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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2021, RV/6200019/2014

Festsetzung eines Altlastenbeitrages für die Lagerung von gebrauchten Erdtanks

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH, Hellbrunner Straße 11, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Salzburg vom , ***600000/00000/20/2010***, betreffend Altlastenbeitrag und Verspätungszuschlag zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen einer mobilen Überwachung durch Organe des Zollamtes Salzburg wurden am auf dem ***Grundstück*** neben der Autobahnraststätte ***A*** in Fahrtrichtung Süden sieben Stück gebrauchte Treibstofftanks festgestellt.
Bei weiteren Ermittlungen durch das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz befanden sich am bereits neun gebrauchte Tanks auf dem genannten Grundstück, das im Eigentum der ***GmbH1***, ***Adresse1***, steht. Laut Aussage von ***NL***, Geschäftsführer der angrenzenden ***Firma*** und Gesellschafter der ***GmbH1***, sei für den Ausbau und die Lagerung der Tanks ***JH***, Prokurist der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) verantwortlich.
***MS*** von der Bf teilte dem Zollamt am mit, dass sämtliche Tanks bei Abbrucharbeiten diverser Tankstellensanierungen ausgegraben und auf dem betreffenden Grundstück für die Wiederverwendung zB als Wasserbehälter zwischengelagert würden. Als Ansprechperson wurde ***JH*** namhaft gemacht.
In einer schriftlichen Stellungnahme vom wurde ergänzend vorgebracht, fünf Tanks seien am aus dem Bauvorhaben ***Tankstelle1*** zum Zwischenlager auf ***Grundstück*** verführt worden. Drei der Tanks wären im Dezember 2008 wieder zurück an die Baustelle verbracht und als Löschwassertanks eingebaut worden. Die beiden anderen Tanks habe man im September 2009 der ***Gemeinde*** verkauft.

Mit Bescheid vom , ***600000/00000/20/2010***, hat das Zollamt gegenüber der Bf für diese fünf Tanks für das 3. Quartal 2008 mit Fälligkeit Altlastenbeitrag in Höhe von € 1.479,00 sowie einen Verspätungszuschlag von 5% (insgesamt also € 1.552,95) festgesetzt.
Laut Begründung unterliege das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb der Erde gemäß § 3 Abs 1 Z 1 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) dem Altlastenbeitrag. Das Aufbringen und Belassen von Abfällen auf einem Grundstück könne als Ablagerung von Abfällen oder als Lagerung von Abfällen eingestuft werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme als Ablagerung oder als Lagerung einzustufen ist, sei darauf abzustellen, ob einerseits die Abfälle nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer auf dem Grundstück verbleiben sollen oder ob andererseits die Abfälle projektgemäß wieder entfernt werden sollen.
Zu einer solchen Absicht zur Lagerung müsse das Vorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zwischenlagers hinzutreten. Dies ergebe sich daraus, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, er habe auch Maßnahmen privilegieren wollen, die nicht im Einklang mit der Rechtsordnung stehen. Wenn also für die Errichtung/den Betrieb eines Lagerplatzes die Bewilligung/Anzeige oder Nichtuntersagung einer Behörde vorliegen müsse und eine solche nicht vorliegt, so komme der Tatbestand des § 3 Abs 1 Z 1 AlSAG (Ablagern) zum Tragen.
Beim ***Grundstück*** handle es sich um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, deren Eigentümer die ***GmbH1*** sei. Gemäß § 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) dürften Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Wer Abfälle sammle oder behandle bedürfe gemäß § 24a Abs 1 AWG 2002 einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann.
Bei der Beurteilung der subjektiven Abfalleigenschaft reiche es, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat, was im gegenständlichen Fall auch zutreffe. Nach der Lebenserfahrung gehe es einem Bauherrn oder Bauführer, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben angefallenes Abbruchmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, zu vollenden, und ist somit üblicherweise mit dessen Fortschaffung von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden.
Aufgrund der fehlenden Bewilligung zur Errichtung eines Abfallzwischenlagers sei die Altlastenbeitragspflicht entstanden und es wäre spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gemäß § 4 Z 3 AlSAG sei Beitragsschuldner derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst habe; sofern derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat, nicht feststellbar ist, derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit dulde.
***JH*** sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Prokurist der Bf und somit Dienstnehmer gewesen. Im Zusammenhang mit der Durchführung des Bauvorhabens ***Tankstelle1*** habe er die getroffenen Verfügungen im Rahmen seines Dienstverhältnisses zur Bf abgewickelt und sei seinem Dienstgeber weisungsunterworfen gewesen. Am habe die Bf (Rechnung Nr. ***000-000/09***) der ***AG*** die Lagerplatzmiete für sechs Tanks in Rechnung gestellt. Dies bestätige auch, dass die Lagerung der Tanks im Sinne und Interesse der Bf vom Prokuristen ***JH*** erfolgte und diese somit auch Abgabenschuldner sei.
Gemäß § 5 AlSAG sei die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Altlastenbeitrages die Masse des Abfalls entsprechend dem Rohgewicht. Als Bemessungsgrundlage sei das Gewicht in den von der ***GmbH2***, ***Adresse2***, am dem Zollamt Salzburg vorgelegten Wiegescheinen herangezogen worden.
Gemäß § 6 Abs 1 Z 2 AlSAG betrage der Altlastenbeitrag für alle übrigen Abfälle je angefangene Tonne € 87,00.
Gemäß § 7 Abs 1 AlSAG entstehe die Beitragsschuld für das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb der Erde nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde.
Würden die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, so könne nach Maßgabe des § 201 Abs 2 BAO von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet sei, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung werde die Festsetzung des Altlastenbeitrages mit diesem Bescheid durchgeführt.
Gemäß § 135 BAO könne Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, durch die Abgabenbehörde ein Zuschlag bis zu 10% der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegt werden.
Der Fälligkeitstag nach § 9 Abs 2 iVm Abs 3 AlSAG sei für das 3. Quartal 2008 der gewesen. Es wären für das 3. Quartal 2008 € 1.479,00 (17 Tonnen x € 87,00) an Altlastenbeitrag nicht selbst berechnet und entrichtet worden.
Da der Beitragsschuldner weder eine Anmeldung bei dem für ihn zuständigen Zollamt Salzburg abgegeben, noch die Beiträge entrichtet habe, sei wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden und der Altlastenbeitrag mit Bescheid vorzuschreiben gewesen.
Der Altlastenbeitrag sei mit Ablauf des 3. Quartals 2008 kraft Gesetzes entstanden und am fällig geworden.
Der Beitragsschuldner habe spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr (Anmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung bei dem für die Einhebung zuständigen Zollamt einzureichen, in der er den für den Anmeldungszeitraum zu entrichtenden Beitrag selbst zu berechnen habe. Die Anmeldung gelte als Abgabenerklärung. Der Beitragsschuldner habe den Beitrag spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Gegen ***JH*** wurde am ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, er habe als Dienstnehmer (Bauleiter) der Bf dadurch, dass er die Lagerung von insgesamt fünfzehn gebrauchten Erdtanks entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs 3 AWG 2002 auf dem betreffenden Grundstück veranlasste, dazu beigetragen, unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung zu bewirken, indem die für das altlastenbeitragspflichtig Ablagern gesetzlich geforderte Altlastenbeitragsmeldungen beim Zollamt nicht abgegeben und die Altlastenbeiträge nicht entrichtet wurden.
An ***JH*** ergangene Abgabenbescheide waren vom Zollamt zuvor ersatzlos aufgehoben worden.

Mit Eingabe vom hat die Bf durch ihren Vertreter Berufung gegen den Bescheid vom erhoben und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt.
Geltend gemacht wird insbesondere der Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die verfahrensgegenständlichen fünf Treibstofftanks würden keinen "Abfall" im Sinne des AWG 2002 darstellen und seien die Tanks auch nicht abgelagert worden.
Im gegenständlichen Fall wären die Treibstofftanks nicht in Entledigungsabsicht, sondern zur bestimmungsgemäßen (Wieder-)Verwendung übergeben worden. Üblicherweise würden Treibstofftanks im Rahmen solcher Bauvorhaben ihrem ursprünglichen Verwendungszweck entsprechend wiederverwendet oder einer neuen Bestimmung zugeführt und stellten nur in seltenen Fällen "Abfall" im Sinne des AWG 2002 dar, sodass es sich entgegen der Rechtsansicht des Zollamtes Salzburg bei den Treibstoff- und Öltanks nicht um "Abbruchmaterial" handle. Dies zeige auch die Tatsache, dass im Zusammenhang mit ähnlich gelagerten Bauvorhaben ein Großteil der Erdtanks einer zweckentsprechenden Verwendung habe zugeführt werden können. Da die verfahrensgegenständlichen fünf Tanks allein zum Zwecke der Verwertung ausgegraben worden seien, würden sie aus subjektiver Sicht keinesfalls "Abfall" darstellen.
Auch eine objektive Abfalleigenschaft liege bei den verfahrensgegenständlichen Tanks zum einen bereits in Anbetracht der Verkehrsauffassung und zum anderen unter Berücksichtigung der teils erfolgten bestimmungsgemäßen Weiterverwendung nicht vor.
Selbst unter der rein hypothetischen Annahme, dass es sich bei den Tanks um Abfälle gehandelt habe, wären diese nicht an einem dafür nicht geeigneten Ort gelagert worden. Die gegenständlichen Tanks seien ordnungsgemäß gereinigt und gasfrei gemacht worden. Eine Beeinträchtigung der Umwelt durch deren vorübergehende Lagerung auf dem betreffenden Grundstück sei - zumal die Tanks gänzlich innert und unbeschädigt waren - weder zu befürchten gewesen, noch sei es tatsächlich zu einer Umweltbeeinträchtigung gekommen. Ebenso wenig seien von den vorübergehend gelagerten Tanks Gefahren für Menschen, Tiere oder Umwelt ausgegangen und wären auch keine öffentlichen Interessen verletzt worden. Das Grundstück wäre sohin zur Lagerung der Tanks geeignet gewesen.
Wären die verfahrensgegenständlichen Tanks als "Abfall" zu qualifizieren, würde - nachdem keine der Rechtsordnung widersprechende Handlungsweise vorliege - die Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 1 lit b AlSAG zur Anwendung gelangen. Demnach liege ein altlastenbeitragspflichtiges Lagern von Abfällen nur dann vor, wenn Abfälle vor deren Verwertung mehr als drei Jahre gelagert werden. Das Zollamt selbst hat die Dauer der Lagerung mit weniger als drei Jahren zutreffend festgestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , ***600000/00000/27/2010*** wurde die ab als Beschwerde geltende Berufung vom als unbegründet abgewiesen.
Begründend führt die Abgabenbehörde im Wesentlichen aus, die verfahrensgegenständlichen Tanks seien von der Baustelle weggebracht worden, weshalb von einer Entledigungsabsicht des Bauherrn auszugehen sei und die Tanks als Abfall im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 zu qualifizieren seien.
Die Tanks seien am zur Zwischenlagerung auf das ***1*** verführt worden, bei dem es sich um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche handle. Im Dezember 2008 seien drei der Tanks als Löschwassertanks auf der Baustelle wiederverwendet, zwei Tanks im September 2009 verkauft worden.
Außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten dürften Abfälle nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden (§ 15 Abs 3 AWG 2002). Wer Abfälle sammle oder behandle bedürfe gemäß § 24a Abs 1 AWG 2002 einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann.
Der von der Bf in Erwägung gezogene Tatbestand des § 3 Abs 1 Z 1 lit b AlSAG, wonach ein altlastenbeitragspflichtiges Lagern von Abfällen nur dann in Betracht kommt, wenn Abfälle vor deren Verwertung mehr als drei Jahre gelagert werden, könne nicht zur Anwendung gelangen, weil die Lagerung wegen Fehlens einer entsprechenden Bewilligung nicht im Einklang mit der Rechtsordnung stehe.

In einer Stellungnahme vom an das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz führt der verantwortliche Bauleiter ***JH*** aus:
"Weder die verfahrensgegenständlichen Tanks, noch die bei früheren Bauvorhaben ausgegrabenen Tanks, wurden von ***Bf*** als Abfall angesehen. Diese Tanks stellen einen technischen und wirtschaftlichen Wert dar, der auch bei der Kalkulation der Baukosten mit berücksichtigt wird. Ein Bauunternehmen ist schon aus wirtschaftlichen Gründen daran interessiert, werthaltige Bauteile wieder zu verwenden. Schon vor 2008 hatte man Tanks und ähnliche werthaltige Bauteile einer Wieder- oder anderen Verwendung zugeführt. Dies war im Unternehmen gängige Praxis und wurde auch bei der Kalkulation der Preise berücksichtigt. Die ausgebauten Tanks wurden wieder als Tanks oder als Retentionsbehälter etc. verwendet."

Mit Schreiben vom (Vorlageantrag) beantragte die Bf durch ihren Vertreter die Entscheidung über ihre Berufung (nun Beschwerde) durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (richtig: Bundesfinanzgericht).

Wegen einer lang andauernden Krankheit des ursprünglich zuständigen Richters hat man diesem die gegenständliche Beschwerde abgenommen und neu zugeteilt (Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zunächst ist zu prüfen, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen fünf Erdtanks tatsächlich um Abfall gehandelt hat.

§ 2 des Bundesgesetzes über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002) idmF lautet auszugsweise:

"(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
…"

In Anhang 1 zum AWG 2002 sind Gruppen von Abfällen genannt, so zum Beispiel
Q14: Produkte, die vom Besitzer nicht oder nicht mehr verwendet werden (zB in der Landwirtschaft, den privaten Haushalten, Büros, Verkaufsstellen, Werkstätten) oder
Q16: Stoffe oder Produkte aller Art, die nicht einer der oben erwähnten Gruppen (Q1 bis Q15) angehören.
Welcher Gruppe das Zollamt die Tanks konkret zuordnet, geht aus dem Akt nicht eindeutig hervor. Es wird lediglich unter Hinweis auf die Lebenserfahrung ausgeführt, es handle sich um Abbruchmaterial von einer Baustelle, dessen sich der Bauherr oder Bauführer entledigen wollte, weil üblicherweise mit der Fortschaffung anfallenden Abbruchmaterials von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden sei.
Ein Feststellungsbescheid gemäß § 10 Abs 1 AlSAG, um zu klären, ob die Tanks Abfall sind und der Altlastenbeitragspflicht unterliegen, wurde vom Zollamt nicht beantragt.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung der subjektiven Abfalleigenschaft weder auf die eigene Entledigungsabsicht noch auf die Absicht in Bezug auf eine in Aussicht genommene Verwendung der Materialien an. Eine Sache ist nämlich schon dann als Abfall zu qualifizieren, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl ; , 2009/07/0154, ua).

Grundsätzlich ist es der Bauherr, der mit dem in seiner freien Disposition liegenden Auftrag zum Abbruch die relevante, einer Abfallentstehung vorgelagerte Ursache setzt. Dieser ist für die Entstehung von Abfällen maßgeblich verantwortlich.
Ein vom Bauherrn erteilter Auftrag für die Durchführung von Abbrucharbeiten kann auch die Entsorgung von dabei anfallenden Abfällen umfassen. Nach ständiger Rechtsprechung übt derjenige, nach dessen Anweisungen bzw Vorstellungen die Arbeiten durchgeführt werden und bestimmt, welche Arbeiten wie durchgeführt werden, den faktischen Einfluss aus und hat nach der Verkehrsauffassung Gewahrsame an den Materialien und den allenfalls daraus entstandenen Abfällen (so zB ; ). Dies gilt auch, wenn der Bauherr einen Pauschalauftrag (Abbruch- und Aushubarbeiten mit anschließender Entsorgung der anfallenden Abfälle) erteilt und er keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der durchgeführten Arbeiten nimmt.
Der entsprechende Auftrag des Bauherrn der verfahrensgegenständlichen Baustelle ***Tankstelle1*** ist im vorgelegten Akt nicht enthalten und wurde dieser laut Aktenlage vom Zollamt auch nicht angefordert oder eingesehen. Es ist daher offen, welche Aufträge der Bf hinsichtlich der Erdtanks erteilt wurden und ob sie beauftragt worden war, diese zu entsorgen. In Unkenntnis des vom Bauherrn erteilten Auftrags kann nicht mit dem bloßen Hinweis auf die Lebenserfahrung auf das Vorliegen eines Entledigungswillens des Auftraggebers geschlossen werden.
Vielmehr hat der Bauherr die Kosten für die Reinigung und Gasfreimachung sowie für den Transport und die (Zwischen-)Lagerung der Tanks getragen (Rechnung ***000-000/09*** der Bf vom ) und einen Teil der Tanks wieder zurück zu seiner Baustelle verbringen lassen, um sie dort einer geeigneten Verwendung als Löschwassertanks zuzuführen.
Zwei Tanks wurden von der Bf an die ***Gemeinde*** verkauft (Rechnung ***00000-0000/09*** vom ), was laut Stellungnahme des verantwortlichen Bauleiters bei der Kalkulation der Baukosten mitberücksichtigt worden ist.
Diese Handlungsweise indiziert nicht das Vorliegen eines Entledigungswillens beim Bauherrn. Von einer subjektiven Abfalleigenschaft ist aus den genannten Gründen nicht auszugehen.

Zur objektiven Abfalleigenschaft - von der selbst die belangte Behörde nicht ausgeht - ist festzustellen, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen intakten Erdtanks weder um Bauschutt noch um Baustellenabfälle (nicht verwertbarer Restabfall) handelt. Die Tanks, die laut Aktenlage vor dem Ausbau fachmännisch durch die ***KG*** gereinigt und entgast worden sind, stellen auch keine Metallabfälle aus der Gruppe 35 des Abfallverzeichnisses dar.

Zusammenfassend kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen fünf Erdtanks nicht um Abfälle gemäß § 2 Abs 1 bis 3 des AWG 2002 handelt und demnach auch für deren Lagerung auf dem ***1*** kein Altlastenbeitrag angefallen ist.
Da das Lagern der Tanks nicht dem Altlastenbeitrag unterliegt, war auch nicht zu prüfen, ob das Grundstück zur Lagerung der Tanks geeignet war und ob § 3 Abs 1 Z 1 lit b AlSAG anwendbar ist.
Auch ein Verspätungszuschlag gemäß § 135 BAO kommt nicht zur Anwendung, weil im vorliegenden Fall von der Bf keine Abgabenerklärung einzureichen war.

Aus den genannten Gründen war der angefochtene Bescheid daher aufzuheben.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - auch im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 24a Abs. 1 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 15 Abs. 3 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 3 Abs. 1 Z 1 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 2 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6200019.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at