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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.02.2021, RV/2101131/2020

WiEReG - Zwangsstrafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang:

Mit Erinnerungsschreiben vom forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin (Bf), bei der es sich um eine GmbH handelt, dazu auf, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG bis spätestens nachzuholen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte das Finanzamt die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro an.

Mit FinanzOnline-Eingabe vom ersuchte die Bf um Verlängerung der behördlich eingeräumten Nachfrist bis . Begründend wurde ausgeführt, zur Aushebung der die indirekten wirtschaftlichen Eigentümer außerhalb Österreichs betreffenden Daten werde mehr Zeit benötigt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt mit dem Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die Zwangsstrafe fest.

Dem hielt die Bf in ihrer Beschwerde vom entgegen, es sei versucht worden, sämtliche für die Meldung erforderlichen Unterlagen innerhalb der behördlich eingeräumten Nachfrist zu beschaffen. Leider sei jedoch eine Privatstiftung beteiligt. Nicht alle wirtschaftlichen Eigentümer seien mit österreichischem Wohnsitz gemeldet. Es sei versucht worden, eine Fristerstreckung zu erwirken, um die Festsetzung einer Zwangsstrafe zu verhindern.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Fristverlängerungsansuchen der Bf vom ab und führte begründend aus, bei der in § 16 WiEReG vorgesehenen Frist von sechs Wochen handle es sich um eine gesetzliche Frist iSd § 110 BAO. Gesetzlich festgesetzte Fristen könnten nur dann verlängert werden, wenn dies ausdrücklich bestimmt sei. Da eine Verlängerung der Frist zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gesetzlich nicht vorgesehen sei, komme eine Fristverlängerung nicht in Betracht.

In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt nach allgemeinen Ausführungen zum Zweck einer Zwangsstrafe sowie zu Ermessensentscheidungen ua darauf hin, dass vom Zeitpunkt des Eintrittes der Meldepflicht bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe drei Monate verstrichen seien und die Bf ausreichend Zeit gehabt hätte, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer nachzuholen. Bei der in § 16 WiEReG vorgesehenen Frist handle es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht verlängerbar sei.

In ihrem Vorlageantrag vom führte die Bf begründend aus, bedauerlicherweise habe es viel Zeit in Anspruch genommen, die Daten der wirtschaftlichen Eigentümer einer in zweiter Stufe beteiligten Privatstiftung ausfindig zu machen. Bei einem Eingabeversuch am Stichtag habe sich herausgestellt, dass die erhaltenen Daten nicht aktuell gewesen seien. Zwei der betroffenen Personen hätten keinen österreichischen Wohnsitz mehr gehabt. Daher sei eine Fristverlängerung beantragt worden.

Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Im Vorlagebericht vom wies es in teilweiser Wiederholung seiner bisherigen Ausführungen auszugsweise auf folgendes hin: "Vom Beginn der Pflicht zur Meldung () bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe am sind über 3 Monate verstrichen. Die Beschwerdeführerin hatte somit ausreichend Zeit, die nicht vorgenommene Meldung nachzuholen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Festsetzung der Zwangsstrafe keineswegs unbillig und ergibt sich die Zweckmäßigkeit der Festsetzung einer Zwangsstrafe zur Durchsetzung des Anspruches auf Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG im gegenständlichen Fall daraus, dass die geforderten Daten erst nach Festsetzung der Zwangsstrafe gegenüber der Beschwerdeführerin am gemeldet wurden. Eine Unmöglichkeit der Erbringung der Leistung durch die Beschwerdeführerin liegt nach Ansicht der belangten Behörde nicht vor, da es sehr wohl möglich war, die Wohnsitze der an der Privatstiftung beteiligten Personen zu eruieren und auch genügend Zeit vorhanden gewesen wäre, um rechtzeitig die nötigen Schritte zu setzen um diese Informationen zu erhalten. Von einer (stillschweigenden) Zustimmung zur beantragten Fristverlängerung kann wohl nicht ausgegangen werden, wenn eine solche Fristverlängerung gesetzlich nicht gedeckt ist."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Die Bf, eine inländische GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet und am in das Firmenbuch eingetragen.

Gesellschafter der Bf sind Herr ***X*** (Beteiligungsausmaß 72,5%), der überdies alleiniger Geschäftsführer der Bf ist, und die inländische ***Y-GmbH*** (Beteiligungsausmaß 27,5%). Alleingesellschafterin der ***Y-GmbH*** ist die inländische ***Z-Privatstiftung***, die ihre wirtschaftlichen Eigentümer erstmalig im Jahr 2018 an das WiEReG-Register gemeldet hat (gemeldet wurden ein Stifter, ein Begünstigter sowie drei Mitglieder des Stiftungsvorstandes). Ein Teil dieses Personenkreises ist nicht (mehr) in Österreich wohnhaft.

Mit Erinnerungsschreiben vom forderte das Finanzamt die Bf dazu auf, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG bis spätestens nachzuholen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte das Finanzamt die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro an.

Mit FinanzOnline-Eingabe vom ersuchte die Bf um Verlängerung der behördlich eingeräumten Nachfrist bis . Begründend wurde ausgeführt, zur Aushebung der die indirekten wirtschaftlichen Eigentümer außerhalb Österreichs betreffenden Daten werde mehr Zeit benötigt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt mit dem Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die Zwangsstrafe fest.

Am führte die Bf die Meldung gemäß § 5 WiEReG durch.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Fristverlängerungsansuchen der Bf vom ab und führte begründend aus, bei der in § 16 WiEReG vorgesehenen Frist von sechs Wochen handle es sich um eine gesetzliche Frist iSd § 110 BAO. Gesetzlich festgesetzte Fristen könnten nur dann verlängert werden, wenn dies ausdrücklich bestimmt sei. Da eine Verlängerung der Frist zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gesetzlich nicht vorgesehen sei, komme eine Fristverlängerung nicht in Betracht.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den aktenkundigen Unterlagen, zu denen auch Auszüge aus dem Firmenbuch, dem Zentralen Melderegister und dem WiEReG-Register zählen, und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe):

Die in § 1 Abs 2 WiEReG aufgelisteten Rechtsträger mit Sitz im Inland, zu denen auch GmbHs zählen (vgl § 1 Abs 2 Z 4 WiEReG), haben gemäß § 5 Abs 1 WiEReG - vorbehaltlich näher definierter Ausnahmen - die in dieser Bestimmung genannten Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden.

Wer wirtschaftlicher Eigentümer ist, ergibt sich aus § 2 WiEReG.

§ 16 Abs 1 WiEReG in der Fassung BGBl I 62/2019 lautet: "Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann die Abgabenbehörde deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen."

Gemäß § 111 Abs 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß gemäß § 111 Abs 2 BAO der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist (in § 16 Abs 1 Satz 2 WiEReG ist diesbezüglich eine Frist von sechs Wochen normiert) zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist. Gemäß § 111 Abs 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000,00 Euro nicht übersteigen.

Wenn das Finanzamt darauf verweist, dass es sich bei der in § 16 Abs 1 Satz 2 WiEReG normierten Frist von sechs Wochen um eine gesetzliche Frist handle, die mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht verlängerbar sei, so ändert dies nichts daran, dass der Abgabenbehörde, wie sich aus den Formulierungen des § 16 Abs 1 Satz 1 WiEReG und des § 111 BAO unzweifelhaft ergibt, hinsichtlich der Festsetzung einer Zwangsstrafe ein Ermessensspielraum sowohl dem Grunde nach als auch - unter Beachtung des in § 111 Abs 3 BAO normierten Höchstbetrages - der Höhe nach eingeräumt ist (vgl ; ). Gemäß § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl ; ).

Der Zweck der Zwangsstrafe besteht nicht in der Bestrafung der Person, sondern darin, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten (vgl ). Entgegen dem Wortlaut Zwangs-"Strafe" handelt es sich lediglich um ein Pressionsmittel, das eingesetzt werden soll, um eine abgabenrechtlich gebotene Leistung herbeizuführen, nicht jedoch, um ein unrechtmäßiges Verhalten zu bestrafen (vgl Stoll, BAO 1192).

Ausgehend von dieser Zweckausrichtung erscheint die Festsetzung einer Zwangsstrafe im vorliegenden Fall weder billig noch zweckmäßig. Die Bf ließ die behördlich eingeräumte Nachfrist nicht reaktionslos verstreichen, sondern stellte am letzten Tag der Frist () ein Ansuchen um Fristverlängerung bis mit der Begründung, dass zur Aushebung der die indirekten wirtschaftlichen Eigentümer außerhalb Österreichs betreffenden Daten mehr Zeit benötigt werde. Ungeachtet der Frage, ob die Bf überhaupt dazu verpflichtet war, jene indirekten wirtschaftlichen Eigentümer zu melden, deren wirtschaftliches Eigentum an der Bf durch die inländische ***Z-Privatstiftung*** als oberstem Rechtsträger der Bf iSd § 2 Z 1 lit a WiEReG iVm § 2 Z 3 WiEReG begründet wird (zur diesbezüglichen Ausnahme von der Meldepflicht vgl § 5 Abs 1 Z 2 letzter Satz WiEReG), kommt im Fristverlängerungsansuchen vom unzweifelhaft zum Ausdruck, dass die Bf gewillt war, die WiEReG-Meldung zeitnah durchzuführen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Bf, die erst wenige Monate davor gegründet worden war, die Absicht gehabt hätte, die WiEReG-Meldung zu verschleppen. In Anbetracht des zu übenden Ermessens erscheint es unverhältnismäßig, dass das Finanzamt lediglich vier Tage später ohne jede Reaktion auf das Fristverlängerungsansuchen den hier angefochtenen Zwangsstrafenbescheid erlassen hat (das Fristverlängerungsansuchen wurde erst mit Bescheid vom , somit lange nach der Erlassung des Zwangsstrafenbescheides - und nach erfolgter WiEReG-Meldung - abgewiesen). Eine rechtmäßige Ermessensübung des Finanzamts kann darin nicht erblickt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 5 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 16 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 110 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101131.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at