erlaubt.

Nach Art. 78 Abs. 1 des Zollkodex liegt die beantragte Überprüfung sowohl hinsichtlich der Frage, ob sie überhaupt vorgenommen werden soll, als auch hinsichtlich ihres Ergebnisses im Ermessen der Zollbehörden (vgl. EuGH, Urteil Terex Equipment Ltd. u.a., Randnr. 58).

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat sich im Urteil vom in der Rechtssache C-97/19, Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, mit der Änderung der Angaben zur Person des Anmelders im Hinblick auf die Anführung eines indirekten Vertretungsverhältnisses in Zollanmeldungen befasst.
Dem Urteil lag ein Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf zugrunde.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ergab sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Art. 78 Abs. 3 des Zollkodex dahin auszulegen sei, dass er es erlaube, von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Zollanmeldung zu überprüfen und zu berichtigen, so dass die Angaben zur Person des Anmelders dergestalt geändert werden könnten, dass ein (in der Anmeldung nicht erklärtes) indirektes Vertretungsverhältnis aufscheine. Es wies hierzu darauf hin, dass die Angaben in der Zollanmeldung, nach denen eine Person ohne Anführung des indirekten Vertretungsverhältnisses für Rechnung einer anderen Person als Anmelderin angesehen worden sei, auf einem Irrtum bei der Auslegung des anwendbaren Rechts beruhten. Außerdem vertrat das vorlegende Gericht die Auffassung, dass eine solche Berichtigung die Ziele des betreffenden Zollverfahrens nicht gefährde und dass ausreichende Beweise dafür beigebracht worden seien, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden sei.

Das vorlegende Gericht fragte sich jedoch, ob eine solche Auslegung von Art. 78 Abs. 3 Zollkodex möglich ist, da der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) und das Finanzgericht Hamburg (Deutschland) in jüngeren Urteilen die Auffassung vertreten hätten, dass die Anwendung dieser Bestimmung nicht dazu führen dürfe, dass eine andere als die in der Zollanmeldung angegebene Person Anmelder werde.

Die Zollbehörde vertrat im Ausgangsverfahren die Auffassung, dass die Angabe der Person des Anmelders in einer Zollanmeldung sich als eine willentliche Verfahrenshandlung nicht als unrichtig oder unvollständig erweisen könne, weshalb ihre nachträgliche Änderung nicht möglich sei (vgl. Rn. 20, 23 und 24 des Urteils).

Der EuGH hat dazu Folgendes ausgeführt (auszugsweise):

"Im vorliegenden Fall ist zu klären, ob der besagte Art. 78 es den Zollbehörden unter den Umständen des Ausgangsverfahrens erlaubt, die Angaben zur Person des Anmelders zu ändern und insbesondere zu vermerken, dass zwischen dem Anmelder und der Person, die ihn bevollmächtigt hat, ein indirektes Vertretungsverhältnis besteht (Rn. 33 des Urteils).

Was zweitens den Zusammenhang betrifft, in dem Art. 78 des Zollkodex a. F. steht, ist festzustellen, dass keine Bestimmung dieses Zollkodex es verbietet, dass einzelne Punkte der Zollanmeldung wie die Angaben zur Person des Anmelders und namentlich das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses Gegenstand einer Änderung auf der Grundlage von Abs. 3 dieser Vorschrift sein können (Rn. 37 des Urteils).

Somit kann Art. 78 des Zollkodex a. F. in einer Situation Anwendung finden, in der der Bevollmächtigte - auch nach Überlassung der Waren - in der Lage ist, die Vollmacht mit seiner Beauftragung zur Abgabe der Zollanmeldung vorzulegen (Rn. 43 des Urteils).

Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 5 Abs. 4 des Zollkodex a. F. verlangt, dass die Vertretungsmacht bereits bei Abgabe der Zollanmeldung feststeht. Außerdem sieht diese Bestimmung vor, dass Personen, die ihre Vertretungsmacht nicht erklären, als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd gelten. Die Vertretung muss daher ausdrücklich sein und wird nicht vermutet (Urteil vom , Sony Supply Chain Solutions [Europe], C-153/10, EU:C:2011:224, Rn. 31) (Rn.55 des Urteils).

Das vorlegende Gericht stellt hierzu klar, dass P. eine Vollmacht von Z. erhalten hatte, die sie rechtzeitig im Sinne von Art. 5 Abs. 4 des Zollkodex a. F., d. h. bei Abgabe der Zollanmeldung, vorlegte (Rn. 57 des Urteils)."

Der EuGH hat daher zu Recht erkannt, dass Art. 78 Abs. 3 ZK dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung stattgeben können, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu handeln, und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird.

Der EuGH betonte, dass keine Bestimmung des Zollkodex es verbietet, dass einzelne Punkte der Zollanmeldung wie die Angaben zur Person des Anmelders und namentlich das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses Gegenstand einer Änderung auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 3 ZK sein können (Rn. 37 des Urteils).

Demzufolge können sohin die Angaben zur Person des Anmelders nicht nur im Falle des Bestehens eines indirekten Vertretungsverhältnisses Gegenstand einer Änderung der Zollanmeldung auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 3 ZK sein, sondern auch im Falle des Vorliegens eines direkten Vertretungsverhältnisses.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Bevollmächtigung der Bf. durch die ***T-GmbH*** bereits bei der Abgabe und im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung am vorlag. In der Zollanmeldung wurde auf die Vollmacht vom hingewiesen. Der Fehler beruhte ausschließlich auf dem Umstand, dass in der Vollmachtsurkunde eine unrichtige EORI-Nummer angeführt wurde, welche die Bf. in die Zollanmeldung übernahm.

Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass Art. 78 ZK nicht zwischen Irrtümern oder Unterlassungen, die einer Regularisierung zugänglich wären, und solchen, die es nicht wären, unterscheidet. Die Wendung "unrichtige oder unvollständige Grundlagen" ist so zu verstehen, dass sie sich sowohl auf tatsächliche Irrtümer oder Unterlassungen als auch auf Irrtümer bei der Auslegung des anwendbaren Rechts bezieht (vgl. Rn. 36 des zitierten Urteils).

Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. , mit Hinweis auf die Rechtsprechung).

Die maßgebenden Kriterien für die Übung des Ermessens ergeben sich primär aus der Ermessen einräumenden Bestimmung. Die im § 20 BAO erwähnten Ermessenskriterien der Billigkeit und Zweckmäßigkeit sind grundsätzlich und subsidiär zu beachten.
Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl. Ritz, BAO6, § 20 Tz 5 - 8).

Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. das bereits zitierte Urteil Terex Equipment Ltd. u.a., Randnr. 56) besteht die Logik der Vorschrift des Art. 78 Abs. 3 ZK darin, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen.
Bei der vorliegenden Ermessensentscheidung hätte das Zollamt somit auch die besonderen Verhältnisse des konkreten Falles berücksichtigen müssen.

Nach Witte, Zollkodex6, Art. 78 Rz. 5, könne sich das im Rahmen des Art. 78 ZK auszuübende Entscheidungsermessen im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände zu einem Anspruch auf Überprüfung verdichten, etwa bei offensichtlichen Rechenfehlern, Vorbringen neuer Tatsachen oder nachträglichen Änderungen, die auf den maßgebenden Zeitpunkt ausstrahlen.

Die von der Bf. beantragte Berichtigung der Zollanmeldung gefährdet nicht die Ziele des betreffenden Zollverfahrens und es wurden ausreichende Beweise dafür beigebracht, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen wurde.

Im Beschwerdefall ist das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs auszuschließen und es liegen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch sonst keine Umstände vor, die einer nachträglichen Änderung der Zollanmeldung entgegenstünden.

Im Lichte des erwähnten hätte das Zollamt somit die Eingabe der Bf. vom zum Anlass für eine Überprüfung und Berichtigung der Zollanmeldung nehmen müssen und von der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides Abstand nehmen müssen.

Im Übrigen sieht auch die Arbeitsrichtlinie des BMF ZK-0220, Pkt. 3.9.1., entsprechende Berichtigungsmöglichkeiten bei unrichtigen Angaben zum Anmelder in der Zollanmeldung im Fall der direkten Vertretung vor.

Aus den dargestellten Erwägungen war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei den erheblichen Rechtsfragen auf die im Erkenntnis wiedergegebene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stützen. Zudem wirft eine im Einzelfall zu treffende Ermessensentscheidung in der Regel keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. ).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 5 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 78 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
, Pfeifer & Langen

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5200029.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at