Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 10.02.2021, RV/2100693/2020

Zurückweisung einer nicht aufgefundenen Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***X*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch taxteamhuber Steuerberatung OG, Bahnhofstraße 4, 4840 Vöcklabruck, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Vorsteuererstattung für den Zeitraum 1-12/2013 Steuernummer beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Mit Erstattungsantrag vom reichte die Beschwerdeführerin (Bf.), eine deutsche Kosmetikfirma, einen Vorsteuererstattungsantrag für den Zeitraum 1-12/2013 in Höhe von 17.000 € ein.
Im angefochtenen Bescheid vom wurde die Erstattung mit der Begründung abgewiesen, weil der Erstattungsantrag verspätet eingebracht wurde.
Entsprechend einem E-Mail der steuerlichen Vertretung vom wurde dem Finanzamt die angeblich übersandte Beschwerde vom betreffend Vorsteuervergütungsantrag für das Jahr 2013 übermittelt.
Mit Schreiben vom wurde die Bf. aufgefordert, einen Nachweis der rechtzeitigen Einreichung und des Einlangens der Beschwerde bei der Behörde beizulegen und für den Fall der rechtzeitigen Einreichung der Beschwerde eine Bestätigung des Bundeszentralamtes für Steuern beizubringen, dass der Antrag rechtzeitig und vollständig übermittelt worden sei.
Mit Antwort vom übersandte die Bf. einen Auszug des Postausgangsbuches (Anlage 1) als Nachweis der rechtzeitigen Einreichung der Beschwerde.
Weiters wurde der bereits übermittelte Antrag auf Umsatzsteuervergütung für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2013 inklusive Empfangsbestätigung beigeschlossen.
Des Weiteren begehre die Bf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da ihr der mechanisch technische Fehler seitens der Finanzbehörden nicht zu ihren Lasten auszulegen sei. Wie in der Beschwerde detailliert erläutert sei der Vorgang nunmehr bei der belangten Behörde zu klären, da das BZSt keine Eingangsbestätigung aus dem Jahr 2014 liefern könne bzw. seinerzeit nicht liefern konnte. Es sei für sie nicht ersichtlich, weshalb ein derartiges technisches Versehen ihrer Mandantin zu Lasten fällt, obwohl dies außerhalb ihres Einflussbereiches liege.
Aus dem Auszug des Postausgangsbuches geht hervor, dass betreffend "Vorsteuervergütung" für das Veranlagungsjahr 2016 am ein Brief an das Finanzamt nach Österreich gesandt worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, die angeführte Beschwerde sei nie beim Finanzamt eingelangt. Der vorgelegte Auszug aus dem Postausgangsbuch sei ein Screenshot der internen Postausgangsliste und zeige, dass ein Schreiben an das Finanzamt gesendet wurde, aber es sei daraus kein Nachweis des tatsächlichen Einlangens oder Absendens zu entnehmen.
Die Zustellung des angefochtenen Bescheides vom sei elektronisch durch die EDV erfolgt. Gegenteiliges wurde nicht behauptet und sei auch der Aktenlage nicht entnehmbar. Erstmals sei mit E-Mail vom eine Abschrift dieser Beschwerde beim Finanzamt eingegangen, was weit außerhalb der Einmonatsfrist des § 245 Abs. 1 BAO sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH erfolge die Beförderung durch die Post auf Gefahr des Absenders. Die entsprechende Judikaturzitate wurden angeführt. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde treffe den Absender, wobei der Beweis der Postaufgabe nicht ausreiche.

Mit elektronischer Eingabe über Finanzonline vom überreichte der nunmehr beauftragte inländische steuerliche Vertreter einen Vorlageantrag und behauptete, der deutsche steuerliche Vertreter habe in diesem Verfahren geltenden Fristen durch rechtzeitiges Tätigwerden eingehalten. Überdies habe dieser jeweils sowohl beim BZSt als auch beim Finanzamt Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachweislich gestellt. Die auch im Zuge des Vorhalteverfahrens der mit Fax vom erneut übermittelte Beschwerde sei als Wiedereinsetzungsantrag zu werten. Der Antrag sei rechtzeitig innerhalb der Dreimonatsfrist erfolgt, da der deutsche steuerliche Vertreter frühestens am durch die Korrespondenz mit dem Finanzamt darauf aufmerksam wurde, dass die Beschwerde vom nie beim Finanzamt eingelangt sei. In eventu und zusätzlich zum Vorlageantrag werde auch ein ausdrücklich bezeichneter Wiedereinsetzungsantrag gestellt, dessen Frist zur Einreichung erst am ablaufe. Bei Stattgabe des Antrages trete der wegen der Versäumung der Beschwerdefrist erlassene Zurückweisungsbescheid ex lege außer Kraft und es sei sodann das ursprüngliche Anbringen (Antrag auf Vorsteuererstattung 2013) einer materiell-rechtlichen Erledigung zu unterziehen.

Mit Eingabe vom überreichte die Bf. einen Antrag auf Vorlageerinnerung und führte aus, mit Beschwerdevorentscheidung vom sei die Beschwerde vom betreffend Vorsteuererstattung 2013 als verspätet zurückgewiesen worden und dem über die entsprechende Standardmaske in FinanzOnline eingebrachten Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO nicht entsprochen worden, da die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht unter Verletzung der Vorlagepflicht gemäß § 265 Abs. 1 BAO durch die Abgabenbehörde nicht erfolgt sei. Im Zuge dieser Vorlageerinnerung verweise sie auf eine am in diesem Verfahren eingebrachte Bescheidbeschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom hinsichtlich des Antrages vom (eingelangt ) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO betreffend der oa. Beschwerdevorentscheidung vom wiederum in Bezug auf den Bescheid 2013 vom (betreffend Vorsteuererstattung 2013). Sie gebe dazu bekannt, dass sie im Fall einer negativen Entscheidung über diese Bescheidbeschwerde vom einen entsprechenden Antrag auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht stellen werde. Es handle sich letztlich um ein und das selbe Verfahren und die zusätzlichen Rechtsmittel würden somit in eventu eingebracht, da der Bf. bislang jeglicher, verfahrensrechtlicher Zugang auf Vorsteuererstattung verwehrt worden sei.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. In ihrer Sachverhaltsdarstellung sei der Erstattungsantrag vom betreffend den Zeitraum 1-12/2013 als verspätet abgewiesen worden, weil die Frist zur Antragstellung bereits am abgelaufen sei. Weiters sei am eine Beschwerde gegen diesen Bescheid eingereicht worden, die zurückgewiesen wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsquellen:

§ 245 Abs. 1 BAO

Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ei nBescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.

§ 260 Abs. 1 BAO

Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Beschwerdefrist (Berufungsfrist) ist daher gemäß § 245 Abs. 1 BAO am abgelaufen.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Gemäß
§ 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nichtbehindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Erledigungen werden gemäß
§ 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt­gegeben werden, für den sie ihrem Inhaltnach bestimmt sind.
Die Bekanntgabe erfolgt gemäß
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Nach
§ 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Die verspätete Aufgabe der Beschwerde ist daher erwiesen, auch wenn laut Postaufgabebuch des steuerlichen Vertreters die Beschwerde am bei der Post aufgegeben worden sein soll. Der Postaufgabestempel wäre ein eindeutiger Beweis für das Aufgabedatum. Einer solcher wurde allerdings nicht beigebracht. Die verspätete Aufgabe liegt offensichtlich in der Sphäre der Bf.
Die Bf. hat in ihrer Beschwerde auch einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt, über den das Finanzamt offensichtlich noch nicht rechtskräftig entschieden hat. Eine erstmalige Entscheidung über diesen Wiedereinsetzungsantrag durch das Bundesfinanzgericht ist nicht zulässig, da dadurch der Instanzenzug verletzt würde. Die gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom überreichte Beschwerde wurde vom Finanzamt noch nicht dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Abgesehen davon geht der dortige Bescheid auf die von der Bf. verfahrensrechtlich geltend gemachten Gründe nicht näher ein, sondern stützt sich auf die aus der Aktenlage ersichtliche materiell-rechtliche Verfristung des Erstattungsantrages nach dem .

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht konnte von der Bf. lediglich glaubhaft gemacht werden, am ein als Beschwerde bezeichnetes Dokument erstellt zu haben. Damit ist aber weder die Aufgabe des Schriftsatzes an einen Postdienstleister noch dessen Einlangen bei der belangten Behörde ausreichend bewiesen.

Die Beförderung der Sendung durch die Post erfolgt auf Gefahr des Absenders (; , 2005/15/0137; , 2010/17/0067, , 2008/13/0149; , 2009/13/0001). Auch wenn üblicherweise der Post übergebene Briefsendungen den Adressaten erreichen, ersetzt diese Erfahrungstatsache den Beweis des Einlangens nicht (, OGH 18.10.1083, 4 Ob 583/83).

Nach überwiegender Rechtsprechung steht der Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ein unerledigter Wiedereinsetzungsantrag nicht entgegen (, verstärkter Senat; , 92/04/0280; , 94/18/0842; , 2005/16/0039). Die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels ist unabhängig von einem allfälligen anhängigen, aber noch nicht entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden (; ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100693.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at