Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.02.2021, RV/7101693/2020

Bescheidmäßige Festsetzung von Bestandvertragsgebühren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die festgesetzte Gebühr betreffend Mietvertrag vom zu Recht:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer (Bf) die Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in der Höhe von € 129,60 für einen Mietvertrag mit Frau ***1*** (Vermieterin) vorgeschrieben. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der nach zivilrechtlichen Vorschriften zur Entrichtung der Abgabe Verpflichtete die Steuer bislang nicht entrichtet habe. Aufgrund der Uneinbringlichkeit bzw. Gefährdung der Einbringlichkeit beim Vertragspartner ergehe der Bescheid an den Bf.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom wendete der Bf ein, dass das Mietverhältnis damals über einen Immobilienmakler zustande gekommen sei. Dieser habe sämtliche anfallende Kosten bereits 2014 ordnungsgemäß mit ihm abgerechnet. Der Bf gehe daher davon aus, dass er die Bestandvertragsgebühr bereits bezahlt habe und der Immobilienmakler oder die Vermieterin zur Abfuhr der Gebühr an das Finanzamt verpflichtet gewesen wären.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, dass laut Mietvertrag der Mieter die Kosten der Vergebührung trage. Eine solche Vereinbarung sichere demjenigen, der vom Finanzamt zur Zahlung herangezogen wird, nur einen zivilrechtlich verfolgbaren Regressanspruch. Sie berühre nur das Innenverhältnis. Gemäß § 33 TP 5 Abs 5 GebG sei der Bestandgeber zur Selbstbemessung verpflichtet. Die Gebühr sei ursprünglich der Vermieterin vorgeschrieben. Da die Vermieterin die Gebühr nicht entrichtet habe, sei die Vorschreibung an den Beschwerdeführer erfolgt.

Mit Schreiben vom brachte der Bf eine als Vorlageantrag gewertete Eingabe mit der Begründung ein, dass er es nicht einsehe, eine 5 Jahre alte Schuld zu begleichen, die eigentlich die Vermieterin abführen hätte müssen.

Die Behörde legte in der Folge am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt

Der Bf hat mit Frau ***1*** (Bestandgeberin) am im Inland (***2***) einen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag zu Wohnzwecken über eine Liegenschaft (Wohnung) abgeschlossen.

Der Mietvertrag lautet auszugsweise:

"2) Mietdauer:
Das Mietverhältnis beginnt am und wird auf Dauer von 5 Jahren befristet. Es endet sohin am , ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf…

3) Gebrauchsrecht des Mieters:
Der Mietgegenstand darf ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden….

17) Kosten und Gebühren:
Die Kosten der Errichtung dieses Vertrages trägt die Vermieterin.
Die Kosten der Vergebührung trägt zur Gänze der Mieter. Dieser verpflichtet sich auch, die Vermieterin hinsichtlich einer Gebührenmitteilung völlig schad- und klaglos zu halten.
Zum Zwecke der Gebührenbemessung wird festgestellt, dass der auf den Mietgegenstand entfallende Bruttomietzins jährlich € 4.320,00 beträgt (Mietvertragsgebühr: € 129,60)."

Die Gebühr für den Mietvertrag wurde zunächst der Bestandgeberin vorgeschrieben. Nach abgeschlossenem Rechtsmittelverfahren und erfolglosen Einbringungsmaßnahmen bei der Vermieterin, wurde die Gebühr in der Höhe von € 129,60 schließlich dem Bf als Bestandnehmer mit Bescheid vom vorgeschrieben.

Eine Gebührenerhöhung wurde beim Bf nicht durchgeführt.

Die Entrichtung der Gebühr wurde nicht nachgewiesen und ist auch nicht aktenkundig.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegensprechende Umstände sind nicht ersichtlich.

Auf dem Bestandsvertrag befindet sich kein Vermerk über eine Selbstberechnung der Gebühr. Eine Gebührenentrichtung wurde auch sonst nicht nachgewiesen. Dies wird vom Bf auch nicht bestritten. Er führt in seiner Beschwerde lediglich an, dass er die Gebühr an den Makler bezahlt habe und davon ausgegangen sei, die Gebühr sei in der Folge an das Finanzamt abgeführt worden sei. Eine Entrichtung ist bis jetzt nicht erfolgt.

Das Rechtsmittelverfahren und die erfolglosen Einbringungsmaßnahmen bei der Vermieterin ergeben sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 GebG entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet und von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

Nach § 33 TP 5 Z 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr von 1 % nach dem Wert.

Abs. 3 leg cit lautet "Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes…. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen."

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit a GebG sind zur Entrichtung der Gebühren bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, die Unterzeichner der Urkunde verpflichtet. Sind mehrere Personen Schuldner derselben Gebühr, so schulden sie diese nach § 28 Abs. 6 GebG grundsätzlich als Gesamtschuldner.

Nach § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Nach dem ersten Satz des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle beträgt die Verjährungsfrist - abgesehen von Eingangs- und Ausgangsabgaben in bestimmten Fällen sowie von Verbrauchsteuern - fünf Jahre. Die Verjährung beginnt in diesen Fällen nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Die Gebührenschuld für den von den beiden Vertragsparteien am im Inland unterzeichneten Bestandsvertrag ist am selben Tag entstanden. Da der Mietgegenstand ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden darf, hat die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage zu Recht mit dem Dreifachen des Jahreswertes (€ 4.320,00*3 = € 12.960,00) angesetzt. Auf Basis dieser Bemessungsgrundlage wurde die Gebühr mit € 129,60 (1 %) festgesetzt.

Im Beschwerdefall begann die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2014 (§ 208 Abs. 2 BAO). Die Festsetzung der Abgabenschuld an den Bf mit Bescheid vom erfolgte daher noch innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist.

Bei dem Mietverhältnis handelt es sich um ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft, da der Vertrag von beiden Vertragsteilen unterzeichnet wurde. Vermieter und Mieter sind daher Gesamtschuldner im Sinne des § 28 GebG.

Wenn ein Gesamtschuldverhältnis bereits unmittelbar kraft Gesetzes (§ 28 GebG) entstanden ist, ist es ohne Bedeutung, welchem Gesamtschuldner die Abgabenbehörde die Abgabenschuld vorschreibt. Die Behörde kann also entscheiden, an welchen Gesamtschuldner sie sich halten will. Dies entspricht dem Wesen der solidarischen Haftung (vgl. z.B. ; ; ). Es liegt also grundsätzlich im Ermessen der Behörde (§ 20 BAO) ob sie den Abgabenbescheid nur an einen der Gesamtschuldner richtet und an welchen oder an mehrere oder alle Gesamtschuldner richten will (, , , uva.).

Da die Mietvertragsgebühr bei der Vermieterin im vorliegenden Fall nicht einbringlich war, hat das Finanzamt den Bf zur Entrichtung der Abgabe herangezogen. Der Rückgriff auf den verbleibenden Gesamtschuldner liegt bei offenbarer Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei dem zunächst herangezogenen Gesamtschuldner nicht mehr im Ermessen der Behörde. Aufgrund ihrer Verpflichtung zur Einbringung der Abgaben, hat sie den (einzig) verbleibenden Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen (, ). Dies hat das Finanzamt unbeschadet der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarung zu veranlassen. Die vertragliche Vereinbarung betrifft nur das Innenverhältnis. Eine bereits erfolgte Bezahlung des genannten Betrages an die Vermieterin, zur weiteren Entrichtung an das Finanzamt, befreit den Bf nicht von seiner Gebührenschuld gegenüber der Abgabenbehörde. Der Bf hat allenfalls einen zivilrechtlich verfolgbaren Regressanspruch an die Vermieterin.

Die Vorschreibung an den Bf erfolgte daher zu Recht.

Zulässigkeit Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben). Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 28 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 28 Abs. 6 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101693.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at